TE UVS Steiermark 1998/04/03 303.12-41/97

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.04.1998
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Ganglbauer, Dr. Hütter und Dr. Liebenwein über die Berufungen 1.) der Frau Antoinette M, geb. am 20.05.1964, wh. in G, Bundesstraße 84, sowie

2.) des Arbeitsinspektorates für den 11. Aufsichtsbezirk, 8041 Graz, Liebenauer Hauptstraße 2-6/D/2, jeweils gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 18.11.1997, GZ.:

15.1 1996/16938, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) werden beide Berufungen abgewiesen. Der Spruch des Straferkenntnisses wird in der Sachverhaltsumschreibung wie folgt korrigiert:

Der Text seit zwei Jahren, wochenweise, zuletzt vom 21.10.1996, bis 14.11.1996 wird durch den Text vom 21.10.1996 bis 14.11.1996 ersetzt.

Weiters entfallen in der vorletzten Zeile der Sachverhaltsumschreibung die Worte oder eine Entsendungsbewilligung.

Der übrige Spruch bleibt unberührt.

Text

Die belangte Behörde (Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung als erste Instanz) warf der Beschuldigten mit Straferkenntnis folgenden Sachverhalt vor:

Sie habe als Inhaberin des Reitstalls M, in T, den tschechischen Staatsbürger Karel D, geb. 24.03.1968, seit zwei Jahren wochenweise, zuletzt vom 21.10.1996 bis 14.11.1996, in T, Sattlerstraße 8, beschäftigt, obwohl dieser nicht im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung oder einer Anzeigenbestätigung war, noch einen Befreiungsschein oder eine Arbeitserlaubnis oder eine Endsendungsbewilligung besaß.

Dadurch sei § 3 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG verletzt worden.

Nach § 28 Abs 1 Z 1 lit a leg. cit. wurde eine Geldstrafe von S 15.000,-- (Ersatzarrest 4 Tage) verhängt.

Dagegen beriefen sowohl die Beschuldigte als auch das Arbeitsinspektorat für den 11. Aufsichtsbezirk. Die Erstere führte aus, daß Herr D seit Jahren am Gestüt M in Jesenec in Tschechien beschäftigt und dort angemeldet sei und ausschließlich dort entlohnt worden sei, aber nie für eine angebliche Tätigkeit im Reitstall M Graz entlohnt bzw. Kost und Logis gratis erhalten habe. Herr D sei als Begleiter von Pferdetransporten vom M Jesenec zum M Graz entsandt worden und habe dort bei seinen Aufenthalten nur Pferde, die er aus Tschechien angeliefert habe, zur Eingewöhnung jeweils einige Tage (bei Jungpferden mehrere Tage) betreut. Herr D habe für seine Übernachtung und Verpflegung persönlich in Graz nichts bezahlt, die Kosten seien zwischen dem M Graz und dem M Jesenec in Form von Einstallgebühren ständig gegenverrechnet worden, weshalb im Ergebnis der M Jesenec auch diese Kosten bezahlt habe. Herr D habe daher niemals Tätigkeiten für den M Graz ausgeführt. Sie führe als Beispiel einen (ausländischen) Turnierreiter an, der seine Pferde samt Pflegern und sonstigem Personal zu einem Turnier nach Österreich schicke, während er selbst erst einige Tage später nachkomme. Das Personal bleibe beispielsweise eine ganze Woche in Österreich. Es müßte auch diese Pferdebetreuung als Schwarzarbeit betrachtet werden. Es dürften somit weder Renn- noch Sportpferde je nach Österreich gebracht werden, denn der Veranstalter des Turniers oder Rennens müßte damit rechnen, als Arbeitgeber wegen Schwarzarbeit bestraft zu werden. Der Reitstall M in Graz und das Gestüt in Jesenec seien voneinander vollkommen getrennt und bilanzierten selbständig. Der M Graz habe vom Gestüt M Jesenec gelieferte Pferde übernommen, Herr D habe diese Transporte begleitet und die Import- und Trainingspferde einige Tage zur Eingewöhnung betreut. Zu diesem Zeitpunkt seien die Pferde noch im Besitz des Gestüts Jesenec gewesen, denn die Rechnungserstellung und Verzollung erfolge erst nach Begutachtung der Pferde in Graz. Herr D habe nie Arbeitsleistungen für Pferde, die im Besitz des Reitstalls M in Graz gestanden seien, erbracht. Selbstverständlich habe Herr D diese Pferde während seiner Anwesenheit betreut, gefüttert und longiert etc. bis sie vom Reitstall M Graz übernommen worden seien. Dies gleiche den obigen Ausführungen zu den Turnierpferden. Bei der Einvernahme des Herrn D bei der Bezirkshauptmannschaft sei keine tschechische, sondern eine slowakische Dolmetscherin anwesend gewesen. Der Sprachunterschied zwischen Tschechisch und Slowakisch sei gravierend. Es hätten daher Mißverständnisse entstehen können. Das Arbeitsinspektorat führte in der Berufung begründend aus, daß das verhängte Strafausmaß wegen der sehr langen Beschäftigungsdauer und der Nichtanmeldung des Herrn D bei der Sozialversicherung (§ 28 Abs 5 AuslBG) nicht ausreichend erscheine. Die belangte Behörde habe im Straferkenntnis den langen Beschäftigungszeitraum angeführt, aber nicht begründet, wieso das beantragte Strafausmaß von S 60.000,-- so weit unterschritten worden sei. Die von der Behörde berücksichtigte einschlägige Unbescholtenheit sei irrelevant, da nur die absolute Unbescholtenheit mildernd sei. Das Arbeitsinspektorat beantrage daher die Verhängung einer schuldangemessenen Strafe. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark verhandelte die Berufungssache am 25.03.1998 in Gegenwart der Beschuldigten und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates Graz. Es wurden die Beschuldigte als Partei sowie die beiden Arbeitsinspektoren, Herr Michael O und Herr Mag. Christian St, sowie der Vater der Beschuldigten, Herr Johann M, als Zeugen einvernommen. Weiters war Herr Karel D aus Tschechien als Zeuge geladen worden. Über ihn war mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.11.1996 ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden. Die Einreise des Herrn D zur Zeugeneinvernahme wäre aufgrund eines Visums möglich gewesen. Herr D legte mit Schreiben vom 05.03.1998 seine Gründe dar, warum er nicht zur Verhandlung kommen werde. Im einzelnen heißt es in diesem Schreiben:

Ich bedanke mich für Ihre Einladung nach Graz für den 25.3.1998 um

14.30 Uhr.

Erstens - zu dieser Zeit kommen bei uns im Gestüt Tag und Nacht Fohlen zur Welt. Ich bin für diese Arbeit verantwortlich und kann deshalb nicht kommen.

Zweitens - ich bin ein ordentlicher tschechischer Staatsbürger und lasse mit mir in Österreich nicht wie mit einem Verbrecher handeln. Drittens - Ich habe nie für Frau A. M im Reitstall M-Graz, Th gearbeitet. Ich arbeite seit dem 1.1.1995 im Gestüt A. M - M Jesenec. Ich bin beim Sozialamt und der Krankenkasse gemeldet und habe immer Lohn und Diäten von der Firma M Jesenec erhalten. Alle Dokumente liegen bei Ihnen in einer Akte. Mein Aufenthalt in Österreich hat immer dazu gedient, Pferde zu betreuen, die entweder von Jesenec nach Graz gegangen sind, oder von Graz nach Jesenec.

Viertens - Bei meiner Festnahme und Vorführung in Österreich wurde mir eine slowakische Übersetzerin zur Verfügung gestellt, trotzdem daß ich deutsch spreche. Der Unterschied zwischen der tschechischen und slowakischen Sprache ist so groß, wie zwischen einem norddeutschen und österreichischen Dialekt.

