TE UVS Tirol 1995/08/08 20/133-2/1995

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Veröffentlicht am 08.08.1995
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Spruch

Gemäß §66 Abs4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm §§24, 51 Abs1 und 51e Abs2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Text

Begründung

Im angefochtenen Bescheid, mit welchem zur Sicherung der Strafe des Verfalls drei näher bezeichnete Kaschmirteppiche in Beschlag genommen wurden, ist in Bezug auf die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung folgendes festgehalten:

 

"Sie haben am 1.6.1995 gegen 13.00 Uhr in K Herrn B F 3 Kaschmir-Teppiche in verschiedenen Größen zu einem Preis von S 15.000,-- zum Kauf angeboten und haben dadurch das Feilbieten von Ort zu Ort und von Haus zu Haus entgegen den Bestimmungen der §§53 oder 53a GewO 1994 ausgeübt; Verwaltungsübertretungen nach §367 Z 18 GewO 1994"

 

In der Bescheidbegründung wird folgendes ausgeführt:

 

"Herr Sch hat am 1.6.1995 gegen 13.00 Uhr in K, Herrn B F drei Kaschmir-Teppiche in verschiedenen Größen zu einem Preis von S 15.000,-- zum Kauf angeboten und er hat dadurch das Feilbieten von Ort zu Ort und von Haus zu Haus entgegen den Bestimmungen der §§53 GewO 1994 ausgeübt. Der Beanstandete verfügte über keine Gewerbeberechtigung für das Feilbieten im Umherziehen, sondern war lediglich im Besitze einer Reisegewerbekarte, ausgest. vom Landratsamt München, Nr. 21/93, die in Österreich keine Gültigkeit hat. Da gemäß §369 GewO 1994 bei einer derart unbefugten Tätigkeit der Verfall von Waren als Strafe vorgesehen ist und der Verdacht einer Fortsetzung der unbefugten Tätigkeit gegeben erschien, war zur Sicherung des Verfalles die Beschlagnahme der Waren auszusprechen."

 

Mit Schreiben vom 8.6.1995, welches als Berufung gegen den Beschlagnahmebescheid anzusehen ist, wurde seitens des Rechtsvertreters die sofortige Freigabe der beschlagnahmten Gegenstände, andernfalls eine sofortige richterliche Entscheidung über die Beschlagnahme beantragt. In der Begründung wird seitens des Rechtsvertreters des Berufungswerbers ausgeführt, daß am 1.2.1995 seitens des Gendarmeriepostens Kufsteins drei Teppiche seines Mandanten, die dieser im Rahmen seiner Gewerbeausübung als fahrender Händler, wozu er auch einen entsprechenden Gewerbeschein besitze, welchen er auch vorgelegt habe, beschlagnahmt worden sei. Sein Mandant sei davon ausgegangen, daß nachdem inzwischen auch Österreich der EG beigetreten sei, seine Händlerzulassung auch in den der EG beigetretenen Ländern gültig sei. Diese Ansicht werde im übrigen auch seitens des Rechtsvertreters geteilt. Sollte dies allerdings nicht der Fall sein, so habe sein Mandant dies nicht erkannt und habe dies auch aufgrund der Umstände nicht erkennen können.

 

Mit einem Schreiben vom 19.6.1995 erklärte der Rechtsvertreter des Berufungswerbers dezidiert, daß er gegen den Bescheid vom 6.6.1995 über die Beschlagnahme von drei Kaschmirteppichen das Rechtsmittel der Berufung einlege und insoweit richterliche Entscheidung beantrage. In Ergänzung zu seinem bisherigem Vorbringen machte der Rechtsvertreter des Berufungswerbers geltend, daß jene Vorschrift, auf welche sich die Beschlagnahme stütze, aus der Gewerbeordnung 1994 stamme, die somit vor dem Beitritt Österreichs zur EG erlassen worden sei und von der anzunehmen sei, daß sie die EGrechtlichen Auswirkungen noch nicht beinhalte, sodaß die Beschlagnahme und die beabsichtigte Einziehung der Teppiche für unzulässig und nicht mit EG-Recht vereinbar angesehen werden.

 

Der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über die gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:

 

§39 Abs1 VStG hat folgenden Wortlaut:

 

"Liegt der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vor, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, so kann die Behörde zur Sicherung des Verfalles die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen."

 

Die Beschlagnahme nach §39 Abs1 VStG setzt somit einerseits voraus, daß der Verdacht einer Verwaltungsübertretung gegeben ist und andererseits der Verfall von Gegenständen bei Strafe vorgesehen ist.

 

Gemäß §369 GewO 1994 kann die Strafe des Verfalles von Waren ausgesprochen werden, wenn diese Gegenstände mit einer Verwaltungsübertretung nach §366 oder nach §367 Z15, 16, 17, 18, 19 oder 20 im Zusammenhang stehen.

 

Gemäß §367 Z18 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen, wer das den Bestimmungen der §§53 oder 53a unterliegende Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort und von Haus zu Haus entgegen den Bestimmungen der §§53 oder 53a ausübt, wenn nicht der Tatbestand des §366 Abs1 Z 1 oder den Tatbestand des §368 Z 6 oder der Tatbestand des §368 Z 7 gegeben ist.

 

Im §53 GewO 1994 sind die Voraussetzungen, unter denen das Feilbieten im Umherziehen ausgeübt werden darf, näher erläutert (§53a betrifft Bäcker, Fleischer und Lebensmittelhändler).

 

§53 GewO sieht vor, daß das Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus - abgesehen von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen - einer Bewilligung der Gemeinde, die nur unter eingeschränkten Voraussetzungen erteilt wird, ausgeübt werden darf.

 

Aus vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß im gegenständlichen Fall das für die Beschlagnahme erforderliche Tatbildmerkmal "Verdacht einer Verwaltungsübertretung" erfüllt ist. Was die seitens des Rechtsvertreters vorgebrachten Einwendungen betrifft, beziehen sich diese lediglich auf die Frage des Verschuldens. Diesbezüglich sei dem Berufungswerber zunächst entgegengehalten, daß er bei der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit in Österreich gehalten ist, sich mit den einschlägigen österreichischen Bestimmungen vertraut zu machen. Der vom Berufungswerber erhobene Einwand, er sei aufgrund des am 1.1.1995 erfolgten Beitritts Österreichs zur EU davon ausgegangen, er sei auch in Österreich zum Feilbieten (von Teppichen) zum Umherziehen berechtigt, ist daher nicht geeignet, das Nichtvorliegen des Verdachtes einer mit Verfall bedrohten Übertretung darzutun. Die Übertretung muß nicht erwiesen sein, da in einem solchen Fall bereits der Verfall ausgesprochen werden kann (VwGH vom 21.6.1989, Zl. 89/03/0172).

 

Daß in bezug auf das dem Berufungswerber vorgeworfene Delikt, die Strafe des Verfalls vorgesehen ist, wurde bereits oben ausgeführt. Es liegen daher im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für die Vornahme einer Beschlagnahme hinsichtlich der drei Kaschmirteppiche vor.

 

Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, daß die GewO 1994 auch nach Österreichs Beitritt zur EU am 1.1.1995 in Geltung steht und als die für die gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten maßgebliche Rechtsvorschrift anzusehen ist.

 

Weiters wird darauf hingewiesen, daß die gegenständliche Beschlagnahme zur Sicherung der Strafe des Verfalls erfolgte und erst mit einem weiteren Bescheid darüber entschieden wird, ob tatsächlich der Verfall in Bezug auf die drei Kaschmir-Teppiche ausgesprochen wird oder nicht.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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