TE UVS Niederösterreich 1993/01/07 Senat-ZT-92-008

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Veröffentlicht am 07.01.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991, hinsichtlich der Punkte 1 und 2 keine Folge gegeben. Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird jedoch insoweit abgeändert, als im Punkt 2 die Übertretungsnorm wie folgt geändert wird: "Übertretung gemäß §102 Abs1 iVm §50 Abs1 KFG 1967".

 

Hinsichtlich Punkt 3 wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Vorgeschriebener Kostenbeitrag für das Verfahren erster Instanz:

ad 1) S 40,--

ad 2) S 30,--.

 

Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, S 140,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten vorgeworfen,

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nach Ungültigwerden des Führerscheines (keine Erkennbarkeit mehr der Person auf dem Foto) nicht unverzüglich die Ausstellung eines neuen Führerscheines beantragt zu haben (Punkt 1),

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am 11.8.1991 um 17,45 Uhr ein Schlauchboot befördert zu haben, wobei dieses derart herunterhing, daß die hintere Kennzeichentafel teilweise verdeckt wurde (Punkt 2),

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das Fahrzeug gelenkt und somit in Betrieb genommen zu haben, ohne sich davon überzeugt zu haben, daß dieses den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht. Das Fahrzeug habe nicht entsprochen, weil die Schlußleuchten teilweise verdeckt worden seien, die äußersten Punkte der mehr als 1 m hinausragenden Ladung nicht gut erkennbar gemacht worden seien und die Ladung mehr als ein Viertel der Länge des Fahrzeuges hinausgeragt habe (Punkt 3).

 

Hiefür wurden über den Beschuldigten Geldstrafen in der Höhe von S 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Stunden) zu Punkt 1, S 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Stunden) zu Punkt 2, sowie S 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Stunden) zu Punkt 3 verhängt.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschuldigte Berufung und brachte darin vor, daß es die Behörde unterlassen habe, zusätzlich zum Zeugen Insp K auch noch Abteilungsinspektor S und Frau E B als Zeugen einzuvernehmen. Der Berufungswerber könne nicht verstehen, daß er einerseits am 8.8.1991 von Inspektor K wegen des alten Bildes im Führerschein beanstandet worden sei und dieser sodann am 11.8.1991 den Führerschein wieder verlangt und ihn für ungültig erklärt habe. Der Berufungswerber hätte erst am darauffolgenden Montag, den 12.8.1991 Zeit gehabt, den Führerschein erneuern zu lassen. Er sei vom Insp K nicht darüber informiert worden, daß der Führerschein ungültig sei, sondern lediglich darauf hingewiesen worden, das Bild erneuern zu lassen. Hiefür könne er als Zeuge Abteilungsinspektor S anführen. Insp K habe die Kennzeichentafel nur deshalb nicht gesehen, da er sich unmittelbar hinter das aufgeblasene Schlauboot gestellt habe. So könne er dies von oben herab natürlich nicht sehen. Wenn man dagegen in einigen Metern Entfernung hinter dem Auto nachfahre, sei das Kennzeichen voll sichtbar und lesbar. Hiefür werde als Zeugin Frau E B angeführt. Schließlich bestritt der Berufungswerber die Übertretung zu Punkt 3 des Straferkenntnisses und beantragte die Einstellung des Strafverfahrens oder die Herabsetzung der Strafen auf S 100,--.

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Gemäß §71 Abs3 KFG ist ein Führerschein ungültig, wenn die behördlichen Eintragungen, Unterschriften oder Stepmel unkenntlich geworden sind, das Lichtbild fehlt oder den Besitzer nicht mehr einwandfrei erkennen läßt, oder Beschädigungen oder Merkmale seine Vollständigkeit, Einheit oder Echtheit in Frage stellen. Der Besitzer des ungültig gewordenen Führerscheines hat unverzüglich die Ausstellung eines neuen Führerscheines oder die Vornahme der erforderlichen Ergänzungen zu beantragen.

 

Ein Führerschein wird also bereits zu dem Zeitpunkt ungültig, zu dem das Lichtbild im Führerschein den Inhaber des Führerscheines nicht mehr einwandfrei erkennen läßt. Daß diese Voraussetzung im konkreten Fall vorlag, wurde vom Beschuldigten nicht bestritten. Es ist keinesfalls erforderlich, daß der Inhaber eines Führerscheines von einem Exekutivorgan auf das Ungültigsein des Führerscheines hinweist. Vielmehr ist es dem Inhaber des Führerscheines auch ohne Aufforderung durch einen Gendarmeriebeamten zuzumuten, rechtzeitig zu erkennen, daß seine äußere Erscheinung nicht mehr in jenem Ausmaß mit dem Lichtbild übereinstimmt, die eine einwandfreie Erkennung durch dritte Personen möglich macht. Der Beschuldigte hätte daher von sich aus bereits zu diesem Zeitpunkt die Ausstellung eines neuen Führerscheines zu beantragen gehabt. Bereits durch die Unterlassung dieser Verpflichtung hat sich der Beschuldigte strafbar gemacht, ohne daß es diesbezüglich erst einer Feststellung durch die Gendarmeriebeamten bedurft hätte. Der Beschuldigte befindet sich daher in diesem Punkt in einem Rechtsirrtum, sodaß die von ihm beantragte Einvernahme des Zeugen Abteilungsinspektor S zur Frage, ob er auf die Ungültigkeit des Führerscheins hingewiesen worden sei, rechtlich unerheblich ist.