Fünftens - Ich werde wieder nach Österreich ausreisen, wenn diese Angelegenheit aufrichtig und korrekt beendet sein wird. Ich wiederhole nochmals, daß ich ein ordentlicher Bürger und arbeitender Mensch bin, ich habe eine Landwirtschaftschule absolviert, Fachgebiet Pferde, habe das Abitur und lasse mit mir von Leuten von Arbeitsinspektorat nicht wie mit einem Banditen aus dem Osten handeln.

Das Original des Schreibens in tschechischer Sprache war beigeschlossen, die Übersetzung ins Deutsche erfolgte durch eine vereidigte Dolmetscherin und wurde von Herrn D beigebracht. Aufgrund der Beweisergebnisse gelangt die Berufungsbehörde zu folgenden Feststellungen:

Frau Antoinette M ist Alleineigentümerin des Reit- und Turnierstalls M Austria, 8041 Graz-Th, Sattlerstraße 8 (im folgenden: M Graz). Es handelt sich um einen Einstell- und Schulbetrieb mit maximal 30 Pferden. Hievon gehören Frau M im Durchschnitt fünf Pferde, im Höchstfall sieben oder acht. Frau M ist seit 24.01.1995 weiters Alleineigentümerin des Gestüts M Tschechien in Jesenec in der Nähe von Olmütz. Es handelt sich dabei um einen Zuchtbetrieb mit neun Zuchtstuten und der entsprechenden Anzahl von Fohlen. Der Großteil sind aber Einstellpferde. Im Jahr 1996 waren ca. 130 Pferde in diesem Gestüt. Frau M hat in Tschechien eine Geschäftsführerin eingesetzt. Der Grazer und der tschechische Betrieb werden wirtschaftlich getrennt geführt.

Der tschechische Staatsangehörige, Herr Karel D, geb. 24.03.1968, ist seit Jänner 1995 im tschechischen Betrieb als Stallmeister beschäftigt. Er hat die gesamte Abwicklung über und verdiente 1996 4.000 Kronen monatlich.

Die in Tschechien gezüchteten Pferde werden in Österreich verkauft. Zu diesem Zweck werden sie von Tschechien nach Österreich gebracht. Umgekehrt werden auch Pferde vom M Graz zum M Jesenec gebracht. Insgesamt wurden ca. 100 Pferde von Österreich nach Tschechien gebracht, ca. 28 von Tschechien nach Österreich. Insgesamt wurden 42 Pferdetransporte durchgeführt. Alle diese Transporte wurden von Herrn Karel D begleitet. Im Zeitraum Jänner 1995 bis November 1996 fanden in jedem Monat solche Transporte in die eine oder andere Richtung statt. Wenn Herr Karel D einen Transport von Jesenec zum M Graz begleitete, hielt er sich anschließend von 1 Tag bis zu 3 Wochen im M Graz auf. Die bereits in Tschechien von Herrn D anlongierten und angerittenen Jungpferde wurden im M Graz von ihm weiter betreut. Die Dauer des Aufenthaltes hing auch davon ab, um welche Pferde es sich handelt. Wurden 3- jährige Pferde transportiert, so war Herr D 8 bis 14 Tage im M Graz anwesend. Die Dauer hing weiters mit einem allfälligen Rücktransport zusammen. Sofern Veterinäruntersuchungen für die importierten Pferde notwendig waren, haben diese 8 bis 10 Tage gedauert. Für diese Zeit ist Herr D jedenfalls dageblieben.

Herr D hielt sich zuletzt vom 21.10.1996 bis 14.11.1996 im M Graz auf und arbeitete dort täglich von 07.00 Uhr bis 12.00 Uhr und nachmittags zwei bis drei Stunden. Während dieser Zeit hat er im M Graz auch Pferde gefüttert und Boxen ausgemistet, und zwar nicht nur von den transportierten Pferden.

Weiters bestand seine Tätigkeit aus dem Longieren und Putzen der Pferde, Mähnenherrichten, Einstreuen, Zusammenkehren und Füttern.

Im Jahr 1996 hatte Frau M (außer Herrn D) keinen Gehilfen im M Graz. Während seines Aufenthaltes im M Graz war Herr D privat bei der Beschuldigten in D 84 einquartiert und wurde von ihr verpflegt. Er war nicht polizeilich gemeldet. Die Kosten wurden dem M Jesenec in Form von Einstallgebühren gegenverrechnet.

Herr D bekam für seine Arbeiten im M Graz kein gesondertes Entgelt. Im Jahr 1995 hatte die Beschuldigte beim Arbeitsmarktservice Graz, Landesgeschäftsstelle, den Antrag auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung für Herrn D eingebracht. Dieser und die gegen die Ablehnung erhobene Berufung waren abgelehnt bzw. abgewiesen worden. Weiters hatte sich Frau M im Jahr 1995 um eine Aufenthaltsbewilligung für Herrn D in Österreich erfolglos bemüht. Zur Tatzeit war Frau M keine Beschäftigungsbewilligung für Herrn D erteilt. Für diesen war auch keine Anzeigebestätigung ausgestellt worden, er besaß auch keine Arbeitserlaubnis und keinen Befreiungsschein.

Der Sachverhalt stützt sich auf folgende Beweismittel:

Die beiden Arbeitsinspektoren, Herr Michael O und Herr Mag. Christian St, führten am 14.11.1996 im M Graz eine Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz durch. Es wurde hiebei die Niederschrift vom 14.11.1996 mit Herrn D, der gut Deutsch spricht, aufgenommen. Herr D machte seine Angaben im Vordruck in deutscher Sprache. Er unterschrieb mit eigenhändiger Unterschrift, seit 21.10.1996 im Reitstall M bei Frau M beschäftigt zu sein und von 07.00 Uhr bis 12.00 Uhr und nachmittags zwei bis drei Stunden zu arbeiten, dies bei einem Verdienst von 4.000,-- tschechischen Kronen.

Die Angaben zu den Betrieben M Graz und M Jesenec ergeben sich übereinstimmend aus den Aussagen von Frau M und ihres Vaters. Aus diesen beiden Aussagen geht auch hervor, daß 42 Pferdetransporte zwischen Österreich und Tschechien stattgefunden haben. Daß ca. 100 Pferde von Österreich nach Tschechien transportiert wurden und 28 in umgekehrter Richtung, ergibt sich aus dem Begleitschreiben von Frau M vom 26.11.1996 zur Berufung des Herrn D gegen dessen Aufenthaltsverbot. Es ist zwar dort von 25 Pferden die Rede, sie sagte aber vor der Berufungsbehörde aus, daß 28 Transporte von Tschechien nach Österreich stattgefunden haben, dürfte aber Pferde gemeint haben. Es wäre unlogisch, anderes anzunehmen, da viel mehr Pferde von Graz nach Tschechien transportiert wurden und insgesamt 42 Transporte stattgefunden haben. Bei 28 Transporten von Tschechien nach Österreich würden nurmehr 14 Transporte für die Richtung von Österreich nach Tschechien übrig bleiben, was aber viel weniger Transporte wären als von Tschechien nach Österreich. Die Dauer des Aufenthaltes des Herrn D in Österreich von 1 Tag bis 3 Wochen geht aus der Aussage des Herrn Johann M hervor; daß Herr D nicht nur transportierte Pferde gefüttert und deren Boxen ausgemistet hat, ergibt sich aus der Aussage der Beschuldigten selbst. Die übrigen Tätigkeiten wurden von Herrn Johann M beschrieben. Daß Herr D freie Kost und Quartier erhielt und diese Kosten mit dem M Jesenec gegenverrechnet wurden, ergibt sich aus der Berufung und der Aussage der Beschuldigten sowie ihres Vaters.

Wie ausgeführt, spricht Herr D nach der Aussage der beiden Arbeitsinspektoren gut Deutsch. Daß bei der Kontrolle trotzdem eine Dolmetscherin beigezogen wurde, ist nach Aussage der Arbeitsinspektoren darauf zurückzuführen, daß man das Beweisergebnis absichern wollte bzw. weil Herr D keine Aufenthaltsberechtigung besessen hat. Wenn in der Berufung vorgebracht wird, daß die Dolmetscherin Slowakisch gesprochen habe, Herr D aber Tschechisch spreche und der Unterschied zwischen diesen zwei Sprachen gravierend sei und daß schon aus diesem Grund Mißverständnisse entstanden sein können und wenn Herr D selbst in seinem Schreiben an die Berufungsbehörde darauf hinwies, daß ihm eine slowakische Übersetzerin zur Verfügung gestellt worden sei, obwohl er Deutsch spreche und der Unterschied zwischen der tschechischen und der slowakischen Sprache so groß sei wie zwischen einem norddeutschen und österreichischen Dialekt, sind diese Ausführungen nicht relevant. Denn es wurde weder behauptet, daß tatsächlich Mißverständnisse entstanden sind noch wurden die Sachverhaltsfeststellungen ausschließlich aufgrund der Niederschrift, die mit Herrn D am 14.11.1996 vor der Fremdenpolizei aufgenommen wurde, getroffen. Im Gegenteil, es wurde keine einzige Aussage aus dieser Niederschrift verwertet, die nicht auch durch andere Beweisergebnisse gedeckt ist. So wurden zum Beispiel die Sätze Wenn Frau M für ihren Reitstall in Th einer Arbeitshilfe bedarf, so ruft sie mich an und ich komme nach Österreich. Ich komme desöfteren nach Österreich und bleibe hier ca. 1 Woche oder auch etwas länger. Ab und zu habe ich auch Pferdetransporte von Österreich nach Tschechien oder auch umgekehrt durchzuführen. nicht in die Sachverhaltsfeststellungen aufgenommen. Die durchgehende Anwesenheit des Herrn D im M Graz vom 21.10.1996 bis 14.11.1996 wurde von der Beschuldigten bestritten, indem sie aussagte, er sei erst wenige Tage vor der Kontrolle gekommen. Herr Johann M konnte dazu nichts sagen. Die durchgehende Anwesenheit ergibt sich aber aus den Niederschriftsangaben des Herrn D vom 14.11.1996 im vorgedruckten Formular: Beschäftigt seit 21.10.1996 und der niederschriftlichen Angaben des Herrn D vor der Fremdenpolizei vom selben Tag, wo es heißt: Vor meiner letzten Einreise am 21.10.1996 hat mich Frau M telefonisch verständigt, daß ich kommen soll, da sie krank sei und jemanden zum Arbeiten brauche. Dieser Tatzeitraum ist somit eindeutig erwiesen. Wenn im Straferkenntnis von einem 2-jährigen Tatzeitraum wochenweise die Rede ist, konnte der genaue Aufenthalt des Herrn D seit Jänner 1995 im M Graz nicht festgestellt werden, da er zwar monatlich anwesend war, sich sein Aufenthalt aber von 1 Tag bis zu 3 Wochen erstrecken konnte.

Rechtsbeurteilung:

Nach § 3 Abs 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Nach § 2 Abs 2 AuslBG gilt als Beschäftigung u. a. die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird.

Für die Anwendbarkeit des AuslBG reicht der Nachweis, daß es sich beim beschäftigten Ausländer um eine arbeitnehmerähnliche Person handelt. Zur Charakterisierung arbeitnehmerähnlicher Personen kommt es auf die wirtschaftliche Unselbständigkeit oder Fremdbestimmtheit an. Zu prüfen ist dabei, ob das konkrete und genau erhobene Gesamtbild der Tätigkeit, die eine Person im Auftrag und für Rechnung eines anderen leistet, so beschaffen ist, daß sich die betreffende Person im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber wirtschaftlich in einer ähnlichen Situation befindet, wie dies beim persönlich abhängigen Arbeitnehmer typischerweise der Fall ist oder darüber hinausgehend eine persönliche Abhängigkeit vorliegt. Die Kriterien, die möglicherweise zur Bestimmung der wirtschaftlichen Unselbständigkeit relevant sein können, müssen nicht lückenlos verwirklicht sein, sondern die Gewichtung der vorhandenen Merkmale in einem Gesamtbild entscheidet darüber, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Dies bedeutet nichts anderes, als daß das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (Heinz Bachler - Ausländerbeschäftigung (1995), 9ff).

