TE UVS Wien 1995/04/03 04/36/893/94

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.04.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Fritz über die Berufung der Frau Ranthild S, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 16. Bezirk, vom 20.9.1994, Zl MBA 16-S/2039/93, betreffend Übertretung des Arbeitszeitgesetzes, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung entschieden:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt.

In der Straffrage wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe von S 3.000,-- auf S 1.500,-- und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen auf 36 Stunden herabgesetzt wird.

Dementsprechend verringert sich der erstinstanzliche Kostenbeitrag gemäß §64 Abs2 VStG von S 300,-- auf S 150,--.

Gemäß §65 VStG wird der Berufungswerberin kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Text

Begründung:

Die Berufungswerberin (Bw) ist unbestrittenermaßen handelsrechtliche Geschäftsführerin der W-GmbH.

Aufgrund einer Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 3. Aufsichtsbezirk wurde die Bw vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 16. Bezirk, am 9.4.1993 zur Rechtfertigung aufgefordert, weil sie als gemäß §9 Abs1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der Firma W-GmbH mit Sitz in Wien, K-gasse (Tatort) den in der beigelegten Anzeige angeführten Arbeitnehmer (Herrn Werner B) in den näher bezeichneten Wochen im genannten Betrieb zu einer mehr als 50-stündigen Wochenarbeitszeit herangezogen habe.

In ihrem Schriftsatz vom 27.5.1993 brachte die - anwaltlich vertretene - Bw zur Rechtfertigung im wesentlichen vor, Herr Werner B sei Abteilungsleiterstellvertreter des Fuhrparkes, wobei dessen Stellung im Unternehmen die eines leitenden Angestellten iSd §1 Abs2 Z8 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) sei; überdies übe Herr B die Funktion des Oberbrandschutzwartes aus. Zu den in der Strafanzeige angeführten Zeiten sei der Abteilungsleiter auf Urlaub gewesen, sodaß Herr B als dessen Stellvertreter vollständig für die Leitung und Organisation der Abteilung verantwortlich gewesen sei. Am 1.11. sowie am 14.11.1992 habe im Haus ein Trafo-Tausch/Anschluß des E-Werkes stattgefunden, und sei Herr B von der Geschäftsleitung beauftragt gewesen, diese Arbeiten zu überwachen sowie das Firmengelände auf- und zuzusperren. Am 21. und 22.11.1992 sei der Mitarbeiter für die Vornahme wichtiger Inventurarbeiten eingesetzt gewesen. Der Leiter einer Abteilung und dessen Stellvertreter seien Vorgesetzte der in der betreffenden Abteilung tätigen Dienstnehmer. Die Zuweisung der konkreten Arbeit in der Abteilung erfolge durch ihn. Der Leiter einer Abteilung (bzw dessen Stellvertreter) sei für das klaglose Funktionieren der Arbeitsabläufe in seinem Bereich verantwortlich, wobei diese Personen befugt seien, sowohl generelle als auch individuelle Anordnungen für die ihnen unterstellten Betriebseinheiten und deren Dienstnehmer zu treffen und entsprechende Weisungen zu erteilen. Sowohl den jeweiligen Abteilungsleitern als auch dessen Stellvertretern komme maßgeblicher Einfluß auf die Führung des Betriebes zu und seien diese Mitarbeiter nur der Geschäftsführung unmittelbar unterstellt (Mayer - Maly, Österreichisches Arbeitsrecht II, 137; RdW 1985, 78; ZAS 1974, 207; ZAS 1977, 136; Arb 10.219; DRdA 1993, 38 insbesondere die Anmerkungen 540f). Daß ua Tagesarbeitszeiten nicht entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen eingehalten worden seien, sei ihr erst durch das Einschreiten der Erstbehörde bzw des Arbeitsinspektorates zur Kenntnis gebracht worden. Die einzelnen Betriebsabteilungen würden von den selbständig und eigenverantwortlich agierenden Abteilungsleitern sowie deren Stellvertretern geführt, wobei auch Fragen der Einteilung der konkreten Arbeitszeit der jeweiligen Belegschaft in Eigenverantwortung gelöst würden. Sie wolle ihre Verantwortung keinesfalls in Abrede stellen, bitte aber zu bedenken, daß der Schuldgehalt ihres Verhaltens doch geringfügig sei, was bei der Ausmessung der Strafen Berücksichtigung finden möge. Nach ergänzenden Ermittlungen (Einholung einer Stellungnahme des anzeigenden Arbeitsinspektorates, sowie weiterer Stellungnahmen der Bw) erließ die Erstbehörde das nunmehr vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien angefochtene Straferkenntnis vom 20.9.1994, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Sie haben als gemäß §9 Abs1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der W-GmbH mit Sitz in Wien, K-gasse, zu verantworten, daß der Arbeitnehmer Werner B, in den nachstehend angeführten Zeiträumen im og Betrieb zu einer mehr als 50-stündigen Wochenarbeitszeit herangezogen wurde:

