TE UVS Wien 1997/07/03 02/14/56/95

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Veröffentlicht am 03.07.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Findeis über die Beschwerde nach § 67a Abs 1 Z 2 AVG der R-AG vom 13.9.1995, vertreten durch Rechtsanwalt, entschieden:

Die Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wird gemäß § 67c Abs 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschwerde vom 13.9.1995 begehrte die Beschwerdeführerin die von Organen der Österreichischen Nationalbank bei den nachfolgenden Banken durchgeführten Nachschauen bzw Konteneinsichten und Belegeinsichten aufgrund von Übermittlungen, nämlich bei der A-AG (ATS-Konto), G-AG (ATS-Konto, ATS-Festgeld, Fremdgeldkonten) und B-AG (ATS-Konto und Fremdwährungskonto) für rechtswidrig zu erklären, in eventu die bei den angeführten Banken auf den Schilling-Konten durchgeführten Nachschauen bzw Konteneinsichten und Belegeinsichten aufgrund von Übermittlungen, nämlich der A-AG (ATS-Konto), G-AG (ATS-Konto, ATS-Festgeld) und der B-AG (ATS-Konto) für rechtswidrig zu erklären.

Die Beschwerdeführerin, Inhaberin einer Devisenhandelsermächtigung eingeschränkt auf Wechselstuben und einer Devisenhandelsermächtigung auf bestimmte Hilfsgeschäfte beim Depotgeschäft usw (nicht aber Inhaberin einer umfassenden Devisenhändlerermächtigung) und Besitzerin einer Bankkonzession für das Devisen- und Valutengeschäft, das Effekten- und Depotgeschäft, das Diskontgeschäft und - eingeschränkt - für das Einlegengeschäft und für das Giro- und Kreditgeschäft, befinde sich seit längerer Zeit mit der Österreichischen Nationalbank in einigen Rechtsstreitigkeiten; jene habe die Erweiterung der Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin zu verhindern versucht bzw habe auch Erweiterungsanträge der Devisenhändlerermächtigung aus unsachlichen Gründen abgelehnt: Schon während des Verfahrens, das zur Erlassung des am 30.3.1995 zugestellten Bescheides (RECHT 1/53a/1995) führte, habe die Beschwerdeführerin im Gerüchteweg erfahren, daß die Österreichische Nationalbank bei den Korrespondenzbanken der Beschwerdeführerin im Inland versuche telefonisch Auskünfte einzuholen. Mit Erfolg habe die Beschwerdeführerin diese Banken überzeugen können, daß diese Banken ungeachtet derartiger Wünsche der Österreichischen Nationalbank der Beschwerdeführerin gegenüber entsprechend § 38 BWG zur Wahrung des Bankgeheimnisses verpflichtet seien. Anläßlich einer Akteneinsicht am 5.9.1995 habe die Beschwerdeführerin jedoch feststellen müssen, daß die Österreichische Nationalbank zwar nicht aufgrund telefonischer Aufforderungen, wohl aber aufgrund von Ersuchsschreiben Einsicht in die oben genannten Bankkonten erhalten habe. Lediglich die C habe sich einer derartigen Auskunft bzw Einsichtbewilligung enthalten und einen Bescheid verlangt.

Durch die von der Österreichischen Nationalbank auf formloses, wenngleich schriftliches Ersuchen durchgeführten Einsichten sei rechtswidrig in das Recht der Beschwerdeführerin auf Wahrung des Bankgeheimnisses (§ 38 BWG) eingegriffen worden. Da diese Eingriffe in die Rechte der Beschwerdeführerin, insbesondere in das Recht der Geheimhaltung dem Bankgeheimnis unterliegender Tatsachen durch die Österreichische Nationalbank erfolgt seien, stelle dies der Beschwerdeführerin gegenüber einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar.

Die Österreichische Nationalbank sei durch den ihr durch die Präambel zum DevG 1946 übertragenen Aufgabenkreis eine Behörde (§ 7 NBG). Sie habe daher prinzipiell die Verwaltungsverfahrensgesetze anzuwenden und jedenfalls auch beim Eingriff in die Rechte der Beschwerdeführerin nicht nur ein formloses Ersuchschreiben an Korrespondenzbanken zu erlassen, sondern diese Angelegenheit mit Bescheid zu erledigen, wobei sowohl die Beschwerdeführerin als auch die Korrespondenzbanken Bescheidadressaten seien.

Der Beschwerdeführerin sei bekannt, daß sich die Österreichische Nationalbank bei solchen Gelegenheiten häufig auf § 20 Abs 1 DevG berufe. Dann scheine aber von vornherein die Öffnung ihrer auf Schilling lautenden Konten bei den Korrespondenzbanken keinesfalls gedeckt. Für die Daten der Devisenstatistik seien die Konten offenbar ohne Bedeutung, abgesehen davon wäre entsprechend § 20 Abs 1 letzter Satz DevG nur eine anonymisierte Weitergabe zulässig. Außerdem sei dieses Verlangen stets in Form eines Bescheides zu stellen und nicht in Form schlichter Wünsche, oder - wie hier - durch einfaches Schreiben an die Korrespondenzbanken. Darüberhinaus sei durch § 38 BWG, soweit das Bankgeheimnis reiche, der Österreichischen Nationalbank die entsprechende Einsicht oder Informationseinholung verwehrt. Der im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.10.1994, 94/17/0297 vertretenen Rechtsansicht (§ 20 Abs 1 DevG sei, auch wenn der Vorbehalt zugunsten des Devisengesetzes im BWG (offenbar versehentlich) nicht mehr enthalten sei, von den Bestimmungen des BWG über das Bankgeheimnis unberührt geblieben) könne die Beschwerdeführerin nicht beitreten.

Unabhängig davon erweise sich aber der Eingriff, weil er über den Bereich des § 20 Abs 1 DevG jedenfalls hinausgehe und auch österreichische Schillingkonten umfasse, als gesetzlich nicht gedeckt.

Die Österreichische Nationalbank erstattete unter gleichzeitiger Vorlage eines Kopienaktes eine Gegenschrift, worin sie die Zurückweisung der Beschwerde, in eventu deren Abweisung beantragte.

Zu den konkret in Beschwerde gezogenen Bucheinsichten führte die belangte Behörde aus, daß sie von ihren beiden Prüforganen Mag P und Mag Re, nach vorangegangener mündlicher Aufforderung an die jeweiligen Kreditinstitute, vorgenommen worden seien. Die Einsichtnahmen haben am 15.3.1995 bei der A-AG, am 22.3. und 19.4.1995 bei der B-AG und am 20.3., 27.3. 25.4. und 26.4.1995 bei der G-AG stattgefunden. Diese Bucheinsichten (Einsichtnahmen in Konten und Belege) seien mit Einwilligung der betreffenden Kreditinstitute vor Ort erfolgt. Weder von der Österreichischen Nationalbank noch von den beiden Prüforganen sei den Kreditinstituten gegenüber auch nur irgendwie Zwang ausgeübt worden. Nach Vorliegen des Berichtes über die Ergebnisse dieser Erhebungen sei Wolfgang R am 5.9.1995 als Beteiligter vernommen worden. Gegenstand der Einvernahme seien die im Zuge der Erhebungen aufgetretenen Fragen gewesen. Die C, auch eine Korrespondenzbank der Beschwerdeführerin, sei der formlosen Aufforderung der Österreichischen Nationalbank um Bucheinsicht (zunächst) mit der Begründung, dieser Aufforderung erst nach Erlassung eines diesbezüglichen Bescheides Folge zu leisten, nicht nachgekommen. Daraufhin habe die Österreichische Nationalbank den Bescheid vom 26.8.1995, RECHT 2/471b/1995 erlassen. Die Erhebungen bei der C seien nach Bescheidzustellung und Terminvereinbarung am 13.9.1995 begonnen worden.

Die belangte Behörde führte weiters aus, daß nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte nur solche Verwaltungsakte unter den Begriff "Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt" fielen, die dem Befehlsadressaten bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion androhten (VfSlg 9922/1984, 11656/1988, 11878/1988, 13156/1992), nicht aber Aufforderungen (zB Mitwirkung am "Alkotest" und Duldung der Blutabnahme; VwSlg 13100A/1990), bei denen es dem Betroffenen unter der allfälligen Sanktion... eine Verwaltungsübertretung zu begehen.. freistehe kein Folge zu leisten, oder Verwaltungsakte, die mit Zustimmung/Einwilligung der von der Amtshandlung betroffenen Person gesetzt worden seien.

Die belangte Behörde macht weiters geltend, daß sie gemäß § 20 Abs 1 DevG von jedermann Auskünfte und Meldungen über devisenwirtschaftlich erhebliche Umstände, Geschäfte und Handlungen sowie die Vorlage von Büchern und sonstigen Belegen verlangen dürfe, soweit dies ua für die Überwachung der Einhaltung der devisengesetzlichen Vorschriften erforderlich sei. Die Nichtbeachtung dieser Aufforderung stelle, gleichviel, ob sie in Bescheidform oder formlos ergangen sei (VwSlg 1765 F/1958, 1909 F/1958), eine Verwaltungsübertretung dar.

Die um Auskunft und Vorlage von Büchern und Belegen ersuchten Personen können - mit Einwilligung der Österreichischen Nationalbank - dem auch dadurch nachkommen, daß sie die Prüforgane der Österreichischen Nationalbank in die betreffenden Unterlagen Einsicht nehmen lassen (VwSlg 1765 F/1958). Die Einsichtnahme/Prüfung von Unterlagen vor Ort durch Organe der Österreichischen Nationalbank stelle sich somit als eine Form der Auskunftserteilung durch die auskunftspflichtige Person dar. In den gegenständlichen Prüfungsfällen sei weder von der Österreichischen Nationalbank noch von den Prüfungsorganen physischer Zwang angewendet oder auch nur angedroht worden; dies sei auch nicht in der Beschwerde behauptet worden. Die (formlosen) Aufforderungen zur Auskunftserteilung und Unterlagenvorlage gemäß § 20 DevG stellen keinen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar.

Der Österreichischen Nationalbank selbst sowie ihren Organen kommen keine Befugnisse zur Ausübung von Zwangsgewalt, wie etwa Vornahme einer Hausdurchsuchung oder Beschlagnahme oder gewaltsames Betreten von Räumlichkeiten zu.

Im Weigerungsfall könne die Beantwortung des Auskunftsersuchens sowie die Vorlage der erbetenen Unterlagen nur im Wege eines Verwaltungsvollstreckungsverfahrens erzwungen werden. Keines der um Auskunftserteilung ersuchten Kreditinstitute wäre im Weigerungsfall auch nur irgendwie Gefahr gelaufen, unmittelbar, dh ohne Dazwischentreten weiterer Verwaltungsakte, physischem Zwang unterworfen zu werden. Die in Rede stehenden Kreditinstitute hätten die Auskunftserteilung (in Form der Gestattung der Bucheinsicht vor Ort) jederzeit, etwa im Falle von Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Auskunftsersuchen, ablehnen können, wie dies im Falle der C geschehen sei. Die genannten Institute haben aber - in freier Entscheidung, ohne unmittelbaren Befehl oder Zwang ausgesetzt gewesen zu sein - die Auskunft erteilt. Die Einsichtnahme in die beschwerdegegenständlichen Konten und Belege sei mit Einwilligung des jeweils kontoführenden Kreditinstitutes erfolgt und stelle auch keinen Befehls- oder Zwangsakt gegen die Beschwerdeführerin dar. Durch die Auskunftserteilung/Bucheinsichtsgewährung seitens der in Rede stehenden Kreditinstitute bzw durch die mit Einwilligung dieser Institute vorgenommene "Nachschauen, Kontoeinsichten und Belegeinsichten" seitens der Prüforgane der Österreichischen Nationalbank seien der R-AG gegenüber weder Befehls- noch Zwangsakte gesetzt worden. Aber selbst wenn gegen die Kreditinstitute unmittelbare Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt worden wäre, läge kein gegen die Beschwerdeführerin gerichteter Zwangsakt vor.

Bezugnehmend auf die in der Gegenschrift enthaltene Sachverhaltsdarstellung replizierte die Beschwerdeführerin hinsichtlich der in Beschwerde gezogenen Konteneinsichtnahmen, daß die belangte Behörde sohin eingestehe, daß die Prüforgane der OeNB, Mag P und Mag Re, bloß nach mündlicher Aufforderung bei den jeweiligen Kreditinstituten tätig geworden seien. Die Beschwerdeführerin erachte aber die Ansicht, es wäre kein Zwang ausgeübt worden verfehlt: Zwar sei der belangten Behörde zuzugeben, daß im allgemeinen Eingriffe im Rechte nur dann Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt sein können, wenn solche Eingriffe mit einem Befehl verbunden seien, allenfalls auch mit der ausgesprochenen oder unausgesprochenen Drohung verbunden, daß Zwang zur Durchsetzung dieses Befehls gebraucht werde oder unmittelbarer Zwang ausgeübt werde. Es komme aber nicht darauf an, ob eine Person, die tatsächlich Zugang zu irgendwelchen Rechten Dritter habe, diesen Zugang gestatte. Entscheidend sei (siehe VfGH Slg 10.409/85), daß bei einem Eingriff in ein bestehendes Recht, sich dieser nicht auf Verhaltensweisen beschränke, wie sie üblicherweise auch von Privatpersonen unbeanstandet gesetzt werden können. Läge nämlich ein derartiger "Eingriff" vor, so sei ein Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt nicht gegeben. Wenn aber vorliegendenfalls ohne Genehmigung des Geheimnisherren der Eingriff erfolge, liege ein Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt vor. Genauso, wie es in dem Fall, der dem oben genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zugrundeliege, gleichgültig gewesen wäre, ob Passanten oder Grundstückspächter den dort gegenständlichen Eingriffen des Bundesheeres zugestimmt hätten, sei es auch im vorliegenden Fall gleichgültig, daß die Organe oder Bediensteten der A-AG bzw der B-AG möglicherweise auch ohne einen gegen sie oder ihr Institut gerichteten angedrohten Zwang diese Maßnahmen zuließen. Es komme nicht auf den Willen dieser Banken, sondern jedenfalls auch auf die Zustimmung des durch den durch dieses Geheimnis Geschützten, also jedenfalls auch auf die Zustimmung der R-AG als Kontoinhaberin an. Es sei unzweifelhaft, daß § 38 BWG auch ein subjektives Recht des Bankkunden schaffe (Laurer RZ 6 zu § 38 BWG). Dies äußere sich schon darin, daß gemäß § 101 BWG die Bestrafung der Durchbrechung des Bankgeheimnisses nur auf Antrag des in seinem Interesse an der Geheimhaltung Verletzten zu verfolgen sei. Ebenso äußere sich dies darin, daß der Geheimnisherr berechtigt sei, der Offenbarung zuzustimmen (§ 38 Abs 2 Z 5 BWG). Eine Zustimmung der Bank als solche sei klarerweise bedeutungslos. Ob eine Bankgeheimnisdurchbrechung zulässig sei oder nicht, bestimme sich vorliegendenfalls nach dem DevG und AVG. Die Eingriffe durch Verwaltungsbehörden dürfen nur durch Bescheide erfolgen, deren Adressaten sich nach § 8 AVG richten.

Der von der belangten Behörde angeführte Fall der Atemluftkontrolle könne hier nicht herangezogen werden, da der Lenker nur über sein eigenes Recht verfüge und niemand ein Recht darauf habe, daß der Atem eines Dritten von der Behörde nicht überprüft werde.

Wenn das Gesetz ein Institut wie das Bankgeheimnis schaffe, müssen für die Verwaltung feststellbare Ausnahmen von der für die Bank bestehenden Pflicht, keine Information herauszugeben, ausdrücklich im Gesetz vorgesehen sein. Schon deshalb sei der Verweis auf das Erkenntnis Slg 1909 F/1958 verfehlt, da damals kein gesetzlich angeordnetes Bankgeheimnis (mit taxativ aufgezählten Durchbrechungsgründen) der Rechtsordnung immanent gewesen sei. Die Notwendigkeit eines Bescheides ergebe sich auch daraus, daß der Österreichischen Nationalbank eben nicht die Möglichkeit der Erlassung von Akten der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt eingeräumt sei, wie dies etwa durch Art II Abs 6 Z 5 EGVG ausgenommen sei. Die Befugnis könne daher stets nur durch einen Bescheid ausgeübt werden, der sowohl der jeweiligen Bank, von der etwas erfahren werden soll, als auch dem Kontoinhaber als dem Geheimnisherren zugestellt werden, sodaß diese Person auch die Möglichkeit einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen derartige Maßnahmen habe. Andernfalls würde das Bankgeheimnis im Rahmen des öffentlichen Rechtes überhaupt schutzlos zurückbleiben. Hätte der Gesetzgeber den Wunsch gehabt, auch Schillingkonten einer Kontrolle zu unterwerfen, so hätte er dies in § 20 Abs 1 DevG ausdrücklich verankert. Auch aus diesem Grund sei der Vorgang eine unberechtigte Ausübung der Befehls- und Zwangsgewalt durch die Österreichische Nationalbank.

Unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens im Zusammenhalt mit der von der Beschwerdeführerin im wesentlichen unbestritten gebliebenen Sachverhaltsdarstellung der belangten Behörde zur Konteneinsichtnahme, erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat Wien nachstehenden Sachverhalt als erwiesen:

Die beiden Prüforgane Mag P und Mag Re der Österreichischen Nationalbank nahmen, nachdem die belangte Behörde zuvor mündliche, auf devisengesetzliche Bestimmungen gestützte, Auskunftsverlangen an die betreffenden Kreditinstitute gerichtete hatte, ohne Zustimmung der Beschwerdeführerin, Einsicht in deren nachgenannten Konten und Belege; am 15.3.1994 bei der A-AG (ATS-Konto), am 22.3. und 19.4.1995 bei der B-AG (ATS-Konto und Fremdwährungskonto) sowie 20.3, 27.3., 25.4. und 26.4.1995 bei der G-AG (ATS-Konto, ATS-Festgeld, Fremdgeldkonten). Die Unterlagen dazu wurden von den ersuchten Kreditinstituten jeweils freiwillig den Prüforganen zur Einsichtnahme in den Räumen des jeweiligen Kreditinstitutes ausgehändigt. Anläßlich der mündlichen Verhandlung am 5.9.1995 gelangte dies der Beschwerdeführerin zu Kenntnis.

Dazu wurde erwogen:

Gemäß § 67c AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden nach § 67a Abs 1 Z 2. Solche Beschwerden sind innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, einzubringen (§ 67c Abs 1 AVG).

Die Österreichische Nationalbank übt, soweit sie mit der

Durchführung des DevG und der dort geregelten Devisen- und

Goldbewirtschaftung - als Angelegenheit des Geldwesens im Sinne

des Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG - betraut ist, behördliche Aufgaben und

zwar hoheitliche Funktion der mittelbaren Bundesverwaltung aus (SZ

54/19 = JBl 1981, 649 = ZVR 1982/24; VfSlg 9238/1981, 5729/1968;

VwGH JBl 1988, 667 =ZfVB 1989/2/422, OGH 17.10.1995, 1 Ob 8/95

ua).

Die in Beschwerde gezogenen Maßnahmen der Österreichischen Nationalbank sind daher als Verwaltungsakte zu beurteilen. Die Beschwerdeführerin erhielt erst am 5.9.1995 Kenntnis davon. Die Beschwerde wurde daher rechtzeitig erhoben.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl 13.12.1988, Slg Nr 11935) ist Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen eine behauptete "faktische Amtshandlung", daß sie gegen die Anwendung von Gewalt oder gegen eine normative Anordnung (bei deren Nichtbefolgung mit einer unmittelbaren Sanktion gerechnet werden mußte) gerichtet ist; es wird daher insoweit die "Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch" gefordert. Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes (vgl VwGH 6.12.1993, Zl 92/17/0284) ist physischer Zwang oder unmittelbare Befehlsgewalt Voraussetzung für die Wertung einer Amtshandlung als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (siehe VwGH 20.12.1996, Zl 96/02/0284). Der Beschwerdeführerin ist beizupflichten, daß es grundsätzlich nicht auf die Zustimmung unbeteiligter Dritter, sondern auf die unmittelbare Betroffenheit Berechtigter (vgl VfGH 15.3.1995, B 504/81, SlgNr 10409; Grundeigentümer) ankommt.

Allerdings ist der diesem Erkenntnis zugrundeliegende Sachverhalt mit dem vorliegenden nicht vergleichbar, besteht doch kein Zweifel darüber, daß das "Besetzen eines Geländes zu Übungszwecken durch eine Einheit des Bundesheers" - im konkreten Fall wurden Erdgruben ausgehoben und Sträucher durch Abhacken von Ästen beschädigt - Ausübung von Zwang darstellt, selbst wenn sich die Angehörigen des Bundesheers den Zutritt in das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Gelände ohne Gewaltanwendung und nicht aufgrund eines unverzüglich fordernden) Befehls verschafft haben, da dieses gerügte Verhalten nicht auf Verhaltensweisen beruhte, wie sie üblicherweise auch von Privatpersonen unbeanstandet gesetzt werden können.

Die Beschwerdeführerin übersieht auch, daß selbst im Falle der Abwesenheit der Person, die durch den Verwaltungsakt in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, dem Verhalten anwesender Dritter bedeutendes Gewicht beizumessen ist:

vgl VfGH 25.11.1991 B 1085/90 hinsichtlich einer behaupteten Hausdurchsuchung, die in Abwesenheit der Beschwerdeführerin vorgenommen wurde. Da die Schwiegermutter der Beschwerdeführerin, die der deutschen Sprache kaum fähig war, freiwillig die Nachschau betreffend den Gesuchten in der Wohnung der Beschwerdeführerin gestattete, entbehrte diese Amtshandlung nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes (siehe VfSlg 5738/1969, 6696/197) eines (normativen) Zwangscharakters und wurde deshalb nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person gerichteter Verwaltungsakt (im Sinne des Art 144 Abs 1 Satz 2 B-VG) gewertet.

Im vorliegenden Fall wurden die Unterlagen bezüglich der genannten Konten der Beschwerdeführerin, nicht wie im oben angeführten Fall von einer der deutschen Sprache nicht sehr kundigen Familienangehörigen, sondern von Organen oder Beschäftigten des jeweiligen Kreditinstitutes, also jedenfalls von Personen, die Normadressat der Verschwiegenheitspflicht des § 38 Abs 1 BWG sind, zur Einsichtnahme im betreffenden Kreditinstitut ausgehändigt. Die von der Beschwerdeführerin vertretene Rechtsansicht, es wäre im vorliegenden Fall gleichgültig, ob diese Personen diese Maßnahme (auch ohne einen gegen sie oder ihr Institut gerichteten angedrohten Zwang) zuließen, ist verfehlt:

Die Kreditinstitute, ihre Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigte sowie sonst für Kreditinstitute tätige Personen dürfen gerade nicht autoritätsgläubig derartigen Auskunftsersuchen Folge leisten, liefen sie doch sonst Gefahr einer gerichtlichen Strafe nach § 101 BWG oder hätten sie allenfalls noch zivilrechtliche Ansprüche des Kunden zu gewärtigen, weshalb sie aus eigenem die "devisenwirtschaftliche Relevanz" eines Auskunftsersuchens der Österreichischen Nationalbank zu beurteilen haben, um etwaige überschießende Auskunftsverlangen berechtigterweise zurückzuweisen.

In den vorliegenden Fällen haben die für die jeweiligen Korrespondenzbanken tätigen Personen unbestritternmaßen die Einsichtnahme in die Konten der Beschwerdeführerin aus freiem Willen gestattet. Es wäre diesen freigestanden diesem Auskunftsverlangen nicht Folge zu leisten. Die Ausübung bzw Androhung physischer Gewalt der Prüforgane mit dem Ziel ihrer Aufforderung zum Durchbruch zu verhelfen, wird selbst von der Beschwerdeführerin nicht behauptet, weshalb im Lichte der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die in Beschwerde gezogenen Verwaltungsakte der Österreichischen Nationalbank nicht als Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu beurteilen sind.

Die Beschwerde war daher - ohne Erörterung der von der Beschwerdeführerin bezweifelten Rechtmäßigkeit der Auskunftsverlangen - als unzulässig zurückzuweisen. Die obsiegende belangte Behörde hat Aufwandersatz nicht angesprochen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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