Herr D stand in einem regulären Arbeitsverhältnis zu Frau M im M Jesenec. Er ist tschechischer Staatsbürger und damit Ausländer. Das AuslBG regelt nach § 1 Abs 1 die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet (Österreich). Herr D führte im Zeitraum 21.10.1996 bis 14.11.1996 im M Graz über Anweisung von Frau M Arbeiten durch, die ganz im Rahmen seiner gewöhnlichen Tätigkeit lagen mit dem Unterschied, daß der Ort der Erbringung der Arbeitsleistungen eben nicht Jesenec war, sondern Graz-Th. Im übrigen aber blieb das reguläre Arbeitsverhältnis vollkommen unverändert. Eine wirtschaftliche Trennung der Betriebe in Jesenec und Graz-Th ist für die Frage der Arbeitgebereigenschaft irrelevant, da Frau M Eigentümerin beider Betriebe und damit alleinige Arbeitgeberin des Herrn D ist.

Zu der vor dem 21.10.1996 liegenden im Straferkenntnis vorgeworfenen Tatzeit ist folgendes auszuführen:

Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Zl. 91/09/0004 vom 25.04.1996 in einem § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG betreffenden Fall reicht eine Tatzeitumschreibung bis mindestens 30. Oktober 1989 13.00 Uhr aus, während das Fehlen von Ausführungen zur Zeit vor dem 30. Oktober 1989 unbeachtlich sei, da bei dieser Formulierung ausgeschlossen werden könne, daß der Beschuldigte wegen einer gleichartigen vor dem 30. Oktober 1989 gelegenen Tat neuerlich zur Verantwortung gezogen werden könnte. Anders wurde im Falle des Erkenntnisses Zahlen 86/06/0017, AW 86/06/0005 vom 14.01.1987 entschieden, in welchem die Tatzeit mit ab Ende April 1985 individualisiert wurde. Der Verwaltungsgerichtshof behob den Bescheid der Baubehörde wegen Übertretungen nach dem Salzburger Baupolizeigesetz mit der Begründung, daß im Falle eines Tatzeitraumes dessen Anfang und Ende in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Weise umfaßt sein müßten und im vorliegenden Fall der Zeitraum nicht einmal mit Sicherheit aus der Begründung zu entnehmen sei. Abgesehen davon, daß die Erfordernisse des § 44 a VStG 1950 unabhängig von der Relevanz der Mängel einzuhalten seien, seien die zeitlichen Momente im vorliegenden Fall (im Zusammenhang mit den im einzelnen anzuführenden Baumaßnahmen) für die Schuldfrage, vor allem aber auch für die Strafbemessung, von Bedeutung. Im hier vorliegenden Fall stützt sich die Berufung des Arbeitsinspektorates in erster Linie auf das Argument, daß angesichts des

2-jährigen Tatzeitraumes die Strafe viel zu niedrig sei. Es kommt somit der exakten Feststellung der Tatzeit für die Strafhöhe eine entscheidende Bedeutung zu. Wie angeführt, war zwar Herr D zwischen Jänner 1995 und Oktober 1996 monatlich im M Graz, sein Aufenthalt variierte aber von 1 Tag bis zu 3 Wochen. Es erscheint daher nicht möglich, den vor dem 21.10.1996 liegenden Tatzeitraum so genau zu umschreiben, daß eine ausreichende Grundlage für die Strafbemessung gegeben ist. Aus diesem Grund war der Tatvorwurf zeitlich einzuschränken.

Die in der Berufung vertretene Meinung, daß die Anwesenheit und Tätigkeit des Herrn D in Österreich deswegen legal gewesen sei, weil er Pferdetransporte begleitet habe, kann nicht geteilt werden: § 1 Abs 2 AuslBG sieht keine Ausnahmen für die Begleitung von Pferdetransporten vor. Der Beschuldigten schwebt hier, wenn sie in der Berufung auf die Teilnahme von ausländischen Reitern einschließlich ihres Personals an Turnieren in Österreich hinweist, offenbar die Bestimmung des § 18 Abs 2 AuslBG vor, die wie folgt lautet:

Für Ausländer nach Abs 1, die ausschließlich im Zusammenhang mit kurzfristigen Arbeitsleistungen, für die ihrer Art nach inländische Arbeitskräfte nicht herangezogen werden, wie geschäftliche Besprechungen, Besuche von Messeveranstaltungen und Kongressen und dergleichen, beschäftigt werden, ist eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung nicht erforderlich.

Nach Abs 1 dieser Bestimmung bedürfen Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als 6 Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, die längstens für die Dauer von 4 Monaten erteilt werden darf.

Im vorliegenden Fall nahm Herr D weder an einer geschäftlichen Besprechung, an einer Messeveranstaltung oder an einem Kongreß teil noch wurde er von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt. Frau M als Eigentümerin des Gestüts Jesenec hat in Österreich einen Betriebssitz in Graz-Th, weshalb die Bestimmung des § 18 AuslBG nicht anwendbar ist.

Das Vorbringen bezüglich der Pferdetransporte ist aber auch in sich unschlüssig. Der Transport umfaßte jeweils lediglich die Verbringung der Pferde von Jesenec nach Graz oder umgekehrt. Der Zeitraum nach der Ankunft am jeweiligen Bestimmungsort kann nicht mehr dem Transport zugerechnet werden. Es ist aber widersprüchlich, wenn die Anwesenheit des Herrn D in Graz-Thondorf einerseits damit begründet wird, daß er insbesondere Jungpferde habe weiter betreuen müssen (offenbar deswegen, weil diese Pferde den Umgang mit Herrn D gewohnt waren), während sich andererseits aus den Aussagen der Beschuldigten und ihres Vaters ergibt, daß Herr D so lange im M Graz geblieben sei, bis die veterinärmedizinischen Untersuchungen und zollrechtlichen Formalitäten geregelt gewesen seien. Es ist eben nicht nachvollziehbar, daß die Betreuung von Pferden von der Erledigung zollrechtlicher Formalitäten abhängig sein soll.

Irrelevant ist auch, daß Herr D im Inland extra keine Bezahlung zusätzlich zu seinem Lohn in Tschechien erhielt und daß ihm freie Kost und freies Quartier beigestellt wurden, denn er bezog während seiner Zeit in Graz-Th ja seinen üblichen Lohn in Tschechien. Es liegt daher keineswegs eine Unentgeltlichkeit der Arbeitsleistungen vor. Ebenso ist es unerheblich, daß der Eigentumsübergang bei den von Tschechien nach Österreich transportierten Pferden erst nach Absolvierung der veterinärmedizinischen Tests und der zollrechtlichen Formalitäten erfolgen konnte. Daraus kann eine Zurechnung der Beschäftigung des Herrn D zum Gestüt Jesenec bis zur Verwirklichung des Eigentumsübergangs berechtigterweise nicht konstruiert werden.

Da die entsprechenden arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen nicht vorlagen, ist der Beschuldigten ein Verstoß gegen § 3 Abs 1 AuslBG anzulasten.

Zum Verschulden ist auszuführen, daß die Beschuldigte sich im Jahr 1995 um eine Sicherungsbescheinigung für Herrn D und eine Aufenthaltsberechtigung bemüht hat, um eine Lösung für die Lerntätigkeit von Herrn D zu finden (Schreiben der Beschuldigten an die belangte Behörde vom 26.11.1996). Diese Lösung wurde ihr durch Abweisung des Antrages auf Sicherungsbescheinigung versagt. Der Beschuldigten war daher sehr wohl bewußt, daß Herr D in Österreich ohne eine Beschäftigungsbewilligung nicht arbeiten durfte. Der Versuch, die Beschäftigung wegen der Begleitung von Pferdetransporten als legal darzustellen, kann darüber nicht hinwegtäuschen. Sie hat daher nach Ansicht der Berufungsbehörde vorsätzlich gehandelt.

