RS UVS Wien 2004/11/05 07/A/42/6658/2004

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Veröffentlicht am 05.11.2004
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Rechtssatz

Gemäß § 2 Abs 4 AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Eine Beschäftigung im Sinne des Abs 2 liegt insbesondere auch dann vor, wenn

1. ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder

2. ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25% Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden,

es sei denn, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellt auf Antrag fest, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragsteller zu erbringen.

Für die Beurteilung der Frage, ob Leistungen ?typischerweise" in einem Arbeitsverhältnis erbracht werden, kommt es allein darauf an, ob die vom konkreten Gesellschafter in seinem Unternehmen ausgeübten Tätigkeiten solche sind, zu deren Verrichtung sich andere gleichartige Unternehmen in aller Regel Personen bedienen, die in einem Arbeitsverhältnis zu ebendiesen Unternehmen stehen (vgl. VwGH 5.11.1999, 98/19/0247). Der Zweck der Bestimmung des § 2 Abs 4 AuslBG ist die Verhinderung der Umgehung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes durch Gesellschafter einer Personengesellschaft bzw. einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Gesellschaftsanteil mindestens 25%, welche behaupten, dass die von ihnen erbrachte Arbeitsleistung für die Gesellschaft nicht im Rahmen eines Dienstvertrages erfolgte. Durch diese Regelung soll daher die Behörde der Verpflichtung der amtswegigen Ermittlung des wahren wirtschaftlichen Gehalts der erbrachten Arbeitsleistung in den näher bezeichneten Fällen, in welchen diese Ermittlung sehr häufig faktisch nicht möglich ist, entbunden werden. Der Zweck dieser Bestimmung ist daher mangels entsprechender Anhaltspunkte im Gesetz nicht bloß die Verhinderung der Umgehung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes aufgrund der Behauptung einer auf Grund einer gesellschaftsrechtlichen Konstruktion vereinbarten unselbstständigen Arbeitsleistung (a.A. Schärf D.;

Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG). Fremdengesetz (FrG);

Wien 2002, 7. Auflage; Rn 26), zumal in diesem Fall als Inhalt der gesetzlichen Vermutung nicht das Vorliegen ?einer Beschäftigung i. S.d. 2 Abs 2 AuslBG", sondern ?das Nichtvorliegen eines durch den Gesellschafter tatsächlich ausgeübten wesentlichen Einflusses auf die Geschäftsführung" normiert worden wäre.

Nach Ansicht des erkennenden Senates wird durch § 2 Abs 4 AuslBG eine - nur durch eine erfolgte Feststellung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice i.S.d. § 2 Abs 4 letzter Halbsatz des zweiten Satzes AuslBG widerlegliche (vgl. VwGH 29.1.2000, 98/09/0283; 27.2.2003, 2000/09/0188) - gesetzliche Vermutung für das Vorliegen einer Beschäftigung i.S.d. § 2 Abs 2 AuslGB normiert. Bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Annahme dieser gesetzlichen Vermutung ist daher das Vorliegen einer Beschäftigung i.S.d. § 2 Abs 2 AuslBG anzunehmen, selbst wenn aufgrund des tatsächlichen wahren wirtschaftlichen Gehalts der Arbeitsleistung tatsächlich nicht vom Vorliegen einer Beschäftigung i.S.d. § 2 Abs 2 AuslBG (z.B. bei der Erbringung eines Gefälligkeitsdienstes durch einen Gesellschafter oder bei der Erbringung einer Arbeitsleistung durch einen Gesellschafter, welcher mit der Gesellschaft keinen Dienstvertrag geschlossen hat und welcher zudem einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung tatsächlich persönlich ausübt) auszugehen wäre. Im Umkehrschluss muss daher davon ausgegangen werden, dass hinsichtlich eines nicht über eine Bestätigung i.S.d. § 2 Abs 4 vorletzter Satz AuslBG verfügenden Gesellschafters einer Personengesellschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung dann nicht vom Vorliegen der im § 2 Abs 4 AuslBG normierten gesetzlichen Vermutung des Vorliegens einer Beschäftigung i.S.d. § 2 Abs 2 AuslBG auszugehen ist, wenn 1) im Falle eines Gesellschafters einer Personengesellschaft von diesem keine Arbeitsleistung zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks bzw. keine Arbeitsleistung für die Gesellschaft erbracht wird (Zi. 1), oder wenn 2) im Falle eines Gesellschafters einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (mit einem Gesellschaftsanteil von weniger als 25%) von diesem keine Leistung für die Gesellschaft erbracht wird (Zi. 2). Ebenfalls ist im