am 27.10.1992 von 05.21 bis 19.38 Uhr = 13 Stunden und 17 Minuten

am 28.10.1992 von 05.26 bis 19.36 Uhr = 13 Stunden und 10 Minuten

am 29.10.1992 von 05.18 bis 19.31 Uhr = 13 Stunden und 13 Minuten

am 30.10.1992 von 05.21 bis 19.27 Uhr = 13 Stunden und 06 Minuten

am 31.10.1992 von 04.26 bis 12.17 Uhr = 07 Stunden und 51 Minuten

am 01.11.1992 von 07.25 bis 11.05 Uhr = 03 Stunden und 40 Minuten

Summe = 63 Stunden und 31 Minuten

am 10.11.1992 von 05.24 bis 19.15 Uhr = 12 Stunden und 51 Minuten

am 11.11.1992 von 05.31 bis 19.15 Uhr = 12 Stunden und 44 Minuten

am 12.11.1992 von 05.04 bis 18.59 Uhr = 12 Stunden und 55 Minuten

am 13.11.1992 von 05.21 bis 19.19 Uhr = 12 Stunden und 58 Minuten

am 14.11.1992 von 04.21 bis 11.40 Uhr = 07 Stunden und 19 Minuten

Summe = 58 Stunden und 47 Minuten

am 16.11.1992 von 05.22 bis 16.45 Uhr = 10 Stunden und 23 Minuten

am 17.11.1992 von 05.29 bis 17.18 Uhr = 10 Stunden und 49 Minuten

am 18.11.1992 von 05.13 bis 19.18 Uhr = 13 Stunden und 05 Minuten

am 19.11.1992 von 05.20 bis 17.15 Uhr = 10 Stunden und 55 Minuten

am 21.11.1992 von 04.17 bis 13.30 Uhr = 09 Stunden und 13 Minuten

am 22.11.1992 von 05.13 bis 11.00 Uhr = 05 Stunden und 47 Minuten

Summe = 60 Stunden und 12 Minuten

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§9 Arbeitszeitgesetz BGBl Nr 461/1969 idgF

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling 3.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen gemäß §28 Abs1 AZG. Ferner haben Sie gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 300,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten) beträgt daher 3.300,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§54d VStG)."

Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, der Sachverhalt sei aufgrund der Anzeige des Arbeitsinspektorates zweifelsfrei erwiesen. Dem Vorbringen der Bw, daß Herr Werner B leitender Angestellter iSd §1 Abs2 Z8 AZG sei, sei entgegenzuhalten, daß Abteilungsleiter, die einem Hauptabteilungsleiter unterstellt seien, nicht als leitende Angestellte angesehen werden können. Aufgrund der Unterteilung der Betriebshierachie des gegenständlichen Unternehmens sei der Abteilungsleiterstellvertreter Werner B nicht als leitender Angestellter zu qualifizieren. Bei der Verwaltungsübertretung des §9 AZG handle es sich um ein sogenanntes "Ungehorsamsdelikt" im Sinne des §5 Abs1 VStG, bei welchem schon das bloß erwiesene Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder die Nichtbefolgung eines Gebotes Strafe nach sich ziehe, wenn der Täter nicht glaubhaft mache, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei; dies glaubhaft zu machen, habe die Bw unterlassen. Demnach seien sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit der Bw zweifelsfrei erwiesen.

Nach Wiedergabe des §19 VStG führte die Erstbehörde weiters aus, der objektive Unrechtsgehalt der Tat sowie das Verschulden der Bw seien durchschnittlich. Mildernd sei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Bw zu werten. Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse lägen keine Angaben vor, weshalb diese Verhältnisse als durchschnittlich eingeschätzt worden seien. Unter Berücksichtigung aller oben dargelegter Strafzumessungsgründe erscheine die verhängte Strafe nicht zu hoch bemessen.

