TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/20 90/04/0357

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Veröffentlicht am 20.10.1992
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Index

L71062 Marktordnungen Kärnten;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §331;
GewO 1973 §368 Z16 idF 1988/399;
MO Villach 1979 §10;
MO Villach 1979 §2 Abs2;
MO Villach 1979 §30 Z1;
MO Villach 1979 §4 Abs1;
MO Villach 1979 §4 Abs3;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des Dr. D, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 9. November 1990, Zl. Gew 1701/1/90, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 9. November 1990 wurde der Beschwerdeführer - in diesbezüglicher Bestätigung des Straferkenntnisses vom 1. Oktober 1990 - schuldig erkannt, er habe, wie von einem Organ des Marktamtes festgestellt worden sei, am 7. April 1990 mit seinem Pkw, Kennzeichen K nnn.nnn, im Marktgebiet ohne Zuweisung einen Marktstandplatz belegt. Der Beschwerdeführer habe dadurch die Rechtsvorschriften des § 30 Abs. 1 der Marktordnung der Stadt Villach vom 23. November 1979 in Verbindung mit § 368 Z. 16 GewO 1973 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von S 300,-- (Ersatzarreststrafe acht Stunden) verhängt wurde.

Zur Begründung wurde - nach Darlegung des Berufungsvorbringens - unter anderem ausgeführt, die Gemeinde habe gemäß § 331 GewO 1973 eine Marktordnung zu erlassen, deren Inhalt in der vorzitierten Gesetzesstelle geregelt werde. Die Formulierung dieser Gesetzesstelle lasse erkennen, daß neben die als essentielle Bestandteile einer Marktordnung geltenden Bestimmungen auch solche treten könnten, die nach den jeweiligen Gegebenheiten in einer Gemeinde als unbedingt notwendig erachtet würden. Dabei habe die Marktordnung bestimmten Interessen Rechnung zu tragen, entsprechende Vorkehrungen für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit zu treffen und auch auf den ungestörten Straßenverkehr Bedacht zu nehmen (§ 331 Abs. 3). Demzufolge könne die Marktordnung auch Bestimmungen über den Verkehr auf dem Marktgelände während des Marktes enthalten. Handle es sich um einen Markt, der auf einer öffentlichen Verkehrsfläche abgehalten werde, so gelte während der Dauer des Marktes nicht die StVO. Demgemäß normiere § 30 Abs. 1 der Marktordnung der Stadt Villach, daß eine Verwaltungsübertretung, welche im Sinne des § 368 Z. 16 GewO 1973 zu ahnden sei, derjenige begehe, der einen Marktplatz oder eine Markteinrichtung ohne Zuweisung benützt. Aus dieser Bestimmung ergebe sich, daß - entgegen der Ansicht des Berufungswerbers - dieser auch als nicht Marktteilnehmer dem Geltungsbereich dieser Norm unterliege. Demgemäß sei der Einwand des Berufungswerbers, daß er nicht die Absicht gehabt hätte, Waren feilzubieten und zu verkaufen, völlig irrelevant. Ebenso sei auf den Einwand des Berufungswerbers, daß dieser seinen Pkw bereits am Vortag des Marktes auf dem Marktplatz abgestellt habe, nicht näher einzugehen gewesen, da am 7. April 1990, einem Samstag, der Wochenmarkt abgehalten worden sei und der Berufungswerber seinen Pkw eben zu diesem vorgenannten Zeitpunkt der Abhaltung des Marktes noch immer auf der Marktfläche stehen gehabt und diese damit unbefugt benutzt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Der Beschwerdeführer bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, offensichtlich werde er bestraft, weil er die nach § 331 GewO 1973 erlassene Marktordnung nicht eingehalten habe. Im § 324 Abs. 1 GewO 1973 sei festgeschrieben, daß unter einem Markt eine Veranstaltung zu verstehen sei, bei der von jedermann Waren feilgeboten und verkauft werden dürften. Nichts dergleichen habe er beim Abstellen seines Pkws im Sinne gehabt, auch nicht als der Markttermin gekommen sei. § 30 Abs. 1 der Marktordnung der Stadt Villach könne rechtlich nur ein Ausfluß aus § 330 und der Verordnungsermächtigung nach § 331 Abs. 1 GewO 1973 sein, der die Inanspruchnahme der Veranstaltung nach § 324 Abs. 1 näher regle. Diese Umstände träfen auf ihn nicht zu. Die Strafbestimmung des § 368 Z. 16 GewO 1973 sei daher ebenfalls nur auf Veranstaltungsteilnehmer im Sinne des § 324 Abs. 1 anzuwenden. Für seine gegenständliche Bestrafung fehle die Rechtsgrundlage.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht:

Nach § 368 Z. 16 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 15.000,-- zu bestrafen ist, wer die gemäß § 326 erlassenen Verordnungen über das Verbot des Feilhaltens bestimmter Waren auf Märkten oder die gemäß § 331 erlassenen Marktordnungen nicht einhält.

Mit Verordnung des Gemeinderates der Stadt Villach vom 23. November 1979 wurde gemäß § 330 Abs. 2, §§ 331 und 337 der Gewerbeordnung 1973 iVm § 12 (1) des Villacher Stadtrechtes eine Marktordnung für die Stadt Villach erlassen, die sämtliche Marktveranstaltungen der Stadt Villach einschließlich der Gelegenheitsmärkte ("Quasimärkte") gemäß § 325 GewO 1973 regelt.

Nach § 30 Z. 1 Villacher Marktordnung begeht eine Verwaltungsübertretung und ist im Sinne des § 368 Z. 16 GewO 1973 mit Geldstrafe zu belegen, wer einen Marktplatz oder eine Markteinrichtung ohne Zuweisung BEZIEHT oder BENÜTZT.

Nach § 2 Abs. 1 Villacher Marktordnung findet jeden Mittwoch und Samstag der Wochenmarkt am Burgplatz und in der Markthalle statt. ...

Gemäß § 4 Abs. 1 darf auf den im § 2 Abs. 1 angeführten Märkten feilgehalten und verkauft bzw. verabreicht und ausgeschenkt werden: In der Zeit von 1. Mai bis 31. Oktober von 06.00 bis 13.00 Uhr und in der Zeit von 1. November bis 30. April von 07.00 bis 13.00 Uhr. Dabei dürfen auf den Wochenmärkten die Marktplätze frühestens 30 Minuten vor Marktbeginn bezogen werden und sind spätestens 30 Minuten nach dessen Ende geräumt und gereinigt zu verlassen (§ 4 Abs. 3 Villacher Marktordnung).

Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Um den Erfordernissen der zuletzt genannten Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat (z.B. nach Ort und ZEIT) unverwechselbar feststeht (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11466/A). Nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z. 1 VStG genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erkennen läßt. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom 28. März 1989, Zl. 88/04/0246).

Im vorliegenden Fall ist daher unter Bedachtnahme auf § 4 Abs. 1 und Abs. 3 der Villacher Marktordnung die als erwiesen angenommene Tat durch die Angabe der Uhrzeit zu konkretisieren, da ohne Feststellung der genauen Tatzeit die Rechtswidrigkeit des dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verhaltens nicht festgestellt werden kann. Marktzeit ist nämlich nach § 4 Abs. 1 nur in der Zeit von 06.00 Uhr bis 13.00 Uhr (bzw. von 07.00 Uhr bis 13.00 Uhr); bezogen dürfen die Marktplätze frühestens 30 Minuten vor Marktbeginn werden und sie sind spätestens 30 Minuten nach dessen Ende geräumt und gereinigt zu verlassen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon aus diesem Grund mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Aus prozeßökonomischen Gründen wird auf das ebenfalls am heutigen Tag ergangene, die selben Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und einen gleichartigen Sachverhalt betreffende Erkenntnis Zl. 91/04/0034, verwiesen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990040357.X00

Im RIS seit

20.10.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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