TE UVS Niederösterreich 1993/06/01 Senat-KO-92-070

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Veröffentlicht am 01.06.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde Herrn L W vorgeworfen, am 24. August 1991 in **** S, B*********straße 4,

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vier Jugendliche nach 22,00 Uhr beschäftigt zu haben, obwohl Jugendliche im Gastgewerbe über 16 Jahren nur bis 22,00 Uhr beschäftigt werden dürfen (Punkt 1),

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kein Verzeichnis über die beschäftigten Jugendlichen geführt zu haben (Punkt 2).

 

Hiefür wurden über den Beschuldigten zu Punkt 1) Geldstrafen in der Höhe von je S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 2 Tage) für jeden der vier beschäftigten Jugendlichen und zu Punkt 2) eine Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob das Arbeitsinspektorat für den *. Aufsichtsbezirk Berufung und beantragte sinngemäß, für die Beschäftigung der vier Jugendlichen jeweils die gesetzliche Mindeststrafe in der Höhe von S 3.000,-- zu verhängen. Begründet wird der Antrag mit der Auffassung, daß jede neuerliche Übertretung des KJBG und nicht bloß die neuerliche Übertretung der gleichen Norm als Wiederholungsfall zu werten und daher die für Wiederholungsfälle vorgesehene Mindeststrafe zu verhängen gewesen wäre. Der Beschuldigte sei nämlich bereits mit Strafverfügung vom 6. Mai 1988 wegen Übertretung des KJBG bestraft worden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Der Beschuldigte hat gegen das Straferkenntnis keine Berufung eingelegt. Die Berufung des Arbeitsinspektorates richtet sich lediglich gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses und auch hier nur gegen die Höhe der Strafe. Punkt 2) des Straferkenntnisses ist daher zur Gänze, Punkt 1) hinsichtlich des Schuldspruches rechtskräftig.

 

Zur Strafbemessung ist festzustellen:

 

Wer den Vorschriften des KJBG oder einer aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung zuwiderhandelt, ist, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen einer strengeren Strafe unterliegt, gemäß §30 KJBG von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von S 1.000,-- bis S 15.000,--, im Wiederholungsfalle von S 3.000,-- bis S 30.000,--, oder mit Arrest von 3 Tagen bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

 

Im §30 KJBG wird keine Differenzierung der Übertretungsnormen vorgenommen, sondern jegliches Zuwiderhandeln gegen die Vorschriften des KJBG unter Strafsanktion gestellt. Unter Wiederholungsfall ist daher ein neuerlicher Verstoß gegen irgendeine Vorschrift dieses Bundesgesetzes gemeint. Es wird mit dieser Strafnorm erkennbar bezweckt, Verstößen gegen die im Interesse der Kinder und Jugendlichen erlassenen Schutznormen auch durch Strafdrohungen vorzubeugen. Eine diesbezügliche ausdrückliche Klarstellung erfolgte bereits im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juli 1982, Zl 81/11/0089. Wenn der Beschuldigte in einer seiner abgegebenen Stellungnahmen die Auffassung vertritt, der Verwaltungsgerichtshof habe auch entschieden, daß nur auf gleicher schädlicher Neigung beruhende Taten als Wiederholung anzusehen seien, so übersieht er dabei, daß die Judikatur betreffend die Berücksichtigung einschlägiger Vorstrafen als erschwerend nicht auf die Regelung des Wiederholungsfalles nach §30 KJBG anzuwenden ist. Die Auffassung des Arbeitsinspektorates für den *. Aufsichtsbezirk ist daher zutreffend, wonach der "Wiederholungsfall" nicht die Übertretung der gleichen Norm, sondern lediglich die Übertretung irgendeiner Norm des gleichen Gesetzes zur Voraussetzung hat.

 

Die Berufung erweist sich jedoch aus folgendem Grund als unbegründet:

 

Gemäß §55 VStG zieht ein wegen einer Verwaltungsübertretung verhängtes Straferkenntnis, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, keinerlei Straffolgen nach sich und gilt nach Ablauf von 5 Jahren nach Fällung des Straferkenntnisses als getilgt. Getilgte Verwaltungsstrafen dürfen in amtlichen Leumundszeugnissen oder Auskünften für Zwecke eines Strafverfahrens nicht erwähnt und bei der Strafbemessung im Verwaltungsstrafverfahren nicht berücksichtigt werden.

 

Der Ablauf der Tilgungsfrist während des Berufungsverfahrens ist von der Berufungsbehörde wahrzunehmen. Da die Strafverfügung vom 6. Mai 1988 mittlerweile bereits getilgt ist und auch sonst keine Übertretungen des KJBG aktenkundig sind, hat die Berufungsbehörde bei der Beurteilung des Sachverhaltes nicht von einem Wiederholungsfall auszugehen.

Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

 

Eine Gefährdung der gesetzlich geschützten Interessen ist insoferne erfolgt, als das Interesse der Jugendlichen, zur Nachtzeit nicht beschäftigt zu werden, verletzt wurde. Dem Beschuldigten ist zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Die vom Beschuldigten vorgebrachten Umstände (besonders gutes Wetter, großes Aufkommen, zahlreiche Gäste), die ihm "keine andere Möglichkeit" gelassen hätten, als die gesetzlichen Bestimmungen geringfügig zu überschreiten, sind als Entschuldigungsgründe keinesfalls geeignet. Sie zeigen vielmehr, daß sich der Beschuldigte aus Gründen eines wirtschaftlichen Vorteiles mit der Begehung der Übertretungen abgefunden hat. Es liegen daher keinesfalls Umstände vor, die auf geringes Verschulden hindeuten und somit die Anwendung des §21 VStG rechtfertigen würden.

 

Aktenkundig sind drei rechtskräftige Vorstrafen nach anderen bundesgesetzlichen Bestimmungen, sodaß dem Beschuldigten der Milderungsgrund der völligen Unbescholtenheit nicht zugute kommt. Andererseits liegen auch keine Umstände vor, die die Verhängung einer höheren als der gesetzlichen Mindeststrafe erforderlich machen würden.

 

Aus den dargelegten Erwägungen war das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

Gemäß §51e VStG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da die Entscheidung lediglich von einer Rechtsfrage abhängig war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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