TE UVS Stmk 1993/10/21 30.14-59/93

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.10.1993
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch sein Einzelmitglied Frau Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung des Herrn S F, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. G E, Dr. J H, R-straße 4/II, G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 18.9.1992, GZ.: III/St - 36.726/90 wie folgt entschieden.

Die Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit den §§ 24, 51c und 51e Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) abgwiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens dem Land Steiermark einen Betrag von S 100,-- binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Text

Aufgrund des dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark vorliegenden erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes der Bundespolizeidirektion Graz ergibt sich folgender bisheriger Verfahrensverlauf:

Mit der Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Graz vom 5.2.1991, wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 5.11.1990 um 16.58 Uhr in G, den G-platz von der I-gasse kommend in Richtung L-gürtel mit dem Kraftfahrzeug, Kennzeichen G-72 XKA trotz des gekennzeichneten Fahrverbotes, ausgenommen Busse und Taxis, befahren. Wegen Übertretung der Rechtsvorschrift des § 52a Z 1 StVO wurde über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in Höhe von S 500,--, bei deren Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag verhängt.

Gegen diese Strafverfügung hat der Berufungswerber rechtzeitig am 21.2.1991 Einspruch erhoben und sich in der darauffolgenden Stellungnahme vom 26.3.1991 wie folgt gerechtfertigt:

Er stelle nicht in Abrede, am angegebenen Vorfallsort zur angegebenen Zeit das Fahrzeug mit dem angeführten Kennzeichen gelenkt zu haben. Bestritten werde allerdings die Strafbarkeit seines Tuns, weil die dem Fahrverbot zugrundeliegende Verordnung verfassungswidrig und auch grob rechtswidrig sei.

Die gegenständliche Verordnung stamme vom 15.2.1990 und habe folgenden Wortlaut:

Gemäß § 43 der StVO 1960, in der derzeit gültigen Fassung, wird für die I-gasse in Fahrtrichtung Süden an der Einmündung in die L-gasse das Verkehrszeichen "Fahrverbot" gemäß § 52 Abs 1 StVO 1960 mit den Zusätzen "ausgenommen Taxis und Linienbusse" verordnet.

Durch den Hinweis auf die Rechtsgrundlage des § 43 StVO sei die Grundlage der Verordnungsermächtigung keinesfalls hinreichend bestimmt, da diese Vorschrift eine Reihe von Verordnungsermächtigungen vorsieht. Eine gesetzeskonforme Verordnung bedürfe einer exakten Ermächtigungsgrundlage. Die Frage, ob die verordnende Behörde, hier der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz für die Verordnungserlassung zuständige Behörde ist, könne auf Grund des allgemeinen Verweises auf § 43 der StVO 1960 auch nicht beantwortet werden. Auch darin läge eine Rechts- bzw. Gesetzwidrigkeit, da damit das rechtmäßige Zustandekommen der Verordnung nicht überprüfbar wäre. Es könne nur gemutmaßt werden, daß die gegenständliche Verordnung vom Bürgermeister und somit offensichtlich unter Berufung auf die Bestimmungen des § 94 b StVO erlassen worden sei.

Die in der Verordnung zitierte Gesetzesbstimmung, der § 52 Abs 1 StVO 1960 sei weder heute noch zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung rechtlich überhaupt existent gewesen. Es sei daher etwas verordnet worden, was es rechtlich überhaupt nicht gibt.

Die Behörde habe vor Erlassung der gegenständlichen Verordnung nicht ausreichend geprüft, ob die zu diesem Zeitpunkt existierende Verordnung aus dem Jahre 1983, die ein Fahrverbot, ausgenommen GV-Busse, Taxis und Ausfahrende aus der Tiefgarage zum Inhalt hatte, aufgrund möglicher, veränderter Verhältnisse tatsächlich anpassungsbedürftig sei. Aus dem Verordnungsakt A 10/1-I-1982/33-89 (Gedächtnisschrift vom 5.12.1989) gehe lediglich hervor, "daß generell zu prüfen wäre, ob Fahrzeuge aus der nahegelegenen Tiefgarage nach wie vor vom Fahrverbot ausgenommen werden sollten". Diese Überlegungen könnten keineswegs die Prüfung der Zweckmäßigkeit der Verordnung anhand der Kriterien der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs ersetzen. Es hätte daher eine Verkehrsstromanalyse durchgeführt werden müssen.

