TE Vfgh Erkenntnis 2007/11/30 B1081/06

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Veröffentlicht am 30.11.2007
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Index

L4 Innere Verwaltung
L4005 Prostitution, Sittlichkeitspolizei

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Niederösterreich ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.340,-

bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 2. Mai 2006 wurde über die Beschwerdeführerin wegen Übertretung mehrerer Verbotsnormen betreffend die Ausübung von Prostitution eine Verwaltungsstrafe in Höhe von insgesamt € 3.670,- verhängt. Dabei wurde es der Beschwerdeführerin unter anderem angelastet, entgegen §§6 Abs1 (gemeint wohl: §6 Z1), 5 Abs1 und 3 Abs2 Z5 NÖ Prostitutionsgesetz, LGBl. 4005-1, (im Folgenden: NÖ Prostitutionsgesetz) und §1 Z7 der Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Amstetten über ein Verbot der Anbahnung und Ausübung der Prostitution in der Stadtgemeinde Amstetten vom 20. Dezember 2002 (im Folgenden: Prostitutionsverordnung vom 20. Dezember 2002) die Prostitution in einem Bereich des Gebietes der Stadtgemeinde Amstetten ausgeübt zu haben, in welchem die Anbahnung und Ausübung der Prostitution gemäß letzterer Bestimmung verboten ist.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde; darin behauptet die Beschwerdeführerin, in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung (nämlich der Prostitutionsverordnung vom 20. Dezember 2002) verletzt zu sein und begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Über Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes übermittelte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Amstetten die Prostitutionsverordnung vom 20. Dezember 2002 sowie die hiezu ergangene Novelle vom 20. Juli 2005. Weiters wurde vom Bürgermeister der Stadtgemeinde Amstetten darauf hingewiesen, dass die genannten Rechtsakte der Niederösterreichischen Landesregierung zur Prüfung vorgelegt und von dieser "ohne Einwand" zur Kenntnis genommen worden waren. Die entsprechenden Schreiben der Niederösterreichischen Landesregierung wurden angeschlossen.

II. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des §1 Z7 der Prostitutionsverordnung vom 20. Dezember 2002 ein. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, V54/07, hob er die Prostitutionsverordnung vom 20. Dezember 2002 mangels der gesetzlich vorgeschriebenen Kundmachung (durch zweiwöchigen Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde) zur Gänze als gesetzwidrig auf.

III. Die Beschwerde ist begründet.

Die belangte Behörde hat bei Erlassung des angefochtenen Bescheides eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.

Die Beschwerdeführerin wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.303/1984, 10.515/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

IV. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,- sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 180,-

enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:B1081.2006

Dokumentnummer

JFT_09928870_06B01081_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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