TE UVS Steiermark 1996/11/07 30.7-27/96

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.11.1996
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Herbert Thaller über die Berufung des Herrn Dr. G. W., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. St. M., K., Graz, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt

Graz, Gewerbeamt, vom 22.03.1996, GZ.: A4-St 202/1- 1994/305, nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen

Verhandlung am 10.10.1996, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung hinsichtlich der Punkte 6.) und 32.) des angefochtenen Straferkenntnisses abgewiesen, hinsichtlich der Punkte 10.), 16.), 17.), 20.), 23.), 27.), 34.), 37.) und 54.) wird der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Hinsichtlich des Punktes 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses wird der Berufung insofern Folge gegeben, als der Ausspruch über die Strafe zu entfallen hat.

Als Verfahrenskostenbeitrag zweiter Instanz sind gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG insgesamt S 600,-- (zu Punkt 6.) S 400,-- und zu Punkt 32.) S 200,--) zu bezahlen. Dies binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden insgesamt 151 Geld- und Ersatzarreststrafen wegen der Übertretung des § 9 Abs 1 AZG (tägliche Arbeitszeitüberschreitung) verhängt. Der Beschuldigte erhob Berufung hinsichtlich der Punkte 6.), 10.), 12.), 14.), 16.), 17.), 19.), 20.), 23.), 26.), 27.), 28.), 29.), 32.), 34.), 37.), 38.) und

54.) dem Grunde, sonst nur der Höhe nach. Mit Schriftsatz vom 20.09.1996 in Verbindung mit der Erklärung in der öffentlichen, mündlichen Verhandlung wurde die Berufung mit Ausnahme der Punkte 2.), 6.), 10.), 16.), 17.), 20.), 23.), 27.), 32.), 34.), 37.) und

54.) zurückgezogen. Aufgrund dieser Erklärungen sind sämtliche anderen Punkte hinsichtlich der Schuld und Strafhöhe in Rechtskraft erwachsen. Da hinsichtlich des Punktes 2.) die Berufung nur der Höhe nach erhoben worden war, ist dieser Punkt hinsichtlich des Ausspruches der Schuld in Rechtskraft erwachsen. Dies bedeutet aber, daß dem Unabhängigen

Verwaltungssenat die Möglichkeit genommen wurde, den Spruchpunkt 2.) gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG

einzustellen, obwohl der belangten Behörde in dem Strafausspruch zu Punkt 2.) insofern ein Fehler unterlaufen ist, als die belangte Behörde im Spruchteil I des angefochtenen Bescheides diese Verwaltungsübertretung als nicht begangen bezeichnet und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt hatte. Die letztlich nur mehr der Strafhöhe nach aufrechte Berufung zu diesem Punkt mußte zur Behebung des Strafausspruches führen.

Hinsichtlich der restlich verbliebenen Punkte wurde die Ausnahme des § 1 Abs 2 Z 8 AZG mit der Begründung geltend gemacht, es handle sich bei diesen Personen um leitende Angestellte, weshalb die in diesen angefochtenen Punkten dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht vorlägen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat beraumte eine öffentliche, mündliche Verhandlung an, bei der neben dem Berufungswerber auch die Zeugen Ing. K., Ing. P., F. Sch., H. H., F.Str., K. T., U. H. und H. B.

einvernommen wurden. Aus den insgesamt glaubhaften Angaben des Berufungswerbers und der Zeugen sowie

der vorgelegten und in der mündlichen Verhandlung erörterten Dokumente ergibt sich folgender als erwiesen angenommener Sachverhalt:

Die A. W. AG wurde vom Arbeitsinspektorat aufgrund von übermittelten Zeitaufzeichnungen für Dezember 1993 zur Anzeige gebracht. Die strafgegenständlichen Arbeitszeitüberschreitungen wurden nicht ausdrücklich bestritten, die Angaben in der Anzeige konnten daher der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Der Berufungswerber ist Vorstandsmitglied der A. W. AG. Die Aktiengesellschaft hat im Dezember 1993 einen Personalstand von ca. 580 Arbeitnehmern. Das Unternehmen wird vom Vorstand geleitet, welchem in

zwei nachgeordneten Ebenen Bereichs- und Abteilungsleiter untergeordnet sind. Dabei war die Situation im Dezember 1993 dadurch gekennzeichnet,

daß in der 2. Führungsebene Bereichsleiter für die Bereiche Druck, Weiterverarbeitung, Betriebstechnik, EDV und Personal, Finanzen und Controlling sowie beim Marketing und Vertrieb Bereichsleiter für Sonderkunden, Tochtergesellschaften, Materialwirtschaft, allgemeine Verpackung, Qualitätswesen und Verpackungen eingerichtet sind. Einigen von diesen Bereichsleitern unterstehen Abteilungsleitern, die als Führungsebene 3. bezeichnet werden, denen allenfalls eine 4.

Führungsebene zugeordnet ist.

Hier interessieren die Ebenen 2. und 3. In der Ebene 2.

sind folgende entscheidungsgegenständliche

Arbeitnehmer tätig: Ing. K. (Punkt 10), G. L. (Punkt 16), Ing. G. M. (Punkt 20), Ing. F. P. (Punkt 23), W. Schr. (Punkt 27) und K. T. (Punkt 34). Die Abteilungsleiter haben die Aufgabe Personalpläne zu erstellen, sie fordern Personal an, welches vom Personalbüro

beschafft wird. Dabei haben die Abteilungsleiter freie Hand. Die einzige Einschränkung bildet die Notwendigkeit der Personalaufnahme. Die Zustimmung des Vorstandes zu Personalentscheidungen der Abteilungsleiter ist nicht erforderlich. Die Einschulung der Arbeitnehmer mit Ausnahme der Hilfsarbeiter (die ihre Arbeit nach einer äußerst kurzen Einschulungsphase sofort beginnen können) benötigt in der Regel ca. 6 Monate, nach welcher Zeit die Arbeitnehmer erst selbständig einsetzbar sind. Die Personalplanung hat darauf Rücksicht zu nehmen. Ein Maschinenführer ist erst nach zwei Jahren einsatzfähig. Wird eine neue Druckmaschine eingesetzt, werden neben 3 Maschinenführern, 3 Helfern, auch 12 Hilfsarbeiter benötigt. Im Rahmen der Personalplanung werden vom Bereichsleiter die Urlaube der ihm unterstellten Mitarbeiter genehmigt, Überstunden angeordnet und Einstellungen und Kündigungen

veranlaßt. Diese für den Produktionsablauf notwendigen Entscheidungen werden vom Bereichsleiter anhand von kaufmännischen Grundsätzen völlig selbständig gefaßt. Jeder Bereichsleiter hat einen Verdienst von rund S 60.000,-- bis S 70.000,-- brutto. Bereichsleiter können ihre Arbeitszeit frei wählen und entscheiden selbst, ob sie eine Dienstreise durchführen. Die Genehmigung von Dienstreisen durch den Vorstand ist "Formsache".

Die in den Punkten 10.), 16.), 20.) und 23.) genannten Bereichsleiter sind im Bereich Marketing und Vertrieb tätig. Ihr Stellenziel ist mit der "verantwortlichen Leitung des Vertriebsbereiches im Sinne der jeweils gültigen Unternehmensziele" definiert. Ihre Aufgabe ist es, im weitesten Sinne Unternehmenspolitik zu machen, das heißt es werden unternehmerische mittel- bis langfristige Strategien festgelegt, z.B. durch Aushandeln von Rahmenverträgen mit Großkunden auf Jahre hinaus.