Umkehrschluss davon auszugehen, dass dann nicht vom Vorliegen der im § 2 Abs 4 AuslBG normierten gesetzlichen Vermutung des Vorliegens einer Beschäftigung i.S.d. § 2 Abs 2 AuslBG auszugehen ist, wenn die durch einen Gesellschafter erbrachte Arbeitsleistung nicht typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet wird.

Arbeitsleistungen, welche bei Personengesellschaftern nicht zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder nicht für die Gesellschaft bzw. Arbeitsleistungen, welche bei Gesellschaftern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht für die Gesellschaft erfolgen, unterliegen daher selbst dann nicht der in dieser Bestimmung normierten gesetzlichen Vermutung, wenn diese Leistungen typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden. In diesen Fällen ist daher für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs 2 AuslBG vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt des Sachverhalts maßgebend (vgl. § 2 Abs 4 erster Satz AuslBG).

Zur Frage, wann vom Vorliegen einer Arbeitsleistung zur Erreichung des gemeinsamen Personengesellschaftszwecks (Z 1) bzw. wann von einer Arbeitsleistung für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung bzw. eine Personengesellschaft (Z 1 und 2) auszugehen ist, geht die erkennende Behörde davon aus, dass von einer solchen Leistung nicht nur dann gesprochen werden kann, wenn der Gesellschafter aufgrund seiner subjektiven Intention mit seiner Arbeitsleistung den jeweiligen gesetzlich konkretisierten Zweck (Arbeitsleistung zur Erreichung des gemeinsamen Personengesellschaftszweckes bzw. Arbeitsleistung für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung) verfolgt. Vielmehr muss bei Zugrundelegung des offenkundigen Zwecks dieser Gesetzesbestimmung auch dann vom Vorliegen einer dem jeweiligen gesetzlich konkretisierten Zweck dienenden Arbeitsleistung ausgegangen werden, wenn die jeweilige Arbeitsleistung typischerweise, daher entsprechend der Auffassung der für den jeweiligen Wirtschaftsbereich einschlägigen Verkehrskreise, der Erfüllung des jeweiligen Zwecks dient. Eine Arbeitsleistung, welche typischerweise dem Gesellschaftszweck einer in einem bestimmten Wirtschaftsbereich tätigen Personengesellschaft (Z 1) dient oder typischerweise für eine in einem bestimmten Wirtschaftsbereich tätige Gesellschaft mit beschränkter Haftung bzw. eine Personengesellschaft einen Nutzen darstellt (Z 1 und 2), führt also selbst dann zum Vorliegen der gegenständlichen gesetzlichen Vermutung, wenn der jeweilig handelnde Gesellschafter mit seiner Handlung diesen Zweck subjektiv nicht verfolgt hatte.

Der Gesellschaftszweck der gegenständlichen Personengesellschaft ist offenkundig die gewinnbringende Führung eines Gastgewerbebetriebes. Jede Handlung, welche typischerweise für eine Gewinnmaximierung des gegenständlichen Gastgewerbebetriebes dienlich ist, ist daher nach Ansicht des erkennenden Senates von diesem Gesellschaftszweck umfasst bzw. dieser Gesellschaft dienlich. Im Umkehrschluss ist daher davon auszugehen, dass in den Betriebsräumlichkeiten gesetzte Handlungen, welche typischerweise weder einen (zumindest geldwerten oder sonst nützlichen) Ertrag bzw. Vorteil für die Gesellschaft bewirken können und auch tatsächlich (entsprechend der subjektiven Intention der Handelnden) nicht der Gewinnerzielung bzw. einem Werbezweck (daher einer künftigen Gewinnmaximierung) dienen, nicht diesem Gesellschaftszweck bzw. der Gesellschaft zu dienen vermögen.

Dies ist z.B. im Falle der Betreibung eines Gastgewerbebetriebes durch eine Personengesellschaft dann der Fall, wenn ein Gesellschafter selbst im Lokal ein im Lokal angebotenes Nahrungsmittel etc. konsumiert oder aber wenn ein Gesellschafter aus reiner Großzügigkeit und ohne irgend einen Werbezweck zu verfolgen, einer anderen Person ein derartiges Nahrungsmittel etc. schenkt.

Dieselben Überlegungen werden wohl auch für die Bestimmung, ob eine Arbeitsleistung für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung erbracht worden ist, heranzuziehen sein.

Wenn daher im Zuge eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des § 3 iVm § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG auf Grund einer von einem Gesellschafter einer Personengesellschaft, welchem keine Bewilligung gemäß § 2 Abs 4 AuslBG ausgestellt worden ist, gesetzten Handlung, welche typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet wird, die Strafbehörde zur Überzeugung gelangt, dass diese Leistung (weder nach der subjektiven Intention des Gesellschafters noch unter Zugrundelegung einer für das jeweilige Unternehmen typischerweise heranzuziehenden objektiven Betrachtungsweise) dem Gesellschaftszweck bzw. der Gesellschaft nicht diente und daher auch keinen typischerweise zu wertenden Nutzen für die Gesellschaft gebracht hatte, muss daher vom Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Annahme der gesetzlichen Vermutung des § 2 Abs 4 AuslBG ausgegangen werden. In diesem Fall ist daher die Strafbehörde verpflichtet den wahren wirtschaftlichen Gehalt der der Tatanlastung zugrunde liegenden Handlung des Gesellschafters zu ermitteln. In diesem Fall braucht nach Ansicht des erkennenden Senates von der Strafbehörde nicht geprüft zu werden, ob durch die wahrgenommene Leistung unmittelbar aus arbeitsrechtlichen Vorschriften (etwa aus § 29 AuslBG bzw. § 1152 ABGB) ein einen Entgeltanspruch auslösendes Arbeitsverhältnis zur Gesellschaft realisiert wird (vgl. u.a. VwGH 3.6.2004, 2002/09/0198). Ein Entgeltanspruch gemäß § 1152 ABGB ist nämlich nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs erst dann zu bejahen, wenn die Arbeit deutlich und unverkennbar im Hinblick auf einen bestimmten, dem Leistungsempfänger erkennbaren und diesem nützlichen Erfolg geleistet wird (vgl. OGH 20.9.1976, 3 Ob 517/76; 22.4.1980, 5 Ob 580/80; 5.3.1974, 4 Ob 6/74). Wenn daher die gesetzliche Vermutung des § 2 Abs 4 AuslGB deshalb nicht zur Anwendung gelangt, weil die Arbeitsleistung bei Berücksichtigung der konkreten Sachverhaltskonstellation nicht geeignet war, dem Gesellschaftszweck zu nutzen, muss auch davon ausgegangen werden, dass der allfällige Erfolg der jeweils wahrgenommenen Arbeitsleistung mangels Bewirkung eines Nutzens für die Gesellschaft dieser nicht zugerechnet werden kann. Es kann durch solch eine Leistung daher ohne Zugrundelegung eines zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter ausdrücklich begründeten Arbeitsverhältnisses denkunmöglich ein Entgeltanspruch gegenüber der Gesellschaft entstehen.

Im solch einem Fall hat die Strafbehörde daher lediglich zu ermitteln, ob 1) durch die wahrgenommene Leistung unmittelbar aus arbeitsrechtlichen Vorschriften (etwa aus § 29 AuslBG bzw. § 1152 ABGB) ein einen Entgeltanspruch auslösendes Dienstverhältnis zum Beschuldigten als natürliche Person realisiert wurde oder ob 2) seitens der Gesellschaft oder des Beschuldigten mit dem jeweiligen die Arbeitsleistung erbringenden Gesellschafter ein förmlicher Dienstvertrag geschlossen worden ist und ob die gegenständliche Arbeitsleistung in Erfüllung dieses Vertrages gesetzt worden ist (was z.B. bei der Erbringung einer dem Gesellschaftszweck nicht dienlichen aber vom Beschäftiger angeordneten Arbeitsleistung der Fall wäre).

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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