TE UVS Burgenland 1995/07/21 02/01/95107

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.07.1995
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied

Dr Traxler über die Berufung des Herrn                  , geboren am

      , wohnhaft in                            , vertreten durch

Rechtsanwalt                  ,                , vom 12 06 1995,

gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 24 04 1995, Zl 300-7369-1992, wegen Bestrafung nach § 5 Abs 1 StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind S 2000,--, zu leisten.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber für schuldig erkannt, er habe am 06 08 1992 gegen 01 Uhr im Stadtgebiet von Neusiedl am See auf der B 51 auf Höhe des Hauses Untere Hauptstraße 132 den PKW           in Fahrtrichtung Weiden am See in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Er habe dadurch

§ 99 Abs 1 lit a) im Verein mit § 5 Abs 1 StVO 1960 verletzt. Es wurde über ihn eine Geldstrafe von S 10000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen) verhängt.

 

In der Berufung wird vorgebracht:

1. Da im angefochtenen Bescheid nicht die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bestehenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers berücksichtigt worden seien, sei die Strafbemessung rechtswidrig. Dies vor allem mit Rücksicht auf die mittlerweile bestehende Sorgepflicht für ein außereheliches Kind.

2. Der verwendete Alkomat sei nicht funktionsfähig gewesen, weil Meßergebnisse an den Tagen vor und nach der gegenständlichen Amtshandlung Abweichungen von mehr als 10 % ergeben hätten. Das Gerät

hätte daher nicht eingesetzt werden dürfen, ohne daß eine Wartung vorgenommen worden wäre.

3. Der Berufungswerber sei nicht über die Möglichkeit einer Blutabnahme belehrt worden. Vielmehr sei ihm von dem Gendarmeriebeamten gesagt worden, daß es seine Sache wäre, eine Blutabnahme durchzuführen. Dies führe zu einem Beweismittelverbot hinsichtlich des Alkomattestes.

Festzuhalten ist, daß dieses Vorbringen erstmals im Berufungsschriftsatz erstattet wird, obwohl der Berufungswerber im Verfahren erster Instanz insgesamt vier Stellungnahmen abgegeben hat.

4. Der Berufungswerber habe Schluckauf gehabt und flüssig aufgestoßen. Es hätte daher mit der Messung 15 Minuten zugewartet werden müssen.

Auch dieses Vorbringen ist erstmals im Berufungsschriftsatz enthalten.

5. Es habe extrem hohe Luftfeuchtigkeit geherrscht und hohe Außentemperaturen. Dies habe zu einer Beeinträchtigung des Meßergebnisses geführt. Diesbezüglich wird auf einen Artikel von Messiner in der Zeitschrift für Verkehrsrecht 1990, Seite 166 ff, verwiesen.

6. Der Alkomattest sei innerhalb der Resorptionsphase vorgenommen worden. Aus diesem Grunde werde daher das amtsärztliche Gutachten hinsichtlich des behaupteten Schlußtrunkes bekämpft.

7. Der Minuten nach Beendigung der Fahrt ermittelte Meßwert hätte auf

den Wert der Atemalkoholkonzentration im Zeitpunkt der Beendigung

der

Fahrt zurückgerechnet werden müssen.

8. Ganz allgemein wird vorgebracht, daß Testreihen zwischen Alkomatmessungen und Blutalkoholkonzentration völlig verschiedene Werte ergeben hätten.

9. Innerhalb der Resorptionsphase des Alkohols sei eine Meßung des Atemalkoholgehaltes nicht geeignet, Rückschlüsse auf die Atemalkoholkonzentration zuzulassen.

 

Hierüber hat der Verwaltungssenat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwogen:

 

Gemäß § 5 Abs 1 StVO darf derjenige, der sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder Lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als vom Alkohol beeinträchtigt.

 

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß der Berufungswerber am 06 08 1992 gegen 01 Uhr früh sein Kraftfahrzeug in Neusiedl am See im Bereich der Unteren Hauptstraße 132 gelenkt hat. Aus der Anzeige und den Zeugenaussagen der einschreitenden Gendarmeriebeamten ergibt sich, daß der Berufungswerber Symptome einer Alkoholisierung aufgewiesen hat. Auch hat der Berufungswerber vor den Gendarmeriebeamten zugegeben, am Vortag in der Zeit zwischen 20 30 Uhr bis 22 Uhr in der CSFR vier Krügel Bier genossen zu haben. Der Alkomattest wurde mit dem Atemalkoholmeßgerät der Bauart M 52052/A 15 (Alkomat) mit der Fabrikationsnummer A 09-187, dessen gültige Eichung für den Tatzeitraum nachgewiesen ist, durchgeführt. Das Meßergebnis von 01 04 Uhr weist einen Atemalkoholgehalt von 0,78 mg/l, jenes von 01 05 Uhr von 0,80 mg/l aus.

