TE UVS Wien 1997/07/10 07/L/37/297/96

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Veröffentlicht am 10.07.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Rotter über die Berufung des Herrn Hermann N, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 23. Bezirk, vom 28.6.1996, Zl MBA 23-S 3771/96, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß nach der Wortfolge "im Sinne des § 9" die Wortfolge "Abs 2" eingefügt wird und die übertretene Norm zu lauten hat:

"§ 74 Abs 5 Z 2 Lebensmittelgesetz - LMG 1975, BGBl 86/1975 in Verbindung mit § 6 Abs 1 lit a der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz über tiefgefrorene Lebensmittel BGBl Nr 201/1994 vom 8.3.1994".

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von S 300,--, das sind 20% der verhängten Strafe, zu leisten.

Text

Begründung:

Am 20.12.1995 wurde von Kontrollorganen des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 59 - Marktamtsabteilung für den GWI in der GWI-Halle der Firma R-GesmbH in Wien, L-straße eine Probe, nämlich eine Packung "Hafermastgans, tk ung" mit einem Bruttogewicht von 3680 Gramm gezogen, welche in der Folge von der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung in ihrem Gutachten vom 12.2.1996 folgendermaßen beurteilt wurde: Die Überprüfung der vorliegenden Probe hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmung der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel, BGBl Nr 201/1994, habe ergeben, daß die Angabe gemäß § 6 Abs 1 lit a, nämlich die Ergänzung der Sachbezeichnung durch einen der folgenden Ausdrücke "tiefgefroren", "Tiefkühlkost", "tiefgekühlt" oder "gefrostet" gefehlt hätten; die Angabe "gefroren" auf der Verpackung entspreche nicht dem Wortlaut der Verordnung. Mittels Strafverfügung vom 18.4.1996, mit welcher über den bekanntgegebenen verantwortlichen Beauftragten der R-GesmbH, Herrn Hermann N, eine Geldstrafe von S 1.500,-- sowie für den Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt wurde, leitete die erstinstanzliche Behörde ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des § 6 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz über tiefgefrorene Lebensmittel in Verbindung mit dem Lebensmittelgesetz ein.

Diese Strafverfügung beeinspruchte der nunmehrige Berufungswerber mit einer ausführlichen Begründung. - Die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung gab mit Schreiben vom 25.5.1996 bekannt, daß gemäß § 6 Abs 1 lit a der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel die handelsübliche Sachbezeichnung durch einen der folgenden Ausdrücke zu ergänzen sei:

"tiefgefroren", "Tiefkühlkost", "tiefgekühlt" oder "gefrostet". Dies bedeute, daß auf der Verpackung eines tiefgekühlten Lebensmittels eines der vier oben genannten Worte aufscheinen müsse. Von Synonymen oder sonst gleichwertigen Angaben sei in der zitierten Verordnung nicht die Rede. Das Wort "gefroren" werde in der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel nicht erwähnt. -

Zu diesem Schreiben gab der nunmehrige Bw am 19.6.1996 eine Stellungnahme ab, der er auch eine Kopie eines Schreibens der Wirtschaftskammer Österreich an alle Mitglieder des Arbeitskreises "Eier-Wild-Geflügel" sowie an "alle LGr des Lebensmittelhandels" vom 26.3.1996 anschloß, wonach es für tiefgekühlte Lebensmittel vier Möglichkeiten für eine korrekte Sachbezeichnung gebe, nämlich "gefrostet", "tiefgefroren", "tiefgekühlt" und "Tiefkühlkost". In jedem Fall müsse der Hinweis "Nicht wieder einfrieren" vorhanden sein. Bei Beanstandungen des Marktamtes nur wegen der Bezeichnung "gefroren" statt einer der angegebenen Punkte werde angeraten, eine Verfahrenseinstellung wegen geringem Verschulden zu beantragen.

Die erstinstanzliche Behörde erließ daraufhin das Straferkenntnis vom 28.6.1996 zur Zahl MBA 23 - S 3771/96 mit folgendem Spruch:

"Sie haben als verantwortlich Beauftragter im Sinne des § 9 VStG 1991 der R-Gesellschaft mbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft mit dem Sitz in Wien in dem Betrieb in Wien, L-straße/GWI/Halle am 20.12.1995 verpackte tiefgefrorene Lebensmittel und zwar eine Packung der Ware "Hafermastgans, Tk, ung" mit einem Bruttogewicht von 3680 g gelagert und somit in Verkehr gebracht hat, die insoferne nicht entsprochen hat, da das folgende Kennzeichnungselement der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel fehlte bzw mangelhaft war:

.) die Ergänzung zur handelsüblichen Sachbezeichnung durch einen der folgenden Ausdrücke: "tiefgefroren, "Tiefkühlkost", "tiefgekühlt" oder "gefrostet" (§ 6 Abs 1 lit a).

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 74 Abs 5 Ziffer 1 in Verbindung mit §§ 10 Abs 1 und 19 Abs 1 des Lebensmittelgesetzes - LMG 1975, BGBl Nr 86/1975 in Verbindung mit

§ 6 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz über tiefgefrorene Lebensmittel, BGBl Nr 201/1994 vom 18.3.1994.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Eine Geldstrafen von Schilling 1.500,--, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, gemäß § 74 Abs 4 LMG.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

150,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich 200 S angerechnet); 650,-- Schilling als Ersatz der Barauslagen für Untersuchung durch die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 2.300,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

Begründend wurde nach Anführung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen sowie des Verfahrensablaufes ausgeführt, daß aus den oben zitierten Gesetzestexten eindeutig hervorgehe, daß lediglich die Ausdrücke "gefrostet", "tiefgefroren", "tiefgekühlt" oder "Tiefkühlkost" zulässig seien. Dies werde auch in dem vom Berufungswerber vorgelegten Schreiben der Wirtschaftskammer eindeutig festgehalten. Der in diesem Schreiben beinhalteten Empfehlung, bei Beanstandung durch das Marktamt wegen Verwendung des Wortes "gefroren" eine Einstellung wegen geringen Verschuldens zu beantragen, könne hier nicht gefolgt werden, da einerseits mehrere Anzeigen wegen des genannten Deliktes bei der Behörde eingelangt seien und andererseits aus dem Einspruch und der danach folgenden Stellungnahme hervorgehe, daß der Beschuldigte sein Fehlverhalten nicht einsehe und bei der Einstellung des Verfahrens mit Wiederholungen des Verhaltens des Beschuldigten zu rechnen sei. Bei der Strafbemessung seien der Unrechtsgehalt, das Verschulden sowie der Milderungsgrund der Unbescholtenheit berücksichtigt worden. Erschwerende Gründe seien nicht vorgelegen. Betreffend der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten seien dem Amt keine Umstände bekannt, die annehmen ließen, daß er durch die verhängte Strafe in seinen wirtschaftlichen Verhältnissen übermäßig hart getroffen werde. Aus diesen Gründen sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Gegen dieses Straferkenntnis erhob Herr Hermann N, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei, Berufung, in der folgendes ausgeführt wurde:

Das Unternehmen des Berufungswerbers sei nicht Klein- oder Einzelhändler, sondern Großhändler. Die Lagerung der Ware im Tiefkühllager am 20.12.1995 sei nicht für den Letztverbraucher bestimmt gewesen oder für Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung, sondern nur für Restaurants mit Gastgewerbekonzession, in deren Fachbetrieben die Waren von ausgebildeten und geschulten Fachkräften erst für den Letztverbraucher sachkundig und fachmännisch verarbeitet würden. Weiters bedeute in der deutschen Sprache "gefroren" dasselbe wie "gefrostet" (siehe zB Brockhaus oder Duden oder auch einschlägige Gebrauchsanweisungen für Kühlschränke), sodaß das Wort "gefroren" als idente Bedeutung für Tiefkühlware zulässig sein müsse. Hinzu komme auch noch, daß auf der beanstandeten Ware der Hinweis enthalten sei, wie lange sich diese Ware bei einer Lagerung bei -18 Grad halte bzw daß sie nach dem Auftauen nicht wieder eingefroren werden solle. Auch § 43 Fleischuntersuchungsgesetz setze gefrorenes und tiefgekühltes Fleisch gleich. Eine Unzulässigkeit der Verwendung des Wortes gefroren im gegenständlichen Fall würde gegen die EU-Richtlinien verstoßen, weil auch für Importwaren aus Drittländern der Grundsatz gelte, daß nur solche Handelshemmnisse gegeben sein dürften, die mit dem Gesundheits- oder Täuschungsschutz des Verbrauchers gerechtfertigt seien. Weiche ein Importprodukt vom nationalen Standard ab, verstoße es aber nicht gegen "zwingende Erfordernisse", so könne seine Verkehrsfähigkeit im Inland nur von solchen Bedingungen abhängig gemacht werden, welche - gemessen an den zwingenden Erfordernissen Gesundheits- und Täuschungsschutz - notwendig und angemessen seien. Im Ungarischen gebe es nicht soviele Ausdrücke für gefroren oder tiefgekühlt wie im Deutschen. Die EG-Etikettierungs-Richtlinie diene dem Abbau von Handelshemmnissen, welche den Mitgliedstaaten mit dem Täuschungsschutz begründeten. Innerhalb der EU gelte nicht das Bestimmungslandprinzip, sondern das Herkunftslandprinzip. Der österreichische Gesetz- bzw Verordnungsgeber habe aber nun offenkundig in der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung bzw in der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel diesbezüglich das Unionsrecht nicht zur Gänze und unvollständig bzw nur teilweise und ungenügend umgesetzt. Die Behörde habe daher diese Gesetzesbzw Verordnungslücke nach richtiger teleologischer Auslegung eben auch im Hinblick auf die Definitionen für aus dem Ausland eingeführte Waren im Fleischuntersuchungsgesetz selbst zu schließen. Die gegenständliche Ware sei nicht vom Unternehmen des Berufungswerbers, sondern von der Firma A in K ordnungsgemäß mit allen erforderlichen Gutachten und Zeugnissen von ungarischen Herstellern des gegenständlichen Produktes der Firma B-GesmbH in S importiert worden, und zwar erst nach äußerst strengen Importkontrollen ua nach dem Fleischuntersuchungsgesetz sowie der Fleischimportverordnung. Der Berufungswerber habe daher auf die völlige Einwandfreiheit der Ware und ihrer Kennzeichnung vertrauen können und treffe den Berufungswerber daher auch kein Verschulden. Auch bei den täglichen Untersuchungen und Kontrollen durch die Magistratsabteilung 59 und auch bei der gegenständlichen Probeziehung sei keine Beanstandung durch die Kontrollorgane erfolgt, sondern erst aufgrund der unzuständigen Beanstandung der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung aufgrund einer unrichtigen Beurteilung. Weiters habe das Unternehmen des Berufungswerbers für entsprechende Stempelaufdrucke bzw Aufkleber gesorgt. Es treffe daher den Berufungswerber kein Verschulden an der von der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung behaupteten unrichtigen Kennzeichnung der gegenständlichen Ware. Schlußendlich seien zu den Zahlen MBA 23-S 3762, 3763/96 und 3766-3773/96 Verfahren anhängig, bei welchen es sich richtigerweise nur um einen einzigen einheitlichen Sachverhalt der Lieferung ein und derselben identen Charge und somit nur um einen einzigen Tatbestand handle, welcher nicht getrennt, sondern eben als Einheit zu behandeln sei, sodaß darüber auch nicht zehn gesonderte Strafen zuzumessen und zu verhängen gewesen wären. Es werde daher beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren an die erstinstanzliche Behörde zurückzuverweisen, in eventu das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und gemäß § 21 VStG eine Ermahnung auszusprechen, in eventu die verhängte Strafe herabzusetzen sowie die bisher gesondert geführten gegenständlichen zehn Verfahren mit identem Sachverhalt und Tatbestand als eine Tateinheit zu verbinden und demgemäß auch nur eine solche Strafe zu verhängen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Da einerseits keine S 3.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und andererseits lediglich die rechtliche Beurteilung der Erstbehörde gerügt wurde und die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung auch nicht beantragt wurde, konnte diese gemäß § 51e Abs 2 VStG unterbleiben.

Gemäß § 1 Abs 1 der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel, BGBl Nr 201/1994 sind tiefgefrorene Lebensmittel gemäß dieser Verordnung Lebensmittel, die 1) einem Gefrierprozeß ("tiefgefroren") unterzogen worden sind, bei dem der Temperaturbereich der maximalen Kristallation entsprechend der Art des Erzeugnisses so schnell wie möglich durchschritten wird mit der Wirkung, daß die Temperatur des Erzeugnisses an allen seinen Punkten - nach thermischer Stabilisierung - ständig bei Werten von -18 Grad Celsius oder niedriger (< -18 Grad) gehalten wird und 2) mit dem Hinweis angegeben werden, daß sie diese Eigenschaft besitzen.

Gemäß § 4 Abs 1 dieser Verordnung muß die Temperatur tiefgefrorener Lebensmittel gleichbleibend sein und an allen Punkten des Erzeugnisses auf -18 Grad Celsius oder niedriger gehalten werden.

Gemäß § 6 Abs 1 dieser Verordnung sind tiefgefrorene Lebensmittel, die - ohne weitere Verarbeitung - für den Letztverbraucher oder für Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung bestimmt sind, entsprechend der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl Nr 72/1993 zu kennzeichnen; zusätzlich müssen diese tiefgefrorenen Lebensmittel folgende besondere Kennzeichnungselemente (Angaben) aufweisen:

a) die handelsübliche Sachbezeichnung ergänzt durch einen der folgenden Ausdrücke "tiefgefroren", "Tiefkühlkost", "tiefgekühlt" oder "gefrostet";

b) zusätzlich zur Angabe des Mindeshaltbarkeitsdatums den Zeitraum während dessen die tiefgefrorenen Lebensmittel beim Letztverbraucher gelagert werden können im Zusammenhang mit der jeweiligen Aufbewahrungstemperatur oder der zur Aufbewahrung erforderlichen Anlage;

c) den deutlichen lesbaren und dauerhaft angebrachten Vermerk der Art "nach dem Auftauen nicht wieder einfrieren".

Gemäß Abs 2 lit a dieser Bestimmung müssen tiefgefrorene Lebensmittel, die weder für den Letztverbraucher noch für Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung bestimmt sind, lediglich die handelsübliche Sachbezeichnung, ergänzt durch einen der folgenden Ausdrücke "tiefgefroren", "Tiefkühlkost", "tiefgekühlt" oder "gefrostet" auf der Umhüllung, den Behältnissen oder der Verpackung oder auf einem damit verbundenen Etikett aufweisen. Gemäß Abs 3 dieser Bestimmung dürfen nur tiefgefrorene Lebensmittel gemäß dieser Verordnung die in den Abs 1 lit a, b und Abs 2 lit a vorgesehenen Angaben aufweisen.

Den Einwendungen des Berufungswerbers, daß die Lieferung nicht an Letztverbraucher oder an Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung, sondern an konzessionierte Gastgewerbebetriebe erfolgen hätte sollen, ist folgendes entgegenzuhalten:

Der oben zitierte § 6 Abs 1 der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel stellt auf tiefgefrorene Lebensmittel ab, die ohne weitere Verarbeitung für den Letztverbraucher oder für Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung bestimmt sind. Letztverbraucher ist eine Person, welche die Ware zum eigenen Gebrauch oder Verbrauch erwirbt und zwar ohne die Absicht, die Ware weiter zu veräußern. Weiterverarbeiter ist daher nicht Letztverbraucher (Walter-Neumayer, Handbuch zur Praxis des Lebensmittelrechts 1985, S 120).

Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung sind nicht nur Werksküchen und sonstige Gemeinschaftsküchen, wie sie in Spitälern, Altersheimen usw vorkommen, sondern auch Betriebe des Schankgewerbes, Kantinen etc (siehe Walter-Neumayer, Handbuch zur Praxis des Lebensmittelrechtes 1985, S 120). Sowohl die grammatikalische als auch die teleologische Interpretation (der Schutzzweck besteht in der Einräumung der Chance zur Warenprüfung) führte den Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.10.1979, Zl 3258/78 zum Ergebnis, daß unter Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung auch Imbißstuben zu verstehen sind. Wenn aber nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes selbst eine Imbißstube als Einrichtung der Gemeinschaftsversorgung zu qualifizieren ist, so trifft dies noch viel mehr auf konzessionierte Restaurants und Gastgewerbebetriebe zu. Die Lieferung von Tiefkühlwaren auch an konzessionierte Gastgewerbebetriebe, wie dies der Berufungswerber in seinem Fall geltend macht, ist somit tatbestandsmäßig im Sinne des § 6 Abs 1 der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel.

Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß nach § 6 Abs 2 der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel auch tiefgefrorene Lebensmittel, die weder für den Letztverbraucher noch für Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung bestimmt sind, mit einem der Ausdrücke "tiefgefroren", "Tiefkühlkost", "tiefgekühlt" oder "gefrostet" gekennzeichnet sein müssen.

Den Einwendungen des Berufungswerbers, im deutschen Sprachgebrauch sei "gefroren" gleichbedeutend mit "gefrostet", ist auszuführen, daß laut Makensen "frosten" "stark frieren" bedeutet; Brockhaus unterscheidet begrifflich sehr wohl zwischen "gefrieren" und "Gefrierkost" einerseits und "tiefgefrieren" und "Tiefkühlkost" andererseits: Während "Gefrierkost" als "durch gefrieren haltbar gemachte Kost" definiert wird, wird "Tiefkühlkost" als "durch Tiefkühlen haltbar gemachte Kost" bezeichnet; "tiefgefrieren" oder "tiefkühlen" ist erklärt als "Vorgang zum Einfrieren insbesondere von Lebensmittel bei tiefen Temperaturen (unter -18 Grad Celsius), um sie haltbar zu machen".

Es mag sein, daß der deutsche bzw österreichische Sprachgebrauch den Entwicklungen von Gesetzgebung und Technik etwas nachhängt und deshalb keinen Unterschied zwischen gefrorenen beziehungsweise tiefgefrorenen oder tiefgekühlten Waren trifft; so wird auch insbesondere in Ostösterreich weithin der Kühlschrank noch als "Eiskasten" bezeichnet, obwohl sich schon seit mehreren Jahrzehnten in einem Kühlschrank normalerweise kein Eis mehr befindet und das Kühlverfahren ganz anders als durch eingelagerte Eisblöcke vonstatten geht. Es ist also durchaus möglich, daß - auch in Betriebsanleitungen oder Produktbeschreibungen von Kühlschränken - die Begriffe "gefroren" beziehungsweise "tiefgefroren" oder "tiefgekühlt" entsprechend diesem Sprachgebrauch unpräzise und unsubstantiiert verwendet werden. Bezüglich des Vorbringens des Berufungswerbers, auch das Fleischuntersuchungsgesetz und insbesondere § 43 setze "gefroren" und "tiefgekühlt" gleich, ist anzumerken, daß nach § 1 des Fleischuntersuchungsgesetzes lediglich Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Einhufer und Schalenwild einer amtlichen Untersuchung und Beurteilung unterliegen, nicht aber Geflügelfleisch einer Fleischuntersuchung nach dem Fleischuntersuchungsgesetz. Für die Untersuchung und Beurteilung von Geflügelfleich kann der Gesetzgeber nach Absatz 6 dieser Bestimmung im Hinblick auf als "staatlich kontrolliertes" Geflügelfleisch gesonderte Verordnungen erlassen. Selbst wenn der Gesetzgeber im Fleischuntersuchungsgesetz oder in älteren Gesetzeswerken jedoch eine uneinheitliche Terminologie verwendet haben sollte, so ist doch in den Gesetzen aus jüngster Zeit sehr wohl zwischen frischen, gefrorenen und tiefgefrorenen Waren (wie beispielsweise in § 1 Abs 2 Eiprodukteverordnung, § 4 Abs 3 Farbstoffverordnung oder sogar in § 4 Z 3 lit b Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993) differenziert.

Insbesondere für Geflügelfleisch existieren nämlich weiters eindeutige Gesetzesbestimmungen, die eine Kennzeichnung zweifelsfrei regeln:

Die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch, BGBl Nr 581/95, besagt in ihrem § 2, daß unverpacktes oder im Sinne des § 2 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 verpacktes Geflügelfleisch nur zum Verkauf vorrätig gehalten, angeboten, feilgehalten, geliefert, verkauft oder sonst in Verkehr gebracht werden darf, wenn es mit den Angaben gemäß Art 5 Abs 4 der Verordnung EWG Nr 1906/90 gekennzeichnet ist.

Art 5 Abs 4 der Verordnung EWG Nr 1906/90 des Rates vom 26.6.1990, Amtsblatt Nr L 173 vom 6.7.1990 besagt, daß bei nicht in Fertigpackungen zum Verkauf angebotenem Geflügelfleisch, ausgenommen im Falle des Zerlegens oder Entbeinens am Verkaufsort gemäß Art 3 Abs 7 der Richtlinie 71/180/EWG, vorausgesetzt, daß das Zerlegen und Entbeinen auf Verlangen und in Gegenwart des Verbrauchers erfolgt, für die folgenden zusätzlichen Angaben Art 12 der Richtlinie 79/112/EWG gilt:

a)

Handelsklasse gemäß Art 3 Abs 1;

b)

Preis je Gewichtseinheit auf der Einzelhandelsstufe;

c)

Angebotszustand gemäß Art 3 Abs 2 und empfohlene Lagertemperatur;

d)

Zulassungsnummer des Schlacht- bzw des Zerlegungsbetriebes;

e)

bei aus Drittländern eingeführtem Geflügelfleisch die Angabe des Herkunftslandes.

Gemäß Art 3 Abs 2 dieser Norm wird Geflügelfleisch in einem der folgenden Angebotszustände vermarktet:

-

frisch,

-

gefroren,

-

tiefgefroren.

Gemäß Art 2 Z 5 dieser Verordnung ist frisches Geflügelfleisch nicht durch Kälteeinwirkung erstarrtes Geflügelfleisch, das ständig auf einer Temperatur von -2 Grad Celsius bis +4 Grad Celsius gehalten werden muß; gemäß Z 6 ist gefrorenes Geflügelfleisch Geflügelfleisch, das so schnell wie möglich im Rahmen der normalen Schlachtverfahren gefroren und ständig auf einer Temperatur von mindestens -12 Grad Celsius gehalten werden muß.

Gemäß Z 7 dieser Bestimmung ist tiefgefrorenes Geflügelfleisch Geflügelfleisch, das innerhalb der Toleranzen gemäß der Richtlinie 89/108/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über tiefgefrorene Lebensmittel ständig auf einer Temperatur von mindestens -18 Grad gehalten werden muß.

Diese Verordnung ist gemäß Art 1 Abs 1 auf Hühner, Enten, Gänse, Truthühner und Perlhühner anzuwenden. Innerhalb der Gemeinschaft darf dieses Geflügelfleisch in Ausübung eines Berufes oder eines Gewerbes nur vermarktet werden, wenn es den Vorschriften dieser Verordnung entspricht.

Gemäß Abs 3 dieser Bestimmung gilt diese Verordnung nicht für zur Ausfuhr aus der Gemeinschaft bestimmtes Geflügelfleisch und Verkäufe gemäß Art 3 Abs 5 der Richtlinie 71118/EWG. Gemäß Art 5 Abs 3 dieser Verordnung sind bei Geflügelfleisch in Fertigpackungen auf der Verpackung oder auf dem einem daran befestigten Etikett folgende Angaben anzubringen:

a)

Handelsklasse gemäß Art 3 Abs 1,

b)

bei frischem Geflügelfleisch Gesamtpreis und Fleisch je Gewichtseinheit auf der Einzelhandelsstufe,

 c) Angebotszustand gemäß Art 3 Abs 2 und empfohlene Lagertemperatur,

 d) Zulassungsnummer des Schlacht- bzw des Zerlegungsbetriebes ausgenommen in den Fällen, in denen das Zerlegen und Entbeinen am Verkaufsort gemäß Art 3 Abs 7 der Richtlinie 71/118/EWG erfolgt,

 e) bei aus Drittländern eingeführtem Geflügelfleisch die Angabe des Herkunftslandes.

Gemäß Art 8 Abs 3 leg cit führen die für die Überwachung ihrer Einhaltung zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten eine repräsentative Stichprobe bei der Zollabfertigung von Geflügelfleischeinfuhren aus Drittländern durch.

Gemäß Art 13 zweiter Satz ist diese Verordnung in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Gemäß § 1 der Vermarktungsnorm für Geflügelfleisch gelten die Vorschriften dieser Verordnung für die Durchführung nachstehender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften, die im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Geflügelfleisch erlassen sind,

 1. Verordnung (EWG) Nr 1906/90 des Rates vom 26.6.1990 über Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch, Amtsblatt EG Nr L 173 sowie

 2. Verordnung EWG Nr 1538/91 der Kommission vom 5.6.1991 mit ausführlichen Durchführungsvorschriften zur Verordnung EWG Nr 1906/90 des Rates über Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch, Amtsblatt EG Nr L 143.

Die in Österreich unmittelbar geltenden Rechtsvorschriften der Europäischen Union über Vermarktung von Geflügelfleisch bzw die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen österreichischen Zusatzverordnungen weisen den Begriffen "gefroren" und "tiefgefroren" somit eindeutige Begriffsinhalte, nämlich dem Wort "gefroren" eine Kühltemperatur von -12 Grad Celsius und tiefer sowie dem Wort "tiefgefroren" eine Kühltemperatur von -18 Grad Celsius und tiefer, zu. Sämtliches in den Mitgliedstaaten der EU vermarktetes Geflügelfleisch ist nach diesen Bestimmungen zu kennzeichnen. Diese Definitionen wurden von den oben angeführten Vorschriften als zwingende Bezeichnungselemente vorgeschrieben und zwar auch für tiefgekühlte Waren, die aus Drittländern in den EU-Raum importiert werden (siehe Art 5 Abs 3 lit e der Verordnung EWG Nr 1906/90 des Rates vom 26.6.1990).

Diese Regelung erfolgte laut Einleitung der Verordnung EWG Nr 1906/90 des Rates vom 26.6.1990 wegen der Art dieser Erzeugnisse und im Interesse einer vollständigen Verbraucherinformation sowie zur Erleichterung des Handelsverkehres, da angewandte Kühlverfahren und die Haltungsart des Geflügels nur nach festzulegenden gemeinschaftlichen Regelungen angewandt und auch gekennzeichnet werden sollen. Der Rat sieht somit in der Gleichbehandlung von innerhalb der Gemeinschaft erzeugten und vermarkteten mit aus Drittländern eingeführten Waren im Sinne dieser Verordnung kein Handelshemmnis darin, daß diese mit den in der Verordnung festgelegten Kennzeichnungselementen zu versehen sind.

Da somit das EU-Recht im Hinblick auf die Kennzeichnung von (tiefgekühltem) Geflügelfleisch im österreichischen Recht nicht, wie der Berufungswerber ausführt, unvollständig rezipiert wurde, besteht keinerlei Gesetzeslücke und somit auch weder Veranlassung noch Zulässigkeit, daß die Berufungsbehörde Lücken zu schließen hätte.

Weiters ist dem Vorbringen des Berufungswerbers, in Parallelverfahren sei das Verwaltungsstrafverfahren bereits eingestellt worden, entgegenzuhalten, daß das erkennende Mitglied die in den einstellenden Bescheiden geäußerte Meinung nicht teilt, daß als Maßstab für die Beurteilung, ob die Bezeichnung "gefroren" der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel genüge oder nicht, der Durchschnittskonsument heranzuziehen ist. Da nach den oben zitierten Vorschriften dem Wort "tiefgefroren" ein viel speziellerer Begriffsinhalt als dem Wort "gefroren" zukommt, mag zwar die Kennzeichnung mit "gefroren" für den in diesem Bescheid zitierten durchschnittlichen Konsumenten leicht verständlich sein, doch wohl nur in der Beziehung, als dieser damit daraus schließen konnte, daß es sich nicht um Tiefkühlkost handelt. Daß die beanstandete Ware jedoch tatsächlich Tiefkühlkost war, hat der Berufungswerber niemals bestritten.

Nach § 6 Abs 1 lit a der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel wäre im gegenständlichen Fall bei der Kennzeichnung des beanstandeten Lebensmittels "Hafermastgans" die handelsrechtübliche Sachbezeichnung durch einen der folgenden Ausdrücke "tiefgefroren", "Tiefkühlkost", "tiefgekühlt" und "gefrostet" zu ergänzen gewesen; aufgrund des § 2 der Vermarktungsnormen für Geflügel wäre im gegenständlichen Fall von den vier nach der Tiefkühlverordnung zulässigen Begriffen die Bezeichnung "tiefgefroren" anzuwenden gewesen. Da im gegenständlichen Fall jedoch die Bezeichnung "gefroren", der wie bereits oben ausgeführt, ein eigener, nicht dem Wort "tiefgefroren" gleichzusetzender Begriffsinhalt zukommt, verwendet wurde, war der objektive Tatbestand der Übertretung erfüllt. Zu seinem Vorbringen, die untersuchende Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung sei nicht zur Anzeigeerstattung zuständig gewesen, ist der Berufungswerber darauf hinzuweisen, daß bei vorliegendem Verdacht jedermann eine Verwaltungsübertretung anzeigen kann; die Anzeige wurde aber auch von einer Magistratsdienststelle aufgrund eines Gutachtens der unter anderem für Lebenmittelbegutachtung zuständigen Bundesanstalt für Lebenmitteluntersuchung und -forschung erstattet. Das Verwaltungsstrafverfahren wurde jedenfalls vom hiefür örtlich und sachlich zuständigen Magistrat der Stadt Wien durchgeführt.

Zu seinem Verschulden bringt der Berufungswerber vor, die beanstandete Ware sei in Ungarn von einem ungarischen Unternehmen hergestellt worden und über eine österreichische Firma dem Fleischuntersuchungs- und der Fleischimportverordnung entsprechend importiert worden. Er habe daher auf die richtige Kennzeichnung vertrauen dürfen und sein Unternehmen habe außerdem auch noch für die Anbringung zusätzlicher Stempel und Aufkleber gesorgt; es treffe ihn daher kein Verschulden.

Dem ist einerseits entgegenzuhalten, daß die Kennzeichnung von tiefgekühltem Geflügelfleisch sich vordringlich nach den Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch und nach der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel richtet, welche, wie bereits zur Schuldfrage ausgeführt, eine bestimmte Kennzeichnung vorschreiben, der der Berufungswerber nicht entsprochen hat.

Grundsätzlich kann bei der Sorgepflicht des Händlers oder Importeurs vom lebensmittelrechtlichen "Vertrauensgrundsatz" ausgegangen werden, wonach jeder die ihm zugewiesene Verantwortung in Erfüllung lebensmittelrechtlicher Auflagen einhält. Im Rahmen dieses Vertrauensgrundsatz genügt es in der Regel, wenn beim Warenbezug vom Vormann stichprobenartig die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften kontrolliert wird. Welche Anzahl von Stichproben notwendig bzw repräsentativ ist, ist von Fall zu Fall verschieden. Aussagewert besitzt eine Stichprobe jedoch immer nur für eine einheitliche Charge, dh für eine gleichbeschaffene homogene Gesamtmenge. Der Händler kann sich jedenfalls nicht blind darauf verlassen, daß die angelieferte Ware in Ordnung ist (siehe Walter-Neumayer, Handbuch zur Praxis des Lebensmittelrechtes, Verlag Orak, Wien 1985, S 8).

Daß bezüglich der verfahrensgegenständlichen Ware bzw der verfahrensgegenständlichen Charge irgendwelche Kontrollen durchgeführt wurden, hat der Berufungswerber nicht vorgebracht. Er hat lediglich ausgeführt, daß er sich aufgrund bestimmter Umstände auf die ordnungsgemäße Einfuhr durch den Zwischenhändler verlassen habe. Daß es - nach dem Berufungsvorbringen - zuvor noch zu keinen Beanstandungen gekommen sein solle, kann den Berufungswerber nicht entlasten, wurden doch bei früheren Kontrollen möglicherweise andere Produkte überprüft und bei diesen keine Übertretungen festgestellt. Wegen einer vor der verfahrensgegenständlichen Kontrolle und zwar am 14.11.1995 durchgeführten Kontrolle sind bzw waren jedenfalls beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien gleichgelagerte Verfahren anhängig.

Wie bereits ausgeführt ist die Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel lange vor der ersten Beanstandung in Kraft getreten; auch die Vermarktungsnorm für Geflügelfleisch, die die vom Berufungswerber behaupteten Unklarheiten der Begriffe "gefroren" und "tiefgefroren" für die verfahrensgegenständliche Ware zweifelsfrei ausräumte, trat vor dem Tatzeitpunkt in Kraft. Der Berufungswerber war unbestrittenermaßen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Beauftragter der R-Gesellschaft mbH für Zustand und Kennzeichnung der von dieser Gesellschaft in Verkehr gebrachten Waren; in dieser Funktion trifft ihn die Verpflichtung, sich insbesondere über die auf dem Gebiet seines Berufes erlassenen Vorschriften zu unterrichten (siehe VwGH vom 27.9.1950, Sjg 1647 A). Selbst die Unkenntnis eines Gesetzes kann aber nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemand die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (VwGH vom 12.3.1969 Slg 7528 A uva); selbst guter Glaube stellt dann einen Schuldausschließungsgrund nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen (VwGH vom 31.1.1961 Slg 5486 A uva). Selbst wenn der Berufungswerber also geglaubt hätte, die Anbringung des Wortes "gefroren" entspräche der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel, so hätte er sich spätestens mit Inkrafttreten der Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch darüber klar werden müssen, daß dies nicht der Fall ist.

Der Berufungswerber hat weiters vorgebracht, daß er sich bei der Kennzeichnung der beanstandeten Ware vollständig auf seine Vormänner verlassen habe; er hat nicht einmal eine stichprobenweise Kontrolle der Kennzeichnung geltendgemacht. Schon aus seinem eigenen Vorbringen geht hervor, daß die Kennzeichnung im Sinne der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel aber nicht nur bei der verfahrensgegenständlichen Ware, sondern auch bei anderen tiefgekühlten Produkten gleich mangelhaft war, und dies offensichtlich über einen längeren Zeitraum hindurch. Es lag somit offensichtlich ein unternehmerisches Gesamtkonzept bezüglich der fehlerhaften Kennzeichnung tiefgekühlter Geflügelprodukte vor und war damit auch die subjektive Tatseite erfüllt.

Zum Vorbringen des Berufungswerbers, gegen ihn seien zu den erstinstanzlichen Zahlen MBA 23 - S 3762, 3763/96 und 3766 bis 3773/96 gleichgelagerte Verwaltungsstrafverfahren anhängig, welche auf einem einheitlichen Sachverhalt der Lieferung ein und derselben Charge begründet seien und somit auch nur einen Tatbestand darstellten, wurde erwogen:

Beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien sind beziehungsweise waren zu etlichen erstinstanzlichen Zahlen dem gegenständlichen Verfahren gleichgelagerte anhängig; diese wurden nach ihrem Einlangen beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien nach der damals gültigen Geschäftsverteilung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien jeweils verschiedenen Mitgliedern zugeteilt. In einigen dieser Verfahren sind bereits (einstellende) Entscheidungen ergangen; über die anderen noch anhängigen Berufungen wird von den jeweils zuständigen Mitgliedern des Unabhängigen Verwaltungsseantes Wien zu entschieden sein. Bei all diesen Verfahren wurden jedoch dem Berufungswerber Übertretungen der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel am 14.11.1995 und am 20.12.1995 angelastet und betreffen die meisten dieser Verfahren Packungen unterschiedlichen Gewichtes der Ware mit der Bezeichnung "Hafermastgans, ung, tk".

Deliktstypen, die auf die Gewohnheitsmäßigkeit, die Gewerbsmäßigkeit oder die Geschäftsmäßigkeit der Begehung abstellen, sind als Sammeldelikt als Sonderfall des fortgesetzten Deliktes mit einer einheitliche Strafe zu belegen, wenn die Lebensführung oder innere Haltung abgegolten werden soll, die Einzeltaten nur als deren Ausdruck in Betracht kommen und vom Deliktstypus her gesehen funktional und wertmäßig eine Einheit bilden (siehe Hauer-Leukauf, Verwaltungsverfahrensgesetze5, S 866f).

Gleichgestaltete kennzeichnungsrechtliche Übertretungen, die miteinander in einem zeitlichen Zusammenhang stehen und nur verschiedene Packungen einer einzigen Ware betreffen, sind im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe das Erkenntnis vom 11.5.1990 zur Zahl 89/18/0197) Sammeldelikte und als solche jeweils nur mit einer einheitlichen Strafe zu belegen. Die erstinstanzliche Behörde hat jedoch bezüglich mehrerer Packungen der Ware "Hafermastgans, ung, tk" jeweils eigene Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet und (soweit bekannt) jeweils mit 28.6.1996 datiert eigene Straferkenntnisse mit Geldstrafen in Höhe von je S 1.500,- beziehungsweise Ersatzfreiheitsstrafen von je 36 Stunden erlassen. (Die Zustellung erfolgte - ebenfalls soweit bekannt - jeweils am 4.7.1996).

Eine Zusammenfassung mehrerer Straferkenntnisse in einem einzigen Berufungsbescheid ist in den Verwaltungsvorschriften zwar nicht ausdrücklich vorgesehen; die Berufungsbehörde ist aber durch die Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG grundsätzlich dazu berechtigt (VwGH vom 30.301992, Zahl 90/10/0080).

Einer Zusammenfassung aller oben angeführten Straferkenntnisse und der Verhängung einer einheitlichen Strafe steht in gegenständlichem Fall jedoch die Tatsache entgegen, daß aufgrund der Geschäftsverteilung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien mehrere Mitglieder über die einzelnen Straferkenntnisse bezüglich der Ware "Hafermastgans" entscheidungszuständig wurden; bei Ausspruch einer einzigen Strafe für alle Tathandlungen wäre aber nicht mehr nachvollziehbar, welches Mitglied welche Strafe beziehungsweise welchen Teil der Strafe ausgesprochen hätte. Dann, wenn sich einer gemeinsamen Ausfertigung mehrerer Entscheidungsträger nicht entnehmen ließe, welcher von ihnen welchen in der Ausfertigung enthaltenen Abspruch erlassen würde, ist die gemeinsame Ausfertigung einer Entscheidung unzulässig (siehe zB VwGH vom 24.1.1990, Zahl 89/02/0141).

Aufgrund dieser höchstgerichtlichen Judikatur war somit das hier verfahrensgegenständliche Straferkenntniss, also das zur Zahl UVS-07/L/37/00297/97, zu bestätigen, während nach Ansicht des hier erkennenden Mitgliedes im Sinne der Judikatur zum fortgesetzten Delikt weitere Bestrafungen des Berufungswerbers wegen Übertretung des § 6 Abs 1 lit a der Verordnung über tiefgefrorene Lebenmittel bezüglich des Inverkehrbringens der Ware "Hafermastgans, tk, ung" im zeitlichen Zusammenhang mit dem 20.12.1995 nicht zulässig sein werden.

Zur Strafbemessung wurde erwogen:

Gemäß § 74 Abs 5 Z 2 LMG macht sich, sofern die Tat nicht nach den §§ 56 bis 64 oder nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu S 25.000,-- zu bestrafen, wer den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 15 Abs 7 oder 8 lit a oder b, 19 oder 31 Abs 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 21 Abs 1 erster Satz VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Gemäß § 20 VStG kann die Mindesstrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist. Eine außerordentliche Strafmilderung kam jedoch im gegenständlichen Fall schon deshalb nicht in Betracht, weil § 20 VStG nur zur Anwendung gelangen kann, wenn die jeweilige Strahdrohung eine Mindeststrafe vorsieht, was aber i § 74 Abs 5 LMG nicht der Fall ist.

Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das durch die Strafdrohung geschützte Interesse an der ordnungsgemäßen und einheitlichen Kennzeichnung insbesondere von tiefgekühltem Geflügel. Deshalb war auch der objektive Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen nicht gering.

Das Verschulden des Bw konnte nicht als geringfügig eingestuft werden, da weder hervorgekommen ist noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Dem Berufungswerber liegt sogar, wie bereits ausgeführt, ein diesbezügliches unternehmerisches Gesamtkonzept zur Last.

Mangels Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen des § 21 VStG konnte mit dem Auspruch einer Ermahnung nicht das Auslangen gefunden werden. § 20 VStG konnte nicht zur Anwendung gelangen, weil in der anzuwendenden Strafnorm keine Mindeststrafe vorgesehen ist, welche unterschritten werden könnte.

Die erstinstanzliche Behörde hat unzutreffend die Unbescholtenheit des Berufungswerbers als mildernd berücksichtigt, es lag jedoch eine (nicht einschlägige) rechtskräftige Vorstrafe bezüglich des Berufungswerbers vor. Zutreffend wurden keine Erschwerungsgründe berücksichtigt.

Der Berufungswerber hat seine allseitigen Verhältnisse (im Parallelverfahren zZl 07/L/36/00298/96) mit einem Nettomonatseinkommen von 14 x jährlich S 14.000,--, dem Fehlen von Vermögen und der Sorgepflicht für die Ehegattin und zwei minderjährige Kinder angegeben.

Unter Berücksichtigung der oben angeführten Strafzumessungsgründe sowie der gesetzlichen Strafobergenze von S 25.000,-- war die von der erstinstanzlichen Behörde (unter Anwendung einer nicht zutreffenden Strafbestimmung) mit S 1.500,-- festgelegte Geldstrafe sowie die Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden durchaus angemessen und keineswegs zu hoch; eine Herabsetzung kam trotz anzuwendender niedrigerer Strafbestimmung nicht in Betracht, weil die Erstbehörde einen nicht vorliegenden Milderungsgrund berücksichtigt hatte.

Die Spruchänderung diente der Präzisierung der Verantwortlichkeit des Berufungswerbers und der anzuwendenden Normen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die im Spruch genannten Bestimmungen.

Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß gemäß § 24 VStG im Verwaltungsstrafverfahren § 66 Abs 2 AVG nicht anzuwenden ist, sodaß eine Zurückverweisung der Sache an die erstinstanzliche Behörde nicht zulässig ist.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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