TE UVS Wien 1995/11/28 05/F/28/265/95

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Veröffentlicht am 28.11.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch Mag Pfeifer als Vorsitzende, Mag Zotter als Berichter und Dr Königshofer als Beisitzer über die Berufung des Herrn Hans W, vertreten durch RA vom 8.6.1995 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 8.5.1995, Zlen 1) MA 4/7 - 71274/4/2 und 2) MA 4/7 - 71275/4/6, wegen

Übertretung des § 5 Abs 1 Wiener Getränkesteuergesetz 1992 - GStG in Verbindung mit § 5 Abs 1 Wiener Getränkesteuerverordnung 1992 - GStV sowie § 9 Abs 1 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG, entschieden:

I.) Betreffend den Steuerzeitraum Jänner 1992 bis April 1992 wird der

Berufung gemäß § 66 Abs 4 AVG Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

II.) Betreffend den Steuerzeitraum Mai 1992 bis Oktober 1992 wird das

angefochtene Straferkenntnis gemäß § 31 Abs 3 VStG behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

III.) Betreffend den Steuerzeitraum November 1992 bis Dezember 1993 wird der Berufung gemäß § 66 Abs 4 AVG Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgenden Spruch:

"Sie haben es als Geschäftsführer der Hans W GesmbH. bis zum 24. Juni 1994 unterlassen, die Getränkesteuer für den Betrieb in Wien, R-straße, für die Zeit von

1)

Jänner 1992 bis Dezember 1992 im Betrag von S 61.655,-- und

2)

Jänner 1993 bis Dezember 1993 im Betrag von S 126.962,-- einzubekennen und zu entrichten.

Sie haben dadurch die Getränkesteuer in Wien in der Zeit vom

 1) 11. Februar 1993 bis 24. Juni 1994 mit dem Betrag von S 61.655,-- und

 2) 11. Februar 1994 bis 24. Juni 1994 mit dem Betrag von S 126.962,--

verkürzt und zwei Verwaltungsübertretungen begangen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 5 Abs 1 Wiener Getränkesteuergesetz 1992 - GStG in Verbindung mit

§ 5 Abs 1 Wiener Getränkesteuerverordnung 1992 - GStV sowie § 9 Abs 1 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 1) S 30.800,-- und 2) S 63.500,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1) 16 Tagen und 2) 21 Tagen gemäß § 5 Abs 1 GStG.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

 1) S 3.080,-- und 2) S 6.350,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 103.730,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Dagegen hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung erhoben. Ohne auf das Berufungsvorbringen einzugehen ergibt sich nachstehende rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 5 Abs 1 des Wiener Getränkesteuergesetzes 1992 (WrGetrStG) sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer mit einem Betrag von höchstens S 300.000,-- verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu S 600.000,-- zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen. Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer mit einem Betrag von mehr als S 300.000,-- fahrlässig oder vorsätzlich verkürzt

wird, sind vom Gericht als Finanzvergehen mit Freiheitsstrafe bis zu neun Monaten oder mit Geldstrafen bis zum zweifachen des Verkürzungsbetrages zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit

der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis sechs Monaten festzusetzen.

In seinem Erkenntnis vom 15. September 1995, Zl 93/17/0250, hat der Verwaltungsgerichtshof zur wortgleichen Bestimmung des § 10 Abs 1 des

Wiener Getränkesteuergesetzes, LGBl für Wien Nr 2 in der Fassung

LGBl Nr 73/1990 folgendes festgestellt:

Dieser Straftatbestand ist dem Tatbild nach ein Erfolgsdelikt. Das Tatbild ist dabei auf die Herbeiführung eines Erfolges, der Verkürzung der Abgabe entweder durch ein aktives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen (unechtes Unterlassungsdelikt) abgestellt. Eine Verkürzung liegt in solchen Fällen bereits dann vor,

wenn die Abgabe nicht zu den vorgesehenen Terminen - dies ist nach § 7 Abs 1 erster Satz Wr GetrStG der zehnte Tag eines jeden Monats für den Vormonat - entrichtet wird (vgl hg Erkenntnis vom 23. Jänner 1970, Zl 94/69). Mit der Verkürzung ist auch der Erfolg eingetreten, das Delikt nicht nur vollendet sondern auch beendet. Spätere nach Ablauf des vorgesehenen Termins vorgenommene Handlungen oder weiter andauernde Unterlassungen vermögen an der bereits eingetretenen Verkürzung nichts zu ändern. Ein solches Verhalten nach diesem Zeitpunkt ist auch nicht vom Tatbild erfaßt. Vielmehr sind nur die Handlungen und Unterlassungen vom Tatbild erfaßt, die in einem Kausalzusammenhang mit der Verkürzung stehen (arg .. Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer .. verkürzt wird). Dies kann bei einem Verhalten nach bereits eingetretenem Erfolg nicht mehr der Fall sein. In diesem Zusammenhang wird klarstellend darauf hingewiesen, daß ein Dauerdelikt nur dann vorliegt, wenn das gesetzliche Tatbild sich nicht darin erschöpft, die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes zu pönalisieren, sondern auch die Aufrechterhaltung dieses Zustandes in das Tatbild einbezogen ist. Dies ist bei § 10 Abs 1 Wr GetrStG nicht gegeben, sodaß ein Dauerdelikt nicht vorliegt.

Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2) vorgenommen worden ist. Gemäß § 31 Abs 2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Sind seit dem im Abs 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf gemäß § 31 Abs 3 erster Satz VStG ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden.

Die strafbare Tätigkeit bzw Untätigkeit ist nach dem Tatbild spätestens mit der Verkürzung der Abgabe abgeschlossen, der Erfolg ist damit eingetreten. Die Verjährungsfristen nach § 31 Abs 2 und 3 VStG berechnen sich daher ab diesem Zeitpunkt, nämlich der Verkürzung

der Abgabe. Ein tatbildmäßiges strafbares Verhalten danach enthält der Tatbestand nicht.

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, daß der Zeitpunkt der Abgabenfestsetzung für die Beendigung des Delikts ohne Aussagekraft ist und die Einreichung bzw Nichteinreichung der Jahreserklärung keine Handlung bzw Unterlassung ist, wodurch die (bereits verkürzten) Abgaben (neuerlich) verkürzt werden könnten. Gemäß § 5 Abs 1 der Wiener Getränkesteuerverordnung in der im gegenständlichen Fall anzuwendenden Fassung hat der Steuerpflichtige bis zum zehnten Tag eines jeden Monats die Steuer für den Vormonat zu

entrichten und bis zum 10. Februar jedes Jahres für die im Vorjahr entstandene Steuerschuld beim Magistrat eine Steuererklärung einzureichen.

ad I.) und II.)

Demnach ist für den Steuerzeitraum Jänner 1992 bis Oktober 1992 festzuhalten, daß für den zeitlich letzten Entrichtungszeitraum Oktober 1992 die Abgabe bereits mit 10. November 1992 verkürzt war. Die zum Vorwurf gemachte strafbare Tätigkeit war damit bereits abgeschlossen, das strafbare Verhalten hat damit aufgehört. Da die Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs 3 VStG drei Jahre beträgt ist hinsichtlich des angeführten Steuerzeitraumes bereits Strafbarkeitsverjährung eingetreten und zwar zum Teil im erstinstanzlichen Verfahren (Jänner bis April 1995) und zum Teil im Berufungsverfahren (Mai bis Oktober 1995). Hinsichtlich des erstgenannten Zeitraumes war daher der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen. Tritt Strafbarkeitsverjährung im Laufe des Berufungsverfahrens ein, ist das

Straferkenntnis durch Bescheid zu beheben und das Verfahren einzustellen (VwGH 13.11.1981, 81/02/0264 ua). Betreffend den Steuerzeitraum Mai 1992 bis Oktober 1992 war daher spruchgemäß vorzugehen.

ad III.)

Was den Steuerzeitraum November 1992 bis Oktober 1993 angeht, waren die Abgaben für den zeitlich letzten Entrichtungszeitraum Oktober 1993 bereits mit 10. November 1993 verkürzt. Die zum Vorwurf gemachte

strafbare Tätigkeit war damit bereits abgeschlossen, das strafbare Verhalten hat damit aufgehört. Da die erste strafrechtliche Verfolgungshandlung erst mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14.11.1994 und somit nicht innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist nach § 31 Abs 2 VStG erfolgte, war bereits Verfolgungsverjährung eingetreten, sodaß diesbezüglich der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen war.

Was den Steuerzeitraum November und Dezember 1993 anbelangt gilt folgendes:

Gemäß § 32 Abs 2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u dgl), und zwar

auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Eine Verfolgungshandlung muß damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt (§ 31 Abs 1 VStG) unter anderem wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhaltes erfolgen. Dies erfordert, daß sie sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat. Es ist daher schon im Beschuldigtenladungsbescheid bzw der Aufforderung nach § 40 Abs 2 VStG die Tat ausreichend zu konkretisieren.

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14.11.1994 wurde dem Berufungswerber folgendes zur Last gelegt:

"Sie haben es als Geschäftsführer der Hans W GesmbH bis zum 24. Juni 1994 unterlassen, die Getränkesteuer für die Zeit von Jän 1992 bis Dez 1993 für den Betrieb in Wien, R-straße, im Gesamtbetrag von S 188.617,-- einzubekennen und zu entrichten.

Sie haben dadurch die Getränkesteuer in Wien in der Zeit 1) vom 11.2.1993 bis 24.6.1994 mit dem Betrag von S 61.655,-- und 2) vom 11.2.1994 bis 24.6.1994 mit dem Betrag von S 126.962,-- verkürzt und zwei Verwaltungsübertretungen begangen."

Dieser Tatanlastung ist weder der im November und Dezember 1993 verkürzte Abgabenbetrag zu entnehmen, noch der Zeitpunkt, zu dem er jeweils zu entrichten gewesen wäre (Fälligkeitstag). Unter Berücksichtigung der erwähnten jüngsten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechen die angeführten Verkürzungszeiträume auch nicht den Tatzeiträumen, da durch die unterlassene Zahlung am Fälligkeitstag das Delikt vollendet und beendet ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, unterbricht eine Verfolgungshandlung nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (vgl ua das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19.10.1978, SlgNF Nr 9664/A und das Erkenntnis vom 19.6.1990, Zl 89/04/0266). Dabei ist zur Beantwortung der Frage, ob Verjährung im Sinne des § 31 Abs 1 VStG eingetreten ist, von der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a Z1 VStG

auszugehen (vgl hiezu ua das Erkenntnis vom 19.6.1990 Zl 89/04/0266) und das dem Beschuldigten zur Last gelegte Handeln unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a Z 1 VStG in den Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift gemäß § 44a Z 2 VStG näher zu konkretisieren und individualisieren (vgl VwGH 22.12.1992, Zl 91/04/0199). Bei Abgabenverkürzungen bedingt die geforderte Konkretisierung und Individualisierung, daß die Umschreibung des strafbaren Verhaltens weswegen verfolgt wird, unter anderem den verkürzten Abgabenbetrag, den maßgeblichen Steuerzeitraum und den Zeitpunkt, zu dem die Abgaben

verkürzt wurden, zu enthalten hat. Die erwähnte Aufforderung zur Rechtfertigung enthält bezogen auf den Steuerzeitraum November und Dezember 1993 nicht sämtliche dieser Sachverhaltselemente (verkürzter Abgabenbetrag, Zeitpunkt der Verkürzung), weswegen sie keine die Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung darstellt. Weitere Verfolgungshandlungen innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist liegen nicht vor. Daher ist auch betreffend den Steuerzeitraum November und Dezember 1993 Verfolgungsverjährung eingetreten.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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