 

Gemäß §50 Abs1 KFG ist das Ändern der Kennzeichentafeln und das Anbringen von Vorrichtungen, mit denen das Kennzeichen eines Fahrzeuges ganz oder teilweise verdeckt oder unlesbar gemacht werden kann, verboten.

 

Auch hinsichtlich Punkt 2 des Straferkenntnisses befindet sich der Berufungswerber in einem Rechtsirrtum. Nicht nur die Unlesbarmachung eines Kennzeichens ist verboten, sondern auch die Überdeckung - wenn auch nur teilweise - des Kennzeichens. Eine Verdeckung ist also auch schon dann unzulässig, wenn dadurch die Lesbarkeit des Kennzeichens nicht beeinträchtigt wird. Grundsätzlich wird vom Beschuldigten nicht bestritten, daß Insp K aus dessen Position hinter dem Fahrzeug das Kennzeichen nicht gesehen habe. Der Forderung des §50 Abs1 ist aber nicht nur dann entsprochen, wenn ein mehrere Meter hinter dem Verkehrsteilnehmer fahrendes Fahrzeug das Kennzeichen voll sichtbar ablesen kann. Das Rechtschutzinteresse dieser Bestimmung besteht nämlich auch darin, daß das Kennzeichen nicht nur für nachfahrende Fahrzeuge, sondern auch für allenfalls am Straßenrand befindliche Personen oder optische Geräte - auch aus schrägen Winkel - voll wahrnehmbar bleiben muß. Das Kennzeichen darf daher, auch wenn es für nachfolgende Fahrzeuge gut sichtbar ist, auch nicht teilweise verdeckt sein. Es ist daher in diesem Zusammenhang rechtlich unerheblich, ob das Kennzeichen für die hinter dem Beschuldigten gefahrene Zeugin Frau E B sichtbar und leserlich gewesen ist. Auch die vom Beschuldigte angebotene neuerliche Vorführung des PKW und des Schlauchbootes könnte die Strafbarkeit seines Verhaltens nicht in Zweifel ziehen. Entscheidend ist nämlich nicht die Frage, ob das Schlauchboot mit dem PKW grundsätzlich vorschriftsgemäß transportiert werden kann, sondern lediglich, wie es zum Tatzeitpunkt transportiert wurde. Daß zum Tatzeitpunkt das Kennzeichen, zumindest aus der Sicht der Position des Insp K, teilweise verdeckt war, wurde vom Berufungswerber nicht bestritten.

 

Im Punkt 2 des Straferkenntnisses war jedoch die Übertretungsnorm durch Hinzufügung des §102 Abs1 KFG abzuändern, um klarzustellen, daß der Beschuldigte die Übertretung als Lenker begangen hat, da der §50 KFG nicht nur von Kraftfahrzeuglenkern, sondern auch von anderen Personen (Jedermann) übertreten werden kann.

 

Hat jemand durch verschiedene selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen, oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen (§22 Abs1 VStG).

 

Entspricht ein Fahrzeug mehreren kraftfahrrechtlichen Bestimmungen nicht, so hat der Lenker des Fahrzeuges mehrere Verwaltungsübertretungen zu verantworten, da diesbezüglich das Kumulationsprinzip anzuwenden ist.

 

Im Punkt 3 des Straferkenntnisses wurde diesem Grundsatz nicht Rechnung getragen, sodaß dieser Punkt aufzuheben war.

 

Zur Strafzumessung ist festzustellen:

 

Gemäß §19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu berücksichtigen.

 

Durch das Lenken eines Fahrzeuges mit einem ungültigen Führerschein wurde das Interesse an der jederzeitigen sofortigen Identifizierung und Feststellung dahingehend, ob ein Verkehrsteilnehmer über eine gültige Lenkerberechtigung verfügt oder nicht, verletzt. Durch die teilweise Überdeckung des Kennzeichens wurde das Interesse an der jederzeitigen Identifizierung eines Fahrzeuges (nicht nur durch nachfolgende Fahrzeuge) verletzt. Mildernde Umstände liegen nicht vor, allerdings auch keine erschwerenden Umstände, da die drei aufscheinenden Vorstrafen des Beschuldigten nicht einschlägiger Natur sind. Zu berücksichtigen sind die vom Beschuldigten angegebenen persönlichen Verhältnisse in der Niederschrift vom 2.12.1991.

Bei Beachtung dieser Strafzumessungsgründe und der Tatsache, daß für die gegenständlichen Übertretungen nach §134 Abs1 KFG ein Strafrahmen bis zu S 30.000,-- Geldstrafe, im Falle der Uneinbringlichkeit Arrest bis zu 6 Wochen, besteht, sind die verhängten Strafen zu Punkt 1 und Punkt 2 des Straferkenntnisses, die sich im untersten Bereich dieses Strafrahmens bewegen, als durchaus angemessen und keineswegs überhöht anzusehen.

 

Die Berufung erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie abzuweisen war.

 

Gemäß §64 VStG beträgt der Kostenbeitrag zu Punkt 1 und 2 des Straferkenntnisses jeweils 20 % der verhängten Strafe.

 

Aus den bereits dargelegten Erwägungen sind die vom Beschuldigten angebotenen Beweise und Zeugeneinvernahmen für die rechtliche Beurteilung unerheblich. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist grundsätzlich zweifelhaft und unbestritten. Aus diesem Grund konnte auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß §51e VStG unterbleiben, da die Entscheidung lediglich von Rechtsfragen abhängig war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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