TE UVS Wien 1995/01/24 06/36/670/94

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Veröffentlicht am 24.01.1995
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Spruch

Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Fritz über die Berufung der Frau Dr Elfriede R gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 13./14. Bezirk, vom 24.10.1994, Zl MBA 13/14 - S/13/6240/93, betreffend Übertretung des Gleichbehandlungsgesetzes, entschieden:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß §45 Abs1 Z1 VStG eingestellt.

Die Berufungswerberin hat daher gemäß §65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen erstattete am 16.7.1993 gegen den privaten Arbeitsvermittler "C GmbH, Wien, D-gasse" wegen Verdachts der Übertretung nach dem Gleichbehandlungsgesetz (GleichbG) Anzeige, weil die genannte Firma am 26.6.1993 in der Tageszeitung "Kurier" auf der Seite 48 eine Stellenausschreibung für ein Unternehmen der Pumpenbranchen-Industrie eingeschaltet habe, worin geschlechtsspezifisch ein "Pumpentechniker" gesucht worden sei.

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 13./14. Bezirk, erließ in der Folge gegen die Berufungswerberin (Bw) eine mit 26.7.1993 datierte Strafverfügung folgenden Inhalts:

"Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der C GmbH, etabliert in Wien, D-gasse, zu verantworten, daß am 26.6.1993 in der Tageszeitung "Kurier" auf Seite 48 eine Stellenausschreibung für ein Unternehmen der Pumpenbranchen-Industrie eingeschaltet wurde, worin geschlechtsspezifisch ein "Pumpentechniker" gesucht wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§10d iVm §2c des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl 108/1979 in der Fassung BGBl Nr 833/1992."

Unter dem Datum 24.10.1994 erging - nachdem die Strafverfügung aufgrund eines rechtzeitigen Einspruches außer Kraft getreten war - gegen die Bw ein Straferkenntnis, in welchem die ihr vorgeworfene Tat wortgleich wie in der vorangegangenen Strafverfügung umschrieben wurde. Dafür wurde die Bw gem. §10d GleichbG zu einer Geldstrafe von S 3.000,-- (im Nichteinbringungsfalle zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen) und zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Begründend führte die Erstbehörde aus, die Bw habe in ihrem rechtzeitig eingebrachten Einspruch gegen die Strafverfügung die Begehung der Übertretung im wesentlichen mit dem Argument bestritten, daß die C GmbH nicht als Arbeitsvermittler, sondern als Beauftragter eines Unternehmens tätig geworden sei. Weiters sei vorgebracht werden, daß das Gleichbehandlungsgesetz im gegenständlichen Strafverfahren deshalb keine Anwendung finde, weil noch kein Bundesgesetz über die Ausgliederung der Arbeitsmarktverwaltung aus der Hoheitsverwaltung des Bundes erlassen worden sei; dies bilde wiederum die Voraussetzung für das Inkrafttreten der Bestimmung der Gewerbeordnung bezüglich des Gewerbes der Arbeitsvermittler. Diesem Vorbringen sei entgegenzuhalten - so führte die Erstbehörde aus -, daß das Arbeitsmarktbegleitservicegesetz 1994 am 1.7.1994 in Kraft getreten sei und somit zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Straferkenntnisses gültig sei; die Bestimmung des §128 GewO 1994 über das Gewerbe der Arbeitsvermittler sei somit mit diesem Zeitpunkt wirksam geworden. Die Ausübung des Gewerbers der Arbeitsvermittler, das sei die Zusammenführung von Arbeitssuchenden mit Arbeitgebern, sei durch die Artder Stellenausschreibung in der Zeitung mit der Textierung "wir" und der nachfolgenden Aufforderung der Bewerbung bei "unserem Berater" (Berater der C GmbH) erwiesen. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sei die Verwaltungsübertretung somit als erwiesen anzusehen. Der Stellungnahme bzw Rechtfertigung der Bw zu den Ausführungen der Anzeigenlegerin könne keine entlastende Wirkung beigemessen werden. Abschließend begründete die Erstbehörde noch ihre Strafbemessung.

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende

(innerhalb offener Frist erhobene) Berufung.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Gemäß §2c GleichbG idF gemäß BGBl Nr 410/1990 darf der Arbeitgeber einen Arbeitsplatz weder öffentlich noch innerhalb des Betriebes (Unternehmens) nur für Männer oder nur für Frauen ausschreiben oder durch Dritte ausschreiben lassen, es sei denn, ein bestimmtes Geschlecht ist unverzichtbare Voraussetzung für die Ausübung der vorgesehenen Tätigkeit. Die Ausschreibung darf auch keine zusätzlichen Anmerkungen enthalten, die auf ein bestimmtes Geschlecht schließen lassen.

