TE UVS Niederösterreich 1996/01/29 Senat-KR-94-034

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Veröffentlicht am 29.01.1996
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

Gemäß §45 Abs1 Z1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 21. April 1994, Zl 3-****-93, wurde die Berufungswerberin wegen Übertretung des §28 Abs1 Z1 lita, §3 Abs1 Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Geldstrafe in Höhe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 96 Stunden) bestraft. Im Schuldspruch dieses Straferkenntnisses wurde es als erwiesen angesehen, daß die Beschuldigte am 17.11.1993 um 14,45 Uhr in **** H******* Nr **, Tankstelle-Espresso, eine namentlich bezeichnete jugoslawische Staatsangehörige beschäftigt hat, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden war.

 

Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, der Sachverhalt sei aufgrund der dienstlichen Wahrnehmungen zweier Organe der Bezirkshauptmannschaft xx sowie eines Organes des Arbeitsamtes xx anläßlich einer Kontrolle erwiesen. Die Beschuldigte habe nicht bestritten, daß die Ausländerin Tätigkeiten ausgeübt habe, die üblicherweise von einem Arbeitnehmer verrichtet werden und dafür Naturalleistungen erhalten habe. Zur Schuldfrage wurde erwogen, daß ein Arbeitsverhältnis vorliegt, wenn über die Arbeitskraft des Ausländers verfügt werden kann. Kost und Logie stellten eine Naturalentlohnung dar und bildeten einen Einkommensbestandteil. Die Beschuldigte habe daher schuldhaft gegen die Vorschrift des §28 Abs1 Z1 lita AuslBG verstoßen.

 

In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht als Einspruch bezeichneten Berufung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Ausländerin habe in der Familie der Beschuldigten Aufnahme gefunden und sei von ihr wie eine Tochter behandelt worden. Der Gatte der Ausländerin habe über zwei Jahre im gemeinsamen Haushalt mit der Beschuldigten gelebt. Bestritten werde, daß die Ausländerin Naturalleistung bekommen habe. Wenn überhaupt, habe lediglich deren Sohn etwas von der Beschuldigten bekommen. Dies stehe jedoch in keinem Zusammenhang mit einer allenfalls erbrachten Arbeitsleistung der Ausländerin. Der Gatte der Ausländerin sei überdies erwerbstätig, und sei die Ausländerin nicht darauf angewiesen, daß ihr Sohn von ihr verköstigt werde.

 

Dem Landesarbeitsamt NÖ wurde das gegenständliche Straferkenntnis ebenfalls zugestellt. Berufung dagegen wurde durch das Landesarbeitsamt NÖ nicht erhoben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, in welcher durch Einvernahme der Beschuldigten sowie der Zeugin L******* Z********* unter Beiziehung einer Dolmetscherin, weiters durch Verlesung der Anzeige des Arbeitsamtes xx vom 18.11.1993 Beweis erhoben wurde.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, daß es sich bei der Ausländerin um eine vormals jugoslawische Staatsbürgerin handelt, die etwa im Jahr 1990 nach Österreich zugezogen ist, um hier bei ihrem Gatten zu wohnen. Der Gatte der Ausländerin, welcher schon seit längerer Zeit in Österreich lebte und arbeitete, stand in ständigem Kontakt zur Familie des Beschuldigten und kam die Beschuldigte nicht nur diesem, sondern in der Folge auch der spruchgegenständlichen Ausländerin und deren Sohn stets entgegen und war diesen bei diversen - insbesondere aus Sprachschwierigkeiten resultierenden - Angelegenheiten behilflich. Insbesondere hat der Sohn der Ausländerin auch seine Hausaufgaben im Beisein der Beschuldigten in deren Räumlichkeiten unter Hilfeleistung durch die Beschuldigte verrichtet. Fallweise, wenn die Ausländerin im Geschäftslokal der Beschuldigten anwesend war, hat sie von sich aus kleinere Tätigkeiten freiwillig für die Beschuldigte erbracht, dies jedoch aufgrund ihrer Dankbarkeit der Beschuldigten gegenüber. Diese Tätigkeiten beschränkten sich auf lediglich äußerst kurze Zeiträume, etwa fallweise eine halbe Stunde bzw längstens eine Stunde. Aufgrund des zwischen der Beschuldigten und der Ausländerin bestehenden freundschaftlichen Verhältnisses wurde die Ausländerin am Vorfallstag, etwa gegen 17,30 Uhr, von der Beschuldigten ersucht, das Lokal kurz zu betreuen, da die Beschuldigte ihr Fahrzeug von einer Werkstätte abzuholen hatte. Die Ausländerin ist diesem Ersuchen der Beschuldigten nachgekommen. Für sämtliche von ihr geleisteten Hilfstätigkeiten hat die Ausländerin niemals Entgelt, auch nicht Naturalentlohnung, erhalten.

 

Von diesem Sachverhalt hatte die Berufungsbehörde aufgrund der übereinstimmenden Aussagen der Beschuldigten sowie der Zeugin Z********* auszugehen. Aus diesen Aussagen geht gleichlautend hervor, daß zwischen der Beschuldigten und der Ausländerin keinerlei Arbeitsverhältnis im Sinne der Erbringung einer Arbeitsleistung gegen Entgelt vereinbart worden war. Den Angaben der Ausländerin zufolge hat diese der Beschuldigten ihre Hilfe angeboten, falls dies einmal nötig sein sollte, und ist die Ausländerin dieser Zusage auch am Vorfallstag nachgekommen.

 

Aus den Ausführungen der Beschuldigten sowie der Zeugin geht weiters übereinstimmend hervor, daß von einer Regelmäßigkeit der für die Beschuldigte erbrachten Hilfstätigkeiten nicht gesprochen werden kann. Die Berufungsbehörde konnte den Ausführungen der Beschuldigten einerseits sowie der Zeugin Z********* andererseits dahingehend folgen, daß zwischen ihnen ein freundschaftliches Verhältnis besteht, da beide widerspruchsfrei und glaubwürdig ihr Verhältnis zueinander schilderten.

 

Den Ausführungen der Beschuldigten, wonach die Ausländerin keinerlei Entgelt, auch nicht in Form von Kost oder Quartier, erhalten hat, ist nichts entgegenzuhalten, das die Annahme eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses rechtfertigen würde. Dies insbesondere auch deshalb, da die Zeugin Z********* diese Ausführungen vollinhaltlich bestätigte. Daß der Sohn der Ausländerin fallweise von der Beschuldigten zu essen bekam, kann nicht als Entgelt für die Arbeitsleistungen der Ausländerin angesehen werden. Derartige Vorgangsweisen werden im Freundes- bzw Bekanntenkreis, insbesondere Kindern gegenüber, häufig gepflogen.

 

Insbesondere hat sich aus den Ausführungen der Ausländerin nicht ergeben, daß diese zu Arbeitsleistungen der Beschuldigten gegenüber verpflichtet gewesen wäre.

 

Maßgebend für die Einordnung in den Beschäftigungsbegriff nach §2 Abs2 AuslBG ist, daß eine festgestellte Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitnehmers ausgeübt wird. Eine Beschäftigung im Sinne des AuslBG liegt daher nur dann vor, wenn der Ausländer eine Verpflichtung zur Durchführung von Arbeiten überhaupt oder in eigener Person übernommen hat, wenn er bei Durchführung dieser Arbeiten Weisungen des Beschuldigten unterworfen oder zur Einhaltung einer bestimmten Arbeitszeit verpflichtet war, und wenn er seine Arbeitskraft und seine Bereitschaft zur Leistung für den Beschuldigten für eine bestimmte Zeit zur Verfügung gestellt hat. Sowohl für eine Beschäftigung gemäß §2 Abs2 lita als auch gemäß §2 Abs2 litb AuslBG ist die Entgeltlichkeit ein wesentliches Merkmal. Ist hingegen glaubhaft für die Tätigkeit Unentgeltlichkeit vereinbart, dann fehlt es an der für eine Beschäftigung nach dem AuslBG essentiellen persönlichen und, oder wirtschaftlichen Abhängigkeit.

 

Im gegenständlichen Fall konnte das Vorliegen persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit der Ausländerin von der Beschuldigten nicht erwiesen werden.

 

Das gegenständliche Straferkenntnis war daher spruchgemäß aufzuheben, und das gegen die Beschuldigte eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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