Zum Beweise der Richtigkeit dieser Ausführungen wurden vom Berufungswerber  die Beischaffung der bezughabenden Verordnungsakten, die Durchführung einer Verkehrszählung und Verkehrsfrequenzerhebung sowie die Erstellung einer Verkehrsstromanalyse im Bereich I-gasse - L-gasse beantragt. Mit dem Schreiben vom 28.3.1991 ersuchte die belangte Behörde den Magistrat Graz, Straßen- und Brückenbauamt, um Übermittlung der gegenständlichen Verordnung und um Stellungnahme zu den Einspruchsangaben des Berufungswerbers. Insbesondere möge mitgeteilt werden, ob es für Fahrzeuge, die aus der nahegelegenen Tiefgarage kommen, eine Ausnahmegenehmigung gäbe.

Der Magistrat Graz beantwortete diese Anfrage mit seinem Schreiben vom 21.5.1991, in dem u.a. mitgeteilt wurde, daß die Fahrverbotszeichen am 6.6.1990 um 12.30 Uhr montiert worden seien. Es bestehe keineswegs eine Ausnahmegenehmigung für jene Fahrzeuge, die von der nahegelegenen Tiefgarage kommend in die K-straße gelangen. Diesem Schreiben wurden die Verhandlungsschrift der am 4.12.1989 unter Punkt 4 durchgeführten Verhandlung, ein an die W St W Versicherungsanstalt gerichtetes Schreiben und die Verordnung des betreffenden Fahrverbotes vom 15.2.1990 beigelegt. Nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens erließ die belangte Behörde das nunmehr bekämpfte Straferkenntnis vom 18.9.1992, mit dem dem Einspruch nicht stattgegeben, der Tatvorwurf neuerlich erhoben und die Strafhöhe in der Strafverfügung beibehalten wurde.

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Berufungswerber den Vorfall an sich nicht bestritten habe, und beantwortete die Einwendungen im Einspruch mit der oben zitierten Stellungnahme des Magistrates Graz vom 21.5.1991. Die gegenständliche Verordnung sei mit der Aufstellung der Verkehrszeichen am 6.6.1990, um 12.30 Uhr ordnungsgemäß kundgemacht worden, sodaß für die belangte Behörde kein Grund bestehe, an der Gesetzmäßigkeit zu zweifeln bzw. auch keine rechtliche Möglichkeit vorhanden sei, diese Verordnung auf deren Gesetzmäßigkeit hin überprüfen zu lassen. In der rechtzeitig erhobenen Berufung gegen das Straferkenntnis

der Bundespolizeidirektion Graz verwies der Berufungswerber auf seine Stellungnahme im erstinstanzlichen Verfahren und führte ergänzend weitere Berufungsgründe an:

Das von der belangten Behörde geführte Ermittlungsverfahren und auch die Begründung des angefochtenen Bescheides seien mangelhaft geblieben. Die belangte Behörde hätte bei Aufnahme der in der Stellungnahme vom 26.3.1991 angebotenen Beweismitteln erkennen müssen, daß die Benützer der nahegelegenen Tiefgarage vor Erlassung der gegenständlichen Verordnung vom Fahrverbot ausgenommen gewesen seien. Auch hätte der belangten Behörde auffallen müssen, daß der verordnenden Behörde ein Formfehler unterlaufen sei, indem eine Aufhebung des Verordnungstextes, wonach auch die Tiefgaragenbenützer vom Fahrverbot ausgenommen gewesen wären, niemals vorgenommen worden sei. Schon aus diesem Grunde sei die verfahrensgegenständliche Verordnung gesetzwidrig. Die belangte Behörde hätte jedenfalls durch Stellung eines Kontrollantrages die offenkundig rechtswidrige Verordnung auf deren Gesetzmäßigkeit hin überprüfen lassen können. Schlußendlich sei sich die belangte Behörde nicht sicher, ob der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen hat. Es scheine ihr nur als erwiesen. Es wurde der Antrag gestellt, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zur Entstehung der verfahrensgegenständlichen Verordnung:

Aus den Verordnungsakten des Magistrates Graz, Straßen- und Brückenbauamt, zu den GZ.: A 10/1 - I - 319/6-1975, A 10/1-I-1005/13-1975, A 10/1-I- 1216/27-1983, A 10/1-I-1982/33-1989, A 10/1-I-2273/1-1991, sowie aus dem Schreiben der W St Versicherungsanstalt vom 28.6.1983, den Schreiben der G-K-Eisenbahn-und Bergbau-Gesellschaft vom 3.10.1989 und 8.3.1990, weiters aus dem Schreiben des Magistrates Graz vom 11.1.1990 sind nachstehende Verordnungsvorgänge ersichtlich:

Im Jahre 1975 wurde in der I-gasse für den von Norden kommenden Verkehr ein Rechtsabbiegeverbot, "Ausgenommen GVB-Bus und Taxi" in die L-gasse verordnet (Verordnung des Bürgermeisters vom 22.5.1975). Im gleichen Jahr wurde erstmals für die westliche Fahrbahn der I-gasse bei der Einmündung in die L-gasse ein Fahrverbot, "Ausgenommen GV-Busse und Taxi" verordnet (Verordnung des Bürgermeisters vom 4.8.1975). Mit dem Schreiben vom 28.6.1983 tritt die W St W Versicherungsanstalt mit dem Wunsch an den Magistrat Graz, Straßen- und Brückenbauamt, heran, die Benützer der Tiefgarage mögen vom bestehenden Fahrverbot durch Genehmigung einer Zusatztafel:

Ausnahme - Ausfahrt von der Garage

Aus diesem Schreiben und der Gedächtnisniederschrift vom 27.7.1983 ist zu entnehmen, daß anscheinend für den Zeitraum davor für 17 Angestellte der Versicherungsanstalt Einzelausnahmegenehmigungen bestanden. Das Ersuchen um Erteilung einer generellen "Ausnahmegenehmigung" wurde damit begründet, daß sich die Verkehrssituation für die Garagenbenützer verschlechtert habe, die W St Versicherungs der GVB eine Haltenische abgetreten habe und zuletzt die Gewährung von einzelnen Ausnahmegenehmigungen von der Kostenseite her nicht mehr tragbar wäre.

Zur Überprüfung dieses Antrages wurde seitens des Straßen- und Brückenbauamtes für den 20.7.1983 eine Verhandlung vor Ort anberaumt. Der Gedächtnisniederschrift vom 27.7.1983 ist zu entnehmen, daß seinerzeit die Vertreter der Polizei die Befürchtung äußerten, daß durch eine Ausnahmegenehmigung - entgegen dem Verordnungszweck, der Verkehrsberuhigung in der I-gasse - ein vermehrtes Verkehrsaufkommen in der I-gasse eintreten könnte, da die Kraftfahrer möglicherweise die einseitige Bevorzugung der Garagenbenützer nicht zur Kenntnis nehmen würden. Weiters wurde auch auf Überwachungsschwierigkeiten hingewiesen, da ein am Gürtel stehender Posten nicht beurteilen könne, ob das Fahrzeug aus der Garage oder von der I-gasse komme. Die Vertreter der Versicherungsanstalt schlugen vor, daß die berechtigten Fahrzeuge einen Aufkleber erhalten sollten. Die Verhandlung endete mit dem Konsens, daß die Zusatztafel ausgenommen GV-Busse, Taxi und Ausfahrende aus der Tiefgarage" angebracht und vorerst ein Probebetrieb auf die Dauer von drei Monaten durchgeführt werden sollte, um die Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen zu eruieren. Ein vermehrtes Verkehrsaufkommen müsse wieder zur Zurücknahme der Ausnahmenerweiterung führen. In der Folge wurde vom Stadtsenat der Stadt Graz die Verordnung vom 29.7.1983 erlassen, mit der die Zusatztafel zu dem mit Verordnung vom 22.5.1975 festgelegten Rechtsabbiegeverbot bei

der Einmündung der I-gasse in die L-gasse den Wortlaut Ausgenommen GV-Busse, Taxi und Ausfahrende aus der Tiefgarage" erhielt. Die Abführung des bei der Verhandlung vor Ort vereinbarten Probebetriebes oder Ergebnisse dieser Maßnahme sind nicht dokumentiert.

Mit dem Schreiben vom 3.10.1989 ersuchte die G-K Eisenbahn- und Bergbau- Gesellschaft, die Strecke I-gasse- L-gürtel - Kstraße mit ihren Fahrzeugen benützen zu dürfen, da die Ausfahrt der Kraftfahrlinienbusse von G Richtung K-straße über die J-H-Gasse E-gürtel wegen des regen Verkehrsaufkommens regelmäßig und in der Stoßzeit am Nachmittag besonders verzögert werde.

Auf Grund dieses Antrages wurde seitens der Behörde am 4.12.1989 eine Verhandlung vor Ort anberaumt, bei der eine mögliche Abänderung des schon 1975 erlassenen Fahrverbotes erörtert wurde. In der Gedächtnisniederschrift vom 5.12.1989 ist dazu vermerkt, daß seitens der Handelskammer Steiermark und der Bundespolizeidirektion Graz zum Antragsgegenstand kein Einwand erhoben wurde. Es erscheine jedoch zweckmäßig, generell Linienbusse vom genannten Fahrverbot auszunehmen. Seitens der Bezirksvorstehung wurde der gegenständliche Antrag mit der Begründung abgelehnt, daß sonst die Wohnbevölkerung in der Idlhofgasse zusätzliche Belastungen übernehmen müßte. In diesem Zusammenhang wurde von den anwesenden Personen die vom Berufungswerber angeführte Überlegung angestellt, daß generell zu prüfen wäre, ob Fahrzeuge aus der nahegelegenen Tiefgarage nach wie vor vom gegenständlichen Fahrverbot ausgenommen sein sollten. Die Anwesenden haben diese Frage verneint.

Dieses Verhandlungsergebnis wurde seitens des Magistrates Graz mit Schreiben vom 11.1.1990 auch der betroffenen Versicherungsanstalt mitgeteilt und die beabsichtigte Aufhebung der Ausnahmeregelung mit der Förderung des öffentlichen Verkehrs begründet. Es sei daher daran gedacht, am Fahrverbotszeichen den Zusatz "Ausfahrende aus der Tiefgarage" zu entfernen. Eine Stellungnahme bzw. ein darauf Bezug nehmendes Antwortschreiben der W St Versicherung liegt nicht vor.

Im Februar 1990 wurde für die Idlhofgasse in Fahrtrichtung Süden bei der Einmündung in die L-gasse ein Fahrverbot, mit den Zusätzen "Ausgenommen Taxi und Linienbusse" verordnet (Verordnung des Bürgermeisters vom 16.2.1990). Damit wurden die Ausnahmen vom bestehenden Fahrverbot aus 1975 zugunsten des öffentlichen Verkehrs erweitert, indem die Ausnahmeregel von GVB-Bussen auf Linienbusse ausgedehnt wurde. Diese Verordnung wurde durch Aufstellen eines entsprechenden Verkehrszeichens mit der Zusatztafel "Ausgenommen Taxi und Linienbusse" am 6.6.1990 kundgemacht. Zur gleichen Zeit wurden die Verkehrszeichen zur Verordnung vom 29.7.1983 (Rechtsabbiegeverbot mit der Zusatztafel "Ausgenommen GVB-Busse, Taxi und Ausfahrende aus der Tiefgarage") entfernt. Mit Verordnung des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 19.12.1991 wurden auf Grund eines Amtsvortrages vom 22.12.1991 der Verordnungsinhalt der Verordnung vom 15.2.1990 neuerlich verordnet und gleichzeitig die Fahrverbotsverordnung aus dem Jahre 1975 und jene aus dem Jahre 1990 explizit aufgehoben. Die Verordnung zum Rechtsabbiegeverbot wurde nicht aufgehoben.

Die Berufungsbehörde ist von nachstehenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behröde erster Instanz die Tat begangen wurde, somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 51e Abs 2 VStG ist, wenn in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird, eine öffentliche mündliche Verhandlung vor der Berufungsbehörde nur dann anzuberaumen, wenn dies in der Berufung ausdrücklich verlangt wurde.

Da der Berufungswerber die Tat an sich nicht bestritten und auch keine mündliche Verhandlung beantragt hat, die entscheidungsrelevanten Vorgänge im Zusammenhang mit der Verordnungserlassung teils aus dem Inhalt des erstinstanzlichen Aktes, teils durch Beischaffung noch erforderlicher Verordnungsunterlagen beim Straßen- und Brückenbauamt vollständig rekonstruiert werden konnten, war eine mündliche Verhandlung entbehrlich.

Zur rechtlichen Beurteilung

Zur behauptetenVerfassungswidrigkeit und Rechtswidrigkeit der verfahrensgegenständlichen Verordnung vom 15.2.1990:

Selbstredend ist dem Vorbringen des Berufungswerbers zu folgen, wonach jede Verordnung eine Ermächtigungs- und Zuständigkeitsgrundlage haben muß. Das Vorliegen solcher Grundlagen wird vom Berufungswerber auch nicht bestritten, indem er selbst in seiner Stellungnahme auf diese verweist. Im gegenständlichen Fall hat die gemäß § 94 b StVO zuständige Behörde - ermächtigt durch § 43 Abs 1 lit b Z 1 StVO - ein Fahrverbot erlassen. Die (genaue) Anführung dieser gesetzlichen Grundlagen in der Verordnung ist rechtlich nicht notwendig, weil es keine Vorschrift gibt, die dies anordnet, wenngleich die Anführung zweckmäßig wäre. Daher ist eine Gesetzwidrigkeit der Verordnung aus diesem Grunde nicht gegeben. Der weiteren Behauptung des Berufungswerbers, durch eine im Verordnungstext ungenau zitierte Gesetzesbestimmung (§ 52 Abs 1 StVO 1960 anstatt richtigerweise § 52 lit a Z 1 StVO 1960) sei etwas verordnet worden, was es rechtlich überhaupt nicht gibt, ist entgegenzuhalten, daß es im gegenständlichen Fall am Verordnungsinhalt - der Erlassung eines Fahrverbotes - keinen Zweifel gibt. Unter diesen Voraussetzungen würde selbst das Fehlen jeglicher Gesetzesangabe an der Rechtmäßigkeit der Verordnung nichts ändern. Wenn der Berufungswerber meint, die Behörde hätte vor Erlassung der Verordnung nicht ausreichend geprüft, ob die Zurücknahme der Ausnahmeregelung vor dem Grund möglicher veränderter Verhältnisse gerechtfertigt sei, so übersieht er, daß sich die Verordnung aus 1983 nicht auf das Fahrverbot, sondern auf das Rechtsabbiegeverbot aus dem Jahre 1975 bezog. Somit hat offenbar nie eine Ausnahmeregelung vom Fahrverbot für Versicherungsangestellte bestanden.

Selbst wenn man die Überlegungen des Berufungswerbers auf die seinerzeit bestehende Ausnahmeregel vom Rechtsabbiegeverbot anwendet, so verkannte er die zu prüfende Fragestellung. Zu prüfen gewesen wäre, ob die für die Benützer der Tiefgarage bestehende Ausnahmeregelung - bezogen auf den Zweck der Verordnung (noch) gerechtfertigt war. Aus dem Studium der Verordnungsakte konnte vielmehr der Eindruck gewonnen werden, daß es offenbar nie einen rechtlich vertretbaren Grund gegeben hat, welcher die generelle Ausnahme von einem Fahrverbot oder Rechtsabbiegeverbot nur für Benützer der Tiefgarage gerechtfertigt hätte. Die von der Versicherungsanstalt damals ins Spiel gebrachte Abtretung von Grundstücksteilen zur Anlegung einer Bushaltestelle stellt keinen solchen Grund dar, zumal diese Abtretung im Rahmen eines Bauverfahrens als gesetzliche Verpflichtung vorgesehen ist, welche keine Privilegierung im Straßenverkehrsrecht nach sich ziehen kann. Denkbar ungeeignet ist auch der Hinweis auf gestiegene Gebühren für die seinerzeitigen Ausnahmebewilligungen. An der Zurücknahme einer einzelne Verkehrsteilnehmer privilegierenden Ausnahmeregelung, für deren Aufrechterhaltung es keine stichhaltigen Gründe gibt, ist rechtlich nichts auszusetzen. Sollten tatsächlich individuelle Interessen der Benützer der Tiefgarage vorliegen, so sieht § 45 der StVO die Erteilung von Ausnahmebewilligungen in Einzelfällen vor, um die sich jeder einzelne Benützer der Tiefgarage - gegen Gebührenentrichtung - bemühen kann. Umsoweniger wäre damit eine allgemeine Ausnahme im Verordungswege gerechtfertigt. Ob die Verordnung aus dem Jahre 1983 zum Rechtsabbiegeverbot möglicherweise rechtswidrig war, ist allerdings hier nicht mehr zu prüfen. Entscheidend ist vielmehr, ob die verfahrensgegenständliche Verordnung zum Zeitpunkt der Tat, - und nur darauf kommt es an - gesetzmäßig war. Die verfahrensgegenständliche Verordnung ist dem Inhalt nach unbedenklich. Das Fahrverbot hat zum einen die Verkehrsberuhigung der I-gasse durch Verhinderung des Durchzugsverkehrs zum E-gürtel, zum anderen die Entlastung des Kreuzungsbereiches L-gasse, E-gürtel, K-straße, zum Ziel. Das Fahrverbot dient damit der Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs in diesem Bereich. Die Ausnahmen vom Fahrverbot für Linienbusse und Taxi dienen ebenso diesem Ziel. In der Nichtaufnahme der Benützer der Tiefgarage in die Ausnahmeregel kann keinesfalls eine Rechtswidrigkeit der Verordnung erblickt werden. Auch liegen keine Erzeugungsmängel (Zuständigkeits- oder Kundmachungsmängel) vor, die die Verordnung gesetzwidrig machen würden. Die Verordnung wurde von der zuständigen Behörde unter Wahrung von Anhörungsrechten erlassen und durch Aufstellen der entsprechenden Verkehrszeichen ordnungsgemäß kundgemacht.

