TE UVS Steiermark 1998/03/25 30.7-20/98

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Veröffentlicht am 25.03.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erik Hanel über die Berufung des Herrn Gerwin P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Erwin G, aus G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 14.7.1997, GZ.:

III/S-26.126/95, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 14.7.1997, GZ III/S-26.126/95, wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 25.10.1995, um ca.

13.20 Uhr in Graz 15, Steinbergstraße in Höhe Haus 27, als Lenker des Personenkraftwagens mit dem amtlichen Kennzeichen G-70 WYB, einem Kind, daß die Fahrbahn überqueren wollte, nicht das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn ermöglicht, wobei es zum gegenständlichen Verkehrsunfall gekommen sei.

Wegen Übertretung der Rechtsvorschrift des § 29a StVO wurde über den Berufungswerber unter Hinweis auf § 99 Abs 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

In seiner rechtzeitig eingebrachten Berufung bestreitet der Berufungswerber durch seinen Rechtsvertreter die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung und führt er zusammenfassend aus, daß es ihm nicht möglich gewesen sei, rechtzeitig zu erkennen, daß ein Kind die Fahrbahn vor ihm überquerte. Es sei auch die Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz nicht verständlich, da der Zeugenaussage des Vaters des Kindes Beachtung geschenkt wurde, obwohl dieser beim gegenständlichen Unfall gar nicht anwesend war.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aus nachstehenden Gründen zu beheben ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die Berufungsausführungen und konnte gemäß § 51 e Abs 1 VStG auch von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden.

Gemäß § 29a Abs 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges Kindern, die die Fahrbahn einzeln oder in Gruppen, sei es beaufsichtigt oder unbeaufsichtigt, überqueren oder überqueren wollen, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, wenn er dies, zu erkennen vermag und hat er zu diesem Zweck, falls erforderlich anzuhalten.

Im hier angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zwar vorgeworfen, er habe einem Kind, das die Fahrbahn überqueren wollte, nicht das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn ermöglicht, eine Aussage darüber, ob er als Lenker eines Fahrzeuges dies zu erkennen vermochte, wurde jedoch nicht getroffen.

Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich; es müssen somit auch jene Tatumstände enthalten sein, die eine Beurteilung dahingehend zulassen, ob der Berufungswerber als Lenker eines Fahrzeuges in der Lage war, zu erkennen, daß ein Kind die Fahrbahn überquert oder überqueren wollte. Dies ist nämlich ein wesentliches Tatbestandsmerkmal einer Übertretung des § 29a StVO. Wie bereits oben angeführt, erfüllt das angefochtene Straferkenntnis jedenfalls das Erfordernis des § 44a Z 1 VStG nicht, muß doch nach ständiger Rechtsprechung des VwGH der Spruch eines Straferkenntnisses so gefaßt sein, daß die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, als aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann. Der Beschuldigte hat ein subjektives Recht, daß ihm einerseits die als erwiesen angenommene Tat, andererseits die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten wird (siehe VwGH vom 25.2.1992, 91/04/0277 sowie vom 22.10.1992, 92/18/0040 u.a.).

Eine Berichtigung bzw. Konkretisierung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses war der Berufungsbehörde deshalb verwehrt, da innerhalb der Frist der §§ 31 und 32 VStG eine rechtswirksame Verfolgungshandlung, die sich auf alle der Bestrafung zugrunde legenden Sachverhaltselemente bezogen hat, nicht gesetzt worden ist.

Aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Behörde erster Instanz ergibt sich nämlich, daß innerhalb der Frist des § 31 Abs 1 VStG zwischen 25.10.1995 und 25.4.1996 nur eine einzige Verfolgungshandlung in Erscheinung trat, nämlich die Ladung zur mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren an den Beschuldigten vom 5.3.1996. Diese Ladung, die grundsätzlich eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen darstellt, entspricht hier aber genausowenig dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG.

Aus den oben angeführten Gründen war daher das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

Schlagworte
Kind Fahrbahn überqueren Tatbestansmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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