TE UVS Niederösterreich 1993/04/02 Senat-WB-92-093

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Veröffentlicht am 02.04.1993
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Ebenso Senat-WB-93-015 Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes, BGBl Nr 51/1991,(AVG) Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z3 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, (VStG) eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 15. September 1992, Zl 3-****-92, wurde die Beschuldigte M S wegen Übertretung (Übertretungen) nach §370 iVm §367 Z43 der Gewerbeordnung 1973 gemäß §367 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1973 eine Geldstrafe von je nicht erfülltem Auflagenpunkt von S 500,--, insgesamt S 6.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Arreststrafe je nicht erfülltem Auflagenpunkt von 24 Stunden, insgesamt 12 Tage, verhängt. Gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes wurde der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens mit S 600,-- festgesetzt. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig gegen Schuld und Strafe Berufung erhoben.

 

In der Tatumschreibung des Straferkenntnisses wird ihn zur Last gelegt, daß sie als gewerberechtliche Geschäftsführerin der Fa S GesmbH und somit als Verantwortliche gegenüber der Gewerbebehörde zugelassen habe, daß, wie anläßlich einer Überprüfung durch einen gewerbetechnischen Amtssachverständigen am 27.2.1992 festgestellt worden sei, der Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart "Gasthof" im Standort P******, H***siedlung Nr **5, betrieben worden sei ohne jedoch, wie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses näher angeführt, 12 Auflagenpunkte des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft xx vom 17.1.1989, Zl 12*********, in der im Spruch näher umschriebenen Art erfüllt zu haben.

 

Ohne auf das Vorbringen in der Berufung näher einzugehen, wird festgestellt:

 

Gemäß §44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Diese Gesetzesbestimmung stellt auf das Erfordernis der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat ab. Es ist demnach rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tat so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat, so nach Ort und Zeit, unverwechselbar feststeht. "Unverwechselbares Feststellen der Identität der Tat" bedeutet, daß im Spruch eines Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden muß, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (zB Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch muß desweiteren geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Daß es im Bescheidspruch zur Folge des §44a Z1 VStG der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind, bedarf, bedeutet, daß es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern daß die Tat, entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles zu, individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt. Daß an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweiligen gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes sein.

 

Der angefochtene Bescheid entspricht insoferne nicht dem Konkretisierungsgebot, als die Tatzeitumschreibung diesem Erfordernis nicht gerecht wird. Es wurde der Beschuldigten in ihrer Eigenschaft als gewerberechtliche Geschäftsführerin die Begehung von sogenannten fortgesetzten Delikten vorgeworfen. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 1984, Slg M F Nr 11466/A, bedarf es grundsätzlich der Anführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat, und, falls es sich um einen Zeitraum handelt, der Angabe des Anfanges und des Endes dieses Zeitraumes in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art im Spruch des Straferkenntnisses (vgl hiezu auch die entsprechenden Darlegungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.1.1991, Zl 88/04/0218). Dies gilt insbesondere auch, in Ansehung von fortgesetzten Delikten, und zwar unabhängig von der mit einer Bestrafung wegen eines derartigen Deliktes verbundenen Erfassungswirkung (vgl VwGH vom 27.6.1980, Slg M F  Nr 10.186/A). Durch die Datumsanführung "27.2.1992", welche lediglich im Zusammenhang damit erfolgte, daß zu diesem Zeitpunkt die die inkriminierte Handlungsweise festgestellt wurde, ist die Bestrafung der Beschuldigten wegen Begehung von fortgesetzten Delikten in einem nicht näher bezeichneten Tatzeitraum erfolgt.

 

Darüberhinaus wird bemerkt, daß jede Nichteinhaltung von bescheidmäßigen Auflagen grundsätzlich eine Übertretung darstellt und für jede angelastete Nichteinhaltung von Auflagenpunkten sohin die Übertretungsnorm mit dem jeweiligen in Betracht kommenden Auflagenpunkt anzuführen gewesen wäre. Dadurch, daß die Blankettstrafnorm §367 Z43 GewO 1973 auf Gebote und Verbote aufgrund des §199 GewO 1973 erlassenen Bescheiden verweist, werden diese Teil des gesetzlichen Tatbestandes. Dieser Mangel wäre aber durch die Berufungsbehörde im Rahmen der ihr nach §66 Abs4 AVG zuständige Befugnis sanierbar gewesen.

 

Obwohl die Berufungsbehörde im Rahmen ihrer Prüfungsbefugnis Tatbestandselemente ergänzen bzw näher konkretisieren kann, steht ihr dieses Recht nur im Rahmen einer tauglichen Verfolgungshandlung zu. Darunter wird eine von der Behörde nach außen in Erscheinung tretende, gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung verstanden, die bereits alle Sachverhaltselemente in konkretisierter Umschreibung enthält, die für die Anlastung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind. Da sich der Aktenlage nach nicht ergibt, daß innerhalb der Frist des §31 Abs2 VStG durch eine taugliche Verfolgungshandlung die Tatzeit (der Tatzeitraum) in konkretisierter Weise vorgeworfen wurde, ist im Gegenstand Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb aufgrund der Aktenlage, ohne Durchführung der im §51e Abs1 VStG vorgesehenen öffentlichen mündlichen Verhandlung, spruchgemäß zu entscheiden war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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