§10d GleichbG (eingefügt durch Artikel V Z18 der Novelle, BGBl Nr 833/1992; am 1.1.1993 in Kraft getreten) lautet:

"Wer als privater Arbeitsvermittler gemäß den §§17 ff Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl Nr 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, oder als mit der Arbeitsvermittlung betraute juristische Person öffentlichen Rechts entgegen der Bestimmung des §2c einen Arbeitsplatz nur für Männer oder nur für Frauen ausschreibt, ist auf Antrag eines Stellenbewerbers oder der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 5.000,-- zu bestrafen."

Die Bw bringt im wesentlichen vor, ihrer Ansicht nach seien die in der gegenständlichen "Strafverfügung" zitierten Gesetzesbestimmungen auf ihren Fall gar nicht anwendbar. Nach §10d GleichbG sei zu bestrafen, wer als "privater Arbeitsvermittler gem den §§17 ff Arbeitsmarktförderungsgesetz" entgegen der Bestimmung des §2c einen Arbeitsplatz nur für Männer oder nur für Frauen ausschreibe. Der im gegenständlichen Zusammenhang in Betracht kommende §17a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG) beziehe sich jedoch auf Inhaber der Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes der Arbeitsvermittlung. Ein solches privates Gewerbe der Arbeitsvermittlung habe die Gewerberechtsnovelle 1992 (BGBl Nr 29/1993) in den §§126 Z1 und 129 vorgesehen. Gemäß ArtIV Abs3 leg cit sollten diese Paragraphen jedoch nur dann mit 1.7.1993 in Kraft treten, sofern spätestens zu diesem Zeitpunkt ein Bundesgesetz über die Ausgliederung der Arbeitsmarktverwaltung aus der Hoheitsverwaltung des Bundes in Kraft getreten wäre. Ein solches Gesetz sei bis dato nicht erlassen worden. Die §§126 Z1 und 129 GewO 1973 gehörten somit nicht mehr dem Rechtsbestand an.

Mit anderen Worten: Die privaten Arbeitsvermittler iSd §17a AMFG und damit auch des §10d GleichbG existierten nach derzeitiger Rechtslage überhaupt nicht. In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses heiße es, daß die Einwendungen deshalb unbeachtlich seien, weil sich die Rechtslage zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung geändert habe. Damit verkenne die Erstbehörde den Umstand, daß bei Straferkenntnissen auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der strafbaren Handlung und nicht zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung abzustimmen sei.

Dieses Vorbringen ist berechtigt.

Die Strafbestimmung des §10d GleichbG richtet sich gegen physische und juristische Personen des Privatrechts, die als Arbeitsvermittler nach dem AMFG tätig werden, insbesondere Managementberatungsgesellschaften, sowie gegen die (ab 1.7.1994) aus der Hoheitsverwaltung des Bundes ausgegliederte Arbeitsmarktverwaltung (vgl EBzRV, 735 BlgNR, XVIII GB, Seite 36, linke Spalte).

Gemäß dem (auch) das Verwaltungsstrafrecht beherrschenden Grundsatz "Nullum crimen sine lege" (§1 Abs1 VStG) kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) als Verwaltungsübertretung nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Die Strafe richtet sich gem §1 Abs2 VStG nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre (Günstigkeitsprinzip).

Die Strafbehörde erster Instanz hat demnach ihrer Entscheidung die zum Tatzeitpunkt (hier: 26.6.1993) gegebene Rechtslage zugrunde zu legen und davon ausgehend das der Bw zur Last gelegte Verhalten auf seine Strafbarkeit hin zu überprüfen. Eine nach dem Tatzeitpunkt eingetretene Änderung der Rechtslage ist für die Beurteilung der Strafbarkeit einer bestimmten Tat durch die Verwaltungsstrafbehörden rechtlich ohne Bedeutung (hinsichtlich der Strafe einer schon zum Zeitpunkt der Begehung strafbaren Tat gilt aber das Günstigkeitsprinzip des §1 Abs2 VStG). Die Strafbestimmung des §10d GleichbG richtet sich ua (erster Fall) gegen "private Arbeitsvermittler gemäß den §§17 ff Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl Nr 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung". Das AMFG regelt (hinsichtlich der Arbeitskräfteüberlassung durch Verweis auf das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz) verschiedene Formen der Arbeitsvermittlung: Die Arbeitsvermittlung durch das Arbeitsmarktservice (§§9 und 10), die unentgeltlich für beide Arbeitsmarktparteien ist, die Arbeitskräfteüberlassung, Arbeitsvermittlung durch karitative Einrichtungen, gesetzliche Interessenvertretungen und kollektivvertragsfähige Körperschaften, die ebenfalls für beide Arbeitsmarktparteien unentgeltlich ist (§17), das Gewerbe der Arbeitsvermittlung, das für Arbeitnehmer unentgeltlich, für Arbeitgeber aber in der Regel mit einer Entgeltleistung verbunden ist (§§17a bis 17d) und die entgeltliche Arbeitsvermittlung für künstlerische Berufe (§18), die für beide Arbeitsmarktparteien idR mit einer Entgeltleistung verbunden ist (vgl Steinbach-Danimann-Potmesil, Arbeitsmarktförderungsgesetz, ÖGB-Verlag, 1993, S 208 ff).

