TE UVS Wien 1996/09/03 04/G/21/378/96

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Veröffentlicht am 03.09.1996
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Behandlung vom VwGH abgelehnt; 96/04/0234 vom 10.12.1996 Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung des Herrn Martin E, vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 21. Bezirk, vom 3.5.1996, Zl MBA 21 - S 12527/95, wegen Übertretung zu I) des § 367 Ziffer 25 Gewerbeordnung 1994 iVm 1) Punkt 17, 2) Punkt 40 und 3) Punkt 73 des Bescheides vom 2.8.1989, MBA 21-Ba 19.773/1/89, und zu II) des § 366 Abs 1 Ziffer 3 zweiter Fall Gewerbeordnung 1994 iVm dem Bescheid vom 2.8.1989, MBA 21-Ba 19.773/1/89, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Strafsanktionsnorm zu den Punkten I) 1), I) 2) und I) 3) jeweils: "§ 367 Einleitungssatz GewO 1994" und zu Punkt II) "§ 366 Einleitungssatz GewO 1994" zu lauten hat. In der Straffrage wird der Berufung jedoch Folge gegeben und die verhängten Geldstrafen zu I) 1), I) 2) und I) 3) von jeweils S 1.200,-- auf jeweil S 1.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall jeweils 10 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe und die verhängte Geldstrafe zu II) von S 3.000,-- auf S 2.500,--, im Uneinbringlichkeitsfall 25 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt.

Dementsprechend verringern sich die erstinstanzlichen Strafkostenbeiträge von zu I) 1), I) 2) und I 3) jeweils S 120,-- auf jeweils S 100,-- und von zu II) S 300,-- auf S 250,--. Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 21. Bezirk, vom 3.5.1996, Zl MBA 21 - S 12527/95, hat folgenden Spruch:

"Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer (§ 370 Abs 2 GewO 1994) der P Vertriebsgesellschaft mbH, Sitz: K, zu verantworten, daß diese in der Betriebsanlage in Wien, B-Straße ident G-Straße (weitere Betriebsstätte; Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs 1 lit b Z 25 GewO 1973, eingeschränkt auf den Kleinhandel) am 6.9.1995

I) die mit rechtskräftigem Bescheid vom 2.8.1989, GZ: MBA 21-Ba 19.773/1/89, in den Punkten 17), 40) und 73) gemäß § 77 GewO 1973 vorgeschriebenen Auflagen, welche lauten:

17) "Alle Türen und Tore in brandabschnittsbildenden Wänden müssen mindestens brandhemmend T 30 gemäß ÖNORM B 3850 bzw B 3852 ausgeführt sein.

40) im Verkaufsraum dürfen sämtliche Druckgaspackungen nur in Regalen und/oder Regalfächern, die gemäß den Bestimmungen der §§ 29 und 30 der Verordnung für die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen (BGBl Nr 435/1982) und der dazugehörigen Änderung (BGBl Nr 503/1986) ausgebildet sein müssen, vorrätig gehalten werden.

73) Die mechanischen Be- und Entlüfungsanlagen sowie Absaugungen sind schalltechnisch so auszugestalten, daß bei Vollbetrieb der jeweils ins Freie abgestrahlte A-bewertete Schalleistungspegel folgender Emissionsquellen folgende Werte nicht überschreitet:

Frischluft Markt 80 dB

Abluft Markt 80 dB

Abluft WC, San 75 dB jeweils

Abluft Auspuffabsaugung 75 dB

ev sonstige Anlagen 75 dB jeweils.

Die Einhaltung der Emissionswerte ist nach Fertigstellung gemäß

ÖNORM S 5036 nachzuweisen."

insoferne nicht eingehalten hat, als

1) zu Punkt 17) die Brandschutztore nicht von selbst ins Schloß fielen,

2) zu Punkt 40) entsprechende Regale für Druckgaspackungen nicht vorhanden waren, obwohl Sprühlacke (Autolacke) bereitgehalten wurden und

3) zu Punkt 73) ein entsprechender Nachweis dem Organ des Magistrats der Stadt Wien (MA 36-A) nicht vorgelegt werden konnte sowie

II) die entlang der östlichen Grundgrenze bestehende Mauer entgegen der Beschreibung des Bescheides vom 2.8.1989, MBA 21-Ba 19.773/1/89 ("... Als weitere Schallschutzmaßnahme wird entlang der östlichen Grundgrenze die schon bestehende Mauer auf eine Höhe von 2,5 m (über Parkplatz) erhöht und zwischen der G-Straße und der bestehenden Mauer eine Mauer mit einer Höhe von ebenfalls 2,5 m (über Parkplatz) neu errichtet. ...") nicht erhöht hat, da am 6.9.1995 die Mauer an der östlichen Grundgrenze lediglich ca 2 m hoch war, sohin die Betriebsanlage nicht konsensgemäß betrieben wurde, obwohl diese Abweichung vom genehmigten Zustand geeignet ist, die Nachbarn durch Lärm der Betriebsanlage zu belästigen. (Die Höhe der Mauer von 2,5 m wurde als Schallschutzmaßnahme projektiert.)

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu I) § 367 Z 25 GewO 1994 iVm 1.) Pkt 17, 2.) Pkt 40 und 3.) Pkt 73 des Bescheides vom 2.8.1989, MBA 21-Ba 19.773/1/89 zu II) § 366 Abs 1 Z 3 zweiter Fall GewO 1994 in Verbindung mit dem Bescheid vom 2.8.1989, MBA 21-Ba 19.773/1/89

Wegen dieser Verwaltungsübertretung werden über Sie folgende

Strafen verhängt:

Geldstrafe zu I)

1)

Schilling 1.200,--,

2)

Schilling 1.200,--,

3)

Schilling 1.200,-- und

zu II) Schilling 3.000,-- somit zusammen Schilling 6.600,--, falls diese uneinbringlich sind,

Ersatzfreiheitsstrafen von

I) 1) - 3) je 12 Stunden und II) 30 Stunden, somit insgesamt 66 Stunden,

I) gemäß § 367 Z 25 GewO 1994

II) gemäß § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

660,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens ds 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 7.260,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung des Beschuldigten, in welcher dieser im wesentlichen ausführt, daß er die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht begangen habe. Im gegenständlichen P-Markt in Wien, B-Straße, sei ein Marktleiter bestellt worden, der als leitender Angestellter gemäß § 9 Abs 2 VStG als verantwortlicher Beauftragter für diesen Markt zuständig sei. Zu den einzelnen Punkten wurde darüberhinaus noch folgendes vorgebracht:

ad I) 1):

Die Instandsetzung sei auf Grund einer Mängelrüge im Rahmen der Gewährleistung bereits vor längerer Zeit erfolgt. Die erfolgte "Schadensbehebung" habe jedoch nicht zur einwandfreien Funktion geführt, sondern habe neuerlich wegen Mängel urgiert werden müssen. Es sei auf jeden Mangel von seiten der Marktleitung rasch reagiert und entsprechend urgiert worden. Daß eine fehlerlose Behebung bis zum Zeitpunkt der Beanstandung nicht möglich gewesen sei, liege jedenfalls nicht im Bereich des Marktleiters und sei ihm daher nicht vorwerfbar.

ad I) 2):

Der logistische und organisatorische Aufwand im Zusammenhang mit der Umstellung der Lagerung sei sehr groß und könne nur Markt für Markt durchgeführt werden, da dies erhebliche Umstellungen im Betrieb der Zulieferer (Verpackungsgrößen, Liefereinheiten etc) erfordere. Da diese Umstellung zu einem großen Teil im Bereich von Lieferanten liege, treffe den zuständigen Marktleiter auch in diesem Faktum keine Schuld.

ad I) 3):

Der Nachweis für die Lärmminderung könne jederzeit durch Vorlage

der Schallmessungen, die vom Architekturbüro M in Auftrag gegeben

worden sind, erbracht werden.

ad II):

Die im Anlagenbewilligungsbescheid enthaltene Auflage zur Erhöhung der Mauer auf 2,5 m sei nicht im Einklang mit der Bauordnung für Wien in Zusammenhang mit den Bebauungsbestimmungen. Es sei eine Zustimmung der jeweils betroffenen Grundnachbarn vorgesehen, die jedoch - wie ausgeführt - trotz zahlreicher Versuche nicht erlangt werden konnte. Da diese Auflage allein aus rechtlichen Gründen nicht durchführbar sei, könne dem zuständigen Marktleiter keinerlei Verschulden an der Nichteinhaltung zur Last gelegt werden.

Antragsgemäß führte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien am 3.9.1996 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu welcher der Berufungswerber ordnungsgemäß geladen wurde. Da jedoch zur mündlichen Verhandlung weder der Berufungswerber persönlich, noch dessen rechtsfreundlicher Vertreter erschien, wurde die Verhandlung gemäß § 51f Abs 2 VStG, auf welche gesetzliche Bestimmung der Beschuldigte im Ladungsbescheid hingewiesen wurde, in Abwesenheit des Berufungswerbers durchgeführt und der Berufungsbescheid verkündet.

 1) Zur Frage der Verantwortlichkeit:

Gemäß § 9 Abs 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Zufolge § 9 Abs 1 GewO 1994 (GewO) können juristische Personen im Rahmen ihres Wirkungsbereiches und Personengesellschaften des Handelsrechtes (offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) sowie eingetragene Erwerbsgesellschaften (offene Erwerbsgesellschaften und Kommandit-Erwerbsgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben.

Gemäß § 370 Abs 2 leg cit sind Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde.

Da somit die GewO selbständige Regelungen hinsichtlich der Delegierung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der nach außen zur Vertretung berufenen Organe juristischer Personen trifft, ist für den Bereich des Gewerberechtes nach dem diesbezüglich klaren Wortlaut des § 9 Abs 1 VStG, der die Subsidiarität dieser Bestimmung gegenüber allfälligen entsprechenden Regelungen in den besonderen Verwaltungsgesetzen normiert, § 9 Abs 2 VStG nicht anwendbar, es sei denn, daß zur Zeit der angelasteten Tat ein Geschäftsführer nach den Bestimmungen der GewO nicht bestellt war (vgl VwGH 7.5.1988, 87/04/0131, und die dort zitierte Vorjudikatur sowie das Erkenntnis vom 25.9.1990, 90/04/0068).

Der Berufungswerber war im Tatzeitpunkt gewerberechtlicher Geschäftsführer der P Vertriebsgesellschaft mbH, weshalb die Erstinstanz zu Recht den Berufungswerber als den Verantwortlichen für die Nichteinhaltung der gegenständlichen Verwaltungsvorschriften nach der GewO herangezogen hat.

 2) zu Punkt I):

Gemäß § 367 Ziffer 25 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 82a Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen den §§ 74 bis 83 oder 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält. Mit Bescheid vom 2.8.1989, Zl MBA 21 - Ba 19.773/1/89, wurden ua folgende Auflagen vorgeschrieben:

 "17) Alle Türen und Tore in brandabschnittsbildenden Wänden müssen mindestens brandhemmend T 30 gemäß ÖNORM B 3850 bzw B 3852 ausgeführt sein.

 40) im Verkaufsraum dürfen sämtliche Druckgaspackungen nur in Regalen und/oder Regalfächern, die gemäß den Bestimmungen der §§ 29 und 30 der Verordnung für die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen (BGBl Nr 435/1982) und der dazugehörigen Änderung (BGBl Nr 503/1986) ausgebildet sein müssen, vorrätig gehalten werden.

 73) Die mechanischen Be- und Entlüfungsanlagen sowie Absaugungen sind schalltechnisch so auszugestalten, daß bei Vollbetrieb der jeweils ins Freie abgestrahlte A-bewertete Schalleistungspegel folgender Emissionsquellen folgende Werte nicht überschreitet:

Frischluft Markt 80 dB

Abluft Markt 80 dB

Abluft WC, San 75 dB jeweils

Abluft Auspuffabsaugung 75 dB

ev sonstige Anlagen 75 dB jeweils.

Die Einhaltung der Emissionswerte ist nach Fertigstellung gemäß

ÖNORM S 5036 nachzuweisen."

Zu Punkt I) 1) und I) 2) ist festzuhalten, daß der Berufungswerber nicht die von der Erstbehörde als erwiesen angenommenen Übertretungen der GewO, sondern ausschließlich ein Verschulden daran bestreitet.

Hinsichtlich I) 3) wird in der Berufung auf Schallmessungen eines gewissen "Architekturbüro M" verwiesen.

Dazu brachte der Berufungswerber in seiner Stellungnahme vom 25.4.1996 folgendes vor:

"Wie aus Schallmessungen sowohl vor Baubeginn als auch nach Fertigstellung des Bauwerkes hervorgeht, sind die entsprechenden Schallwerte gemäß Bescheid vom 2.8.1989 jedenfalls eingehalten. Darüberhinaus wurde aufgrund dieser Schallmessungen festgestellt, daß nach Errichtung des gegenständlichen Bauwerkes die Lärmbelästigung für sämtliche Anrainer (insbesondere durch Straßenlärm der B-Straße) deutlich geringer ist, als vor Errichtung des gegenständlichen Bauwerkes. Ein entsprechender Nachweis über die Schallmessungen kann jederzeit vorgelegt werden, ist jedoch nicht in den jeweiligen Märkten aufliegend, sondern in der Zentralverwaltung."

Auf Grund des Umstandes, daß die geforderten Nachweise gemäß der ÖNORM B S 5036 weder im erstinstanzlichen Verfahren, noch im Berufungsverfahren vorgelegt wurden, liegt der Schluß nahe, daß es sich bei dem Vorbringen, Schallmessungen hätten nach Fertigstellung ergeben, daß die erforderlichen Schallwerte gemäß dem Bescheid vom 2.8.1989 eingehalten wurden, um eine reine Schutzbehauptung handelt, zumal es für den Berufungswerber ein leichtes gewesen wäre, die entsprechenden Nachweise, sofern diese wirklich in der Zentralverwaltung aufliegen, vorzulegen. Wesentlich für die Einhaltung der Bescheidauflage ist jedoch, daß nicht nur die im Auflagepunkt 73) vorgeschriebenen Dezibelwerte eingehalten werden, sondern daß dieses Einhalten auch nachgewiesen wird. Der Berufungswerber hat es jedoch unbestrittenermaßen nicht nur bis zum Tatzeitpunkt, sondern auch im nachhinein unterlassen, die Ergebnisse der Schallmessungen vorzulegen, weshalb auch in diesem Punkt vom Vorliegen des objektiven Tatbestandes auszugehen ist.

 3) zu Punkt II):

Angelastet wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 3 GewO.

Danach begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Gemäß § 81 GewO bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Kern des Vorwurfes ist also das genehmigungslose Verändern des Konsenses (dh des bestehenden Genehmigungsumfanges einer Betriebsanlage), soweit dabei zumindest die konkrete Eignung besteht, die im § 74 Abs 2 angeführten Auswirkungen hervorzurufen (vgl zu letzterem VwGH 28.4.1992, 91/04/0332).

Der Berufungswerber irrt, wenn er vermeint, daß eine im Anlagenbewilligungsbescheid enthaltene Auflage die Erhöhung der Mauer auf 2,5 m vorschreibt, da die Höhe der Mauer von 2,5 m nicht auflagenmäßig vorgeschrieben ist, sondern einen Teil der Betriebsanlagenbeschreibung bildet und sohin Bestandteil des von der Konsenswerberin eingereichten Projektes ist. Der Berufungswerber ist aber dadurch, daß die gegenständliche Mauer nicht auf 2,5 m erhöht wurde, vom Konsens der Betriebsanlagengenehmigung abgegangen, hat somit die genehmigte Betriebsanlage ohne Genehmigung in geänderter Form betrieben, obwohl eine konkrete Eignung bestand, durch diese Änderung Nachbarn durch den Lärm, der von der Betriebsanlage ausgeht, zu belästigen. Der objektive Tatbestand ist auch in diesem Fall als gegeben anzusehen.

 4) Zur Frage des Verschuldens:

Vorweg ist zu bemerken, daß auf Grund des Umstandes, daß - wie unter 1) ausgeführt - nicht der Marktleiter, sondern der Berufungswerber selbst für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich ist, nicht das Verschulden des Marktleiters, sondern vielmehr das Verschulden des Berufungswerbers zu überprüfen ist:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß dem Gewerbeinhaber zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu übertragen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. In diesem Fall ist das mangelnde Verschulden im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG dadurch glaubhaft zu machen, daß alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl ua VwGH 20.10.1970, VwSlg 7.890/A, VwGH 18.9.1987, 86/17/0021). Die strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften trifft einen Gewerbeinhaber (oder eine ihm hinsichtlich der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit gleichgestellte Person) somit dann, wenn er den Verstoß bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit hätte hintanhalten können. Der Gewerbeinhaber hat dafür zu sorgen, daß der Gewerbebetrieb im Einklang mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften geführt wird, seine Angestellten in dieser Hinsicht zu überprüfen bzw solche Vorkehrungen zu treffen, die eine entsprechende Überwachung sicherstellen (vgl VwGH 19.6.1990, 90/04/0027).

Der Berufungswerber hat aber nun lediglich vorgebracht, daß für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften der Marktleiter verantwortlich ist. Eine Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens kann keineswegs durch den Hinweis der Übertragung der Verantwortung auf eine (taugliche) Person erbracht werden. Es bedarf - wie schon oben ausgeführt - vielmehr eines weiteren Vorbringens und einer weiteren Glaubhaftmachung, daß auch für eine den Umständen des Einzelfalles entsprechende wirksame Kontrolle dieser Person vorgesorgt und diese Kontrolle durchgeführt worden ist. Diesbezügliche Ausführungen läßt aber die Berufung zur Gänze vermissen, weshalb davon auszugehen ist, daß auch die subjektive Tatseite als gegeben anzusehen ist.

 5) Zur Strafbemessung:

Die Strafen mußten spruchgemäß herabgesetzt werden, da die Behörde erster Instanz bei der Strafbemessung zu Unrecht eine Vormerkung wegen Übertretung der Gewerbeordnung als erschwerend wertete. In diesem Verfahren (Zl MBA 22 - S/05031/91) wurde zwar am 31.8.1992 wegen Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Ziffer 26 GewO 1973 ein Straferkenntnis gefällt, mit Bescheid vom 16.12.1994, Zl UVS-04/27/00318/94, wurde jedoch dieser Bescheid behoben und das Verfahren eingestellt. Somit lag zum Tatzeitpunkt keine rechtskräftige Verwaltungsvorstrafe vor.

Eine weitere Herabsetzung der verhängten Geldstrafen kam jedoch aus folgenden Gründen nicht in Betracht:

Die Taten zu I) schädigten in nicht unerheblichem Maße das durch die gesetzliche Vorschrift geschützte Interesse an der Einhaltung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen, die ein gefahrloses Betreiben der Betriebsanlage gewährleisten sollen. Die Tat zu II) schädigte in ebenfalls nicht unerheblichem Maße das Interesse am Schutz des Lebens und der Gesundheit der im § 74 GewO genannten Personen vor von der (geänderten) Betriebsanlage ausgehenden Gefahren und Belästigungen. Der Unrechtsgehalt der Taten war daher sowohl zu Punkt I) als auch zu Punkt II) nicht geringfügig.

Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Da die allseitigen Verhältnisse des Beschuldigten trotz Aufforderung nicht bekanntgegeben wurden, mußten diese von der erkennenden Behörde geschätzt werden. Auf Grund des Alters und der beruflichen Stellung des Beschuldigten ist von durchaus günstigen Einkommensverhältnissen, aber Vermögenslosigkeit auszugehen. Sorgepflichten konnten mangels lediglichen Hinweises bei der Strafbemessung keine Berücksichtigung finden.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den zu

I) bis zu jeweils S 30.000,--, zu II) bis zu S 50.000,--

reichenden gesetzlichen Strafsatz, sind die verhängten Geldstrafen nunmehr durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal im Verfahren keine weiteren Milderungsgründe hervorgetreten sind.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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