TE UVS Wien 1995/06/30 07/36/958/94

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Veröffentlicht am 30.06.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch den Vorsitzenden Dr Pipal, den Berichter Mag Fritz und die Beisitzerin Dr Rotter über die

Berufung des Herrn Ludwig H, vertreten durch Rechtsanwalt gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 6./7. Bezirk, vom 24.8.1994, Zl MBA 6/7 - S/6/13382/93, betreffend Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung,

nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. Dem Berufungswerber wird gemäß § 64 Abs 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 4.000,--, ds 20% der

verhängten Strafe, auferlegt.

Text

Begründung:

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 6./7. Bezirk, erließ als Strafbehörde erster Instanz auf Grund einer Anzeige des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten und nach ergänzenden

Ermittlungen das nunmehr vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien angefochtene Straferkenntnis vom 24.8.1994, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der P-gesmbH, welche persönlich haftende Gesellschafterin der O & W ist, zu verantworten, daß von dieser Gesellschaft am 8. Oktober 1993 auf der Baustelle in Wien, F-straße gesetzliche Vorschriften zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Dienstnehmer insoferne nicht eingehalten wurden, als am 8. Oktober 1993 für die Errichtung eines Aufzugsschachtzubaues im Inneren des Schachtes ein Gerüst verwendet wurde, für welches nicht einwandfreie, ausreichend tragfähige Konstruktionselemente verwendet wurden und die Gerüstlagen nicht einen Belag aus mindestens 5 cm dicken oder solchen Pfosten hatten, deren Dicke infolge Abnützung um nicht mehr als 5 mm geringer war, da

das in ca 20 m Höhe im Inneren des Schachtes befindliche Gerüstplateau mit den Abmessungen von ca 1,4 m x 1,6 m aus nicht ausreichend dimensionierten vier Pfosten und einer vollkommen ungeeigneten Schalttafel (ca 1,5 m x 0,5 m) bestand, welche auf zwei Kanthölzern lagerten, sodaß der mit dem Herstellen des Aufzugsschachtzubaues beschäftigte Arbeitnehmer Alfred M (Arbeitnehmer der Personalleasingfirma W GesmbH) beim Sprung vom Aufzugsschachtmauerwerk, welches das Gerüstplateau um ca 1,3 m überragte, auf die Schalttafel ca 20 m in den Schacht stürzte - weil die Schalttafel brach - und dabei tödliche Verletzungen erlitt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§§ 19 Abs 2 und 3 der Verordnung vom 10. November 1954, BGBl Nr 267/1954 über Vorschriften zum Schutze des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern bei Ausführung von Bauarbeiten, Bau- und Bauhilfsarbeiten in der geltenden Fassung (Bauarbeitenverordnung). Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von S 20.000,-- insgesamt falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen gemäß §§ 31 Abs 2 lit p, 33 Abs 7,

33 Abs 1 lit a Z 12 Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl Nr 234/1972 in

der

geltenden Fassung.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu

zahlen:

S 2.000,-- insgesamt als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10% der Strafe

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 22.000,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

Begründend wurde ausgeführt, der Berufungswerber (Bw) habe zu seiner Rechtfertigung vorgebracht, bei den regelmäßig von ihm durchgeführten

Baukontrollen, die mindestens zweimal wöchentlich seit Beginn der Arbeiten auf dieser Baustelle erfolgten, habe er auf allen Gerüstteilen nur vorschriftsmäßig verlegte Pfostenlagen mit 5 cm Dicke feststellen können. Der Schacht sei zu 2/3 der Fläche ordnungsgemäß mit Pfosten, die eine erforderliche Dicke von 5 cm aufgewiesen haben, abgedeckt gewesen. Nur am restlichen Teil sei eine

Schaltafel gelegen. Über sein Befragen habe der für die Baustelle zuständige und überaus verläßliche Vorarbeiter Herr Emil T angegeben,

er könne sich nicht erklären, wer diese Schaltafel hingelegt habe. Dazu sei weiters anzumerken, daß auf der gegenständlichen Baustelle in überaus reichlicher Menge Pfostenmaterial vorhanden gewesen sei. Der verunglückte Maurer (Herr Alfred M), der bei seinem Unternehmen seit einem halben Jahr durchlaufend beschäftigt gewesen sei und auf dieser Baustelle bereits seit Wochen gearbeitet habe, habe einen sehr

sicheren Eindruck gemacht und sei vor Zeugen (Herrn Rudolf H, seit sechs Jahren bei ihm beschäftigt) von ihm mehrere Male über die Gefahren bei derartigen Arbeiten belehrt worden. Auch habe Herr M angegeben, bereits solche Arbeiten mehrmals gemacht zu haben. Auch auf dieser Baustelle habe der Verunglückte selbst ordnungsgemäße Gerüstlagen gemeinsam mit dem Vorarbeiter hergestellt. Die Absturzstelle des Herrn M (Schacht) sei nicht seine Arbeitsstelle gewesen, denn diese habe sich im Dachbodenbereich (Vorraum zum Maschinenraum) befunden. Dorthin habe ein kurzer und einfacher Weg durch einen Durchgang (Pkt B) über eine Leiter geführt. Stattdessen sei Herr M einen Umweg über eine Rampe gegangen, habe eine dreifach gesicherte Absperrung überklettert und sei dann nicht zu seiner Arbeitsstelle nach links, sondern nach rechts zum späteren Unfallort gegangen; dies sei ihm unerklärlich.

Bei seiner Einvernahme am 21.6.1994 habe der Bw erklärt, die letzte Baustellenkontrolle am 5.10.1993 durchgeführt zu haben. Zu diesem Zeitpunkt sei an der Errichtung des Schachtes noch gearbeitet worden.

Die beanstandete Abdeckung des Schachtes sei daher auch erst nach dieser Kontrolle angebracht worden. Am 7.10.1993 sei der Bereich der Absturzstelle nicht zugängig gewesen, weil die Dachfläche wegen des Regens zugedeckt gewesen sei.

Dieser Rechtfertigung sei jedoch entgegenzuhalten, daß - wie das Arbeitsinspektorat in seinen Stellungnahmen ausgeführt habe - gemäß § 18 Abs 1 des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl Nr 234/1972, (ASchG) jeder Arbeitgeber die Verpflichtung habe, dafür zu sorgen, daß die notwendige Vorsorge für den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer getroffen werde. Der Arbeitgeber habe sich so zu verhalten, daß eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Beschäftigten soweit als möglich vermieden werde. Gerüste seien nach ihrer Fertigstellung einer Prüfung - unter anderem auf Tragfähigkeit und Begehbarkeit der Gerüstlagen - zu unterziehen und dürften erst nach ihrer Fertigstellung und Prüfung in Verwendung genommen werden. Eine solche Prüfung hätte vom Bw durchgeführt werden müssen. Bei der Erhebung nach dem Unfall habe das Arbeitsinspektorat in Erfahrung gebracht, daß die Schaltafel bereits mehrere Tage als Gerüstbelag verwendet worden sei. Dies hätte der Bw ebenfalls bei seinen regelmäßigen Kontrollen erkennen müssen. Dem Vorbringen des Bw, er habe zur Unfallzeit mehrere Baustellen überwachen müssen, sei entgegenzuhalten, daß ihn eine Überprüfung mehrerer Baustellen nicht von seiner gesetzlichen Verpflichtung befreie, für die Einhaltung der

Verwaltungsvorschriften auf der gegenständlichen Baustelle zu sorgen.

Der Bw hätte weiters seine Kontrollen so gestalten müssen, daß es in keinem Zeitpunkt zu einer Übertretung der Schutzmaßnahmen der Bauarbeiterschutzverordnung komme. Der Bw habe daher nicht glaubhaft machen können, alles in seiner Macht stehende unternommen zu haben, um die Einhaltung der im Spruch angeführten Verwaltungsvorschriften sicherzustellen. Die angelastete Verwaltungsübertretung sei auf Grund

der Anzeige des Arbeitsinspektorates erwiesen.

Die Höhe der Strafe sei schuldangemessen und entspreche dem diesbezüglichen Antrag des anzeigelegenden Arbeitsinspektorates. Bei der Strafbemessung sei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw als mildernd, als erschwerend kein Umstand gewertet worden. Zu seinen Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnissen befragt, habe der Bw folgende Angaben gemacht:

S 32.000,-- netto monatliches Einkommen, Sorgepflicht für Gattin und Tochter, 1/4 Anteil vom Einfamilienhaus in Wien, P-straße; von günstigen Verhältnissen sei ausgegangen worden. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

In seiner gegen dieses Straferkenntnis innerhalb offener Frist erhobenen Berufung brachte der Bw vor, er habe die gegenständliche Baustelle regelmäßig in kurzen Abständen kontrolliert. Er habe alle eingesetzten Arbeitnehmer, auch den verunglückten Leiharbeiter, nachweislich über die Erfordernisse des Arbeitnehmerschutzes belehrt.