In ihrer gegen dieses Straferkenntnis innerhalb offener Frist erhobenen Berufung brachte die Bw vor, bei Herrn Werner B handle es sich um einen leitenden Angestellten. Die Erstbehörde verkenne, daß es nicht erforderlich (und gar nicht möglich) sei, daß ein leitender Angestellter bei seinen Führungsaufgaben stets völlig weisungsfrei entscheiden können müsse. Daß leitenden Angestellten noch eine Geschäftsführung übergeordnet sei, schade ihrer Qualifikation als leitende Angestellte nicht. Maßgeblich sei die faktische Funktion des jeweiligen Angestellten. Hinsichtlich der Qualifikation als leitender Angestellter komme es überhaupt nicht auf den Titel oder die Bezeichnung für eine bestimmte Funktion an. Bei Herrn Werner B handle es sich um den stellvertretenden Leiter des Fuhrparks, wobei sich zu den im Straferkenntnis angeführten Zeiten der Abteilungsleiter auf Urlaub befunden habe, sodaß Herr B zu diesen Zeiten völlig für die Leitung und Organisation der Abteilung verantwortlich gewesen sei. Er habe damit selbständig entscheiden können, wie wichtige Fragen innerhalb des Betriebes zu lösen seien. Daß der Fuhrpark ein wichtiger Teilbereich eines Großhandelsunternehmens sei und sich seine selbständige Entscheidungsbefugnis somit auf einen wichtigen Teilbereich des von ihr geleiteten Unternehmens bezogen habe, bedürfe bei einem Großhandelsunternehmen wohl keiner weiteren Erörterung. Es könne nicht unbeachtet bleiben, daß Werner B zu diesen Zeiten insbesondere auch seine eigene Arbeitszeit frei habe einteilen können. Es sei der im Straferkenntnis angeführten Arbeitsleistung keine Anordnung der Geschäftsführung zugrunde gelegen. Gerade die Möglichkeit, die Arbeitszeit weitgehend selbst einteilen zu können, sei ein maßgeblicher Gesichtspunkt dafür, solche Arbeitnehmer nach §1 Abs2 Z8 AZG von den Bestimmungen dieses Gesetzes auszunehmen.

Außerdem sei im vorliegenden Fall die Bestimmung des §21 Abs1 VStG zu berücksichtigen; die entscheidenden Voraussetzungen für deren Anwendung seien geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen der Übertretung. Weder in der Anzeige des Arbeitsinspektorates noch im Straferkenntnis werde irgendein Schaden behauptet, sodaß jedenfalls von unbedeutenden Folgen auszugehen sei. Ihr Verschulden könne auch nur als geringfügig bezeichnet werden. Dabei sei zunächst davon auszugehen, daß sie verwaltungsstrafrechtlich unbescholten sei. Hinzu komme, daß aufgrund der Besonderheit in der Branche des Arzneiwarengroßhandels fallweise die Mehrarbeit verschiedener Mitarbeiter notwendig sei, um die Versorgungssicherheit der österreichischen Bevölkerung mit Arzneiwaren gewährleisten zu können. Dabei gehe es nicht um eine Ausbeutung der Arbeitskraft von Dienstnehmern zur Gewinnmaximierung, sondern darum, die flächendeckende Belieferung der Vertragsapotheken sicherzustellen. Die Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneiwaren erscheine ihr aber als ein derart hohes Gut, daß diese auch dann gewährleistet sein müsse, wenn dadurch andere Rechtsgüter unter Umständen hintangestellt werden müßten. Dies gelte insbesondere dann, wenn - wie hier - die geleistete Mehrarbeit auf der Freiwilligkeit des Mitarbeiters beruhe, und zwar überdies auf seiner eigenen Arbeitszeiteinteilung und diese überdies durch die Gewährung von entsprechenden Lohnzuschlägen und Zeitausgleich kompensiert werde. Ihr sei durchaus bewußt, daß die Freiwilligkeit der Arbeitsleistung keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften außer Kraft setzen könne, doch handle es sich dabei doch um solche Umstände, welche dazu führten, daß ihr Verschulden so geringfügig sei, daß die Behörde §21 VStG anwenden und von der Verhängung einer Strafe hätte absehen müssen.

Zumindest hätte die Behörde bei der Strafbemessung diese Umstände berücksichtigen müssen und erweise sich eine auf einem durchschnittlichen Verschulden basierende Strafzumessung als überhöht, zumal jedenfalls ihre verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd zu werten sei. Es wäre daher die Strafe jedenfalls an der Untergrenze des bestehenden Strafrahmens (S 500,--) festzusetzen. Selbst wenn man meinen sollte, die Mindeststrafe wäre nicht ausreichend, so hätte im konkreten Fall mit einer Geldstrafe von maximal S 1.000,-- das Auslangen gefunden werden müssen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 3.4.1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der die Bw, deren Vertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates teilnahmen. In dieser Verhandlung wurden die Bw als Beschuldigte sowie Herr Werner B als Zeuge einvernommen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

§9 AZG in der aufgrund der Tatzeit im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl Nr 446/1994, hat folgenden Wortlaut:

"Abgesehen von den Bestimmungen der §§4 Abs10 zweiter Satz, 5, 7 Abs2 bis 5, 8 Abs2, 16, 18 bis 20 und 23 darf die Arbeitszeit zehn Stunden täglich nicht überschreiten und die sich aus §3 ergebende Wochenarbeitszeit um nicht mehr als zehn Stunden wöchentlich überschreiten. Diese Höchstgrenzen der Arbeitszeit dürfen auch beim Zusammentreffen einer anderen Verteilung der wöchentlichen Normalarbeitszeit mit einer Arbeitszeitverlängerung oder beim Zusammentreffen mehrerer Arbeitszeitverlängerungen nicht überschritten werden."

Gemäß §28 Abs1 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Bergbau von der Berghauptmannschaft, mit einer Geldstrafe von S 300,-- bis S 6.000,-- oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß die Bw als die für die Vertretung der W-GmbH nach außen Berufene gemäß §9 VStG verwaltungsstrafrechtlich für dieses Unternehmen einzustehen hat. Von der Bw wird auch nicht bestritten, daß im Oktober/November 1992 in ihrem Betrieb bei Herrn Werner B in näher bezeichneten Wochen die höchstzulässige Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten worden sei. Die Bw ist jedoch der Auffassung, daß Herr Werner B als leitender Angestellter im Sinne des §1 Abs2 Z8 AZG vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen sei. Aus den im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der Bw sowie des Zeugen B ergibt sich, daß dieser Abteilungsleiterstellvertreter des Fuhrparkes im Unternehmen der Bw ist. Herr B ist verantwortlich für den Ablauf des Fuhrparkes, dh für die Auslieferung der Ware und die Abholung der Ware vom Lieferanten. Beim Unternehmen der Bw handelt es sich um einen Arzneiwarengroßhandel. Herr B hat dafür zu sorgen, daß zur richtigen Zeit die richtige Anzahl der Personen anwesend ist, sowie daß auch die Autos entsprechend fahrbereit gehalten sind, weil immer wieder auch Fahrzeuge kaputt gehen bzw beim Service sind oder auch eventuell Unfälle passieren. Durch den Fuhrpark werden die Einkaufstouren eingeteilt. Im Bedarfsfall müssen auch Sondereinkaufstouren durchgeführt werden (sowohl Ein- als auch Verkauf). Der Fuhrpark besteht aus rund 50 Bediensteten und 36 Autos. Herr B koordiniert die Arbeit und teilt das Personal ein. Wenn Personal ausfällt (durch Urlaub oder Krankenstand), dann muß Herr B dafür sorgen, daß die geplanten Touren durchgeführt werden können. Die - beabsichtigten - Urlaubstermine werden von den Bediensteten in eine Liste eingetragen; Herr B schaut dann, ob zur Urlaubszeit wohl auch genügend Leute anwesend sind. Wenn dies nicht der Fall sein würde, dann bespricht er sich mit den Mitarbeitern, ob nicht eine Verschiebung des Urlaubs möglich sei. Hat ein Mitarbeiter einen Arzttermin, dann meldet er sich bei ihm ab. Der Abteilungsleiter und Herr B machen beide dieselbe Arbeit, wobei es keinerlei Differenzierung gibt. Auch Herr B betätigt eine Stechuhr; er teilt sich seine Arbeit selber ein (nach Absprache mit dem Abteilungsleiter, weil immer einer der beiden anwesend sein muß). Herr B teilt den Mitarbeitern die Arbeit zu (wer mit welchem Fahrzeug fährt). Wenn ein Mitarbeiter zB kündigt, dann gibt Herr B dies dem Hauptabteilungsleiter des gesamten Unternehmens bekannt. Dieser ruft dann beim Arbeitsamt an oder macht Stellenausschreibungen in der Zeitung. Die Bewerber kommen dann in den Fuhrpark und stellen sich beim Abteilungsleiter und Herrn B vor (diese machen das gemeinsam). Nach Vorstellungsgesprächen mit den Bewerbern nennen dann die beiden den ihnen bestgeeignetsten Bewerber dem Personalbüro, das dann die Anmeldung etc durchführt. Deren Vorschläge werden in der Regel akzeptiert.

Von Herrn B werden auch Statistiken über den Benzinverbrauch gemacht. Vor einiger Zeit sei von Benzin auf Diesel umgestellt worden; dies sei von Herrn B administrativ durchgeführt worden. Wenn Fahrzeuge reparaturbedürftig sind, dann werden sie von Herrn B in die Werkstatt geschickt. Alle sechs Monate wird eine Zustandsliste der Fahrzeuge erstellt. Es wird dabei entschieden, welches Fahrzeug weggegeben wird bzw welches erneuert werden muß. Vom Abteilungsleiter bzw Herrn B wird nur bekanntgegeben, daß ein neues Fahrzeug gebraucht wird. Den Ankauf macht die Geschäftsleitung. Der Fuhrpark verfügt über kein eigenes Budget. Herr B ist weiters auch Brandschutzbeauftragter. Herr B hat (wie auch der Abteilungsleiter) insoweit auch Entscheidungsfreiheit, als er darüber entscheiden kann, ob eine Lieferung mit dem Taxi oder erst später durchgeführt wird, wenn zB Mitarbeiter ausfallen. Wenn ein Mitarbeiter seiner Meinung nach nicht entsprechen würde (einen solchen Fall hat es bisher noch nicht gegeben), dann würde er mit dem Abteilungsleiter des Fuhrparkes Rücksprache halten, und ihre Auffassung dann an das Personalbüro weiterleiten. Herr B muß auch schauen, ob die vom Unternehmen der Bw zu liefernde Ware in den neuen Fahrzeugtypen überhaupt Platz hat bzw werden die Autos aufgrund des Platzbedarfes ausgesucht. Seit ca 4 bis 5 Jahren wird mit Fahrzeugen der Marke R gefahren. Die Meinungen der Chauffeure wurden gesammelt, wobei sich die Mehrheit für diese Marke entschieden hat. Halbjährlich gibt es Personalentwicklungsgespräche mit jedem Mitarbeiter; diese werden vom Abteilungsleiter und Herrn B geführt. Hierbei werden Beschwerden, Gehaltswünsche etc der Mitarbeiter an den Abteilungsleiter und Herrn B herangetragen. Von diesen wird dann geprüft, ob die Gehaltswünsche des Mitarbeiters berechtigt sind, wobei deren Auffassung dann an die Personalabteilung weitergeleitet wird. Auch zur Entscheidung bezüglich eines neuen Standortes wurde von der Geschäftsleitung die Meinung des Fuhrparkes eingeholt. Wenn zB von der Bildschirmauftragsannahmestelle ein zusätzlicher Auftrag an den Fuhrpark mitgeteilt wird, so muß dieser den Auftrag dann noch koordinieren.

Nach §1 Abs2 Z8 AZG sind leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen

sind, vom Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes ausgenommen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl zB das Erk vom 22.10.1992, Zl 92/18/0354) ist der Ausnahmetatbestand des §1 Abs2 Z8 AZG bereits dann erfüllt, wenn ein Arbeitnehmer wesentliche Teilbereiche eines Betriebes in der Weise eigenverantwortlich leitet, daß hiedurch auf Bestand und Entwicklung des gesamten Unternehmens Einfluß genommen wird, sodaß er sich aufgrund seiner einflußreichen Position aus der gesamten Angestelltenschaft heraushebt. Der betreffende Arbeitnehmer stelle - so heißt es in dem angeführten Erkenntnis - für diesen wesentlichen Teilbereich des Betriebes gleichsam den Unternehmensführer dar, der befugt sei, allen ihm in diesem Teilbereich unterstellten Arbeitnehmern Weisungen betreffend Inhalt und Organisation ihrer Tätigkeit sowohl genereller als auch individueller Art zu geben, wobei dies nicht bedeute, daß der betreffende Arbeitnehmer in diesem Bereich völlig weisungsfrei sei. Auch der leitende Angestellte sei Arbeitnehmer und daher Weisungen ausgesetzt. Die Eigenverantwortlichkeit sei daher an einem relativen Maßstab zu messen, dem leitenden Angestellten müsse ein erheblich größerer Entscheidungsspielraum als anderen Arbeitnehmern eingeräumt sein. Beim "leitenden Angestellten" handle es sich um einen Manager der "zweiten Ebene". Sei ein Arbeitnehmer nicht nur mit Leitungsfunktionen, sondern auch mit anderen Tätigkeiten befaßt, so hänge seine Einordnung davon ab, welche Tätigkeit das Schwergewicht bilde (vgl dazu auch die Erk des VwGH vom 25.11.1991, Zl 91/19/0286 und vom 28.10.1993, Zl 91/19/0134).

Ferner ist darauf hinzuweisen, daß es Sache des einen Verstoßes gegen das Arbeitszeitgesetz Beschuldigten ist, im Rahmen der ihn im Verwaltungsstrafverfahren treffenden Mitwirkungspflicht (vgl die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österr Verwaltungsverfahrens 4, 844 ff, angeführte Judikatur) konkrete, durch Beweisanbote untermauerte Behauptungen bezüglich des Vorliegens der für die Verwirklichung des in Rede stehenden Ausnahmetatbestandes maßgebenden Merkmale aufzustellen (vgl auch das Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes betreffende Erk des VwGH vom 23.3.1992, Zl 91/19/0382).

Auf dem Boden dieser Rechtslage vermag der Unabhängige Verwaltungssenat Wien der Erstbehörde in bezug auf die Verneinung des Vorliegens des Ausnahmetatbestandes nach §1 Abs2 Z8 AZG nicht entgegenzutreten. Mögen die Tätigkeiten des Arbeitnehmers Werner B auch wichtige Bereiche des Unternehmens der Bw (nämlich des Fuhrparkes) betreffen, so kann aufgrund des oben näher dargelegten Tätigkeitsbereiches von Herrn B doch nicht gesagt werden, daß ihr Schwergewicht in der Ausübung von im Sinne der obigen Ausführungen qualifizierten Leitungsfunktionen liege. In der bloßen Koordinierung der Arbeit (Zuteilung von Fahrern zu den einzelnen Autos) und der Urlaube der Mitarbeiter (um zu gewährleisten, daß auch zur Urlaubszeit immer genügend Fahrer anwesend sind) kann keine "maßgebliche Führungsaufgabe" erblickt werden, handelt es sich doch hiebei um keine für das Unternehmen einflußreiche Position. Von Herrn B und dem Abteilungsleiter des Fuhrparkes werden - im Personalwesen - die Entscheidungsgrundlagen erarbeitet (so wird - nach Vorstellungsgesprächen - von ihnen der bestgeeignetste Bewerber dem Personalbüro namhaft gemacht; wenn ein Mitarbeiter nicht entsprechen würde, würden sie dies ebenfalls dem Personalbüro melden; auch im Falle von Gehaltwünschen der Mitarbeiter werden diese von Herrn B und dem Abteilungsleiter des Fuhrparkes geprüft und deren Auffassung dann an das Personalbüro weitergeleitet). Wenn neue Fahrzeuge gebraucht werden, so wird dies bekanntgegeben; den Ankauf macht die Geschäftsleitung. Der Fuhrpark verfügt über kein eigenes Budget. Diese Ausführungen zeigen, daß Herr B in diesen Bereichen wohl in der Entscheidungsfindung auf unterer Ebene (er erarbeitet die Entscheidungsgrundlagen) mitwirkt, daß ihm jedoch kein Spielraum für eigenverantwortliche Entscheidungen eingeräumt ist. Was die Erstellung von Statistiken (etwa über den Benzinverbrauch der Fahrzeuge) sowie die Funktion von Herrn B als Brandschutzbeauftragter betrifft, so läßt das Vorbringen der Bw nicht konkret erkennen, inwieweit diese Tätigkeiten des Arbeitnehmers als Erfüllung eigenverantwortlicher Leitungsfunktionen qualifiziert werden könnten. Soweit die Bw vorbringt, Herr B habe dafür zu sorgen, daß die Autos entsprechend fahrbereit gehalten würden und es würden durch den Fuhrpark die Einkaufstouren eingeteilt, so wird damit nicht dargetan, daß entsprechend der oben dargestellten Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes bei den erwähnten Dispositionen des Dienstnehmers auf Bestand und Entwicklung des gesamten Unternehmens Einfluß genommen wird. Herr B hatte im übrigen in gleicher Weise wie alle anderen Arbeitnehmer seine Anwesenheit im Betrieb mit Stechuhr festzuhalten (vgl dazu das Erk des VwGH vom 25.1.1994, Zl 93/11/0173). Herr B war daher überwiegend mit solchen Tätigkeiten befaßt, die nicht als Leitungsfunktionen einzustufen sind.

Aus diesen Erwägungen folgt, daß Herr Werner B nicht als leitender Angestellter iSd §1 Abs2 Z8 AZG anzusehen ist, sodaß er auch nicht vom Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes ausgenommen ist. Gemäß §6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt ist oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann unter Notstand im Sinne der zitierten Gesetzesstelle nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht. Wirtschaftliche Nachteile können nur dann Notstand begründen, wenn sie die Lebensmöglichkeiten selbst unmittelbar bedrohen. Desweiteren gehört es zum Wesen des Notstandes, daß die Gefahr zumutbarerweise nicht in anderer Art als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung zu beheben ist und daß die Zwangslage nicht selbst verschuldet ist (vgl etwa das Erk des VwGH vom 17.9.1992, Zl 90/19/0443, mwN). Im vorliegenden Fall vermochte die Bw mit den oben wiedergegebenen Ausführungen (in der Berufung zur Frage der Anwendbarkeit des §21 VStG) das Vorliegen von Notstand im Sinne des §6 VStG nicht darzutun. Dazu hätte es konkreter, auf die einzelne Tatanlastung abgestellter Behauptungen bedurft, die darlegen, daß die betreffende inkriminierte Arbeitszeitüberschreitung der einzige zumutbare Weg gewesen sei, um eine unmittelbare drohende Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen abzuwehren. Die allgemeine Bezugnahme auf die Besonderheit der Branche des Arzneiwarengroßhandels, in der die Mehrarbeit verschiedener Mitarbeiter notwendig sei, um die Versorgungssicherheit der österreichischen Bevölkerung mit Arzneiwaren gewährleisten zu können, vermag eine konkrete Notstandssituation, welche die Verletzung von Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes rechtfertigen oder entschuldigen würde, nicht zu begründen.

Sollte sich die Bw mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen allenfalls auf die §§8 und 20 AZG berufen, so kann dem gleichfalls kein Erfolg beschieden sein, unterließ es die Bw doch im Verwaltungsstrafverfahren, konkrete, durch Beweisanbote untermauerte Behauptungen bezüglich der Verwirklichung der in den genannten Bestimmungen normierten Tatbestandsmerkmale aufzustellen.

Gemäß §5 Abs1 VStG genügt dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Doch zieht schon das bloße Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder die Nichtbefolgung eines Gebotes Strafe nach sich, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. Der Gesetzgeber präsumiert somit in einem solchen Fall die Schuld bis zur Glaubhaftmachung des Gegenteiles durch den Beschuldigten. Solange er also nicht glaubhaft gemacht hat, daß ihn kein Verschulden träfe, darf die Behörde annehmen, daß der Verstoß bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte vermieden werden können. Da zum Tatbestand der der Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser um ein Ungehorsamsdelikt iS des §5 Abs1 VStG (vgl hiezu die Erk des VwGH v 4.3.1994, Zl 93/02/0194 und vom 4.2.1993, Zl 92/18/0168). Normadressat der Bestimmungen des AZG, somit auch des §9 in Verbindung mit §28 leg cit ist nicht der jeweilige Arbeitnehmer, sondern dessen Arbeitgeber (das Organ im Sinne des §9 Abs1 VStG) bzw der in bezug auf die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften bestellte Bevollmächtigte des Arbeitgebers (mit oder ohne die Qualifikation eines verantwortlichen Beauftragten iSd §9 Abs2 letzter Satz VStG); er hat dafür Sorge zu tragen, daß die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden. Es kommt nicht darauf an, daß der einzelne Arbeitnehmer an einer Überschreitung der Arbeitszeit keinen Anstoß nimmt und allenfalls sogar daran interessiert ist. Nach dem insofern eindeutig erkennbaren Normgehalt dieser Bestimmungen ist vielmehr der Arbeitgeber (der Bevollmächtigte) verpflichtet, die Einhaltung der in Betracht kommenden Arbeitszeit durch den Arbeitnehmer zu ermöglichen, sie zu überprüfen und alle sonstigen (bei Ausnutzung aller tatsächlich und rechtlich im konkreten Betrieb zur Verfügung stehenden Mittel) möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeit sicherzustellen (vgl das Erk des VwGH v 27.9.1988, Zl 87/08/0026, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien pflichtet der Erstbehörde darin bei, daß der Bw eine derartige Glaubhaftmachung nicht gelungen ist, hat sie doch keinerlei in diese Richtung zielendes Vorbringen erstattet, insbesondere auch nicht das Existieren eines wirksamen Kontrollsystems zur Gewährleistung der Einhaltung der Arbeitszeit behauptet.

Aufgrund dieser Erwägungen war der Berufung in der Schuldfrage somit keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis insoweit zu bestätigen.

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß §19 Abs2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Strafe wurde spruchgemäß herabgesetzt, weil der gesetzliche Strafrahmen lediglich von S 300,-- bis S 6.000,-- oder Arrest von 3 Tagen bis 6 Wochen reicht, und die Strafe unverhältnismäßig hoch im Hinblick auf die als mildernd zu wertende bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Bw ist. Eine weitere Herabsetzung kam aus folgenden Gründen nicht in Betracht:

Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Ausmaße das Interesse am gesundheitlichen Schutz der Arbeitnehmer durch Vermeidung von überlangen Arbeitszeiten und durch Einhaltung der durch das AZG gezogenen Grenzen. Trotz des Fehlens sonstiger nachteiliger Folgen (die Bw weist in ihrer Berufung darauf hin, daß "ein Schaden" weder in der Anzeige noch im angefochtenen Straferkenntnis behauptet werde) konnte daher der objektive Unrechtsgehalt der Tat nicht als geringfügig angesehen werden, wurde doch die höchstzulässige Wochenarbeitszeit über drei Wochen hindurch in beträchtlichen Ausmaße (durchschnittlich 10 Stunden) nicht eingehalten.

Auch das Verschulden der Bw konnte nicht als gering eingestuft werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte, oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Wenn die Bw in diesem Zusammenhang vorbringt, daß ihr Verschulden so geringfügig sei, daß von der Bestimmung des §21 VStG Gebrauch zu machen sei, so genügt es darauf hinzuweisen, daß aufgrund des Fehlens eines funktionierenden Kontrollsystems bezüglich der Einhaltung der Arbeitzeitsvorschriften von einem für die Anwendung der genannten Bestimmung erforderlichen geringfügigen Verschulden der Bw nicht gesprochen werden kann (vgl das Erk des VwGH v 22.10.1992, Zl 92/18/0342).

Daß die Bw zum Tatzeitpunkt - noch - verwaltungsstrafrechtlich unbescholten gewesen ist, ist ohnehin (wie schon von der Erstbehörde) als Milderungsgrund berücksichtigt worden. Daß aber die Überschreitungen der (gesetzlichen) Arbeitszeit - so die Bw - "auf der Freiwilligkeit des Mitarbeiters beruht, und zwar überdies auf seiner eigenen Arbeitszeiteinteilung und diese überdies durch die Gewährung von entsprechenden Lohnzuschlägen und Zeitausgleich kompensiert wird", stellt keinen Strafmilderungsgrund dar (vgl dazu die Erk des VwGH v 30.9.1991, Zl 91/19/0136 und vom 11.5.1992, Zl 91/19/0251).

Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ging der Unabhängige Verwaltungssenat Wien von den eigenen Angaben der Bw aus (Einkommen von über S 100.000,-- netto monatlich, sorgepflichtig für zwei Kinder, Vermögen in Millionenhöhe). Wie oben schon näher ausgeführt worden ist, vermögen die allgemein gehaltenen Ausführungen bezüglich der Sicherung der Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit Arzneiwaren eine konkrete Notstandsituation nicht zu begründen; der besondere Milderungsgrund des §34 Z11 StGB (§19 Abs2 VStG) liegt demnach nicht vor.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den von S 300,-- bis S 6.000,-- reichenden Strafrahmen ist die nunmehr verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind, sohin auch ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen nicht festgestellt werden konnte. Dies auch deshalb, weil eine noch mildere Strafe nicht geeignet wäre, die Berufungswerberin von einer neuerlichen Tatwiederholung abzuhalten.

Die Ersatzfreiheitsstrafe war im Sinne der erforderlichen Verhältnismäßigkeit zwischen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe spruchgemäß neu zu bemessen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§64 und 65 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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