TE UVS Niederösterreich 1993/05/17 Senat-MD-92-425

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Veröffentlicht am 17.05.1993
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Ebenso: Senat-MD-92-426 Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991 dahingehend Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von

S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfalle 48 Stunden) auf S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) herabgesetzt wird.

 

Gemäß §64 VStG, BGBl Nr 52/1991 hat die Berufungswerberin einen Betrag von S 100,-- als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens der Behörde erster Instanz binnen 2 Wochen zu bezahlen.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 27. Mai 1992, Zl: 3-****-91, wurde über Frau G H in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin und somit als die nach der Bestimmung des §9 VStG strafrechtlich Verantwortliche der Firma G H GesmbH eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfalle 48 Stunden) gemäß §31 Abs2 AnschG verhängt.

 

Angelastet wude ihr, dafür verantwortlich zu sein, daß am 25. September 1990 in der Filiale dieser Gesellschaft in V********, ***, Top *7, für die Arbeitnehmer keine der gesetzlichen Bestimmung des §86 Abs1 AAV entsprechende Garderobekästen zur Verfügung standen.

 

Dagegen erhob die Beschuldigte durch ihre ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Berufung, in der im wesentlichen ausgeführt wird, daß es den Angestellten der Filiale Top Nr *7 durchaus zuzumuten sei, die Garderobekästen der Filiale Top Nr *5 zu benützen, welches Geschäft sich fast unmittelbar neben Top *7 befinde und gleichfalls im Gewahrsame der G H GesmbH stehe. Zusätzlich wurde Verjährung eingewendet und ergänzend die Durchführung eines Ortsaugenscheines beantragt.

Aus all diesen Gründen wurde begehrt, das Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Im Rahmen des Parteiengehörs hat das am Verfahren mitbeteiligte Arbeitsinspektorat den gestellten Strafantrag vollinhaltlich aufrecht erhalten.

 

In der am 15. April 1993 am Sitz der Bezirkshauptmannschaft xx durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung wurden die allseitigen Verhältnisse der Beschuldigten erhoben, seitens der Rechtsvertreterin der Beschuldigten die behauptete Verjährung als gegenstandslos zurückgezogen und ergänzend vorgebracht, daß nunmehr der Betrieb Top *7 in der *** nicht mehr im Gewahrsame der Firma G H GesmbH stehe.

In ihrem Schlußwort verwies die Beschuldigte darauf, daß sie offensichtlich einem Rechtsirrtum unterlegen sei, dergestalt, daß sie glaubte, nur verpflichtet zu sein, für jeden im Betrieb anwesenden Arbeitnehmer einen Garderobekasten zu installieren. Nunmehr werde der dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegende Sachverhalt nicht mehr bestritten. Im Hinblick auf dieses Geständnis werde das Berufungsbegehren ausschließlich auf eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe eingeschränkt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:

 

Die angelastete Tat bzw Unterlassung wird von der Beschuldigten essentiell nicht in Abrede gestellt. Somit ist davon auszugehen, daß der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses in Rechtskraft erwachsen und die angelastete Unterlassung als erwiesen anzusehen ist, wodurch sich auch der in vorliegender Berufung gestellte Beweisantrag auf Durchführung eines Ortsaugenscheines erübrigt.

 

Die Berufungswerberin ist vorweg darauf hinzuweisen, daß nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine irrige Gesetzesauslegung ein Rechtsirrtum ist, die den Beschuldigten nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, daß sie unverschuldet war und daß er das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte (VwGH 27.9.1988, 88/08/0113).

Der Gewerbetreibende ist verpflichtet, sich über die einschlägige Rechtslage zu informieren (VwGH 19.5.1988, 88/08/0076) und als Geschäftsführer einer GembH sich über die auf dem Gebiet seines Berufes bestehenden Vorschriften zu unterrichten, sodaß ihn deren Unkenntnis nicht im Sinne des §5 Abs2 VStG entschuldigt (VwGH 18.10.1972, 420/72).

 

Da der Beschuldigten die Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt im Sinne des §6 Abs1 StGB somit vorgeworfen werden kann, da es ihr unter den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles auch zuzumuten war, sie tatsächlich aufzuwenden (VwGH 6.3.1981, 235/ 80 uva) ist im vorliegenden Fall die Schuldform der Fahrlässigkeit anzunehmen.

 

Zur Höhe der verhängten Geldstrafe wird festgestellt:

 

Gemäß §19 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Fogen nach sich gezogen hat.

Überdies ist nach dieser Gesetzesbestimmung im ordentlichen Verfahren auf Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, Bedacht zu nehmen. Auch das Ausmaß des Verschuldens ist besonders zu berücksichtigen und bei Bemessung von Geldstrafen sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Strafdrohung zugrunde zu legen.

 

Die Behörde erster Instanz hat bei der Strafzumessung ihrer Beurteilung weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe festgestellt.

 

Von der Strafbehörde erster Instanz wurde im vorliegenden Fall eine Geldstrafe verhängt, die im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegt.

 

Grundsätzlich soll das Arbeitnehmerschutzgesetz und die im Rahmen dieses Gesetzes anzuwendenden Verordnungen den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer vor den Gefahren der Arbeitswelt gewährleisten. Da es sich hiebei um den Schutz von höchstpersönlichen Rechtsgütern von Dienstnehmern handelt, ist bei einschlägigen Übertretungen ein strenger Maßstab anzulegen.

 

Unter Berücksichtigung des seitens der Beschuldigten abgelegten Geständnisses war die Geldstrafe spruchgemäß herabzusetzen. Diese Strafe erweist sich auch unter Berücksichtigung der allseitigen nicht ungünstigen Verhältnisse der Beschuldigten als gerade noch tat- und schuldangemessen, sowie persönlichkeitsadäquat und notwendig, um der Täterin die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens klarzumachen und sie an der Setzung gleichgelagerter Verhaltensweisen in Zukunft zu hindern.

Gleichfalls wird eine generalpräventive Wirkung erzielt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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