 

Wie die Gendarmeriebeamten weiters ausgesagt haben, wurde der Berufungswerber über die Vornahme des Alkotestes und die Möglichkeit einer Blutabnahme ausreichend belehrt. Der Test wurde anstandslos durchgeführt. Dabei konnte keine Anhaltung der Atmung, verlangsamtes Atmen oder ähnliches von den Gendarmeriebeamten wahrgenommen werden. Gleiches gilt für den im Berufungsschriftsatz erstmals erwähnten Schluckauf und das Aufstoßen.

Die Berufungsbehörde nimmt diesen Sachverhalt aufgrund der Aussagen der beteiligten Gendarmeriebeamten, die unter Wahrheitserinnerung und

im Bewußtsein der Strafdrohung des § 289 StGB getätigt wurden, als erwiesen an. Demgegenüber darf sich der Berufungswerber so verantworten, daß er straffrei geht, weshalb seiner Aussage ein geringerer Beweiswert zukommt und schon die innere Wahrscheinlichkeit

für die Richtigkeit der Zeugenaussagen spricht. Im übrigen hat der Berufungswerber die Frage der Lenkung und die Vornahme des Alkomattestes selbst nicht bestritten.

 

Gegen das zu Punkt 3 und 4 enthaltene Vorbringen spricht weiters, daß

es erstmals im Berufungsschriftsatz erstattet wurde, obwohl der Berufungswerber im Verfahren I Instanz einmal persönlich einvernommen wurde und er insgesamt vier Stellungnahmen abgegeben hat. Es widerspricht der Lebenserfahrung, daß der Berufungswerber die

erwähnten Behauptungen - wären sie zutreffend - nicht schon früher aufgestellt hätte (vgl VwGH vom 23 09 1994, Zahl 94/02/0264).

 

Das Ergebnis der Alkomatmessung wird im übrigen auch durch das Gutachten des medizinischen Sachverständigen anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung unterstützt, in dem dargetan wird, daß aus dem Verhalten des Berufungswerbers (unsichere Fahrweise, unsicherer Gang, veränderte Sprache) auf eine relevante Alkoholbeeinträchtigung zu schließen ist.

 

Zu den einzelnen Berufungsausführungen ist zu bemerken:

 

Zu Punkt 1.:

Diesbezüglich wird auf die Ausführungen zur Strafbemessung verwiesen.

 

Zu Punkt 2.:

Den Schluß, den der Berufungswerber auf die Funktionsunfähigkeit des Gerätes deshalb zieht, weil in den Tagen vor und nach der Amtshandlung Meßergebnisse, die eine mehr als 10 %-ige Abweichung ergeben hätten, aufgetreten sein sollen, kann die Berufungsbehörde nicht teilen. Dies deshalb, weil solche Abweichungen einfach erklärt werden können. So wird zum Beispiel auf Seite 3 der Bedienungsanleitung des Gerätes ausgeführt, daß durch

Doppelmessungen

Unregelmäßigkeiten, wie zum Beispiel eventuelles Aufstoßen erkannt werden können, da in so einem Fall die Ergebnisse der zwei Messungen erheblich voneinander abweichen (zweimaliges identes Aufstoßen ist auszuschließen). Allein diese Möglichkeit zeigt auf, daß ein Gerät, das voll funktionsfähig ist, aufgrund solcher Umstände durchaus verschiedene Meßergebnisse, die erheblich voneinander abweichen, erbringen kann. Daher liegt auch ein abgesichertes Untersuchungsergebnis nur dann vor, wenn zwei Messungen vorgenommen worden sind und die beiden Einzelmeßwerte innerhalb bestimmter Abweichungsgrenzen liegen. Diese sind für den verwaltungsinternen Gebrauch mit 10 % festgelegt, was auch von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anerkannt wird.

 

Dazu kommt, daß sich aus den Ausführungen von Steindl in der ZVR 10/1991 ergibt, daß bei einer Überprüfung von 108 Geräten im Zeitraum

Feber bis Juli 1990 durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen ein geringerer Meßfehler als + 0,02 mg/l aufgetreten

ist. Dies spricht für die Verläßlichkeit des Alkomaten. Abweichende Meßergebnisse sind, wie der medizinische Sachverständige ausgeführt hat, ausschließlich auf physiologische Gegebenheiten zurückzuführen, da es dem Menschen faktisch nicht möglich, bei jedem Atemzug in gleicher Weise zu atmen. Damit wird nicht bei jeder Messung ein identischer Atemalkoholgehalt durch Ausatmen erzielt, was abweichende

Meßergebnisse erklärt.

 

Insgesamt gesehen kann daher eine über 10 % betragende Meßdifferenz hinlänglich erklärt werden, ohne daß damit eine Funktionsunfähigkeit des Gerätes dargetan wird. Aus diesem Grunde war daher auch die beantragte Vorlage der Meßstatistik entbehrlich.

 

Auch ist darauf hinzuweisen, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 15 05 1990, Zl 90/02/0015) im Hinblick auf die im vorliegenden Fall gegebene Einhaltung der Eichvorschriften nicht davon auszugehen ist, daß die Messungen fehlerhaft sind. Zu bemerken ist auch, daß im vorliegenden Fall keine

über 10 % bestehende Meßdifferenz aufgetreten ist, weshalb die vorgenommenen Messungen zu Recht dem Strafverfahren zugrundegelegt werden konnten.

Da der Gesetzgeber von der Tauglichkeit des Alkomaten ausgeht (vergleiche VwGH vom 18 10 1989, Zl 89/02/0039) sieht die Berufungsbehörde keinerlei Veranlassung, im vorliegenden Fall, wo innerhalb der Toleranzgrenze ausgewiesene Meßwerte vorliegen, die Funktionsweise des Gerätes in Zweifel zu ziehen.

 

Zu Punkt 3.:

Was das Vorbringen über die mangelnde Belehrung der Möglichkeit einer

Blutabnahme anbelangt, ist darauf hinzuweisen, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 20 11 1991, Zl 91/03/0094) keine Verpflichtung der Straßenaufsichtsorgane besteht, den betreffenden Lenker auf die Möglichkeit einer Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Alkoholgehaltes aufmerksam zu machen. Im übrigen muß vom Inhaber einer Lenkerberechtigung gefordert werden, daß er die diesbezügliche Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung ausreichend kennt.

Mit Rücksicht auf die erwähnte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann daher im vorliegenden Fall auch nicht von einem Beweismittelverbot ausgegangen werden.

Dazu kommt, daß der Meldungsleger in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ausgesagt hat, daß er den Berufungswerber über die Möglichkeit einer Blutabnahme belehrt hat, dieser jedoch keine solche

verlangte.

 

Zu Punkt 4.:

Auch die Behauptung des Berufungswerbers, daß infolge Aufstoßens vor Durchführung des Testes ein Mundrestalkohol vorhanden gewesen sei, kann mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht durchdringen.

 

Der Alkomat hätte kein Meßergebnis geliefert, sondern RST angezeigt, wenn die Atemluft des Beschuldigten bei Durchführung des Testes durch den im Mund befindlichen Alkohol beeinträchtigt gewesen wäre. Daher wird mit diesem Vorbringen keine Verfälschung des Meßergebnisses dargetan (VwGH vom 25 03 1994, Zl 94/02/0086). Auch haben die Gendarmeriebeamten übereinstimmend angegeben, trotz Beobachtung des Berufungswerber anläßlich der Alkomatmessung ein solches Aufstoßen bzw Schluckauf nicht wahrgenommen zu haben. Dies deckt sich mit den Meßergebnissen, die sehr eng aneinander liegen.

 

Zu Punkt 5.:

Zum Vorbringen hinsichtlich der Luftfeuchtigkeit ist auf die Aussagen

des technischen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung hinzuweisen, wonach der Alkomat nach den Angaben des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen auch hinsichtlich eventueller Beeinflussung durch Luftfeuchtigkeit der Umgebungsluft geprüft wurde.

Das Geräte wurde hiebei Prüfungen bis zu 95 % Luftfeuchtigkeit unterzogen und konnten dabei keine Abweichungen festgestellt werden, die außerhalb der Eichfehlergrenze liegen.

 

Laut Mitteilung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik herrschte am 06 08 1992 um 01 00 Uhr in Neusiedl am See eine Lufttemperatur von 23 Grad und ein Dampfdruck von 15 hPa vor. Diesem Dampfdruck entspricht bei einer Temperatur von 23 Grad eine Feuchte bzw Luftfeuchtigkeit von 55 %. Eine Beeinflussung des Gerätes durch die Luftfeuchtigkeit ist somit auszuschließen.

 

Was die geltend gemachte Außentemperatur anbelangt, hat sich aus der Mitteilung der Zentralanstalt der Meterologie und Geodynamik ergeben,

daß am Tattag um 01 Uhr früh in Neusiedl am See eine Lufttemperatur von 23 Grad Celsius geherrscht hat, was noch weit unter dem Temperaturbereich liegt, ab dem die Einsatzfähigkeit des Gerätes aufgrund der Eichbestimmungen nicht mehr gewährleistet wäre.

 

Im übrigen handelt es sich bei dem vom Berufungswerber zitierten Artikel lediglich um einen Bericht über eine medizinische Tagung, in dem ganz beiläufig behauptet wird, daß Luftfeuchtigkeit einen Einfluß

auf den Alkomattest haben könnte. Eine nähere wissen- schaftliche Begründung bzw nähere Angaben hiefür sind in diesem Artikel nicht enthalten.

 

Weiters ist darauf hinzuweisen, daß die Betriebsanleitung des Alkomat

M 52052-A15 auf Seite zwei ausführt, daß abgesehen vom Trinkalkohol, der durch das Gerät ja gemessen wird, Einflüsse durch andere Stoffe, die der Mensch ausatmen könnte, praktisch ausgeschlossen sind. Hiezu muß auch der Feuchtigkeitsgehalt der Luft zählen, zumal die vom Menschen ausgeatmete Luft bekanntlich stark mit Wasser gesättigt ist.

Dazu kommt, daß die in den Alkomat geblasene Atemluft gar nicht mit der Umgebungsluft in Berührung kommt, zumal die in der Lunge enthaltene Luft sofort in das Gerät hineingeblasen wird. Auch dieser Gesichtspunkt spricht dafür, daß die Luftfeuchtigkeit keinerlei Einfluß auf das Meßergebnis hat.

 

Zu Punkt 6.:

Wenn der Berufungswerber vorbringt, daß er kurz vor Antritt der Fahrt

einen Schlußtrunk von einem Seidel Bier zu sich genommen habe, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Danach stellt ein auf die Einwirkung durch Alkohol zurückzuführende Fahruntüchtigkeit ohne Rücksicht auf die Höhe des Blutalkoholgehaltes und ohne Rücksicht auf den Alkoholgehalt der Atemluft eine Übertretung des § 5 Abs 1 StVO dar. Wird ein Sturztrunk oder Schlußtrunk behauptet und damit das Überschreiten des

gesetzlichen Grenzwertes im Zeitpunkt der Lenkung bekämpft, kann die Behörde wegen der besonders nachteiligen Auswirkungen der Anflutungsphase von einer Fahruntüchtigkeit infolge Alkoholbeeinträchtigung ausgeht. Dies entspricht dem Stand der medizinischen Wissenschaft. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß der Beschuldigte zur Tatzeit selbst dann, wenn zu diesem Zeitpunkt der vor Antritt der Fahrt genossene Alkohol noch nicht den zum Zeitpunkt der Atemluftuntersuchung festgestellten Wert erreicht hat, mit Rücksicht auf die nachteiligen Auswirkungen der Anflutungsphase zufolge Alkoholbeeinträchtigung fahruntüchtig war (VwGH vom 02 10 1991, Zl 91/03/0271). Es entspricht gesichterten wissenschaftlichen Erkenntnissen, daß sich gerade die sogenannte Anflutungsphase, also jener Zeitraum, während dessen der genossene Alkohol allmählich ins Blut übergeht, besonders nachteilig auf die Fahrtüchtigkeit auswirkt (VwGH vom 22 01 1988, Zl 87/18/0112). Bei einem Sturztrunk tritt die schädliche Wirkung des Alkohols auf die Fahrtüchtigkeit sofort, somit schon in der Anflutungsphase auf (VwGH vom 08 03 1989, Zl 89/03/0054). Die Rechtsprechung, wonach sich ein Sturztrunk kurz vor Fahrtantritt auf den Alkoholgehalt des Blutes und

der Atemluft erst nach einer gewissen Zeit auswirkt, die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit aber sofort eintritt, bezieht sich nicht bloß auf den Sturztrunk von großen Alkoholmengen. Hiefür genügt schon ein kleines Bier (VwGH vom 18 05 1994, Zl 94/03/0090). Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, daß der Schlußtrunk den Berufungswerber nicht entlasten kann.

Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß das Vorbringen hinsichtlich des Schlußtrunkes auch als reine Schutzbehauptung zu werten ist, zumal der Berufungswerber diesbezüglich vor der Gendarmerie keinerlei

Angaben getätigt hat. Der Schlußtrunk wurde erst nachträglich in der Stellungnahme vom 18 08 1992, nachdem der Berufungswerber mit seinem Rechtsvertreter bereits Kontakt aufgenommen hatte, vorgebracht. Maßgeblich für diese Annahme ist der Umstand, daß der Berufungswerber

seine Verantwortung so frei wählen darf, daß er straffrei ausgeht und

daher seiner Aussage ein geringerer Beweiswert als jener der Zeugen zukommt. Dazu kommt, daß es der Lebenserfahrung entspricht, daß bei der ersten Befragung wahrheitsgemäße Angaben gemacht werden. Im übrigen wäre bei Annahme eines Schlußtrunkes eine noch stärkere Alkoholisierung als durch das Meßergebnis ausgewiesen anzunehmen, da das Meßergebnis nur den resorbierten Alkohol angeben kann, nicht jedoch jenen, der die Anflutungsphase hervorgerufen hat.

 

Zu Punkt 7.:

Da zwischen der Fahrt und der Vornahme der Alkomatmessung nur ein kurzer Zeitraum (nach Angaben der Gendarmeriebeamten fünf Minuten) verstrichen ist, ist eine Rückrechnung des Wertes der Atemalkoholkonzentration auf den Zeitpunkt der Fahrt nicht erforderlich, weil selbst bei Annahme eines Zeitabstandes von einer halben Stunde aufgrund des Meßwertes von 0,78 mg/l keinesfalls ein Unterschreiten des gesetzlichen Grenzwertes von 0,4 mg/l zu erwarten ist.

 

Zu Punkt 8.:

Auf dieses bloß allgemein gehaltene Vorbringen, mit dem die Funktionsuntüchtigkeit des Alkomat dargetan werden soll, braucht deshalb nicht eingegangen werden, weil es im konkreten Einzelfall nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur um konkrete Meßmängel, nicht um allgemeine Behauptungen gehen kann.

 

Zu Punkt 9.:

Diesbezüglich darf auf die Ausführungen zu Punkt 6 und 7 sowie auf den Umstand verwiesen werden, daß in dieser Phase nur der bereits resorbierte Alkohol gemessen wird. Nochmals ist zu bemerken, daß es bei Annahme des Anflutungsphänomens nicht um den Blutalkoholwert, sondern um die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit geht. Dies ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine solche Fahruntüchtigkeit ist aber auch - und gerade - in der Resorptionsphase besonders gegeben.

Da der Gesetzgeber bei der Annahme einer Alkoholisierung gemäß § 5 Abs 1 StVO sowohl vom Blutalkoholgehalt als auch vom Atemalkoholgehalt - jeweils für sich - ausgeht, ist eine Rückrechnung

des Atemalkoholwertes auf den Blutalkoholwert nicht notwendig. Für die Annahme der Alkoholisierung reicht bereits der gemessene Atemalkoholwert aus. Auf die auf Seite 8 und 9 des Berufungsschriftsatzes aufgeworfenen Fragen betreffend die Beziehung zwischen Blutalkohol- und Atemalkoholgehalt braucht daher nicht eingegangen werden.

 

Insgesamt gesehen kann daher das umfangreiche Vorbringen den Berufungswerber nicht entlasten, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Der Berufungswerber hat mit Schreiben vom 06 07 1995 vorgebracht, daß

er am Verhandlungstag Dienst als Operationsgehilfe habe und es wegen der Urlaubszeit nicht möglich sei, den Dienst zu tauschen, zumal zwei

Kollegen auf Urlaub seien. Dazu ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntis vom 26 05 1993, Zl 93/03/0099) zu

verweisen, wonach berufliche Verhinderung bei rechtzeitiger Ladung keine ausreichende Entschuldigung für das Nichterscheinen darstellt. Da die Ladung zur Verhandlung vom 19 07 1995 dem Berufungswerber bereits am 22 06 1995, also fast vier Wochen vor dem Verhandlungstermin zugestellt wurde, wäre es dem Berufungswerber zuzumuten gewesen, für einen Diensttausch Sorge zu tragen. Daß ihm ein Diensttausch bzw eine Berücksichtigung des Verhandlungstermines bei der Diensteinteilung trotz rechtzeitiger Ladung nicht möglich war, hat der Berufungswerber nicht bewiesen (vergleiche das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes).

 

Dem Vertagungsantrag bzw dem Antrag, eine weitere Verhandlung zwecks Einvernahme des Berufungswerbers anzuberaumen, war daher nicht zu entsprechen.

Bemerkt wird, daß das gesamte Verhalten des Berufungswerbers im vorliegenden Verfahren vom Bemühen gekennzeichnet ist, das Verfahren mit Rücksicht auf die drohende Verjährung zu verschleppen. Dies zeigt

sich im gegenständlichen Vertagungsantrag sowie im seinerzeitigen Antrag auf Verfahrenshilfe.

 

Zur Strafbemessung:

 

Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das an der Verkehrssicherheit bestehende Interesse, dem die Strafdrohung dient. Stellt doch das Lenken eines Fahrzeuges im alkoholisierten Zustand mit der damit verbundenen Beeinträchtigung der Verkehrstüchtigkeit ein gravierendes Delikt dar.

 

Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann selbst bei Fehlen sonstiger

nachteiliger Folgen nicht als gering angesehen werden.

 

Daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen

und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden.

 

Bei der Strafbemessung war entgegen der Annahme der Behörde erster Instanz der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen, da die einschlägige Vorstrafe mittlerweile als getilgt anzusehen ist. Erschwerend war hingegen das beträchtliche Ausmaß der Überschreitung des gesetzlichen Grenzwertes um fast das Doppelte zu werten.

 

Gleichzeitig  war auf  die  Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers Bedacht zu nehmen (Einkommen: S 16000,-- netto monatlich; Vermögen: Darlehensschulden in der Höhe von S 148000,--; Sorgepflichten: für ein Kind). Entgegen der Annahme des Berufungswerbers kann allein die Sorgepflicht für das Kind deshalb nicht zu einer Herabsetzung der Strafe führen, weil selbst ungünstige persönliche Verhältnisse nicht schon einen Anspruch auf Verhängung der Mindeststrafe bewirken, zumal

§ 19 VStG nicht ausschließlich auf diese Umstände abstellt (VwGH vom 15 05 1991, Zl 90/02/0204). Dazu kommt, daß die Behörde erster Instanz von einem Nettoeinkommen von S 14000,-- monatlich ausging. Tatsächlich beträgt das derzeitige Nettoeinkommen des Berufungswerbers nach seinem Vorbringen S 16000,--. Selbst bei Abzug der monatlichen Zahlungsverpflichtung für das Kind von S 2.500,-- bleibt daher das dem Berufungswerber zur Verfügung stehende Nettoeinkommen ungefähr in der Höhe, wie es die Behörde erster Instanz angenommen hat.

 

Unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafsatz, den Unrechtsgehalt

der Tat und das Verschulden des Berufungswerbers ist die verhängte Strafe auch bei Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse und des Milderungsgrundes als angemessen anzusehen, zumal sie im unteren Bereich des gesetzlichen Strafsatzes liegt. Dies vor allem mit Rücksicht auf den Umstand, daß die Berufungsbehörde der Meinung ist, daß eine Strafe geeignet sein muß, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten. Dies gilt besonders für Alkoholdelikte, zumal

beim Verwaltungssenat noch eine zweite Bestrafung wegen Übertretung des § 5 Abs 1 StVO durch den Berufungswerber anhängig ist.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Alkomat, Tauglichkeit, keine Beeinflussung durch Luftfeuchtigkeit, Meßdifferenz physiologisch erklärbar
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten