TE UVS Niederösterreich 1993/08/16 Senat-WB-92-416

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Veröffentlicht am 16.08.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBlNr 51/1991 keine Folge gegeben und das Ausmaß der verhängten Strafe vollinhaltlich bestätigt.

 

Die Berufungswerberin hat gemäß §64 Abs1 und 2 VStG, BGBlNr 52/1991 insgesamt S 1.800,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen zwei Wochen zu bezahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu zahlen (§59 Abs2 AVG).

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 3.9.1992, Zl 3-****-92, wurde über Frau S******* T****, in ihrer Eigenschaft als Inhaberin der Firma F**** T**** Transportunternehmen in **** M********* Nr 90, wegen Übertretung des §16 Abs3 AZG iVm den Bestimmungen des Kollektivvertrages für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs, des §14 Abs2 AZG und der Bestimmung des §12 Abs1 AZG iVm den Bestimmungen des Kollektivvertrages für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs durch den im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides namentlich genannten Arbeitnehmer eine Geldstrafe in der Höhe von insgesamt S 9.000,--, im Nichteinbringungsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt 288 Stunden gemäß §28 Abs1 AZG verhängt.

 

Angelastet wurde ihr, als Arbeitgeberin dafür verantwortlich zu sein, daß vom Arbeitnehmer J***** H******* in dem aus dem Spruch des Straferkenntnisses ersichlichen Zeitraum einerseits die höchstzulässige Einsatzzeit gemäß §16 Abs3  AZG überschritten wurde, daß das Höchstausmaß der gemäß §14 Abs2 AZG zulässigen Lenkzeit nicht eingehalten wurde und daß der Bestimmung des §12 Abs1 AZG dahingehend zuwidergehandelt wurde, daß dem Arbeitnehmer nach Beendigung der Tagesarbeitszeit keine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 10 Stunden gewährt wurde.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Beschuldigte durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Berufung und begründete vorliegendes Rechtsmittel einerseits damit, daß die angelasteten Übertretungen gegen ihr Wissen und gegen ihren Willen erfolgten und sie trotz Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften keine unmittelbare Einflußmöglichkeit auf die Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen durch die Lenker habe. Im Fall des Zuwiderhandelns gegen arbeitszeitrechtliche Vorschriften werde der Dienstnehmer ermahnt und auf die geltenden gesetzlichen Vorschriften hingewiesen. Außer dieser erteilten Weisung habe sie keine Möglichkeiten, die Einhaltung der Arbeitszeiten durchzusetzen, da eine Auflösung des Dienstverhältnisses nicht zumutbar sei, da es aufgrund der gegebenen Arbeitsmarktlage nicht möglich sei, einen entsprechenden qualifizierten Arbeitnehmer zu bekommen. Zusätzlich biete ihr Entlohnungssystem keinerlei Anreiz dafür, daß die Dienstnehmer die Lenk-, Einsatz- und Ruhezeiten nicht einhielten. In ihrem Unternehmen erhalte jeder Dienstnehmer einen Stundenlohn für die von ihm  geleisteten Stunden, ohne Prämien oder solchen Prämien gleichgelagerter Entgelte.

Zum Beweis für dieses Vorbringen wurde die zeugenschaftliche Einvernahme des im Spruch des  Straferkenntnisses namentlich angeführten Arbeitnehmers beantragt.

Mangels Vorliegens von Verschulden werde daher der Antrag auf ersatzlose Behebung des gegenständlichen Straferkenntnisses und Einstellung  des anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens gestellt.

 

In der am 9.6.1993 am Sitz des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ, Außenstelle Wr. Neustadt, durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung entschuldigte der Rechtsvertreter der Beschuldigten die Abwesenheit der Einschreiterin mit deren beruflichen Unabkömmlichkeit. Ihre  strafrechtliche Verantwortlichkeit wurde außer Streit gestellt.

 

Die beantragte Einvernahme des Zeugen wurde nicht mehr aufrechterhalten und dieser gegenständliche Antrag zurückgezogen.

 

Der Vertreter des Arbeitsinspektorates verwies auf das gesamte bisherige aktenkundige Vorbringen und hielt den Rechsstandpunkt der Arbeitsinspektion - wie schon in der Stellungnahme am 25.3.1993 nach Kenntnis des Vorbringens der Berufungswerberin - vollinhaltlich aufrecht und beantragte die Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat daher wie folgt erwogen:

 

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

 

Vorweg ist festzuhalten, daß der dem Straferkenntnis der Behörde erster Instanz zugrundeliegende Sachverhalt von der Rechtsmittelwerberin der Richtigkeit nach nicht bestritten wird. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Beschuldigte glaubhaft zu machen, daß ihr die Einhaltung der objektiv verletzten Vewaltungsvorschriften ohne ihr Verschulden unmöglich war.

Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, die Schuldlosigkeit der Einschreiterin zu beweisen. Sie vermag nicht darzulegen, daß sie ein taugliches Kontrollsystem im Sinne der Judikatur des Verwaltunsgerichtshofes eingerichtet hat (vgl bspw  VwGH vom 12.6.1992, Zl en92/18/0192, 0229, 0230).

Das Erteilen von Aufträgen und strikte Weisungen, die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften einzuhalten, stellen nur einen Teil eines betrieblichen Kontrollsystems dar. Diese Maßnahmen für sich allein reichen keineswegs aus, um mit gutem Grund erwarten zu lassen, daß bei Erfüllung von Fahrtaufträgen und der damit in der Regel gegebenen Möglichkeit flexiblerer Zeiteinteilung durch den Lenker die Arbeitszeitvorschriften tatsächlich eingehalten werden. Von einem im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wirksamen, auf die Situation des konkreten Betriebes abgestellten Kontrollsystems, in Bezug auf die Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften durch Lenker bei Erfüllung von Fahrtaufträgen kann demnach nicht die Rede sein.

Wenn die Erteilung von Weisungen und die Feststellung ihrer Nichtbeachtung den Arbeitgeber schon entlasten würden, wäre der Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes weitgehend ausgehöhlt (vgl VwGH vom 20.7.1992, Zl 91/19/0201, 22.10.1992, Zl 92/18/0342 und Erkenntnis vom 25.2.1993, Zl 91/19/0073).

 

Da - wie schon obig ausgeführt - das von der Täterin behauptete betriebliche Kontrollsystem sich auf Belehrungen, Aufforderungen an die Lenker, die Arbeitszeitvorschriften einzuhalten, und nachträgliche  in gewissen Zeitabständen durchgeführte Kontrollen der Fahrtenbücher stützt, so stellt dies ein unzulängliches Kontrollsystem dar (VwGH 29.1.1987, 86/08/0172, 0173 uva).

 

Dem vom Berufungswerber behaupteten Vorhandensein eines "wirksamen Kontrollsystems" dergestalt, daß Arbeitnehmer auf die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen hingewiesen und belehrt werden und das persönliche Fahrtenbuch der Fahrer in regelmäßigen Abständen kontrolliert wird, ist entgegenzuhalten, daß es zur Entlastung nicht genügt, Maßnahmen zu treffen,  um Verstöße gegen Arbeitszeitvorschriften  bloß feststellen zu können. Die Einschreiterin hätte vielmehr dartun müssen, in welcher Weise sie auf festgestellte Verstöße reagierte und welche Maßnahmen sie traf, um künftigen Verstößen gegen Arbeitszeitvorschriften vorzubeugen (vgl VwGH 9.6.1988, 88/08/0183).

 

Dieser Verpflichtung ist die Beschuldigte im Rahmen der sie treffenden Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und gibt die Rechtsbrecherin im vorliegenden Rechtsmittel tatsächlich zu, daß die angelasteten Verstöße gegen das AZG in der Praxis sanktionslos seien, da eine Auflösung des Dienstverhältnisses mangels geeigneter Leute am allgemeinen Arbeitsmarkt nicht in Frage komme. Diese Argumentation führt rechtlich ins Leere, da die Anwendbarkeit des AZG nicht  von  der von Hochkonjunktur und Rezession beeinflußten Arbeitsmarktsituation abhängig gemacht werden kann.

 

Nach ständiger Judikatur des VwGH ist der Arbeitgeber selbst dann strafbar, wenn Verstöße gegen Arbeitszeitregelungen ohne sein Wissen und seinen Willen begangen wurden, es sei denn, er habe solche Maßnahmen getroffen, die unter den gegebenen Voraussetzungen aus gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen (VwGH 21.11.1984, 82/1/0091, 0092).

 

Zusätzlich wurden von der Beschuldigten keinerlei nähere konkretisierte Angaben dazu erstattet, daß die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden in ihrem Betrieb so gestaltet sind, daß sie keinen Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellen. Die Beschuldigte weist in ihrem Rechtstmittel lediglich darauf hin, daß jeder Dienstnehmer in ihrem Betrieb einen Stundenlohn für die von ihm geleisteten Stunden, ohne Prämien oder solchen Prämien gleichgelagerten Entgelten enthält. Dieses Vorbringen ist mangels detaillierterer und glaubhafter Angaben als reine Schutzbehauptung zu werten, da es unter Verwertung der allgemeinen Lebenserfahrung äußerst unglaubwürdig ist, daß Arbeitnehmer von sich aus erheblich mehr leisten, ohne dafür belohnt bzw bezahlt zu  werden oder sonst irgendeinen Vorteil daraus zu ziehen.

Es wäre an der Rechtsmittelwerberin gelegen, hinsichtlich dieser Behauptung weiteres geeignetes, zur Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage führendes Beweisvorbringen zu erstatten.

 

Im gegenständlichen Fall war fahrlässiges Verhalten der Beschuldigten anzunehmen, da die Täterin in objektiver Hinsicht die Anwendung jener Sorgfalt, zu der sie nach den Umständen des einzlnen Falles verpflichtet war, außer Acht gelassen hat und sie in subjektiver Hinsicht sowohl die Zumutbarkeit als auch die Befähigung zur Sorgfaltsübung traf, der sie durch Unterlassung ihrer Kontrollpflicht nicht nachgekommen ist.

 

Das Vorliegen weiterer Schuld- bzw Strafausschließungsgründe wurde von der Beschuldigten  weder behauptet, noch waren solche aus den gesamten Akteninhalt ersichtlich.

 

Hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafe wurde vom Senat entschieden wie folgt:

 

Unter Zugrundelegung der in §19 VStG normierten Strafzumessungsgründe erscheint die von der Strafbehörde erster Instanz verhängte Geldstrafe je Delikt, welche sich im mittleren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens bewegen, als tat- und schuldangemessen sowie persönlichkeitsadäquat und unter Berücksichtigung der anzunehmenden überdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen und rechtskräftiger, auch einschlägiger Vorstrafen notwendig, der Einschreiterin die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens klarzumachen und sie in Hinkunft von der Setzung gleichgelagerter Verhaltensweisen abzuhalten, wobei bei der Höhe der Strafzumessung zusätzlich ein  generalpräventiver Zweck zu berücksichtigen sein wird.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Aufgrund dieser Entscheidung hat die Berufungswerberin insgesamt folgende Beträge in der aus dem Spruch ersichtlichen Frist zu entrichten:

 

 

1. verhängte Geldstrafen insgesamt                S  9.000,--

 

2. Kostenbeitrag zum Verfahren I. Instanz         S    900,--

 

3. Kostenbeitrag zum Verfahren II. Instanz        S  1.800,--

                                     ________________________

 

                                     Gesamtbetrag S 11.700,--

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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