Die Strafbemessung ergab folgendes:

Nach § 28 Abs 1 AuslBG begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von S 10.000,-- bis S 60.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 20.000,-- bis S 120.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 20.000,-- bis S 120.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 40.000,-- bis

S 240.000,-- zu bestrafen, 1. wer (unter anderem)

a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäfti-gungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14 a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, oder

b) entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne daß für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung (§ 18 Abs 1, 4 und 7) erteilt wurde.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

§ 3 Abs 1 AuslBG bezweckt die geordnete Eingliederung ausländischer Arbeitnehmer in den inländischen Arbeitsmarkt, soweit die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes dies zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen. Inländische Arbeitnehmer werden bei der Erlangung von Arbeitsplätzen (und auch bei deren Erhaltung) grundsätzlich bevorzugt. Andererseits soll gewährleistet werden, daß ausländische Arbeitnehmer insbesondere nicht zu schlechteren Lohn- und Arbeitsbedingungen als vergleichbare Inländer und nicht ohne Sozialversicherung beschäftigt werden.

Wer die Pflicht zur Zahlung der Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge, Pensionsbeiträge und der Arbeitslosenversicherung umgeht, entzieht der öffentlichen Hand bedeutende Mittel und verschafft sich einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten, die die angeführten Steuer- und Beitragsleistungen regulär entrichten.

Die üblichen mit illegaler Ausländerbeschäftigung verbundenen Folgen sind auch hier anzunehmen. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, daß die Beschuldigte Herrn D in Österreich nicht sozialversichert hat und die Entlohnung dem niedrigen tschechischen Lohnniveau (4.000 Kronen monatlich entsprechen ca. S 2.000,--) entsprach, während Herr D die Arbeitsleistung in Österreich erbrachte. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Zutreffend ist der Hinweis in der Berufung des Arbeitsinspektorates, daß nur eine absolute Unbescholtenheit mildernd ist, nicht aber die einschlägige Unbescholtenheit, wie dies die belangte Behörde meint. Die Beschuldigte war zur Tatzeit aber auch absolut unbescholten, weshalb ihr zu Recht ein Milderungsgrund zuerkannt wurde. Erschwerend ist der Vorsatz und erschwerend ist auch, daß die Beschäftigung des Herrn D zu schlechteren Lohn- und Arbeitsbedingungen, als sie die jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung vorsehen, erfolgte (§ 28 Abs 5 AuslBG). Bei einer monatlichen Entlohnung von (umgerechnet) ca. S 2.000,-- kann von einer Entlohnung entsprechend dem in Österreich geltenden Kollektivvertrag nicht gesprochen werden. Der diesbezügliche Hinweis in der Berufung des Arbeitsinspektorates ist somit zutreffend. Die Beschuldigte hat ein Monatseinkommen von S 35.000,--, sie besitzt einen Reitstall und ein Gestüt, ein Gasthaus und Fremdenpension (Wert der Letzteren: ca. S 10 Mio.) mit Krediten in gleicher Höhe belastet.

Wegen der Einschränkung der Tatzeit auf ca. 3 Wochen war die Strafe trotz des Vorsatzes und des weiteren Erschwerungsgrundes in gleicher Höhe zu belassen. Davon kann auch noch eine ausreichende abschreckende Wirkung erwartet werden.

Der Spruch des Straferkenntnisses war in der Sachverhaltsumschreibung im Sinne der Einschränkung der Tatzeit und des Entfalls des Hinweises auf die Endsendungsbewilligung zu korrigieren.

Da in der Einschränkung der Tatzeit insofern ein Erfolg der Berufung der Beschuldigten liegt, waren keine Kosten für das Berufungsverfahren vorzuschreiben (§ 65 VStG).

Somit waren beide Berufungen abzuweisen.

Schlagworte
Betriebssitz Inland Ausnahmeregelung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten