TE UVS Niederösterreich 1993/09/24 Senat-WU-93-066

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Veröffentlicht am 24.09.1993
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Spruch

Die Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991, abgewiesen.

 

Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird insoferne geändert, als anstelle der Strafnorm §99 Abs3 lita StVO 1960 "§99 Abs2 litc StVO 1960" tritt.

 

Der Rechtsmittelwerber hat gemäß §64 VStG, S 1.300,-- an Kosten des Verfahrens vor der Berufungsbehörde binnen 2 Wochen zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist werden der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens der Behörde erster Instanz fällig.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Rechtsmittelwerber wegen Übertretung des §20 Abs2 der Straßenverkehrsordnung 1960 eine Geldstrafe von S 6.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 162 Stunden) verhängt.

Im Spruch wird ihm angelastet, er sei am 4.11.1990 um 18,00 Uhr im Ortsgebiet von W******* auf der Hauptstraße nächst dem Haus Nr 172 aus Richtung K************* kommend in Richtung W*********** mit dem PKW Kennzeichen **-***M im Ortsgebiet schneller als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gefahren. (120 km/h gemessene Geschwindigkeit). Die Verwaltungsübertretung sei im Hinblick auf die Straßenverhältnisse und die Sichtverhältnisse sowie dem Anhalteweg unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen worden.

 

Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben und im wesentlichen ausgeführt, der hätte trotz Regen gute Sicht gehabt und sei zwar mit einer etwas überhöhten Geschwindigkeit gefahren, mit Sicherheit aber nicht mit 120 km/h. Die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung sei nicht gemessen worden sondern der Beamte sei lediglich nachgefahren.

Da er zur Zeit ohne Beschäftigung sei, ersuche er um Herabsetzung der Geldstrafe.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat in Entsprechung des §51e VStG am 18. August 1993 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Beschuldigte nicht erschienen ist.

 

Zeuge Bez Insp K******* gab an, er hätte im Zuge seines Patrouillendienstes das Fahrzeug des Beschuldigten erstmals beim Gasthaus R*** auf der Hauptstraße im Ortsgebiet von W******* gesehen. Vor dem Beschuldigtenfahrzeug sei ein anderer PKW zum Gasthaus R*** zugefahren. Daraufhin hätte der Beschuldigte von 50 km/h auf ca 100 km/h beschleunigt und er hätte einige Zeit gebraucht, um an das Fahrzeug des Beschuldigten anzuschließen. Dies sei ca auf Höhe des Hauses 172 gewesen und er hätte sodann durch Nachfahren in gleichbleibendem Abstand über eine Strecke von 300 m eine Geschwindigkeit von 120 km/h festgestellt. Die Geschwindigkeitsübertretung hätte im Ortsgebiet stattgefunden, die Anhaltung wäre im Freiland erfolgt. Zum Tatzeitpunkt herrschte Dunkelheit sowie Nieselregen und regennasse Fahrbahn. Als der Beschuldigte das Blaulicht seines Dienstkraftfahrzeuges bemerkt hätte, sei er freiwillig stehengeblieben. Der Beschuldigte hätte zugegeben, 100 km/h gefahren zu sein, jedoch keinesfalls mehr. Der Tachometer des Dienstkraftfahrzeuges sei nicht geeicht. Es sei richtig, daß er den Beschuldigten im Freiland angehalten hätte, die Geschwindigkeitsübertretung von 70 km/h hätte er jedoch im Ortsgebiet gesetzt.

 

Im Ortsgebiet von W******* befinden sich mehrere Heurige, die auch um diese Zeit geöffnet hätten. Es sei somit mit verstärktem Fußgängerverkehr zu rechnen, außerdem gäbe es hier keine Gehsteige. Aufgrund des Nieselregens herrschte äußerst schlechte Sicht.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Da der Meldungsleger schlüssig und widerspruchsfrei dargelegt hat, er sei im Zuge seiner Patroullie dem Beschuldigten über eine Strecke von 300 m im Ortsgebiet nachgefahren und hätte durch Ablesen des Tachometers eine Geschwindigkeit von 120 km/h im Ortsgebiet bei schlechter Sicht (Dunkelheit und Nieselregen, Fußgängerverkehr durch Heurigenlokale, kein Gehsteig) festgestellt, ist die angelastete Verwaltungsübertretung als erwiesen anzunehmen.

Dem gegenüber ist der Beschuldigte zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen und führte in seiner Berufung lediglich aus, er sei zwar mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren, nicht jedoch mit 120 km/h. Auch unter Berücksichtung geringfügiger Meßfehler aufgrund des nicht geeichten Tachometers des Dienstkraftwagens gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht, daß eine Geschwindigkeitsüberschreitung um mindestens das Doppelte der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet bei Dunkelheit und Nieselregen die Begehung der Verwaltungsübertretung unter besonders gefährlichen Verhältnissen begründet.

Da der erstinstanzliche Bescheid die Rechtsgrundlage unrichtig angibt, war der erstinstanzliche Spruch entsprechend zu berichtigen.

 

Hinsichtich der Strafhöhe wurde erwogen:

 

Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Weiters haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen Berücksichtigung zu finden.

 

Als erschwerend mußten sieben einschlägige Verwaltungsvorstrafen (!) gewertet werden. Mildernd war dem gegenüber kein Umstand.

 

Unter diesen Prämissen und unter Berücksichtigung, daß die vom Rechtsmittelwerber gesetzte Geschwindigkeitsübertretung von ca 50 bis 70 km/h für sich allein schon eine derart schwere Verletzung des Schutzzweckes der gegenständlichen Norm begründet, war die von der Behörde erster Instanz festgesetzte Geldstrafe als schuld- und tatangemessen zu bestätigen. Hierbei war zu berücksichtigen, daß die Begehung der Verwaltungsübertretung unter besonders gefährlichen Verhältnissen gemäß §99 Abs2 litc StVO 1960 einen Strafrahmen bis zu S 30.000,-- vorsieht und dieser Strafrahmen ohnehin nur geringfügig ausgeschöpft wurde. Die Berufungsbehörde konnte daher auch unter Berücksichtigung ungünstigster Einkommens- und Vermögensverhältnisse keine Herabsetzung der gegenständlichen Geldstrafe verfügen.

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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