Er habe auf der gegenständlichen Baustelle in der Person des Vorarbeiters Emil T einen - auch für den Arbeitnehmerschutz - Anordnungsbefugten gehabt, der ein seit zwanzig Jahren bei ihm beschäftigter Fachmann sei. Allein diese Umstände, die durch kein Ermittlungsergebnis widerlegt seien, würden sein Verschulden am gegenständlichen Unfall ausschließen. Hinzu komme, daß zur Zeit der letzten Baustellenkontrolle vor dem Unfall am 7.10.1993 im Außenbereich des Daches nicht gearbeitet worden sei und der Aufzugsschacht wetterfest abgedeckt gewesen sei. Eine Nachschau unter

der Abdeckung sei weder notwendig gewesen, da an diesem Tag keine Außenarbeiten stattgefunden haben, noch gefahrlos möglich gewesen, weil wegen der am Morgen vorherrschenden Wetterlage das Risiko eines Abrutschens bestanden hätte. Auch ein Überwachungsverschulden könne ihm daher nicht zutreffend angelastet werden. Hinzu komme schließlich, daß an der Unglücksstelle niemand etwas zu suchen gehabt

habe. Es habe sich dort weder die Arbeitsstelle des Verunglückten (diese wäre der Vorraum zum Maschinenraum gewesen), noch ein vernünftigerweise einzuschlagender Weg zu einer Arbeitsstelle befunden. Der Verunglückte sei nämlich nicht den vorgesehenen Weg durch eine Türe mit anschließender Leiter gegangen, sondern sei er dem Dachbodenbereich durch eine Luke entstiegen, die zu einem an der Außenmauer befindlichen Materialaufzug geführt habe; der Verunglückte

habe sodann unter höchster Absturzgefahr mehrfache Absperrungen an der Gebäudeaußenkante überwinden müssen, um zur Unfallstelle zu gelangen. Ein derart unvernünftiges und leichtfertiges Vorgehen sei ein Risiko, das von einem handelsrechtlichen Geschäftsführer nicht beherrscht werden könne. Der Bw sei nach den Umständen des Unfalles bei aller Rücksicht auf die gebotene Pietät der Auffassung, daß der Verunglückte in stark alkoholisiertem Zustand auf der Baustelle erschienen sei, was aus dem Akt 17 St 91763/93 der Staatsanwaltschaft

Wien ersichtlich sein müßte.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien holte im Berufungsverfahren eine Stellungnahme des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten vom 30.11.1994 ein. Über ha Ersuchen übermittelte die Staatsanwaltschaft Wien den dortigen Akt zur Zahl 17 St 91763/93 und teilte gleichzeitig

mit, daß die Anzeige gegen Emil T wegen § 80 StGB am 12.10.1993

gemäß

§ 90 Abs 1 StPO zurückgelegt worden sei.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 7.6.1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Berufungswerber, der in Begleitung seines Rechtsanwaltes erschienen ist, teilnahm und in der Franz U, Emil T und Rudolf H als Zeugen einvernommen wurden. In einer weiteren Verhandlung am 30.6.1995 wurden der Bw als Beschuldigter sowie Herr Franz R als Zeuge einvernommen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Gemäß § 19 Abs 2 BArbSchV dürfen für Gerüste nur einwandfreie, ausreichend tragfähige Konstruktionselemente verwendet werden. Gerüstteile aus Holz müssen aus gesundem, vollkommen entrindetem, durch eine vorherige Benützung in dem erforderlichen Mindestquerschnitt nicht geschwächtem Holz bestehen. Gerüstteile aus Metall dürfen keine sichtbaren Risse aufweisen und nicht derart rostig, korrodiert oder mit sonstigen Mängeln behaftet sein, daß ihre

Festigkeit dadurch beeinträchtigt wird. Hanfstricke sind gegen chemische Angriffe und gegen Fäulnis zu schützen. Drahtseile, Rüstdrähte und Ketten sowie alle Schraubenverbindungen sind insbesondere gegen Rost derart zu schützen, daß ihre Festigkeit nicht

beeinträchtigt wird. Drahtseile, Hanfseile und Ketten müssen unter Höchstlast eine mindestens sechsfache Sicherheit aufweisen. Gemäß § 19 Abs 3 BArbSchV müssen Gerüstlagen einen Belag aus mindestens 5 cm dicken oder solchen Pfosten haben, deren Dicke infolge Abnützung um nicht mehr als 5 mm geringer ist. Weiters müssen

die Pfosten mindestens eine Breite von 18 cm aufweisen und gut besäumt sein. Die Pfosten sind dicht zu verlegen und sicher zu lagern; ihr Überstand darf nicht mehr als 20 cm betragen. Der Abstand

zwischen Belag und Mauergrund darf, soweit im folgenden nicht

anderes

bestimmt wird, nicht mehr als 20 cm betragen.

Gemäß § 31 Abs 2 lit p ASchG begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der auf Grund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den auf Grund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen.

Wie sich aus dem von der Staatsanwaltschaft Wien übermittelten Akt Zl 17 St 91763/93 ergibt, ist die Anzeige gegen Emil T wegen § 80 StGB am 12.10.1993 gemäß § 90 Abs 1 StPO zurückgelegt worden. Damit ist für den Bw jedoch nichts gewonnen. Aus §§ 22 und 30 VStG ergibt sich,

daß eine von einer Verwaltungsbehörde zu ahndende strafbare Handlung auch dann von dieser Behörde zu verfolgen ist, wenn die Tat gleichzeitig unter einen gerichtlich strafbaren Tatbestand fällt, es sei denn, das Gesetz normiert ausdrücklich eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Eine solche Ausnahme ist in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Strafbestimmung des § 31 Abs 2 lit p ASchG enthalten, in der es heißt, die dort genannten Verwaltungsübertretungen sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist,

mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen (vgl das Erk des VwGH vom 8.10.1990, Zl 90/19/0036). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung wiederholt dargelegt, daß nur im Falle einer verurteilenden Entscheidung durch das Strafgericht eine Bindung der Verwaltungsstrafbehörde in der Frage besteht, ob ein gerichtlich zu ahndender Tatbestand vorliegt, der die Ahndung als Verwaltungsübertretung ausschließt. Bei Freispruch und Einstellung des Verfahrens hat eine selbständige Prüfung durch die Verwaltungsstrafbehörde zu erfolgen, ob sie zur Ahndung zuständig ist

(vgl das Erk des VwGH vom 20.5.1994, Zl 93/02/0110). Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß die einem im Verwaltungsstrafverfahren Beschuldigten vorgeworfene "Tat" nicht von einer gerichtlich strafbaren Tat umfaßt ist, wenn der Schuldbeweis im

Sinne des Strafrechtes nicht erbracht worden ist, sodaß in diesem Fall die im § 31 Abs 2 lit p ASchG enthaltene Subsidiäritätsklausel nicht die Bestrafung des Beschuldigten nach dieser Gesetzesstelle hindert (vgl das Erk des VwGH vom 20.5.1994, Zl 94/02/0006, 0007). Im vorliegenden Fall hat die Staatsanwaltschaft Wien nach Prüfung der

Anzeige offenbar nicht genügend Gründe gefunden, gegen eine bestimmte

Person (nämlich gegen Herrn Emil T; gegen den Bw ist in dieser Richtung gar nicht ermittelt worden) das Strafverfahren zu veranlassen, sodaß sie die an sie gelangte Anzeige gegen Emil T wegen

§ 80 StGB gemäß § 90 Abs 1 StPO zurückgelegt hat.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw nicht etwa schon im Hinblick auf die im § 31 Abs 2 lit p

(letzter Halbsatz) ASchG enthaltene "Subsidiäritätsklausel" einzustellen war, sondern daß der Unabhängige Verwaltungssenat Wien zur Ahndung der dem Bw im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfenen

Tat als Verwaltungsübertretung zuständig ist.

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der P-gesmbH, welche persönlich

haftende Gesellschafterin der O & W ist, verwaltungsstrafrechtlich für die letztgenannte KG einzustehen hat. Es steht (auf Grund der eigenen Angabe des Bw in der Verhandlung am 7.6.1995) ferner fest, daß zur Tatzeit niemand als Bevollmächtigter iSd § 31 Abs 2 ASchG bestellt gewesen ist.

