TE UVS Wien 1995/10/03 04/20/835/94

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Veröffentlicht am 03.10.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Schopf über die Berufung der Frau Sylvia L, vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4./5. Bezirk, vom 26.8.1994, Zl: MBA 4/5 -S 5107/94, wegen Übertretung des § 368 Z 16 der GewO 1973, iVm 1) § 85 Z 23 d MarktO d Stadt Wien v 15.7.1991, 2) a) u

b) § 85 Z 33 iVm § 73 Abs 2 Z 3 d MarktO d Stadt Wien v 15.7.1991,

3) § 85 Z 10 iVm § 61 Abs 4 d MarktO d Stadt Wien v 15.7.1991 sowie d Bescheides v 11.1.1988; MA 59-10680/84, 4) § 85 Z 34 u 36 iVm § 74 Abs 1 und 3 d MarktO d Stadt Wien v 15.7.1991 entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Zif 3 VStG eingestellt.

Die Berufungswerberin hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:

"Sie sind als gewerberechtliche Geschäftsführerin der C-Gesellschaft mbH für den Lebensmittelkleinhandel in Wien, N-markt dafür verantwortlich, daß

1) 28.3.1994 bis 21.4.1994 in Wien, N-markt Waren, nämlich Reis und Speisenatron, feilgehalten und verkauft wurden, zu deren Verkauf die Gesellschaft auf Grund der Marktzuweisung nicht berechtigt ist,

2) a) die Anordnungen des Leiters der Marktamtsabteilung 4.-7. Bezirk vom 28.3.1994 und vom 30.3.1994 den Verkauf dieser Waren einzustellen (ausdrückliche Untersagung) bis 21.4.1994 nicht befolgt wurden und

b) dessen Anordnung vom 16.3.1994 die Markstände 606 und 619 entsprechend zu reinigen bis 21.4.1994 nicht befolgt wurde,

3) am 21.4.1994 im Stand Nr 606 entgegen der im Zuweisungsbescheid erteilten Auflage, verdorbene oder ungenießbare Lebensmittel und Abfälle in einem entsprechenden und verschließbaren Behälter zu sammeln, Obst- und Gemüseabfälle in erheblichem Ausmaß in Steigen und am Boden des Marktstandes deponiert wurden,

4) am 16.4.1994 die nicht zugewiesene Marktfläche (Gehweg) unmittelbar beim Marktplatz Nr 600 durch wahllos hingeworfene Holzkisten, Pappkartons, Kunststoffbehältnissen, Verpackungsmaterialien, Obst- und Gemüseabfälle im Ausmaß von 2 m2 verstellt und verunreinigt wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 368 Z 16 der Gewerbeordnung 1973, in Verbindung mit ad) 1) § 85 Z 23 der Marktordnung der Stadt Wien vom 15.7.1991 ad 2) a) und b)

§ 85 Z 33 iVm § 73 Abs 2 Z 3 der Marktordnung der Stadt Wien vom 15.7.1991

ad 3) § 85 Z 10 iVm § 61 Abs 4 der Marktordnung der Stadt Wien vom 15.7.1991 sowie des Bescheides vom 11.1.1988 MA 59-10680/84, ad 4) § 85 Z 34 und 36 iVm § 74 Abs 1 und 3 der Marktordnung der Stadt Wien vom 15.7.1991

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafen von Schilling ad 1) 3.000,--, ad 2) je 2.000,--, ad 3) 3.000,-- und ad 4) 2.000,-- zusammen 12.000,--, falls diese uneinbringlich sind, Ersatzfreiheitsstrafen von ad 1) 3 Tagen, ad

2) je 2 Tagen, ad 3) 3 Tagen und ad 4) 2 Tagen zusammen 12 Tagen gemäß § 368 Einleitungssatz der GewO 1973.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

Schilling 1.200,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 13.200,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Innerhalb offener Frist erhob die Beschuldigte gegen dieses Straferkenntnis eine Berufung, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, die Zurückverweisung an die Behörde erster Instanz zur neuerlichen Erkenntnisfällung nach durchgeführter Verfahrensergänzung, in eventu die Abänderung des angefochtenen Straferkenntnisses dahingehend, daß das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 VStG eingestellt werde, beantragt wurde.

Ohne auf die Berufungsgründe näher einzugehen, war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

Gemäß § 1 Wiener Marktordnung gilt diese für alle in Wien abgehaltenen Märkte und Gelegenheitsmärkte mit der Ausnahme der Viehmärkte.

Bei dem Wiener N-markt handelt es sich um einen ständigen Detailmarkt nach § 6 Abs 1 Ziffer 6, welcher an Werktagen abgehalten wird. Als Marktzeiten gelten für diesen Markt gemäß Abs 2 Ziffer 3 dieser Bestimmung Montag bis Freitag von 6.00 - 18.30 Uhr, Samstag von 6.00 - 17.00 Uhr.

Gemäß § 85 Marktordnung begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach den Bestimmungen des 5. Hauptstückes der Gewerbeordnung 1973 zu bestrafen, wer

Z 10 gemäß § 61 Abs 4 erteilte Auflagen nicht einhält, Z 23 entgegen § 68 Ziffer 2 Waren feilhält oder verkauft oder Dienstleistungen anbietet oder erbringt, die nicht im Umfang der Zuweisung oder in dem im Bestandvertrag vereinbarten Umfang enthalten sind, Z 33 entgegen § 73 Abs 2 Ziffer 3 Anordnungen nicht befolgt, Z 34 entgegen § 74 Abs 1 Marktflächen verstellt und Z 36 entgegen § 74 Abs 3 Marktflächen verunreinigt. Gemäß § 44a Ziffer 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Um den Erfordernissen der zuletzt genannten Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung der Tat (zB nach Ort und ZEIT) unverwechselbar feststeht (vgl VwGH verst Sen vom 13. Juni 1984, Slg NF Nr 11466/A). Nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z 1 VStG genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erkennen läßt. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein (vgl VwGH vom 28. März 1989, Zl 88/04/0246).

Im vorliegenden Fall ist unter Bedachtnahme der vorzitierten Bestimmungen der Wiener Marktordnung die als erwiesen angenommene Tat durch die Angabe der Uhrzeit zu konkretisieren, da ohne Feststellung der genauen Tatzeit die Rechtswidrigekeit des der Berufungswerberin zur Last gelegten Verhaltens nicht festgestellt werden kann. Dies deshalb, da nicht in dem gesamten von der Behörde erster Instanz angelasteten Zeitraum Marktzeit ist und sich das verwaltungsstrafrechtlich relevante Verhalten der Berufungswerberin somit nicht auf den ganzen Tag beziehen kann. Im übrigen sei festgestellt, daß eine Konkretisierung, wie sie im gegenständlichen Fall erforderlich gewesen wäre, durchaus möglich gewesen wäre, sind doch in den Anzeigen die entsprechenden Tatzeitpunkte enthalten, doch erfolgte eine rechtzeitige Anlastung mit den von der Behörde erster Instanz gesetzten Verfolgungshandlungen (Strafverfügung vom 1.6.1994 und Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 3.8.1994) nicht. Da eine diesbezügliche Anlastung seitens der Behörde erster Instanz nicht vorgenommen wurde, kam auch eine Konkretisierung durch die Berufungsbehörde nicht in Betracht (siehe zur Frage der Anlastung hinsichtlich der Tatzeit VwGH vom 20.10.1992, 90/04/0357).

Darüberhinaus sei aber auf folgendes hingewiesen:

Hinsichtlich Punkt 1) ergibt sich aus dem gesamten Ermittlungsergebnis der Behörde erster Instanz nicht, welchen Umfang die Zuweisung hatte, ob es sich um eine tageweise Zuweisung gemäß § 43 oder um eine Zuweisung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit gemäß § 45 Marktordnung handelte und somit, ob der von der Anzeige erhobene Vorwurf, die Berufungswerberin habe es zu verantworten, daß durch Verkauf bestimmter Waren eine Handlung vorgenommen wurde, die durch die Marktzuweisung nicht gedeckt sei, berechtigt war.

Hinsichtlich Punkt 2) ist festzustellen, daß nach § 73 Abs 1 die Marktaufsichtsorgane berechtigt sind, den im § 72 genannten Personen (Marktparteien, ihre mittätigen Familienangehörigen und ihre Dienstnehmer) marktpolizeiliche Anordnungen zur ordnungsgemäßen Abwicklung des Marktbetriebes zu erteilen (Ziffer 6). Gemäß Abs 2 sind die Marktparteien verpflichtet, die in Abs 1 Ziffer 6 genannten Anordnungen zu befolgen (Ziffer 3). Hier wurde es seitens der Behörde erster Instanz unterlassen, in der Anlastung des gegenständlichen Straferkenntnisses festzuhalten, daß seitens einer Marktpartei Anordnungen eines Marktaufsichtsorganes nicht befolgt wurden. Daß der Leiter der Marktamtsabteilung tatsächlich Marktaufsichtsorgan im Sinne der Marktordnung ist, wurde seitens der Behörde weder näher geprüft noch ausdrücklich festgestellt.

Im übrigen wurde seitens der Behörde erster Instanz auch nicht festgestellt, an wen konkret die Anordnung erging.

Darüberhinaus wäre zu prüfen, ob das Mißachten einer Anordnung dann gesondert gestraft werden kann, wenn dieses Verhalten bereits nach einer anderen Bestimmung unter einer strafrechtlichen Sanktion steht, im vorliegenden Fall sogar zu den Punkten 1) und

3) ausdrücklich gestraft wurde.

Hinsichtlich Punkt 3) ist festzustellen, daß es sich nach der Anzeige nicht um eine Übertretung des § 85 Ziffer 10 iVm § 61 Abs 4 Wiener Marktordnung, sondern um eine Übertretung des § 85 Ziffer 4 iVm § 45 Abs 3 Ziffer 1 Wiener Marktordnung handelt. Nach der Anzeige vom 22.4.1994 wurde diese Auflage nämlich im Zuweisungsbescheid, Zl MA 59-10680/87, vom 11.1.1988, erteilt. Es handelt sich somit um die Mißachtung einer mit dem Zuweisungsbescheid erteilten Auflage und nicht um die Mißachtung einer Auflage, die im Zusammenhang mit einer Bewilligung für Errichtung oder wesentliche Änderung von standfesten Bauten, die Aufstellung eines Verkaufswagens, die Aufstellung einer Verkaufskoje oder eine Änderung des äußeren Erscheinungsbildes an standfesten Bauten, Verkaufswagen oder Verkaufskojen bzw die Herstellung von technischen Anlagen in standfesten Bauten für die Verwendung von Geräten zur Inanspruchnahme der Versorgung mit Gas, Elektrizität, Wasser und der Entsorgung der Abwässer bzw dem Betrieb von Flüssiggasanlagen unter Lagerung von Flüssiggasbehältern erteilt wurde.

Da bereits aus dem zu Beginn dieses Bescheides genannten Grund spruchgemäß zu entscheiden war, ist eine nähere Auseinandersetzung mit diesen Fragen aber nicht mehr erforderlich.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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