Der Ansicht des Berufungswerbers, wonach ein der Behörde unterlaufener Formfehler, nämlich die nicht explizite Aufhebung der Verordnung aus 1983 zur Rechtswidrigkeit der verfahrensgegenständlichen Verordnung führe, ist auch nichts abzugewinnen.

Die Verordnung aus 1983 bezieht sich, wie oben schon mehrmals ausgeführt, auf ein Rechtsabbiegeverbot bei der Einmündung der I-gasse in die L-gasse. Diese Verordnung ist nicht Gegenstand des Verfahrens, weil dem Berufungswerber kein Verstoß gegen ein Rechtsabbiegeverbot vorgeworfen wurde. Ob diese Verordnung noch existent ist, ob sie explizid aufgehoben wurde oder nur ruht, oder ob sie allein mangels Kundmachung nicht mehr rechtswirksam ist - all' diese Überlegungen spielen für die Rechtmäßigkeit der verfahrensgegenständlichen Verordnung überhaupt keine Rolle.

Mit der Verordnung vom 19.12.1991 hat die Behörde überflüssigerweise das schon seit 1975 bestehende und 1990 novellierte Fahrverbot (Ausnahmeerweiterung auf Linienbusse) neuerlich verordnet und die Verordnungen vom 4.8.1975 und 15.2.1990 ausdrücklich aufgehoben. Diese "Aufhebung" konnte gar keine Wirkung mehr haben, da die "aufgehobenen" Verordnungen, wie gesagt, bereits durch inhaltliche Derogation nicht mehr Rechtsbestand waren.

Zur behaupteten Mangelhaftigkeit des Verfahrens

Der Berufungswerber widerspricht sich in seinem Vorbringen, indem er in der Stellungnahme vom 26.3.1991 ausführte, ihm sei klar, daß die belangte Behörde Verordnungen zumindest bis zum Beweis von deren Verfassungs- bzw. Rechtswidrigkeit anzuwenden habe und weiters in seiner Berufungsschrift forderte, die belangte Behörde hätte durch ein ausführliches Ermittlungsverfahren unter Abführung seiner Beweisanträge die Gesetzwidrigkeit der Verordnung erkennen müssen und durch Stellung eines Kontrollantrages die offenkundig rechtswidrige Verordnung auf deren Gesetzmäßigkeit hin überprüfen lassen können. Ungeachtet dessen, ist dazu folgendes auszuführen:

Die Verwaltungsbehörden, und so auch die belangte Behörde, haben Verordnungen so lange anzuwenden, so lange sie in Geltung sind. Es gibt keine gesetzliche Bestimmung, die sie verpflichtet, sich mit der Frage der Gesetzmäßigkeit der Verordnung auseinanderzusetzen, darüber Beweise abzuführen und in diesem Zusammenhang ihre Erwägungen in die Bescheidbegründung aufzunehmen (VwGH 17.12.1982, 82/02/0164). Die belangte Behörde hat sich daher nur an den ihr vorgegebenen Rahmen gehalten. Sie hat die verfahrensgegenständliche Verordnung beigeschafft und zusätzlich eine Stellungnahme des Magistrates Graz, Straßen- und Brückenbauamt, als Entscheidungshilfe eingeholt. Weitere Ermittlungen zum Sachverhalt waren nicht erforderlich, da der Berufungswerber den Vorfall an sich nicht bestritt. Daher geht der Einwand der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ins Leere.

Auch den Unabhängigen Verwaltungssenaten steht die Überprüfung gehörig kundgemachter Verordnungen nicht zu. Die Berufungsbehörde hätte einen Antrag auf Aufhebung der Verordnung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen, soferne Bedenken gegen die Anwendung einer Verordnung wegen Gesetzwidrigkeit bestehen würden (Artikel 129a Abs 3 iVm Artikel 89 B-VG). Im gegenständlichen Verfahren sind Bedenken dieser Art nicht aufgetreten. Die vom Berufungswerber aufgeworfenen Rechtsfragen konnten vor dem Hintergrund der herrschenden Rechtsprechung und Lehre beantwortet werden. Eine Anfechtung der Verordnung kam daher nicht in Frage. Dem Berufungswerber wird beigepflichtet, daß die in der Begründung des angefochtenen Bescheides verwendete Formulierung, daß die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung als erwiesen scheint

Eindeutigkeit des Vorwurfes im Spruch auch falsch ist. Dies kann jedoch an der Rechtmäßigkeit des Bescheides nichts ändern. Der Berufungswerber selbst hat das ihm vorgeworfene Verhalten nie in Frage gestellt. Die belangte Behörde konnte diesen Sachverhalt daher zweifelsfrei ihrer Entscheidung zugrunde legen. Damit reduziert sich die Formulierung in der Begründung auf ein Versehen der Behörde.

Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß das Fahrverbot für die I-gasse in Fahrtrichtung Süden mit den Zusätzen Ausgenommen Taxi und Linienbusse

auch gehörig kundgemacht wurde. Somit lag zum Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung die rechtswirksame Verordnung eines Fahrverbotes mit den genannten Ausnahmen vor. Der Berufungswerber hat gegen dieses Fahrverbot verstoßen, indem er am 5.11.1990 um 16.58 Uhr den G-platz von der I-gasse kommend in Richtung L-gürtel als Lenker des KFZ G-72 XKA befahren hat, ohne zu den vom Fahrverbot ausgenommenen Verkehrsteilnehmern zu gehören. Damit hat er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten. Zur Strafbemessung

§ 19 Abs 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Demnach ist bei der Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzten Strafrahmens (hier S 10.000,--) insbesondere davon auszugehen, in welchem Ausmaß diejenigen Interessen gefährdet worden sind, deren Schutz die Strafdrohung dient. Der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, ist ebenso bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

Ein Fahrverbot gemäß § 52 lit a Z 1 StVO ist eine verkehrslenkende Maßnahme, welche im Interesse der Flüssigkeit des Verkehrs und auch der Verkehrsberuhigung dient. Fahrzeuglenker, die sich nicht an diese Vorschrift halten, erschweren die Durchsetzbarkeit eines im Interesse der Wohnbevölkerung und zur Erleichterung der Verkehrssituation verordneten Fahrverbotes. Durch den Verstoß gegen diese Vorschrift wird somit auch der Zweck des Fahrverbotes mißachtet. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Im Sinne dieser, die subjektive Tatseite betreffenden Strafbemessungsgrundsätzen waren von der Berufungsbehörde keine Erschwerungsgründe zu berücksichtigen, da keine rechtskräftigen, verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen vorlagen. Als Milderungsgrund wurde die Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet. Selbst bei Berücksichtigung dieses Milderungsgrundes konnte die im erstinstanzlichen Bescheid verhängte Strafhöhe aufgrund spezialpräventiver Überlegungen nicht herabgesetzt werden, da der Berufungswerber offenbar nicht gewillt ist, sich den geänderten Umständen anzupassen. Zudem bewegt sich die verhängte Strafe ohnehin im untersten Bereich des für diese Verwaltungsübertretung vorgesehenen Strafrahmens.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers wurden trotz Aufforderung der belangten Behörde nicht bekanntgegeben. Das monatliche Einkommen wird daher schätzungsweise mit S 20.000,-- festgelegt; Vermögen und Sorgepflichten werden angenommen. Diese Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse waren ebenso nicht geeignet, das Strafausmaß zu reduzieren.

Die Bemessung des Kostenbeitrages des Verwaltungsstrafverfahrens zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 Abs 1 und 2 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Verordnung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten