TE UVS Niederösterreich 1992/05/05 Senat-WB-92-025

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Veröffentlicht am 05.05.1992
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Spruch

Der Berufung wird gem §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991, Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

Text

Der angefochtene Bescheid enthält folgenden Spruch:

 

"Die Bezirkshauptmannschaft xx ordnet zur Sicherung des Verfalles die Beschlagnahme des Glücksspielautomaten, Marke Starlite, Bezeichnung Moon Patrol und verbotener Platine Fun World, einschließlich des darin enthaltenen Geldes an.

 

Rechtsgrundlage:

§39 Abs1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG)."

 

Gegen diesen Bescheid erhob Frau I F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr E B, Berufung und führte darin aus, daß nicht der teure Glücksspielautomat ein verbotenes Werkzeug sei, sondern höchstens die dort eingeschobenen und auswechselbaren Platinen. Die Beschlagnahme hätte daher höchstens die Poker-Platine betreffen dürfen. Der Glücksspielautomat sei außerdem nicht ihr Eigentum. Der Spieleinsatz könne zwar durch Schlüsseldrehung auf S 100,-- eingestellt werden, dies bedeute aber noch lange nicht, daß auch Gäste mit dem Einsatz gespielt hätten.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Besteht der Verdacht, daß mit Glücksspielapparaten oder Glücksspielautomaten, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen §52 Abs1 Z5 verstoßen wird, so kann die Behörde gemäß §53 Abs1 Glücksspielgesetz deren Beschlagnahme anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist.

 

Nach §52 Abs1 Z5 ist strafbar, wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt (Veranstalter) oder zugänglich macht (Inhaber).

 

Voraussetzung für die Beschlagnahme eines Glücksspielautomaten ist daher einerseits der Verdacht einer Verwaltungsübertretung, andererseits muß überdies die Sicherung des Verfalls geboten sein. Ein ausreichender Verdacht einer Verwaltungsübertretung muß jedenfalls zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides über die Beschlagnahme vorliegen. Aus der Formulierung des angefochtenen Bescheides ist keine ausreichende Formulierung des Tatvorwurfes ersichtlich. Weder in der Anzeige noch im angefochtenen Bescheid findet sich eine Funktionsbeschreibung des gegenständlichen Automaten, aufgrund derer beurteilt werden könnte, ob dieser tatsächlich dem Glücksspielmonopol unterliegt. Die Anzeige spricht von verbotenem Pokerspiel und davon, daß der Gewinn auf dem Bildschirm angezeigt wird. Dies ist insoferne nicht ausreichend, als auch das Pokerspiel mit Glücksspielautomaten nur dann dem Glücksspielmonopol unterliegt, wenn entweder die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den Betrag oder Gegenwert von S 5,-- oder der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von S 200,-- übersteigt. Hinsichtlich der Möglichkeit, den Apparat mittels Schlüsseldrehung zu aktivieren, wäre zu prüfen gewesen, ob in diesem Fall die Einsatz- bzw Gewinngrenze für die Ausnahme vom Glücksspielmonopol pro Spiel überschritten wird. Der konkrete Tatverdacht müßte sich sodann aus dem Spruch des Beschlagnahmebescheides ergeben. Da diese Ermittlungen unterblieben sind und sich auch aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides kein konkreter Tatverdacht ableiten läßt, liegt diesbezüglich die Voraussetzung für die Beschlagnahme nicht vor.

 

Nach §39 Abs4 VStG können auch dem Verfall nicht unterliegende Behältnisse, in denen sich die mit Beschlag belegten Gegenstände befinden, vorläufig beschlagnahmt werden, wenn die Beschlagnahme anders nicht durchführbar ist. Sie sind jedoch tunlichst bald zurückzustellen.

 

Im konkreten Fall wäre daher auch zu prüfen gewesen, inwieweit der gesamte Automat oder aber nur die verwendete Platine als verboten anzusehen ist. Sollte letzteres der Fall sein, müßte begründet dargelegt werden, warum eine bloße Beschlagnahme der Platine nicht möglich ist.

 

Weitere Voraussetzung für die Beschlagnahme ist das Erfordernis, daß die Sicherung des Verfalles durch die Beschlagnahme geboten ist. Das Gesetz stellt eine Vermutung dafür, daß die Gefahr bestehe, daß jeder vom Verfall bedrohte Gegenstand dem Zugriff der Behörde entzogen werde, nicht auf. Daher kann auch nicht in jedem Fall automatisch mit Beschlagnahme vorgegangen werden. Es muß daher fallbezogen überprüft und begründet werden, warum im Anlaßfall die Sicherung durch Beschlagnahme erforderlich ist.

 

Nach §53 Glücksspielgesetz ist abweichend von §39 VStG das Verfahren zur Erlassung eines Beschlagnahmebescheides speziell geregelt. Die Ermittlungen sind durch Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers zu führen. Dies ist deshalb erforderlich, da sich der Straftatbestand des §52 Abs1 Z5 an den Betreiber (Veranstalter) bzw Inhaber richtet. Als Betreiber ist derjenige anzusehen, der einem bestimmten oder unbestimmten Kreis von Interessenten Gelegenheit zum Glücksspiel gibt. Das ist in der Regel der, auf dessen Gewinn bzw Verlust der Automat betrieben wird. Ist der Betreiber mit dem Eigentümer nicht identisch, so muß daher der Beschlagnahmebescheid beiden zugestellt werden.

 

Da die Voraussetzungen für die Erlassung des angefochtenen Bescheides daher nicht vorlagen, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zum Berufungsvorbringen, eine Schlüsseldrehung auf S 100,-- sei nicht grundsätzlich verboten, wird festgestellt, daß die Zulässigkeit einer derartigen Vorgangsweise von der Frage abhängt, ob dadurch die Grenzwerte nach §4 Glücksspielgesetz über die Ausnahme vom Glücksspielmonopol überschritten werden. Entscheidend ist daher, ob die vermögensrechtliche Leistung des Spielers pro Ausspielung dem Gegenwert von S 5,-- oder der Gewinn den Betrag oder Gegenwert von S 200,-- übersteigt. Ein Automat unterliegt daher nicht schon dann dem Glücksspielmonopol, wenn er - sei es durch Schlüsseldrehung oder Münzeinwurf - auf ein Guthaben von mehr als S 5,-- gebracht werden kann, sondern lediglich dann, wenn die Aktivierung eines Spielvorganges einen S 5,-- übersteigenden Einsatz erfordert. Der Berufungswerberin ist jedoch entgegenzuhalten, daß das Vorbringen, die Gäste hätten keine Möglichkeit gehabt, mittels Schlüsseldrehung zu spielen, in diesem Zusammenhang nicht relevant ist. Beim Ausspruch einer Beschlagnahme genügt es nämlich, daß der Verdacht einer Verwaltungsübertretung besteht. Ein diesbezüglicher konkreter Nachweis ist erst bei Ausspruch des Verfalls erforderlich. Eine abschließende diesbezügliche Beweisaufnahme (zB Zeugeneinvernahme) ist daher nicht schon vor Erlassung des Beschlagnahmebescheides erforderlich, soferne ein ausreichender Verdacht besteht, daß aufgrund der Funktionsweise des Automaten in das Glücksspielmonopol eingegriffen werden kann.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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