Daraus ergibt sich, daß von den im §10d GleichbG genannten §§17 ff AMFG im vorliegenden Fall von vornherein nur die §§17a bis 17d AMFG als Rechtsgrundlage in Betracht kommen.

Mit der Gewerbeordnungsnovelle 1991, BGBl Nr 686/1991, wurde in die Gewerbeordnung 1973 das gebundene Gewerbe "Arbeitsvermittler" eingefügt (§103 Abs1 lita Z 8; §§108 a f GewO 1973). Diese Bestimmungen über das Gewerbe der Arbeitsvermittler sollten mit 1.7.1993 (vgl den ArtIII Abs1 dieser Novelle; siehe auch die §§126 Z1 und 129f GewO 1973 idF gem der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl Nr 29/1993, betreffend das Gewerbe der Arbeitsvermittler, sowie ArtIV Abs3 dieser zuletzt genannten Novelle) in Kraft treten, sofern spätestens zu diesem Zeitpunkt ein Bundesgesetz über die Ausgliederung der Arbeitsmarktverwaltung aus der Hoheitsverwaltung des Bundes in Kraft getreten wäre (vgl dazu auch den Abschnitt A, ArtIV, Pkt 8 der Kundmachung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der die GewO 1973 wiederverlautbart worden ist, BGBl Nr 194/1994 sowie Art21, Punkt 4 und 5 des Arbeitsmarktservice-Begleitgesetzes, BGBl Nr 314/1994).

Parallel dazu erfolgte mit einer Novelle zum AMFG, BGBl Nr 685/1991, die Festlegung der Voraussetzungen und Bedingungen, unter denen das Gewerbe "Arbeitsvermittler" ausgeübt werden darf. Die §§17a bis 17d AMFG traten - gem ArtII Abs1 der Novelle BGBl Nr 685/1991 - für die Vermittlung von Führungskräften mit 1.1.1992 in Kraft. Hinsichtlich der Vermittlung auf andere als die im Abs1 bezeichneten offenen Stellen sah der ArtII Abs4 dieser Novelle vor, daß die §§17a bis 17d mit 1.7.1993 in Kraft treten sollten, sofern spätestens zu diesem Zeitpunkt ein Bundesgesetz über die Ausgliederung der Arbeitsmarktverwaltung aus der Hoheitsverwaltung des Bundes in Kraft getreten wäre. Aufgrund des Akteninhaltes (siehe insb das in der Stellenausschreibung näher umschriebene Aufgabengebiet des gesuchten "Pumpentechnikers") ist nun nicht erkennbar, daß es sich im vorliegenden Fall um die Vermittlungstätigkeit in bezug auf eine offene Stelle einer "Führungskraft" (vgl zur Definition der "Führungskräfte" den ArtII Abs2 der Novelle BGBl Nr 685/1991 bzw den §17e AMFG idF gem BGBl Nr 314/1994) gehandelt hätte.

Das Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl Nr 313/1994, mit welchem die Ausgliederung der staatlichen Arbeitsmarktverwaltung aus der Hoheitsverwaltung des Bundes durch die Schaffung der Organisation "Arbeitsmarktservice" als ein Dienstleistungsunternehmen des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit durchgeführt worden ist, ist am 1.7.1994 in Kraft getreten. Die §§17a bis 17d sind (außer für die Vermittlung von Führungskräften) letztlich auch erst am 1.7.1994 in Kraft getreten (vgl Art7 Punkt 31 des Arbeitsmarktservice-Begleitgesetzes, BGBl Nr 314/1994). Im vorliegenden Fall lag der Tatzeitpunkt (26.6.1993) zeitlich noch vor dem Inkrafttreten des Arbeitsmarktservicegesetzes und somit - hinsichtlich der Vermittlung auf andere offene Stellen als die von Führungskräften - auch der §§17a bis d AMFG bzw der Bestimmungen der Gewerbeordnung über das Gewerbe "Arbeitsvermittler"; die dadurch herbeigeführte Änderung der Rechtslage ist daher erst im Zuge des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens eingetreten und folglich für das vorliegende Verwaltungsstrafverfahren unbeachtlich. Da somit §10d GleichbG gemäß §1 Abs1 VStG auf das der Bw zur Last gelegte Verhalten nicht zur Anwendung kommen konnte, war der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren gem §45 Abs1 Z1 VStG einzustellen. Gem §51e Abs1 zweiter Fall VStG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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