TE UVS Niederösterreich 1993/07/07 Senat-MD-92-538

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Veröffentlicht am 07.07.1993
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Ebenso Senat-MD-92-506, Senat-MD-92-539 und Senat-MD-92-540 Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991 dahingehend Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von S 6.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfalle: 6 Tage) auf S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfalle: 3 Tage) herabgesetzt wird.

 

Gemäß §64 VStG, BGBl Nr 52/1991 hat der Berufungswerber einen Betrag von S 300,-- als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens der Behörde erster Instanz binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides zu bezahlen.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 25.8.1992, Zl 3-*****-91, wurde über Herrn Dir M****** D*** in seiner Eigenschaft als zur Vertretung nach  außen berufenes Organ der Firma B P********** GesmbH mit dem Sitz in *** N****** eine Geldstrafe von S 6.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfalle: 6 Tage) wegen Übertretung des AZG verhängt.

 

Dem Beschuldigten wurde angelastet, dafür verantwortlich zu sein, daß bis mindestens 21. Mai 1991 der Aufforderung des Arbeitsinspektorates in G nicht nachgekommen wurde, die vollständigen Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung, sowie die Urlaubsaufzeichnungen für den Zeitraum

1. bis 13. Kalenderwoche 1991 (1. Jänner bis 30. März 1991) betreffend die in der B Filiale in G, R********gasse ** beschäftigten Arbeitnehmer, die im Spruch des Straferkenntnisses erster Instanz namentlich genannt sind, zur Einsichtnahme vorzulegen. Er fehlten die sogenannten "Mehrarbeits-, Überstunden- und Anwesenheitsbücher", aus denen die jeweiligen Zuschlagsformen gemäß §10 AZG bzw. angefallene Überstunden gemäß §7 AZG hervorgehen. Durch die Nichtvorlage dieser Unterlagen, welche auch betriebsintern als "Monatsabrechnungszettel" bezeichnet werden, sei die Bestimmung des §26 Abs2 AZG verletzt worden, weshalb die aus dem Spruch ersichtliche Geldstrafe nach  der Bestimmung des §28 Abs1 AZG zu verhängen gewesen sei.

 

Dagegen hat der Beschuldigte durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Berufung erhoben und im wesentlichen vorgebracht, daß aus den vorgelegten Unterlagen klar die tatsächlich geleistete Arbeitszeit, sowie die Einhaltung der Bestimmungen über die Ruhepausen und -zeiten erkennbar gewesen sei. Der Beschuldigte sei der ihm zukommenden Auskunftspflicht gemäß §26 Abs2 AZG jedenfalls nachgekommen. Die nunmehr seitens des Arbeitsinspektorates angeforderten Unterlagen dienten zu rein statistischen Zwecken, welche jedoch nicht zur Stundenrechnung geführt würden.

Überdies sei in Hinblick auf die Bestimmung des §19 VStG die verhängte Geldstrafe von S 6.000,-- jedenfalls überhöht.

 

Aufgrund des gesamten Vorbringens wurde die Abänderung des bekämpften Straferkenntnisses dahingehend begehrt, daß der Beschuldigte freigesprochen werde, in eventu möge das erstinstanzliche Erkenntnis aufgehoben und der Behörde erster Instanz zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung vorgelegt werden.

 

Im Rahmen des Parteiengehörs hat das am Verfahren mitbeteiligte Arbeitsinspektorat den gestellten Strafantrag vollinhaltlich aufrechterhalten und die Richtigkeit der Rechtsausführung in vorliegender Berufung bestritten.

 

In der am 13.4.1993 am Sitz der Bezirkshauptmannschaft xx durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung ergänzte der Rechtsvertreter des Beschuldigten sein Vorbringen dahin, daß auf die Vernehmung des beantragten Zeugen verzichtet wurde und der gestellte Eventualantrag als gegenstandslos zurückgezogen wurde. Der Beschuldigtenvertreter legte Unterlagen vor, die als Beilagen A bis C zum Akt genommen wurden und die übliche Art der Arbeitszeitaufzeichnungen bei B illustrieren sollten. Das angelastete Delikt sei dem Beschuldigten nicht vorwerfbar und sei dieser der Meinung gewesen, allen einschlägigen gesetzlichen Vorschriften Genüge getan zu haben.

 

Der Vertreter des Arbeitsinspektorates verwies auf bisheriges aktenkundiges Vorbringen seiner Behörde und verwies unter anderem darauf, daß die Anforderung von §26 AZG betreffenden Unterlagen schriftlich verlangt worden sei, wobei das jeweils zweite Schreiben eine ausdrückliche Rechtsbelehrung enthalten habe.

 

Der Beschuldigtenvertreter verwies in seinem Schlußwort auf das bisherige Vorbringen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu wie folgt erwogen:

 

Aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes und des durchgeführten

Beweisverfahrens ist folgender Sachverhalt als erwiesen anzunehmen:

Seitens des Arbeitsinspektorates G erfolgte mit Schreiben vom 9. April 1991 die Anforderung von vollständigen Unterlagen gemäß §5 Abs2 ArbIG an den Sitz des Unternehmens.

 

Da seitens der Firma B Unterlagen über die Aufzeichnungen der geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung und Urlaubsaufzeichnungen der B Betriebsfiliale in **** G, R********gasse **, zur Einsichtnahme vorgelegt wurden, erfolgte mit Schreiben vom 3.5.1991 seitens des Arbeitsinspektorates G eine neuerliche Aufforderung an die B Zentrale in *** N******, sämtliche einschlägige Aufzeichnungen vorzulegen. Sollten die fehlenden Unterlagen nicht bis 17.5.1991 zur Einsichtnahme vorgelegt werden, müßte die Anzeige an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde erstattet werden.

In ihrem Antwortschreiben, datiert mit 14.5.1991, teilte die B Zentrale dem zuständigen Arbeitsinspektorat mit, daß die Verrechnung von nicht durch Zeitausgleich abgegoltenen Mehr- und Überstunden in der Zentrale *** N****** erfolge und dies anhand der Gehaltszettel der Mitarbeiter nachvollzogen werden könne.

 

Ausgehend von diesem nunmehr festgestellten Sachverhalt sind folgende rechtliche Erwägungen anzustellen:

 

Die Berufung erweist sich dem Grunde nach als nicht berechtigt.

 

Nach der Bestimmung des §5 Abs2 ArbIG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte verpflichtet, den Arbeitsinspektoren auf Verlangen alle Unterlagen zur Einsicht vorzulegen, die mit dem Schutz der Arbeitnehmer des Betriebes im Zusammenhang stehen, wie insbesondere auch Unterlagen über Lohn-, Gehalt- und Urlaubslisten, sowie alle Verzeichnisse, Vormerke oder Aufstellungen, die aufgrund von Arbeitsschutzvorschriften zu führen sind.

Gemäß der Bestimmung des §26 Abs1 AZG haben die Arbeitgeber zur Überwachung der Einhaltung der in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu führen.

 

Abs2 des obgenannt zitierten Gesetzes verpflichtet die Arbeitgeber, der Arbeitsinspektion und deren Organe die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen Einsicht in die Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu geben.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Arbeitsinspektion auch für die Überwachung der gesetzlichen Zuschlagsformen zuständig. (vgl Erkenntnis VwGH vom 8.10.1990, Zl 90/19/0100)

Aus diesen Aufzeichnungen muß daher unter anderem hervorgehen, ob und inwieweit genehmigungsfreie Überstunden geleistet wurden, und wie die diesbezüglichen Zuschläge für geleistete Überstunden erfolgten. Ebenso ist das Arbeitsinspektorat nicht nur berechtigt, im Rahmen vom Betriebsbesichtigungen die Einsichtnahme in Unterlagen zu verlangen, sondern diese Unterlagen auch von amtswegen aus zur Einsichtnahme bzw Übermittlung zu verlangen. (vgl VwGH vom 28.1.1992, Zl.90/19/0247)

 

Der Rechtsauffassung der beschuldigten Partei, durch die Übermittlung von Aufzeichnungen, aus denen die geleisteten Arbeitszeiten hinsichtlich Dauer und zeitlicher Lagerung ersichtlich waren, ist der Verpflichtung des §26 Abs2 AZG vollständig nachgekommen worden, ist nicht zu folgen.

 

Die anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung seitens des Rechtsvertreters des Beschuldigten vorgelegten Formulare, insbesondere aus Beilage C, ergibt sich aufgrund des Vorbringens des Einschreiters als auch der Aussage des Arbeitsinspektors schlüssig, und ist als erwiesen anzunehmen, daß diese "Arbeitszeitaufzeichnungen" in den B Filialen zu den Kontrollzeitpunkten Anwendung fanden.

Diese Arbeitszeitauszeichnung besteht aus zwei Teilen, deren erster Teil die Aufzeichnungen hinsichtlich der "Normalarbeitszeit" beinhaltet, und zweites Blatt sogenannte

"Ist - Anwesenheitszeiten" enthält, aus dieser Unterlage jedoch keine Mehr- und Überstunde ersichtlich gemacht werden kann, bzw solche nicht angeführt ist.

 

Aus der Bestimmung des §26 AZG ergibt sich schlüssig, daß der Arbeitgeber zur Führung und Vorlage dieser in dieser Bestimmung normierten Aufzeichnungen verpflichtet ist. Somit geht der Hinweis, wonach die Verrechnung von nicht durch Zeitausgleich abgegoltenen Mehr- und Überstunden anhand der Gehaltszetteln der Mitarbeiter nachvollzogen werden kann, ins Leere, weil dadurch einerseits das Arbeitsinspektorat die Überprüfung beim Arbeitnehmer durchzuführen hätte und dadurch dem Grundsatz widersprochen würde, wonach der Arbeitgeber zur Führung und Vorlage dieser Aufzeichungen verpflichtet ist, und andererseits es dem überwachenden Organ der Arbeitsinspektion nicht zumutbar ist und auch faktisch unmöglich, die Aufzeichnungen jedes einzelnen Arbeitnehmers zur Einsichnahme und zur Überwachung der im AZG geregelten Angelegenheiten anzufordern.

 

Wenn der Beschuldigte des weiteren vorbringt, er sei der Meinung gewesen, durch die Übersendung dieser aktenkundigen Unterlagen habe er den gesetzlichen Vorschriften Genüge getan, so ist ihm entgegenzuhalten, daß nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Gewerbetreibende verpflichtet ist, sich über die einschlägige Rechtslage zu informieren und ist eine irrige Gesetzesauslegung ein Rechtsirrtum, die den Beschuldigten nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, daß sie unverschuldet war und daß er das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte (VwGH 27.9.1988, 88/08/0113).

 

Dadurch, daß vorliegendenfalls die Anforderung von Unterlagen schriftlich verlangt wurde, das zweite Schreiben seitens des Arbeitsinspektorates eine ausdrückliche Rechtsbelehrung enthielt, wonach bei Nichtbeibringung dieser Unterlagen auf die Rechtsfolgen hingewiesen wurde, kann nicht davon gesprochen werden, daß im vorliegenden Fall ein entschuldbarer Rechtsirrtum des Einschreiters vorliegt.

Sonstige Umstände, die das Vorliegen von Schuldausschließungsgründen annehmen lassen, waren weder aus dem gesamten Akteninhalt noch aus dem Vorbringen des Beschuldigten erkennbar.

 

Da somit der Aufforderung des Arbeitsinspektorates nicht nachgekommen wurde, die vollständigen Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung, sowie die Urlaubsaufzeichnungen für den Zeitraum 1. bis 13. Kalenderwoche 1991 betreffend, vorzulegen, insbesondere durch die Nichtvorlage der sogenannten "Monatsabrechnungszettel", erfolgte die Anlastung der Übertretung der Bestimmung des §26 Abs2 AZG zu Recht und war der Berufung aus diesem Grunde ein Erfolg zu versagen.

 

Hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafe wurde vom Senat entschieden wie folgt:

 

Insoweit sich vorliegendes Rechtsmittel gegen die Höhe der verhängte Geldstrafe richtet, erweist sich die Berufung als gerechtfertigt.

 

Gemäß der Bestimmung des §28 Abs1 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von S 300,-- bis S 6.000,-- oder mit Arrest von 3 Tagen bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

 

Im vorliegenden Fall wurde die höchstzulässige Geldstrafe verhängt. Milderungs- oder Erschwerungsgründe wurden seitens der Strafbehörde erster Instanz der Strafzumessung nicht detailiert zugrundegelegt. Vorliegendenfalls wird zu werten sein, daß der Beschuldigte über Anforderung des Arbeitsinspektorates doch Unterlagen, Arbeitszeitaufzeichnungen der Dienstnehmer betreffend, vorlegte, allerdings nicht die vollständige Übermittlung aller angeforderten Aufzeichnungen veranlaßte. Er ist ferner davon auszugehen, daß die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum begangen wurde, die Schuldform der Fahrlässigkeit anzunehmen ist und trotz Vollendung der Tat kein wesentlicher Schaden herbeigeführt wurde.

 

Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Beschuldigte eine einschlägige rechtskräftige Vorstrafe nach dem AZG aufweist, und bei Prüfung der allseitigen Verhältnisse von überdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen auszugehen sein wird, erscheint eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe, wie aus dem Spruch ersichtlich, gerechtfertigt. Diese nunmehr ausgesprochene Geldstrafe ist tat- und schuldangemessen, sowie persönlichkeitsadäquat. Der Höhe nach ist sie geeignet, den Rechtsmittelwerber in Hinkunft von der Setzung gleichgelagerter Verhaltungsweisen abzuhalten und einen generalpräventiven Zweck zu erfüllen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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