Vorauszuschicken ist, daß der Bw den in der Anzeige des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten (dieser waren mehrere die Tatörtlichkeit zeigenden Lichtbilder angeschlossen) beschriebenen Sachverhalt nicht in Zweifel gezogen oder etwa behauptet hat, daß der

gegenständliche Schacht zur Gänze ordnungsgemäß mit - die erforderliche Dicke aufweisenden - Pfosten abgedeckt gewesen wäre. Der Bw brachte im Verfahren mehrfach vor, die Abdeckung sei nicht dazu bestimmt gewesen, daß jemand darauf arbeite; Arbeitsstelle sei das darüber befindliche Arbeitsgerüst gewesen. Aber auch dieses Arbeitsgerüst sei an diesem Tag nicht die Arbeitsstelle des Herrn M gewesen. Auch habe Herr M auf dem Weg zu seiner Arbeitsstelle einen Umweg gemacht; er könne sich nur vorstellen, daß Herr M in benommenen

Zustand (betrunken) zur Arbeit erschienen sei.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien geht auf Grund der glaubwürdigen und überzeugenden Aussage des Zeugen Franz R davon aus,

daß auf der Gerüstlage, auf der sich die gegenständliche Schaltafel befunden hat, sehr wohl (zumindest schon am 7.10.1993) gearbeitet worden ist. Auch gab dieser Zeuge bei seiner Einvernahme vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien an, Herr M, Herr T und er seien an

diesem Tag (8.10.1993) gemeinsam auf die Baustelle gekommen, hätten sich gemeinsam in der Bauhütte umgezogen und seien dann gemeinsam auf

den Dachboden - und zwar auf dem gleichen Weg wie immer - hinaufgegangen. Herr M sei vorausgegangen und Herr T und er seien hinten nachgegangen. Dieser Zeuge hat dann näher dargelegt, daß sie am Donnerstag den 7.10.1993 auf der gegenständlichen Gerüstlage (auf der die Schaltafel gelegen sei) gestanden seien, um von dort aus die Außenmauern aufzumauern. An diesem Tag sei die Schaltafel auch schon dort gelegen und hätte ihr Gewicht ausgehalten. Hingegen hat der Zeuge T ausgesagt, auf der Schachtabdeckung habe niemand gearbeitet; Herrn M habe er am 8.10.1993 erst beim Sprung gesehen; zuvor jedoch nicht. Dieser Zeuge machte bei der mündlichen Verhandlung am 7.6.1995

einen äußerst unsicheren und wenig glaubwürdigen Eindruck, wobei er offenbar aus Angst vor eigener strafrechtlicher Verfolgung (nunmehr) diese Angaben machte. Seine nunmehrige Aussage, daß auf der gegenständliche Gerüstlage nicht gearbeitet worden sei (sondern nur auf dem darauf befindlichen Gerüstbock), stimmt nämlich auch nicht mit seinen unmittelbar nach dem tödlichen Unfall den damals eingeschrittenen Polizeibeamten gegenüber gemachten Angaben überein. In der Meldung bzw Bericht vom 8.10.1993 heißt es - in Übereinstimmung mit den Angaben des Zeugen R -, daß "wir auch schon gestern auf dem Gerüst gearbeitet haben, die Schalungstafel war sicher nicht beschädigt oder dergleichen" bzw daß "Alfred M auch gestern auf dieser Plattform gearbeitet hatte und diese Bretter seinem Gewicht standgehalten haben. Auch gestern befand sich auch diese beschriebene Schalungstafel (aus Holz gepreßt) auf dieser Plattform". Der Bw ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß

das Gebot der hier vorgeschriebenen Ausführung von Gerüsten nicht davon abhängig ist, daß dauernd oder zu einem bestimmten Zeitpunkt auf jeder Gerüstlage gearbeitet wird; vielmehr ist danach jede Gerüstlage, die der Durchführung von Arbeiten durch die Arbeitnehmer an der betreffenden Baustelle zu dienen bestimmt ist, und auf der demnach der Aufenthalt von Arbeitnehmern zur Vornahme von Arbeiten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, von dem gesetzlichen Gebot erfaßt (vgl das Erk des VwGH vom 15.4.1991, Zl 90/19/0501).

Daß

dies hier der Fall gewesen ist, hat der Unabhängige Verwaltungssenat Wien auf Grund der glaubwürdigen und schlüssigen Angaben des Zeugen

R

(in Verbindung mit den im Akt befindlichen Fotos) als erwiesen angenommen; dies ist letztlich auch vom Bw offensichtlich zugestanden

worden (so gab der Vertreter des Bw in seinen Schlußausführungen an, daß "der Sachverhalt klar ist").

Zur subjektiven Tatseite bringt der Bw in der Berufung - wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren - vor, er habe die gegenständliche Baustelle regelmäßig in kurzen Abständen kontrolliert. Er habe alle eingesetzen Arbeitnehmer (auch Herrn M) nachweislich über die Erfordernisse des Arbeitnehmerschutzes belehrt. Er habe auf der gegenständlichen Baustelle in der Person des Vorarbeiters Emil T einen - auch für den Arbeitnehmerschutz - Anordnungsbefugten, der ein

seit zwanzig Jahren (in der mündlichen Verhandlung wurde dies dahingehend richtiggestellt, daß Herr T seit dreißig Jahren im Unternehmen des Bw beschäftigt ist) beim Bw beschäftigter Fachmann sei. Zur Zeit der letzten Baustellenkontrolle vor dem Unfall am 7.10.1993 sei im Außenbereich des Daches nicht gearbeitet worden und sei der Aufzugschacht wetterfest abgedeckt gewesen. In der Verhandlung brachte der Bw dann ergänzend noch vor, daß er am Donnerstag (7.10.1993) auf der gegenständlichen Baustelle gewesen sei, wobei dieser Besuch nur der Information des Poliers über die technische Durchführung im Inneren des Gebäudes gedient habe. Herr T sei ein verläßlicher Mann und arbeite schon seit dreißig Jahren bei ihm; trotzdem passiere eben ein solcher Unfall, daß statt Pfosten eine Schaltafel hingelegt werde.

Auf Grund der Angaben der Zeugen T und R ist davon auszugehen, daß die gegenständliche Gerüstlage (vier Pfosten und die Schaltafel) am Dienstag oder Mittwoch (5. oder 6.10.1993; so der Zeuge T, der Zeuge R meinte, die Schaltafel sei glaublich am Mittwoch dort hingelegt worden) gemacht worden ist. Der Zeuge T brachte noch vor, daß er bei den Staffeln noch dabei gewesen sei, dann habe er jedoch hinuntergehen müssen, weil er andere Arbeiten zu machen habe; er müsse nämlich auf der Baustelle intensiv selbst mitarbeiten. Er habe sich nach Fertigstellung der gegenständlichen Gerüstlage von der Richtigkeit der Ausführung nicht mehr überzeugt. Er erteile einem Arbeiter einen Arbeitsauftrag und gehe davon aus, daß dieser alles richtig mache. Eine Prüfung des Gerüstes, ob dies den Arbeitnehmerschutzbestimmungen entspreche, findet bei ihnen nicht statt (das gegenständliche Gerüst sei ja nicht hoch gewesen). Der Zeuge H hat noch vorgebracht, der Bw hätte zu den Arbeitern öfters gesagt, nur Pfosten und keine Platten fürs Gerüst zu verwenden.

Mit seinem Vorbringen, es könne ihm in subjektiver Hinsicht nicht der

Vorwurf gemacht werden, daß ein Maurer eine Schaltafel auflege und dann aus etwa 1,5 m Höhe auf diese Tafel darauf springe, verkennt der

Bw die (im folgenden darzustellende) Rechtslage. Da es sich bei der dem Bw angelasteten Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt, hätte der Bw glaubhaft machen müssen, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei.

Er

hätte demnach initiativ alles, was für seine Entlastung spricht, darlegen und glaubhaft machen müssen (vgl das Erk des VwGH vom 14.4.1993, Zl 91/19/0346). Dem Bw ist zwar zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen

Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Allerdings wäre es ihm oblegen, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, daß seinen Anordnungen entsprochen wird, wobei er der Behörde bei einem Verstoß gegen die entsprechenden

Vorschriften dieses System im einzelnen darzulegen hat (vgl das Erk des VwGH vom 13.10.1993, Zl 93/02/0181).

Den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Anforderungen hat der Bw nicht genügt. Er hat auch nicht behauptet, einen verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs 2 VStG oder auch nur einen Bevollmächtigten im Sinne des § 31 Abs 2 ASchG bestellt zu haben (vgl hiezu näher das Erk des VwGH vom 21.10.1993, Zlen 93/02/0220 bis 0224).

Der Bw brachte im erstinstanzlichen Verfahren vor, auf der gegenständlichen Baustelle sei Herr T als Vorarbeiter eingesetzt und mit der ordnungsgemäßen Durchführung der Bauarbeiten - auch des Arbeitnehmerschutzes - beauftragt gewesen. Dieser sei in seinem Unternehmen als zuverlässig bekannt (seit 1964 bei ihm beschäftigt) und habe nie Anlaß zu groben Beanstandungen gegeben. Auch sei er regelmäßig in Fragen des Arbeitnehmerschutzes unterwiesen worden. Zuletzt habe Herr T im Jänner 1993 eine Übersicht des Arbeitnehmerschutzes erhalten. Dazu ist zu bemerken, daß die Erteilung von Anweisungen an einen verläßlichen Arbeitnehmer selbst dann, wenn von diesem die anstandslose Besorgung der ihm übertragenen

Obliegenheiten erwartet werden kann, zu der dem Bw angesichts der Wertung der ihm zur Last gelegten Tat als Ungehorsamsdelikt gemäß § 5 Abs 1 VStG obliegenden Glaubhaftmachung seines mangelnden Verschuldens nicht ausreicht; der Bw hätte vielmehr auch dartun müssen, daß er für die wirksame Überwachung der Einhaltung seiner Anweisungen gesorgt hat (vgl das Erk des VwGH vom 18.6.1990, Zl 90/19/0185). Dem hat er jedoch nicht entsprochen: Der Bw hat mit seinem Vorbringen im Verwaltungsstrafverfahren weder behauptet noch unter Beweis gestellt, daß er Maßnahmen getroffen habe, um die Einhaltung der von ihm erteilten Anordnungen und Weisungen zwecks Beachtung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu gewährleisten, insbesondere welche Kontrollen er eingerichtet, wie er sich laufend über die Einhaltung dieser Vorschriften informiert und welche wirksamen Schritte er für den Fall von ihm festgestellter Verstöße auf diesem Gebiet in Aussicht gestellt und unternommen habe, um derartigen Verstößen vorzubeugen (vgl das Erk des VwGH vom 8.10.1990, Zl 90/19/0099). Das bloße Verbot, keine Schalplatten für das Gerüst zu verwenden, (während der Zeuge H darauf hinwies, der Bw habe den Arbeitern öfters gesagt, keine Platten, sondern nur Pfosten fürs Gerüst zu verwenden, hat der Zeuge R ausgeführt, nicht gewußt zu haben, daß eine Schaltafel auf der Gerüstlage nicht liegen dürfe; weder Herr M noch Herr T hätten gesagt, daß diese nicht verwendet werden dürfe) ist für sich allein nämlich nicht geeignet, die Verletzung der Verwaltungsvorschriften zu verhindern. Dazu hätte es auch einer entsprechenden, wirksamen Kontrolle bedurft, deren Bestehen der Bw nicht einmal behauptet hat (siehe dazu das Erk des VwGH vom 8.9.1994, Zl 92/18/0051).

Der Bw hat in der Verhandlung darauf hingewiesen, am Dienstag vor dem

Unfall die Baustelle kontrolliert zu haben (an diesem Tag sei dort noch keine Abdeckung gewesen); auch am Donnerstag sei er auf der Baustelle gewesen, wobei dieser Besuch nur der Information des Poliers über die technische Durchführung im Inneren des Gebäudes gedient habe. Bei dieser Kontrolle am 7.10.1993 sei im Außenbereich des Daches - noch - nicht gearbeitet worden und sei der Aufzugsschacht wetterfest abgedeckt gewesen. Das Argument, im vorliegenden Fall sei eine Überprüfung der gegenständlichen Gerüstlage nicht möglich gewesen, da die Arbeiten im fraglichen Bereich erst nach der letzten Kontrolle begonnen worden seien und auch der Aufzugsschacht wetterfest abgedeckt gewesen sei, ist schon vom Ansatz her verfehlt. Um von einem den betrieblichen Erfordernissen angepaßten, wirksamen Kontrollsystem sprechen zu können, muß dieses unabhängig von der Dauer der Arbeiten (und deren Beginn und Ende) an einer bestimmten Baustelle bzw auf einem bestimmten Gerüst funktionieren, maW die Beachtung der Arbeitnehmerschutzvorschriften auch in Fällen lediglich kurzzeitiger Arbeiten gewährleisten (vgl das Erk des VwGH vom 15.4.1991, Zl 90/19/0501). In diesem Zusammenhang ist der Bw darauf hinzuweisen, daß laut Angabe des Zeugen R die - vom Bw erwähnte - Abdeckung jeden Tag am Abend hinauf- und zum Arbeitsbeginn in der Früh wieder hinuntergegeben wird. Dies entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, weil mit einer solchen Abdeckung der Innenbereich vor - in der Nacht allenfalls einsetzendem - Regen geschützt werden soll. Schließlich hat der Vorarbeiter T selbst zugestanden, daß eine Prüfung des Gerüstes, ob dieses den Arbeitnehmerschutzbestimmungen entspreche, bei ihnen nicht stattfinde. Der Bw hat diesbezüglich darauf hingewiesen, daß Herr T damit glaublich die Bockgerüste (bis zu einer Höhe von 2 m ohne Scheuchen) gemeint habe (vgl dazu § 32 BArbSchV und § 46 Abs 9 AAV).

Was das - durch nichts bewiesene - Vorbringen des Bw betrifft, Herr

M

sei wohl am Tattag "in benommenen Zustand" zur Arbeit erschienen (in der Berufung äußerte der Bw den Verdacht, daß Herr M in stark alkoholisiertem Zustand auf der Baustelle erschienen sei), so ist er darauf hinzuweisen, daß doch gerade die hier maßgebenden Arbeitnehmerschutzvorschriften, gegen die er verstoßen hat, eine solche, durch Leichtsinn des Arbeitnehmers hervorgerufene, gefährliche Situation und die daraus allenfalls resultierenden Folgen

hintanhalten sollen, wozu den Arbeitgeber die Pflicht zur Einrichtung

eines wirksamen Kontrollsystems zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften durch den Arbeitnehmer trifft (vgl das

Erk des VwGH vom 20.5.1994, Zl 94/02/0044).

Da sohin der Bw im Verfahren das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems nicht aufgezeigt hat, war ein Verschulden (in Form der Fahrlässigkeit) des Bw an der Verletzung der genannten Verwaltungsvorschriften anzunehmen.

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient

und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach

sich

gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Durch die angelastete Verwaltungsübertretung wurde das durch die Strafdrohung als schutzwürdig erkannte Interesse an der menschengerechten Gestaltung von Arbeitsplätzen erheblich gefährdet. Dazu gehört es nämlich auch, daß das Leben und die Gesundheit von Arbeitnehmern nicht dadurch gefährdet werden, daß die Bestimmungen über die sichere Gestaltung von Gerüstlagen mißachtet werden. Selbst wenn man zugunsten des Bw einen "kausalen Zusammenhang" zwischen der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung und dem tödlichen Arbeitsunfall verneint, so kann von einem geringen objektiven Unrechtsgehalt der Tat nicht die Rede sein (vgl das Erk des VwGH vom 20.5.1994, Zl 94/02/0006, 0007).

Das Ausmaß des Verschuldens konnte in Anbetracht der offensichtlichen

Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall objektiv gebotenen Sorgfalt, deren Beachtung dem Bw jedenfalls zuzumuten war und wozu er

- da nichts Gegenteiliges hervorkam - subjektiv auch befähigt war, nicht als gering gewertet werden.

Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ging der Unabhängige Verwaltungssenat Wien von den eigenen Angaben des Bw aus (verheiratet, Einkommen von S 32.000,-- netto/monatlich, sorgepflichtig für Gattin und Tochter, ein Viertelanteil am Einfamilienhaus in Wien).

Bei der Strafbemessung wurde (wie auch schon von der Erstbehörde) als

mildernd die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw gewertet.

Als besonders gravierender Erschwerungsgrund war jedoch zu werten, daß es im Zusammenhang mit dem festgestellten Verstoß gegen die BArbSchV zu einem schweren Arbeitsunfall (Tod des Arbeitnehmers M) gekommen ist (§ 19 Abs 2 VStG iVm § 32 Abs 3 StGB). Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe, den Unrechtsgehalt der Tat, das Verschulden des Bw sowie den bis S 50.000,-- reichenden gesetzlichen Strafsatz ist die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal im Verfahren keine weiteren Milderungsgründe hervorgekommen sind und die

verhängte Geldstrafe ohnedies lediglich 2/5 der zulässigen Höchststrafe beträgt.

Eine Herabsetzung der Strafe kam daher nicht in Betracht. Dies auch deshalb, weil eine mildere Strafe kaum geeignet wäre, den Bw von einer neuerlichen Tatwiederholung abzuhalten. Im übrigen ist die Höhe

der verhängten Strafe vom Bw selbst nicht bekämpft worden. Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens

stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG. Der Vollständigkeit halber sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat Wien zu folgendem Hinweis veranlaßt: Eine Zurückverweisung der Angelegenheit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Erstbehörde kommt von vornherein nicht in Betracht, weil der Unabhängige Verwaltungssenat nach dem VStG (vgl § 24 zweiter Satz leg cit, der die Anwendbarkeit des § 66 Abs 2 AVG im Verwaltungsstrafverfahren ausdrücklich ausschließt) nicht die rechtliche Möglichkeit hat, nach § 66 Abs 2 AVG vorzugehen (vgl das Erk des VwGH vom 23.2.1994, Zl 93/09/0383).

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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