TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/4 98/08/0336

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Veröffentlicht am 04.10.2001
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ABGB §7;
ASVG §227 Abs4;
ASVG §69;
B-VG Art7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Sentapräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des MMag. P in L, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, Hauptplatz 12/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 18. September 1998, Zl. 5-s28e6/4-98, betreffend Rückerstattung des Einkaufsbetrages für Schulzeiten nach § 227 ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt solche von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach der unstrittigen Aktenlage hat der zu dieser Zeit nach dem ASVG pflichtversicherte Beschwerdeführer am 27. Dezember 1991 bei der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt "den Einkauf der Pensionsversicherungszeiten ... für meine Mittel- und Hochschulzeit" beantragt. Diesem Antrag gab die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt insoweit statt, als sie dem Beschwerdeführer die Entrichtung von Beiträgen für 24 Monate mittlere/höhere Schule gestattete, wofür der Beschwerdeführer S 36.900,-- entrichtete.

Am 1. September 1996 wurde der Beschwerdeführer zum Richteramtsanwärter ernannt. Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Graz vom 3. Jänner 1997 wurden dem Beschwerdeführer für seine ruhegenussfähige Bundesdienstzeit nur Ruhegenussvordienstzeiten angerechnet, die nach Vollendung seines 18. Lebensjahres gelegen sind. In der Folge beantragte der Präsident des Oberlandesgerichtes Graz bei der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt die Überweisung des auf die angerechneten Ruhegenussvordienstzeiten entfallenden Überweisungsbetrages.

Am 5. Jänner 1997 stellte der Beschwerdeführer bei der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt einen Antrag auf Rückerstattung des von ihm bezahlten Betrages von S 36.900,-- mit der Begründung, er sei mit 1. September 1996 in ein provisorisches Beamten - Dienstverhältnis übernommen worden, womit der Wechsel zur Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter einhergegangen sei. Für die Anrechnung seiner Ruhegenussvordienstzeiten fänden die vor Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten, somit die von ihm eingekauften 24 Monate Schulzeit, keine Berücksichtigung.

Mit Bescheid vom 1. Oktober 1997 hat die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag des Beschwerdeführers auf Rückzahlung der für den Nachkauf von Schul- und Studienzeiten geleisteten Beträge mit der Begründung abgelehnt, die den eingezahlten Beträgen entsprechenden Versicherungszeiten würden gemäß § 227 Abs. 4 ASVG mit ihrem Einlangen beim Versicherungsträger leistungswirksam.

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch rügt der Beschwerdeführer zufolge des Inhaltes des angefochtenen Bescheides - der Einspruch liegt nicht bei den Akten - die mangelhafte Begründung des Bescheides der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt; es sei kein Sachverhalt festgestellt worden. Es bleibe unklar, worauf sich die kaum über ein Zitat des § 227 Abs. 4 ASVG hinausgehenden rechtlichen Ausführungen bezögen. Die Unmöglichkeit der Überweisung der Beträge für die nachgekauften Schulzeiten werde völlig ignoriert. Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt sei bereichert, weshalb in Analogie zu zivilrechtlichen Grundsätzen die Leistung "nach Wegfall des Grundes" zurückgefordert werden könne.

Der Landeshauptmann von Steiermark gab mit dem angefochtenen Bescheid dem Einspruch keine Folge und kam nach Feststellung des ohnehin unstrittigen Sachverhaltes in rechtlicher Hinsicht zum Ergebnis, dass eine Rückerstattung der bezahlten Beträge an den Beschwerdeführer nicht in Frage komme, weil die auf Grund der Beitragsentrichtung erworbenen Versicherungszeiten anspruchs- und leistungswirksam geworden und die Beiträge nicht zu Ungebühr gemäß § 69 ASVG entrichtet worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde und in der zur Gegenschrift der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt erstatteten Äußerung zieht der Beschwerdeführer die Rechtmäßigkeit seines "Nachkaufes" von Versicherungszeiten gar nicht in Zweifel, sieht sich aber in seinem "Recht auf (adäquate) Gegenleistung für in der Pensionsversicherung nachgekaufte Versicherungszeiten sowie mittelbar in meinem Eigentumsrecht bzw. Vermögen "verletzt, weil sich die Umstände nachträglich geändert hätten und die Beitragsentrichtung daher ihren Zweck verfehlt habe. Zu diesem Argument hätte die belangte Behörde feststellen müssen, dass die geleisteten Beträge infolge der Inkongruenz der Pensionssysteme verloren seien. Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt habe eine Umwidmung der entrichteten Beiträge auf zwölf Monate Hochschulzeiten angeboten, weshalb auch eine Rückzahlung möglich sein sollte, zumal beide Vorgangsweisen gesetzlich nicht gedeckt wären. Gehe die belangte Behörde entsprechend den Argumenten der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt in deren Gegenschrift von einem verbesserten Versicherungsschutz zwischen Beitragsentrichtung und Wechsel ins pensionsversicherungsfreie Dienstverhältnis aus, fehlten dazu Feststellungen über erworbene Versicherungszeiten, ausgeübte Tätigkeit zwischen 1992 und 1996 und Familienstand. Die belangte Behörde hätte mangels einschlägiger Rechtsvorschriften im ASVG auf allgemeine rechtliche Vorschriften zurückgreifen müssen mit dem Ergebnis, dass der nicht überweisbare Betrag als Bereicherung herauszugeben sei.

Abgesehen von der vom Beschwerdeführer nicht aufgezeigten Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel war die belangte Behörde aus folgenden Gründen nicht verhalten, die vom Beschwerdeführer gewünschten Feststellungen zu treffen:

Gemäß § 227 Abs. 4 letzter Satz ASVG in der im Beschwerdefall anzuwenden Fassung vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. 201/1996 (Strukturanpassungsgesetz 1996) werden die dem eingezahlten Betrag entsprechenden Versicherungszeiten mit seinem Einlangen beim Versicherungsträger leistungswirksam.

Erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem "Recht auf Gegenleistung für in der Pensionsversicherung nachgekaufte Versicherungszeiten" verletzt, weil den eingezahlten Beiträgen keine Überweisungsbeträge gegenüberstünden, übersieht er dabei, dass er durch die Einzahlung dieser Beiträge ab dem Zeitpunkt ihrer (potenziellen) Leistungswirksamkeit (als Folge versicherter Unfälle: ohne Wartezeit) gegen den Versicherungsfall des Todes und der Erwerbsunfähigkeit versichert gewesen ist. In diesem Sinne liegt auch die vom Beschwerdeführer vermutete Störung des Äquivalenzprinzips nicht vor, weil in der Sozialversicherung nicht der Grundsatz der Äquivalenz von Beitragsleistung und Versicherungsleistung besteht, sondern, vor allem in der Pensionsversicherung, der Versorgungsgedanke im Vordergrund steht, so dass auch in Kauf genommen werden muss, dass es in manchen Fällen trotz Beitragsleistung zu keiner Versicherungsleistung kommt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Juni 2000, G 7-9/00). Schon dieser Umstand allein lässt die Auffassung des Beschwerdeführers als auf einer unrichtigen Prämisse beruhend erkennen. Unter diesem Gesichtspunkt bedarf die angesprochene Frage der Gegenleistung keiner weiteren Erörterung, weil eine Rückerstattung von Beiträgen, die sich auf den Versicherungsschutz bereits ausgewirkt haben, unter keinem Gesichtspunkt verfassungsrechtlich geboten ist (vgl. das Erkenntnis vom 10. November 1998, 98/08/0182). Im Lichte dieser Ausführungen kann auch davon keine Rede sein, dass ohne eine Bestimmung über die Zulässigkeit der Rückerstattung von Beiträgen die Rechtslage in einer gegen den Gleichheitssatz verstoßenden Weise unvollständig wäre (vgl. Bydlinski in Rummel, ABGB2, Randzahl 2 zu § 7), weshalb der vom Beschwerdeführer verlangte Analogieschluss aus dem allgemeinen Rückforderungstatbestand des § 69 ASVG wegen ungebührlicher Entrichtung von Beiträgen nicht zulässig ist. Ergänzend sei angemerkt, dass die durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 ersatzlos gestrichene Erstattungsnorm des § 308 Abs. 3 ASVG zufolge der Anordnung des § 539 Abs. 11 ASVG für Personen, die ab dem 1. Juli 1996 in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis aufgenommen wurden, somit auf den Beschwerdeführer, nicht mehr anzuwenden ist.

Die belangte Behörde durfte es demnach bei der Feststellung der leistungswirksamen Beitragsentrichtung bewenden lassen, weil das Gesetz in der vorliegenden Konstellation eine Rückerstattung von Beiträgen nicht vorsieht. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen .

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 4. Oktober 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998080336.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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