TE UVS Steiermark 1996/10/28 30.6-29/96

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Veröffentlicht am 28.10.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Michael Herrmann über die Berufung des Herrn R. B., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. P. Sch. und Dr. Ch. Sch., A.-straße 9, G., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 09.01.1996, GZ.: III/St-4573/95, nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 21.10.1996, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 09.03.1995, um 10.35 Uhr, in Graz, Auf der Tändelwiese, von der Triester Straße kommend in Richtung Herrgottwiesgasse, als Lenker des PKW G-16

FSC

1.) das KFZ in Betrieb genommen, wobei durch unsachgemäße Bedienung vermeidbarer Lärm verursacht worden sei.

2.) habe er die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht rechtzeitig angezeigt, wodurch sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorrang nicht einstellen konnten.

3.) sei er als Lenker eines Fahrzeuges nicht so weit rechts gefahren, wie es unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung von Sachen möglich gewesen wäre.

4.) habe er die Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen angepaßt.

Hiedurch habe er für 1.) eine Übertretung des § 102 Abs 4 KFG, für 2.) eine Übertretung des § 11 Abs 2 StVO, für

3.) eine Übertretung des § 7 Abs 1 StVO und für 4.) eine Übertretung des § 20 Abs 1 StVO begangen und wurde für 1.), 2.) und 3.) je eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,-- und für 4.) eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (3 x 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe, 1 x 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

In seiner fristgerechten Berufung vom 01.02.1996 bestritt der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat am 21.10.1996 eine öffentliche, mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Berufungswerbers und seines anwaltlichen Vertreters unter Beiziehung der Zeugen BI R. G., BI G. Gr. und Frau H. M. durchgeführt. Aufgrund dieser Verhandlung und des Inhaltes der Verwaltungsakten wurde folgender Sachverhalt festgestellt:

Am 09.03.1995, gegen 10.35 Uhr, hat der Lenker des PKW, Marke Opel Ascona, Farbe weiß, die Herrgottwiesgasse Richtung stadtauswärts befahren, bog an der Kreuzung der Herrgottwiesgasse mit der "Tändelwiese" rechts ab und befuhr in weiterer Folge die "Tändelwiese" Richtung Triester Straße.

Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch eines Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet dies, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Der Umfang der notwendigen Konkretisierung ist vom einzelnen Tatbild abhängig.

Aus § 44 a VStG ergibt sich somit u.a. das gesetzliche Erfordernis, die dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretungen bereits im Spruch des Straferkenntnisses bezüglich aller maßgebenden Tatbestandelemente so zu konkretisieren, daß über Art, Zeit und Ort der Tat die der Bestrafung zugrundeliegt, kein Zweifel bestehen kann. Insbesondere sollte der Berufungswerber dem Spruch entnehmen können, wie er sich verhalten hätte sollen bzw. was zu unterlassen gewesen wäre.

Unabhängig von der Frage, ob der Berufungswerber damals der Lenker des weißen Opel Ascona war bzw. ob es sich hiebei um das Fahrzeug des Berufungswerbers mit dem Kennzeichen G-16 FSC gehandelt hat, ist unter Bedachtnahme auf § 44 a VStG wie folgt auszuführen.

Zu Punkt 1:

Den Aussagen des Zeugen BI R. G. folgend wurde dieser auf das angezeigte Fahrzeug insofern aufmerksam, als er vorerst lautes Reifenquietschen hörte und in weiterer Folge ein Fahrzeug wahrnahm, welches von der Herrgottwiesgasse kommend rechts in die "Tändelwiese" einbog.

Als Tatort ergibt sich somit die Herrgottwiesgasse bzw. der unmittelbare Kreuzungsbereich der Herrgottwiesgasse mit der "Tändelwiese". Dieser ist jedoch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses in keinster Weise enthalten. Weiters ist anzuführen, daß dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ebenfalls nicht zu entnehmen ist, durch welche unsachgemäße Bedienung (laut quietschende Reifen) vermeidbarer Lärm verursacht wurde.

Es war somit hinsichtlich Punkt 1.) insbesondere aufgrund des mangelnden Tatortes die Einstellung zu verfügen.

Zu Punkt 2.):

Laut Verhandlungsergebnis ist der tatgegenständliche Lenker von der Herrgottwiesgasse rechts in die Tändelwiese eingebogen und hat diese anschließend Richtung Triester Straße befahren. Dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist hingegen zu entnehmen, daß der Berufungswerber die "Tändelwiese" Richtung Herrgottwiesgasse befahren hat, also genau entgegengesetzt.

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist hinsichtlich einer Übertretung des § 11 Abs 2 StVO im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aufzunehmen, welche bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht angezeigt wurde und ob bzw. worin die Voraussetzungen für eine solche Anzeigepflicht bestanden.

Da das angefochtene Straferkenntnis keinerlei diesbezügliche Ausführungen enthält, war hinsichtlich Punkt 2.) die Einstellung zu verfügen.

Zu Punkt 3.):

Die Tatumschreibung einer Übertretung nach § 7 Abs 1 StVO erfordert einerseits die Konkretisierung, wie weit rechts ein Fahrzeuglenker gefahren ist, und andererseits die konkrete Angabe, wie weit ihm dies zumutbar und möglich war (VwGH 22.1.1985, 85/18/0101).

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird der Gesetzestext wiedergegeben, wobei in Entsprechung des § 44 a VStG die reine Wiedergabe des Gesetzestextes als nicht haltbar anzusehen ist. So fehlen jegliche Ausführungen, daß der Berufungswerber die Übertretung nach § 7 Abs 1 StVO wegen "Überfahrens der Fahrbahnmitte bzw. Fahrens auf der linken Fahrbahnseite bzw. Kurvenschneidens" begangen hat. Weiters enthält das angefochtene Straferkenntnis die falsche Fahrtrichtung wodurch die Tatortumschreibung in sich widersprüchlich wird.

Es was somit hinsichtlich Punkt 3.) die Einstellung zu

verfügen.

Zu Punkt 4.):

Laut Ausführungen der Meldungsleger hat der Lenker des tatgegenständlichen PKW das gegenständliche Straßenstück mit erhöhter Geschwindigkeit befahren. Eine Geschwindigkeitsangabe in km/h war den Meldungslegern jedoch nicht möglich.

Diesbezüglich ist auszuführen, daß im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses auch keine sonstigen Gründe ausdrücklich angeführt sind, weshalb die Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen angepaßt war.

Für eine Bestrafung nach § 20 Abs 1 StVO wäre es im gegenständlichen Fall jedoch erforderlich gewesen, dem Berufungswerber exakt vorzuhalten, weshalb er mit einer den gegebenen Umständen nicht angepaßten Geschwindigkeit gefahren ist. Ein allfälliger "Fahrfehler" läßt darauf nicht schon zwingend schließen.

Es war somit hinsichtlich Punkt 4.) die Einstellung zu verfügen.

Schlagworte
Fahrtrichtungsänderung Fahrtrichtung Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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