Dabei wird die Preisgestaltung vorgenommen, indem der Rahmen festgelegt wird, innerhalb dessen die Mitarbeiter des Marketing- und Vertriebsbereiches die Einzelabschlüsse tätigen. Auf diese Bereichsleiter verteilt sich der Gesamtumsatz des Unternehmens in Höhe von S 1,4 Milliarden. Die Bereichsleiter bestimmen die Reihenfolge der Produktion, sie können Produktionen zugunsten eines anderen Auftrages stoppen, sie bestimmen den zeitlichen Rahmen der Produktion durch Fixierung auch äußerst kurzfristiger Liefertermine, sie halten Rücksprache mit den Produktionsleitern, die in der Regel auf ihre Wünsche einzugehen haben. Erst wenn es diesfalls Probleme gibt, erfolgte die Kontaktaufnahme mit dem Vorstand, der dann die Prioritäten setzt. Den im Bereich Marketing und Vertrieb tätigen Bereichsleitern steht ein Dienstwagen der Klasse Audi 100 zur Verfügung.

W. Schr. (Punkt 27.) war 1993 Bereichsleiter der Produktion. Sein Stellenziel ist mit der "Sicherstellung der bestmöglichen Produktivität unter Berücksichtigung der Kundenqualitätsanforderung und Terminvorgaben" definiert. Der ca. 300 Mitarbeiter umfassende Bereich, dem W. Schr. vorsteht, ist in vier Abteilungen unterteilt.

W. Schr. nimmt dabei neben der gesamten Personalkompetenz die gesamte Produktionsplanung

vor, zu der auch die Planung von beabsichtigten Investitionen und Maschinenumrüstungen gehört. Zur Kompetenz der Produktionsüberwachung im Sinne einer Qualitäts- und Fristenkontrolle gehören auch die Durchführung von Reklamationsgesprächen sowohl mit Kunden als auch innerbetrieblich.

Als Bereichsleiter für den Bereich Betriebstechnik ist K. T. (Punkt 34.) tätig. In dieser Funktion hat er die Aufgabe der Instandhaltung und Neuplanung von Maschinen, Anlagen und Gebäuden sowie der gesamten technischen Infrastruktur. Dazu gehört auch die vorbeugende Instandhaltung, das heißt die laufende Wartung von Maschinen. Bei Neubauten und Umbauten hat er die entsprechenden Behördenkontakte vorzunehmen, Betriebsanlagengenehmigungen und Baugenehmigungen

usw. zu beantragen. In seinen Kompetenzbereich fällt auch die Energieversorgung, Werksschutz und Telefonzentrale, Umweltschutz und Abfallwirtschaft. Ihm sind ca. 40 Mitarbeiter unterstellt. Wie auch die anderen Bereichsleiter kann K. T. seine Dienstzeit frei wählen und ist in dieser Hinsicht keinem Vorgesetzten berichtspflichtig. K. T. hat 1993 den gesamten Zubau einer neuen Fabrikationshalle organisiert, ohne mit dem Vorstand darüber Inhalte abzusprechen. Lediglich die Investitionsentscheidung ist beim Vorstand gefallen. Das Umbauvolumen dieser neuen Fabrikationshalle betrug ca. S 50 Millionen. Nach 1993 hat K. T. innerbetrieblich ein eigenes Wartungssystem eingeführt, das die Lebensdauer der Maschinen wesentlich erhöhte. Dafür hatte er keinen Auftrag, sondern war das seine Entscheidung, um für das Unternehmen Ausfälle im Produktionsablauf durch nichtgewartete Maschinen hintanzuhalten.

Im Unternehmen gab es 1993 insgesamt ca. 30 Mitarbeiter, die als Abteilungsleiter fungierten (Ebene 3.). Diese sind in der Regel an die ihnen vorgegebenen fest definierten Befugnisse gebunden, sie bekommen ihre Aufräge von den Bereichsleitern.

Die auf der Ebene 3. tätigen Mitarbeiter im Bereich Marketing und Vertrieb sind einerseits sogenannte "Salesmanager" und andererseits sogenannte "technical Salesmanager". Die Salesmanager stellen den ersten Kundenkontakt her. Jeder Salesmanager repräsentiert den Kunden innerhalb des Unternehmens. Seine

Wünsche werden als Wünsche des Kunden behandelt.

Die Salesmanager haben zwar keine Anordnungsbefugnisse anderen Abteilungen gegenüber, ihr Geschick bei den Verhandlungen mit den Kunden und mit den anderen Abteilungen des Unternehmens entscheidet aber über den Gesamtumsatz, von dem jeder Salesmanager ca. S 100 Millionen bis S 170 Millionen an Umsatzvolumen verwaltet. Salesmanager bestimmen den Preis der Produkte, dies innerhalb des vom Bereichsleiter vorgegebenen Rahmen. Erst wenn der Preis grenzwertig wird (das bedeutet, daß das Unternehmen keinen Gewinn mehr erwirtschaftet), erfolgt die Kontaktaufnahme mit dem vorgesetzten Bereichsleiter. Die Salesmanager bestimmen ihre Dienstreisen zum Zweck der Kundenbetreuung selbst;

dabei wird für das folgende Jahr ein Terminplan erstellt und dem zuständigen Bereichsleiter vorgelegt, der lediglich in Form von Verbesserungsvorschlägen Rücksprache hält und diese Änderungsvorschläge macht. An diese ist aber der Salesmanager nicht gebunden. Ein Eingriff des Bereichsleiters erfolgt bei Kompetenzabgrenzungen der Salesmanager

untereinander. Die Genehmigung der Dienstreise eines Salesmanagers durch den Vorgesetzten ist "Formsache". Personaleinstellungen können vom Salesmanager nicht vorgenommen werden. Bei Personalbedarf erstellt der Salesmanager einen begründeten Personalwunsch, über den der vorgesetzte Bereichsleiter entscheidet.

Salesmanager verdienen rund S 40.000,-- brutto monatlich. Im Jahr 1993 waren in der Funktion des Salesmanagers P. L. (Punkt 17.), M. Z. (Punkt 37.) und U. P. (Punkt 54.), verheiratete H., tätig. Während Salesmanager die kaufmännische Seite eines Auftrages betreuen, decken technical Salesmanager als Arbeitsvorbereiter die technische Seite ab. Technical Salesmanager stehen den Salesmanagern zur Seite,

dies bereits im Vorfeld zu den Vertragsverhandlungen zwischen Salesmanager und Kunden. Ein

diesbezügliches Einschreiten kann notwendig sein, um vorweg prüfen zu können, ob die gewünschte

Verpackung technisch realisierbar ist (Machbarkeitsprüfung). Dies geschieht eher weniger oft. Ebenso gelegentlich nimmt der Salesmanager Kontakt

mit dem technical Salesmanager auf, wenn der Salesmanager zwar aufgrund seiner Erfahrung die Machbarkeit erkennt, sich aber nicht ganz im Klaren darüber ist, ob das gewünschte Produkt innerhalb des vorgegebenen Preisrahmens hergestellt werden kann.

Der Großteil der Aufgabe des technical Salesmanagers besteht in der Überwachung der Produktion, welche mit arbeitsvorbereitenden Tätigkeiten beginnt. Rückgerechnet vom vereinbarten Liefertermin wird vom technical Salesmanager der Produktionsablauf festgelegt und mit den Produktionsleitern besprochen. Während im Bereich der Tabakverpackungen der Arbeitsablauf in der Regel meist gleichartig ist und sich nur in Kleinigkeiten bei den einzelnen Aufträgen unterscheidet, sind die Verpackungen im Nicht-Tabakbereich technisch

