TE UVS Wien 1996/07/31 04/V/15/23/95

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Veröffentlicht am 31.07.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hrdliczka über die Berufung des Herrn Helmut P vom 17.5.1993 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 15. Bezirk, vom 23.4.1993, Zahl MBA 15-S 30/93, wegen Übertretung des § 366 Abs 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974 idgF, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener der W-Gesellschaft mbH zu verantworten zu haben, daß diese Gesellschaft in Wien, M-Straße, im "Gassenverkauf" des dort etablierten Gastgewerbebetriebes am 17.12.1992 durch den Verkauf von "Porzellanhäusern mit Kerze" ein Handelsgewerbe ausgeübt habe, ohne im Besitze einer entsprechenden Gewerbeberechtigung gewesen zu sein.

Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 366 Abs 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1973 (kurz: GewO 1973), BGBl Nr 50/1974 in der geltenden Fassung, verletzt.

Über den Berufungswerber wurde gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1973 eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) von S 1.000,-- (einem Tag) verhängt und ihm die Bezahlung von S 100,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben. Der (im zweiten Rechtsgang) unter der Zahl UVS-04/15/00869/94 erlassene Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 24.3.1995 wurde mit Erkenntnis des Verwalungsgerichtshofes vom 24.8.1995, Zahl 95/04/0111, aufgehoben, womit das Berufungsverfahren in den Stand zurücktrat, in dem es sich vor Erlassung des Berufungsbescheides befunden hatte. Dem unabhängigen Verwaltungssenat wäre ab Zustellung des aufhebenden Verwaltungsgerichtshoferkenntnisses am 13.9.1995 neuerlich eine Entscheidungsfrist von 15 Monaten (§ 51 Abs 7 VStG) eingeräumt (vgl ua VwGH 17.9.1986, Zl 86/03/0114). Im gegenständlichen Fall ist zusätzlich die in § 31 Abs 3 VStG normierte Strafbarkeitsverjährung von drei Jahren zu beachten (vgl VwGH 23.6.1993, 93/09/0086, 0087), in die jedoch die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht einzurechnen ist (Tattag war der 17.12.1992, weshalb die dreijährige absolute Verjährungsfrist am 17.12.1995 geendet hätte). Im gegenständlichen Fall waren beim Verwaltungsgerichtshof zwei Verfahren anhängig, nämlich eines zur Zahl 94/04/0187 vom 13.9.1994 (= Tag des Einlangens der Beschwerde beim Gerichtshof) bis zum 27.1.1995 (= Zustellung der Entscheidung an den UVS Wien), das sind 137 Tage, und eines zur Zahl 95/04/0111 vom 22.5.1995 bis zum 13.9.1995, das sind 115 Tage. Die Entscheidungsfrist verlängert sich demnach beginnend mit dem 18.12.1995 um insgesamt 252 Tage, weshalb sie am 26.8.1996 (Montag) endet, da der 25.8.1996 ein Sonntag ist (gemäß § 33 Abs 2 AVG ist, wenn das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder den Karfreitag fällt, der nächste Werktag letzter Tag der Frist).

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

In seinem in der gegenständlichen Angelegenheit ergangenen Erkenntnis vom 24.8.1995, Zahl 95/04/0111, vertrat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsansicht, daß die im vorliegenden Strafverfahren wegen Überschreitung des Umfanges einer Gewerbeberechtigung zu lösende Vorfrage, ob es sich bei dem in Rede stehenden "Porzellanhaus mit Kerze" um eine Ware des üblichen Reisebedarfes im Sinne des § 191 Abs 1 GewO 1973 handle, nicht ohne Bedachtnahme auf die im § 29 zweiter Satz leg cit genannten Gesichtspunkte, insbesondere die in den beteiligten gewerblichen Kreisen bestehenden Anschauungen beurteilt werden könne. Von der belangten Behörde wäre zur Lösung der gegenständlichen Vorfrage nach § 349 Abs 3 GewO 1994 vorzugehen gewesen.

Über Antrag des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien entschied der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 13.6.1996 zur Zahl 317.604/2-III/4/96 gemäß § 349 Abs 1 Z 1 GewO 1994 nach Maßgabe des § 29 GewO 1973 in der Fassung vor der GewR-Nov 1992, daß es sich bei einem "Porzellanhaus mit Kerze" - der von der W-Gesellschaft mbH in Wien, M-Straße, am 17.12.1992 vertriebenen Art - nicht um eine Ware im Sinne des § 191 Abs 1 GewO 1973 (in der Fassung vor Inkrafttreten der GewR-Nov 1992), insbesondere nicht um ein übliches Reiseandenken bzw eine Ware des üblichen Reisebedarfes handle; Gastgewerbetreibende mit der Befugnis zur Beherbergung von Gästen oder zur Verabreichung und zum Verkauf von Speisen seien auf Grund dieser Gewerbeberechtigung nicht zum Verkauf derartiger "Porzellanhäuser mit Kerze" befugt gewesen.

Im konkreten Fall lag - nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes - ein Zweifelsfall über den Umfang der Gewerbeberechtigung der W-Gesellschaft mbH vor, der erst in einem Verfahren nach § 349 GewO 1994 geklärt werden konnte.

Zum Tatzeitpunkt war (noch) nicht klargestellt, daß durch den Vertrieb der verfahrensgegenständlichen "Porzellanhäuser mit Kerze" der Umfang der vorhandenen Gewerbeberechtigung überschritten wurde und damit ein strafbares Verhalten vorlag, weshalb davon auszugehen war, daß die irrige Gesetzesauslegung durch den Berufungswerber unverschuldet erfolgte; denn weder war das Unrecht für jedermann leicht erkennbar noch waren die einschlägigen Gesetzesvorschriften diesbezüglich eindeutig.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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