TE UVS Niederösterreich 1994/10/11 Senat-GD-93-034

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Veröffentlicht am 11.10.1994
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Spruch

Herr O B, geb am ***19** hat gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft G vom ***199*, Zl 3-****-9*, betreffend Bestrafungen nach

dem KFG fristgerecht Berufung erhoben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat durch das Mitglied Dr E über

diese Berufung nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung vom

O***** 199* hiezu folgende Berufungsentscheidung verkündigt

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes

1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991,

zu Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses keine Folge gegeben

und der

erstinstanzliche Bescheid sohin bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat hiezu dem Land NÖ gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52/1991, S 200,-- als Beitrag zu

den Kosten des Berufungsverfahrens gemeinsam mit den erstinstanzlichen Kosten

und der verhängten Strafe binnen zwei Wochen zu zahlen (§ 59 Abs 2 AVG).

 

Hingegen wird zu Punkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses der Berufung Folge

gegeben und der Bescheid diesbezüglich aufgehoben.

 

Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG wird zu diesem Punkt des Straferkenntnisses die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

 

Zufolge § 65 leg.cit. hat der Berufungswerber zu Punkt 2 des angefochtenen

Bescheides keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt,

daß er am ***199*, um **.** Uhr im Stadtgebiet von S******, vor dem Haus

H****platz Nr * als Lenker des Fahrzeuges, PKW, mit dem Kennzeichen ** *** *,

 

1. den Führerschein einem Organ der Straßenaufsicht auf sein Verlangen zur Überprüfung nicht ausgehändigt und

 

2. den Zulassungsschein einem Organ der Straßenaufsicht auf sein Verlangen zur Überprüfung nicht ausgehändigt habe.

 

Hiezu wurden über den Berufungswerber

 

1. gemäß § 102 Abs 5 lit a KFG iVm § 134 leg.cit. eine Geldstrafe von S 1.000,--

(Ersatzfreiheitsstrafe 42 Stunden) und

 

2. gemäß § 102 Abs 5 lit b KFG iVm § 134 leg.cit. eine Geldstrafe von S 1.000,--

(Ersatzfreiheitsstrafe 42 Stunden) verhängt.

 

Gemäß § 64 Abs 2 wurden die erstinstanzliche Kosten von insgesamt S

200,--

vorgeschrieben.

 

Der Berufungswerber hat gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht berufen und

dabei im wesentlichen ausgeführt, daß er der Höhe und der Sache nach, sowie

gegen die Art und Weise der Fahrzeugkontrolle und die Angabe des Ortes und der Zeit berufe. Er sei am ***199*, um **** Uhr, mit dem Sportwagen, Mercedes 500

SL, begleitet von seinem Vater (Beifahrer) nach S****** gefahren, um dort beim

GP S****** eine Anzeige zu erstatten. Am Ende der S****gasse hätten sie einen Gendarm gesehen und diesen fragen wollen, ob der Posten besetzt sei. Der Gendarm

habe jedoch keine Antwort gegeben, sondern sei plötzlich aggressiv geworden. Er

habe den Berufungswerber aufgefordert, rechts ranzufahren, sodann den

Autoschlüssel abziehen wollen und gesagt Sie haben keinen Führerschein. Der Berufungswerber habe dieses Abziehen des Schlüssels verhindern können und vom

Beamten sodann die Dienstnummer verlangt. Der Beamte habe keine Dienstnummer bei

sich gehabt und auch keinen Dienstausweis vorweisen können, weshalb anzunehmen

gewesen wäre, daß sich ein Mann mit Uniform als Gendarmeriebeamter ausgäbe.

Später habe sich der Berufungswerber bei der Gendarmerie in G**** über das Verhalten des S (des eingeschrittenen Beamten) beschwert, da es dem ein Neiders

entsprochen hätte. Bei der Beanstandung habe der Berufungswerber den eingeschrittenen Beamten den Führerschein aus einer Entfernung aus ca. 1/2 m

vorgezeigt. Wenn sich der Beamte ausweisen hätte können, so hätte der

Berufungswerber ihm den Führerschein in die Hand gegeben. Einen Zulassungsschein

habe der Beamte nicht verlangt. Weiters stimme es nicht, daß der Berufungswerber

und sein Beifahrer nicht angegurtet gewesen seien.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat als Berufungsbehörde am ***199*

gemäß § 51 e VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

 

Hiezu erschien der durch den Berufungswerber entsandte Vertreter, A B (Vater des Berufungswerbers), wobei von einer ausdrücklichen Vollmacht durch die

Berufungsbehörde gemäß § 10 Abs 4 AVG abgesehen werden konnte.

 

Weiters erschienen die als Zeugen geladenen Beamten, RI S und RI S zur

Verhandlung.

 

Der zeugenschaftlich vernommene Meldungsleger, RI S bestätigte im wesentlichen

die Richtigkeit der Anzeige und seiner Zeugenaussage vom **199*. Er wies

insbesondere darauf hin, daß er gegen den Berufungswerber sachlich und korrekt

eingeschritten sei, diesen und seinen Beifahrer während des Auskunftsersuchens

wegen der nicht angelegten Sicherheitsgurten beanstandet und den Lenker dazu

aufgefordert habe, an den Fahrbahnrand zu fahren. Der Berufungswerber sei sehr

ungehalten und aggressiv geworden. Als der Meldungsleger den Berufungswerber

aufgefordert habe, die KFZ-Papiere auszufolgen, habe der Berufungswerber

entgegnet, keinen Führerschein (der Meldungsleger habe dies als fehlende

Lenkerberechtigung verstanden) zu besitzen und weder den Führerschein noch den Zulassungsschein vorgewiesen. Der Berufungswerber habe vom Meldungsleger eine Visitenkarte verlangt, der Beamte habe ihm jedoch seinen Dienstausweis gezeigt.

Daraufhin habe der Berufungswerber seinen Führerschein im Fahrzeuginneren über

den Mittelkonsole hergezeigt, jedoch dem Meldungsleger nicht ausgefolgt. Den Zulassungsschein habe der Berufungswerber weder hergezeigt noch ausgefolgt,

obwohl der Meldungsleger nicht nur den Führerschein, sondern auch die

Fahrzeugpapiere verlangt habe. Schließlich sei der Berufungswerber

noch während

der anhängigen Amtshandlung davongefahren.

 

Die Zeugenaussage des während der Amtshandlung hinzugekommenen zweiten Beamten,

RI S, ergibt im wesentlichen eine Bestätigung der Angaben des Meldungslegers,

soweit diese die Nichtaushändigung des Führerscheines betreffen. Demnach habe

sich der Meldungsleger gegenüber dem Berufungswerber sachlich und korrekt

verhalten. Der Meldungsleger habe zwar den Berufungswerber wegen Verdachtes des Nichtbesitzes einer Lenkerberechtigung durch versuchtes Abziehen des KFZ-Schlüssels an der Weiterfahrt hindern wollen, jedoch nicht eine Beschlagnahme

des Fahrzeuges angedroht. Der Berufungswerber habe dem Meldungsleger weder den Führerschein noch den Zulassungsschein ausgehändigt. Allerdings habe der

Berufungswerber ein sehr aggressives Verhalten gezeigt und sei noch während der Amtshandlung weggefahren. Mit welchem Wortlaut der Meldungsleger vom Berufungswerber den Führerschein und den Zulassungsschein verlangt habe, konnte

dieser Zeuge nicht angeben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat nun erwogen:

 

Gemäß § 102 Abs 5 lit a und b KFG iVm § 134 legcit begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Lenker den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht den Führerschein bzw. den

Zulassungsschein für das von ihm gelenkte KFZ auf Verlangen nicht

zur

Überprüfung aushändigt.

 

Der Berufungswerber bestreitet nicht die Verwirklichung des im Spruchpunkt 1

genannten Tatbildes, sondern bestätigt dieses in seiner Rechtfertigung sogar,

weshalb der angelastete Sachverhalt insoweit zweifelsfrei feststeht.

 

Im Rechtsmittel weist der Berufungswerber sogar darauf hin, daß er den

Führerschein bloß herzeigte und diesen dem Beamten nur dann direkt in die Hand

gegeben hätte, wenn sich der Beamte ausweisen hätte können. Auch in der

Verhandlung wurde das Verlangen des Beamten nach Aushändigung des Führerscheines

und das Nichtaushändigen dieses Dokumentes durch den Berufungswerber

nicht in Frage gestellt.

 

Soweit der Berufungswerber jedoch ein unkorrektes Einschreiten des Meldungslegers behauptet, vermag er sich bezüglich des ersten Tatvorwurfes nicht

zu entlasten. Der Meldungsleger ist den Vorwürfen bezüglich seines angeblichen

Fehlverhaltens entschieden entgegen getreten und wird insoferne auch

durch die Zeugenaussage von RI S bestätigt.

 

Es besteht kein Grund zur Annahme, der Meldungsleger würde den Berufungswerber

sohin wahrheitswidrig belasten, da keine Gründe für eine tatsächliche

Voreingenommenheit des Beamten hervorkamen und überdies der Meldungsleger als

Zeuge unter sanktionierbarer Wahrheitspflicht stand. Auch war der Gendarmeriebeamte aufgrund seiner Dienstadjustierung dem Berufungswerber

zweifelsfrei als solcher erkennbar und befand sich in Begleitung eines weiteren

Gendarmeriebeamten mit einem Patrouillenfahrzeug, weshalb seine

diesbezüglich

genannten Zweifel ins Leere gehen.

 

Die dem Berufungswerber unter Punkt 1 des Straferkenntnis angelastete Tat ist

deshalb als erwiesen anzunehmen. Somit kommt auch die Berufungsbehörde zu dem Schluß, daß der Berufungswerber die ihm gemäß § 102 Abs 5 lit a KFG angelastete

Verwaltungsübertretung verwirklicht hat, weshalb der Schuldspruch in Punkt 1 des

angefochtenen Straferkenntnisses zu bestätigen war.

 

Hingegen ist dem Berufungswerber mit seinem Rechtsmittel zu Punkt 2 des

Straferkenntnisses aus folgendem Grunde Erfolg beschieden

Der Meldungsleger räumte in der Verhandlung ein, daß er den Zulassungsschein

vielleicht nicht ausdrücklich verlangt haben könnte, sondern diesbezüglich

lediglich mit einem weiteren Verlangen nach Fahrzeugpapieren noch

die Herausgabe

des Zulassungsscheines begehrt hätte.

 

Auch aus der Zeugenaussage von RI S läßt sich keine Bestätigung dafür finden,

daß der eingeschrittene Beamte die Aufforderung zur Herausgabe des Zulassungsscheines hinreichend konkret gestellt hätte, bzw. der Berufungswerber

diese Aufforderung auch eindeutig als eine solche gemäß § 102 Abs 5

lit b KFG

verstehen hätte müssen.

 

Hiezu ist auf die adäquate Judikatur des VwGH zu verweisen, wonach das Verlangen

gemäß § 102 Abs 4 lit b KFG konkret auch nach dem Zulassungsschein zu stellen

gewesen wäre und nicht bloß nach Fahrzeugpapieren (VwGH, 8.9.1982,

ZVR

1984/141).

 

Wenngleich die Behörde erster Instanz diesen Tatbestand aufgrund des hier

vorgelegenen Ermittlungsergebnisses noch anlasten konnte, so läßt sich aufgrund

des oa Verhandlungsergebnisses dieser Tatvorwurf nun nicht mehr mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit aufrecht erhalten.

 

Deshalb ist bezüglich Punkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses im Zweifel

zugunsten des Berufungswerbers zu entscheiden, das angefochtene Straferkenntnis

insoweit aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich einzustellen.

 

Zur Strafbemessung wird folgendes festgestellt:

 

Gemäß § 19 VStG hat als Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß

der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen,

deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst

nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Im ordentlichen Verfahren sind gemäß Abs 2 legcit die nach dem Zweck der

Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe

gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht

zu nehmen. Ebenso haben die allseitigen Verhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen Berücksichtigung zu finden.

 

Der Schutzzweck, der vom Berufungswerber verletzten Norm, nämlich § 102 Abs 5

lit a KFG, hat im wesentlichen die Gewährleistung der verläßlichen Überprüfung

kraftfahrrechtlicher Vorschriften durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei Lenkerkontrollen zu Ziele.

 

Ansonsten hat diese Tat keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen.

 

Mildernd waren keine Umstände zu werten; erschwerend war zu beurteilen, daß der Berufungswerber bereits eine rechtskräftige Vorstrafe gemäß § 102 Abs 5 lit a

KFG aufweist.

 

Eine Herabsetzung der Strafe kommt nicht in Betracht, da der bis zu S 30.000,--

reichende Strafrahmen ohnedies nur zum sehr geringen Teil ausgeschöpft wurde und

außerdem eine Herabsetzung der Strafe nicht geeignet erschiene, den Berufungswerber von der Begehung weiterer gleichartiger Straftaten abzuhalten.

Die Berufungsbehörde kann auch nicht finden, daß den Berufungswerber bloß ein

geringfügiges Verschulden träfe, da keine entlastenden Umstände vorliegen und

ist somit der Auffassung, daß die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe

schuldangemessen ist.

 

Auch in Anbetracht des geringen Einkommens des Berufungswerbers (Existenzminimum bei anhängigem Konkursverfahren), des Nichtbestehens von Sorgepflichten und des Nichtbesitzes von Vermögen erscheint der Berufungsbehörde aus den oben

angeführten Gründen im gegenständlichen Falle eine Herabsetzung der

verhängten

Strafe als unvertretbar.

 

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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