wesentlich komplizierter. Sind Testserien notwendig, ist der technical Salesmanager derjenige, der diese überwacht und bei positivem Abschluß die Druckfreigabe für die Produktion erteilt. Danach erfolgt die Produktion innerhalb des Unternehmens. Tritt während der Produktionsphase ein Fehler auf, der dem Kundenwunsch wesentlich zuwiderläuft, hat der technical Salesmanager die Berechtigung zum Stoppen der Produktion. Hierüber hat er seinem Vorgesetzen Bericht zu erstatten. Gerät aufgrund anderer Lieferverpflichtungen, welche gegenüber dem von einem technical Salesmanager zu betreuenden Auftrag Vorrang haben, die Produktion ins Stocken, hat der technical Salesmanager entweder durch Aufspüren und Ausnützen von eigenen Produktionskapazitäten oder durch Vergabe an Subfirmen den Liefertermin zu wahren. Dies tritt aber nur dann auf, wenn Großkunden mit kurzfristigen Lieferterminen die vorbereitete und geregelte Produktion durchbrechen. Über diese eher selten vorkommende Aufnahme von kurzfristigen Aufträgen der Großkunden entscheidet aber der Bereichsleiter für Marketing und Vertrieb. Im Falle der Subvergabe der Produktion an eine andere Gesellschaft ist der technical Salesmanager seinem Vorgesetzten berichtspflichtig. Technical Salesmanager - soweit hier von Bedeutung - war im Jahr 1993 Herr H. H. (Punkt 6.). Technical Salesmanager haben Gleitzeit, können sich aber innerhalb des Fixbereiches auch frei bewegen, ohne einen Vorgesetzten dazu zu befragen.

Herr Str. (Punkt 32) ist Leiter der Abteilung Papierverarbeitung, welche eine von vier Abteilungen im Bereich der Produktion ist. Zum Produktionsbereich gehören zudem noch die Abteilungen Tiefdruck und Offsetdruck mit jeweils 100 Mitarbeitern und Kartonverarbeitung mit ca. 80 Mitarbeitern. Der Arbeitsplatz des F. Str. als Leiter der Papierverarbeitung ist durch die Sicherung der bestmöglichen Produktivität, durch bestmögliche Planung von Maschinen und Personal unter Berücksichtigung der Kundenqualitätsanforderung definiert.

Die Rechtsbeurteilung ergibt:

Im vorliegenden Fall handelt es sich um Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz. Geltend gemacht wird die Ausnahme nach § 1 Abs 2 Z 8 AZG. Diese Bestimmung

nimmt leitende Angestellte aus, wenn ihnen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen wurden.

Zur Beurteilung der Frage, wann ein Angestellter als leitender Angestellter im Sinne des § 1 Abs 2 Z 8 AZG vom Arbeitszeitgesetzschutz ausgenommen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, daß es nicht darauf ankommt, ob der Betreffende als "Manager der 2. Ebene" zu gelten hat, sondern darauf, ob der Betreffende durch die Übertragung von Führungsaufgaben maßgeblichen Einfluß auf das Gesamtunternehmen hat (siehe auch VwGH vom 28.10.1993, Zl 91/90/0134). Die bloße Anzahl und die Vielfalt der den Betroffenen übertragenen Entscheidungskompetenzen allein wird ebensowenig die Qualifizierung als leitender Angestellter bewirken, wie die eingeräumte Möglichkeit, die eigene Arbeitszeit selbst zu bestimmen. Es wird vielmehr die Gesamtschau aller Befugnisse und deren Auswirkungen auf das Gesamtunternehmen, die Frage der Leitungsfunktion im Sinne des § 1 Abs 2 Z 8 AZG beantworten. Ergibt sich daraus, daß der Angestellte gleichsam einem Unternehmensführer tätig ist, wird die rechtliche Qualifikation als leitender Angestellter im Sinne der Ausnahmebestimmung anzusehen sein. So hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung Zl:

90/19/0318 ausgesprochen, daß ein leitender Angestellter dann anzunehmen ist, wenn wesentliche Teilbereiche eines Betriebes in der Weise eigenverantwortlich geleitet werden, daß hiedurch auf Bestand und Entwicklung des gesamten Unternehmens Einfluß genommen wird. Demnach hat Eigenverantwortlichkeit einen relativen Maßstab: Dem leitenden Angestellten muß ein erheblich größerer Entscheidungsspielraum als anderen Arbeitnehmern eingeräumt sein. Wenn ein Arbeitnehmer neben Leitungstätigkeiten auch mit anderen Tätigkeiten betraut ist, so hängt es davon ab, welche der Tätigkeiten das Schwergewicht bildet.

Aus dem Sachverhalt ist bekannt, daß die in der Führungsebene 2. tätigen Bereichsleiter weittragende Entscheidungen treffen. Dies, ohne sich eine Genehmigung vom Vorstand einzuholen. Sie stellen Personal ein und haben in bezug auf den Gesamtumsatz des Unternehmens eine tragende Bedeutung. Während

den Bereichsleitern das Umsatzvolumen direkt

zuordenbar ist, liegt die unternehmerische Funktion des Produktionsleiters im Anschaffen von Maschinen und im Koordinieren des Produktionsablaufes. K. T. als Leiter der Betriebstechnik übt die Unternehmerfunktion vor allem im Bereich der Neu- und Umbauten wahr, er hat aber auch wesentliche Anteile am Funktionieren des Produktionsablaufes durch Wartung und Instandhaltung von Maschinen, welchen Bereich K. T.

eigenverantwortlich betreut. Auch aus dem nur im "Streitfalle" einschreitenden Verhalten des Vorstandes läßt sich eine Ausübung von Unternehmensfunktionen durch die Bereichsleiter schließen. In dieselbe Richtung zeigt auch die den Bereichsleitern Marketing und Vertrieb zugehörigen Kompetenzen der Unternehmenspolitik und die mittel- und langfristige Planung der Unternehmensentwicklung. Daraus wird vom

Unabhängigen Verwaltungssenat der Schluß gezogen,

daß die im Bereich der Ebene 2. tätigen Bereichsleiter jedenfalls als leitende Angestellte zu gelten haben. Dies ist vom Konzept des Unternehmensaufbaues hinsichtlich der Abteilungsleiter (Ebene 3.) nicht immer der Fall. Während die Salesmanager durch Auftragsentgegennahme, Kundenkontakte und Preisgestaltung auf Bestand und Entwicklung wesentlichen Einfluß haben, trifft dies bei den anderen Abteilungsleitern der Ebene 3. nicht zu. Jeder Salesmanager verwaltet einen Jahresumsatz in der Größenordnung zwischen S 100 und S 170 Millionen,

dies entspricht einem ca. 10 %-igen Umsatzvolumen. Die leitende Funktion der Salesmanager, welche vom Unabhängigen Verwaltungssenat als maßgeblich im Sinne der Ausnahmebestimmung empfunden wird, liegt

im Auftreten nach außen, im selbständigen Preisverhandeln, in der Pflege der Kundenkontakte, in der selbständigen Kalkulation und der kaufmännischen Beurteilung der bis S 4,5 Millionen umfassenden Abschlüsse. Dies bedeutet ebenfalls eine Stellung als leitender Angestellter.

Demgegenüber sind insbesondere die technical Salesmanager keine leitenden Angestellten im Sinne des § 1 Abs 1 Z 8 AZG. Ihnen fehlt die Maßgeblichkeit für das Gesamtunternehmen. Sie betreuen die Kunden in technischer Hinsicht, sie wickeln den Produktionsablauf als Arbeitsvorbereiter durch Vorgabe der einzelnen Termine im Durchführen der Aufträge ab, beginnend von der Prüfung der Machbarkeit einer gewünschten Verpackung bis zum Ausliefern; sie haben auch die Berechtigung zum Abbrechen eines in Produktion befindlichen Druckauftrages, doch ist damit - auch aufgrund des seltenen Auftretens dieses Falles - in Ansehung des Gesamtumsatzes keine Maßgeblichkeit zu erblicken. Ihr Anteil am Gesamtumsatz bewegt sich im Bereich von S 7 - S 20 Millionen, das sind ca. 0,5 - 2 % des Gesamtjahresumsatzes. Gegenüber den Salesmanagern ist die Funktion der technical Salesmanager eher als untergeordnet zu betrachten, weil technical Salesmanager erst auf Vorgaben der Vertragspartner reagieren bzw. erst aufgrund einer Anfrage der Salesmanager die Machbarkeit beurteilen. Ihr Entscheidungsspielraum ist somit ein eingeschränkter. Da die Salesmanager die Grundzüge der technischen Entwicklung aufgrund ihrer Erfahrung beherrschen, treten die Fälle der Machbarkeitsprüfung sowie der Fall einer Produktionsunterbrechung wegen auftretender Fehler

eher selten auf. Verpackungen, insbesondere im Zigarrettenbereich, ändern sich bloß geringfügig, sodaß der technical Salesmanager diesbezüglich keine grundsätzlichen Entscheidungen zu treffen hat. Technical Salesmanager sind zugegebenermaßen zwar wichtige Glieder in der Kette des Produktionsablaufes, sie sind aber nicht als leitende Angestellte zu betrachten, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen wurden. Schließlich besteht der Hauptteil ihrer Arbeit im Organisieren des Produktionsablaufes innerhalb vorgegebener, bereits geregelter und eingespielter Bahnen. Unternehmerische Entscheidungen, wie das Stoppen der Produktion, sind eher selten. Dazu kommt, daß sie hinsichtlich dieser Entscheidungen berichtspflichtig sind.

Aus der Gesamtkonzeption des Unternehmens, wonach

die Abteilungsleiter der Ebene 3. grundsätzlich keine maßgeblich leitenden Aufgaben übertragen erhielten, ist auch der Schluß zulässig, daß der Leiter der Papierverarbeitung kein leitender Angestellter im Sinne des § 1 Abs 2 Z 8 AZG ist. So sind ihm 40 Mitarbeiter unterstellt, und hat er die Personalführung dieser Mitarbeiter durchzuführen, doch hat er nicht die Möglichkeit Personaleinstellungen vorzunehmen. Er hat danach zu trachten, den Produktionsablauf in der Papierverarbeitung aufrechtzuerhalten, doch hat er mit seinen rund 40 Mitarbeitern in bezug auf die in der Produktion tätigen Gesamtanzahl der Arbeitnehmer (ca. 300) einen eher untergeordneten Rang. Ihm ist zudem Herr Schr. als Bereichsleiter übergeordnet, demgegenüber er weisungsgebunden ist. Aus diesem Grunde kommt der Unabhängige Verwaltungssenat auch

beim Leiter der Papierverarbeitung zum Ergebnis, daß es sich dabei um keinen leitenden Angestellten im Sinne des § 1 Abs 2 Z 8 AZG handelte. Zudem kommt, daß der Berufungswerber in bezug auf diesen Mitarbeiter keine hinreichenden Beweise für die Maßgeblichkeit dessen Führungsaufgabe angeboten bzw. dargelegt hat.

Die Berufung war daher sowohl beim technical Salesmanager, H. H., als auch beim Leiter der Papierverarbeitung, St., abzuweisen.

Die Strafhöhe wurde zwar nicht gesondert angefochten, doch entspricht diese aufgrund der doch massiven Übertretungen bei H. H. am 14.12.1993 insgesamt 12,83 Stunden und am 15.12.1993 insgesamt 14,62 Stunden Arbeitszeit sowie bei St. 11,17 Stunden

Arbeitszeit am 15.12.1993 durchaus dem vorgegebenen Strafrahmen, der sich zwischen S 300,-- und S 6.000,-- bewegt. Dies auch unter Berücksichtigung der beim Berufungswerber bestehenden Unbescholtenheit und des von ihm angegebenen als überdurchschnittlich zu bezeichnenden Einkommens und Vermögens.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
leitende Angestellte dritte Führungsebene Abteilungsleiter
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten