TE UVS Steiermark 1998/08/25 25.14-8/98

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.08.1998
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Beschwerde des Herrn Mehmet U, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Wolfgang V, wie folgt entschieden:

Gemäß §§ 61 Abs 1, 72 Abs 1 und 73 Abs 1 und 2 Fremdengesetz 1997 (im folgenden FRG) in Verbindung mit §§ 67c bis 76g sowie 79a des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (im folgenden AVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, daß die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers auf der Grundlage des Schubhaftbescheides der Bundespolizeidirektion Graz vom 21.4.1998, Zl. Fr 5407/98 vom 13.5.1998, 22.00 Uhr bis zum 15.5.1998, 5.30 Uhr rechtmäßig war.

Der Antrag betreffend den Zeitraum vom 21.4.1998 bis zum 13.5.1998, 22.00 Uhr wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundespolizeidirektion Graz (dem Bund) gemäß § 79a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl. Nr. 855/1995, einen mit S 3.365,-- bestimmten Kostenaufwand binnen vier Wochen nach Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzten.

Text

I.) Am 18. Mai 1998 langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat die vorliegende Beschwerde des Herrn Mehmet U ein, in der die über ihn verhängte Schubhaft im wesentlichen mit dem Argument bekämpft wird, auf den Beschwerdeführer, einen Asylwerber, seien gemäß § 21 Asylgesetz 1997 die Bestimmungen über die Schubhaft nicht anwendbar. Die Verhängung der Schubhaft sei rechtswidrig erfolgt, weil sich der Beschwerdeführer bis zum Abschluß des Asylverfahrens legal in Österreich aufhalte. Die belangte Behörde habe vollkommen übersehen, daß dem Beschwerdeführer mit Geltung des Asylgesetz 1997 eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Asylgesetz zukomme; ein entsprechender Antrag auf Ausstellung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung habe der Beschwerdeführer am 14.5.1998 gestellt, wobei eine Bescheinigung gemäß § 19 Asylgesetz nur deklaratorische Wirkung haben könne; das vorläufige Aufenthaltsrecht ergäbe sich direkt aus dem Gesetz. Unabhängig vom vorläufigen Aufenthalt gemäß § 19 Asylgesetz 1997 sei von der Behörde zu prüfen gewesen, welche Auswirkungen der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erteilte Beschluß der aufschiebenden Wirkung im Asylverfahren habe. Mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde sei der Eintritt der Rechtswirkung des Asylbescheides hinausgeschoben worden und hätten daher bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes alle Maßnahmen, die sonst aufgrund des Bescheides über den Asylantrag zulässig wären, zu unterbleiben. Die Übergangsbestimmung des § 44 Abs 4 Asylgesetz 1997, wonach sich das Aufenthaltsrecht eines Asylwerbers bis zur Entscheidung durch den Unabhängigen Bundesasylsenat danach richte, ob er aufgrund der Entscheidungen des Verfassungs- oder des Verwaltungsgerichtshofes über die aufschiebende Wirkung seiner Beschwerde während des höchstgerichtlichen Verfahrens zum Aufenthalt berechtigt gewesen sei oder nicht, müsse auch sinngemäß auf den gegenständlichen Fall, der nicht an den Unabhängigen Bundesasylsenat zurückfalle, Anwendung finden, da sich weder aus den Gesetzesmaterialien gegenteiliges entnehmen ließe, noch ein sachlicher Grund für eine andere Behandlung zu erkennen wäre. Zusammengefaßt komme dem Beschwerdeführer - er habe von sich aus beim Bundesasylamt einen Asylantrag gestellt - auf alle Fälle die vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu, die im Falle einer persönlichen Antragstellung die Schubhaft ausschließe.

Der Beschwerdeführer beantragte - nach Durchführung einer Verhandlung - die Anhaltung des Beschwerdeführers vom 21.4.1998 bis zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat durch Organe der Behörde wegen des Verstoßes gemäß Artikel 1 Pers FrG und Artikel 5 MRK für rechtswidrig zu erklären und der belangten Behörde gemäß § 79a AVG aufzutragen, dem Beschwerdeführer die für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendigen Verfahrenskosten zu ersetzen. II). Die Bundespolizeidirektion Graz legte den Fremdenpolizeiakt, Zahl FR 5407/98, vor und gab zum Beschwerdevorbringen eine Gegenäußerung ab, in der sie nach Darstellung des Akteninhaltes die Schubhaftnahme des Beschwerdeführers zur Sicherung seiner Abschiebung damit begründete, diese Maßnahme sei schon deshalb erforderlich gewesen, weil sich der Beschwerdeführer schon einmal - im Jahre 1982 in der BRD - einer Abschiebung entzogen hätte. Auf den Beschwerdeführer seien die Bestimmungen der §§ 61 bis 63 FrG 1967 anwendbar, zumal dieser weder über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Abs 2 Asylgesetz 1967 verfüge, noch der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde dem Fremden eine Aufenthaltsberechtigung verschaffe, zumal dieser auch nach dem Asylgesetz 1991 über keine solche verfügt habe. Am 13.5.1998 sei der Fremde in Schubhaft genommen und am 15.5.1998 in Vollstreckung des gegen ihn bestehenden Ausweisungsbescheides auf dem Luftwege in die Türkei außer Landes geschafft worden.

In seiner Stellungnahme vom 2.7.1998 wiederholte der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen und brachte noch ergänzend vor, am 14.5.1998 einen Antrag auf Wiederaufnahme des Feststellungsverfahrens gem. § 57 FrG 1997 gestellt zu haben, weil der Beschwerdeführer über neue Beweismittel verfüge, wonach er in der Türkei aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit für die PKK immer noch steckbrieflich gesucht werde und mit größten Repressalien zu rechnen hätte. Das Verhalten der Behörde sei rechtswidrig gewesen, weil sie den Beschwerdeführer, einen Asylwerber, ohne die Rechtskraft des Asylbescheides abzuwarten, in jenes Land abgeschoben habe, in welchem er verfolgt werde.

III.) Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgenden rechtlichen Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 72 Abs 1 FRG haben Personen, die gemäß § 63 leg. cit. festgenommen worden sind oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten werden oder wurden, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder Anhaltung anzurufen.

Zur Entscheidung über die Schubhaftbeschwerde ist gemäß § 73 Abs 1 FRG jener unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Die Festnahme des Beschwerdeführers erfolgte am 13.05.1998 in Graz; somit ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Gemäß § 73 Abs 2 FRG entscheidet über die Beschwerde der Unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG, unter anderem mit der Maßgabe, daß die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Zum Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde befand sich der Beschwerdeführer nicht mehr in Schubhaft, weshalb die Wochenfrist in diesem Fall nicht bindend war. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat gemäß § 73 Abs 4 FrG im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Eine mündliche Verhandlung konnte im Sinne des § 73 Abs 2 Z 1 FRG unterbleiben, da aus dem vorgelegten Fremdenpolizeiakt in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen, der abgegebenen Gegenäußerung der Behörde sowie der dazu ergangenen Stellungnahme des Beschwerdeführers der entscheidungsrelevante Sachverhalt ausreichend geklärt erscheint.

IV.) Es werden folgende Feststellungen getroffen:

Der Beschwerdeführer, ein am 24.04.1970 geborener türkischer Staatsbürger, reiste am 19.5.1997 ohne Reisedokumente ins Bundesgebiet ein. Er stellte am 20.05.1997, vertreten durch den Verein Zebra, beim Bundesasylamt, Außenstelle Graz , einen Asylantrag, über den bis dato noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Der zuletzt erlassene - abweisende - Asylbescheid des Bundesministers für Inneres vom 17.07.1997 wurde vom Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof angefochten. Dem gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gab der Verwaltungsgerichtshof mit dem Beschluß vom 06.11.1997 zu Zl. AW 97/20/0490 statt. Die Entscheidung des Höchstgerichtes - das Asylverfahren des Beschwerdeführers fällt nicht unter die Übergangsbestimmung des § 44 Abs 2 Asylgesetz 1997 - steht noch aus.

Bei seiner Einvernahme vor der Fremdenpolizei in Graz am 18.8.1997, gab der Beschwerdeführer an, nie einen Reisepaß besessen zu haben. Sein Personalausweis sei im Jahre 1990 von den Militärs eingezogen worden. Ein anderes Dokument besitze er nicht. Er könne sich ein solches aus seiner Heimat auch nicht besorgen. Auf die Ankündigung der Behörde hin, gegen den Beschwerdeführer wegen seiner illegalen Einreise und seines unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich eine Ausweisungsbescheid erlassen zu wollen, der die sofortige Ausreiseverpflichtung nach sich ziehen würde, stellte der Beschwerdeführer einen Antrag gemäß § 54 FrG 1991, mit der Begründung, er könne derzeit auf keinen Fall in die Türkei zurückkehren, weil er dort als aktives Mitglied der PKK verfolgt werde. Der Beschwerdeführer wurde seitens der Behörde ausdrücklich aufgefordert, sich im Falle eines Wohnsitzwechsels in Österreich sofort umzumelden. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer nicht nach. Er verzog unbekannten Aufenthaltes und wurde daher am 29.10.1997 amtlicherseits von seiner bisherigen Zustelladresse Graz, Mariengasse 45/I/31, abgemeldet.

Mit dem Bescheid vom 10.12.1997 wies die Bundespolizeidirektion Graz den Beschwerdeführer aus Österreich aus; mit dem Bescheid vom 11.12.1997 stellte die Bundespolizeidirektion Graz gemäß § 54 Abs 1 FrG 1991 fest, daß keinerlei stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß der Beschwerdeführer in der Türkei Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder Todesstrafe unterworfen zu sein bzw. das dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Beide Bescheide wurden mit Verweis auf § 8 Abs 2 ZustellG bei der belangten Behörde hinterlegt; sie erlangten am 29.12.1997 die Rechtskraft. Am 25.2.1998 meldete sich der Beschwerdeführer unter der Adresse 8052 Graz, Steinbergstraße 17, polizeilich an. Ermittlungen der belangten Behörde in der Bundesrepublik Deutschland ergaben, daß der Beschwerdeführer erstmals am 1.7.1992 in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag stellte, der abgelehnt worden ist. Bei seiner Einreise im Juli 1992 war der Beschwerdeführer im Besitze eines gültigen Personalausweises. Eine beabsichtigte Abschiebung des Herrn Mehmet U konnte wegen Fortzuges nicht durchgeführt werden. Am 30.3.1998 beantragte die belangte Behörde bei der türkischen Botschaft in Wien die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer; dem Ansuchen wurde am 14.4.1998 entsprochen.

Mit dem Bescheid vom 21.4.1998 ordnete die Bundespolizeidirektion Graz gegen den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung mit sofortiger Wirkung an und erteilte einem Kriminalbeamten den Auftrag, den Beschwerdeführer bei gleichzeitiger Zustellung des Bescheides an seiner Wohnadresse festzunehmen. Am 13.5.1998, gegen 22.00 Uhr, trafen Kriminalbeamte den Beschwerdeführer in seiner Wohnung an und nahmen ihn in Vollziehung des Schubhaftbescheides fest. Bei seiner daran anschließenden Vernehmung teilte die Behörde dem Beschwerdeführer ihre Absicht mit, ihn aufgrund des rechtskräftigen Ausweisungsbescheides in die Türkei abzuschieben. Der Beschwerdeführer brachte dazu vor, in seiner Heimat per Haftbefehl gesucht zu werden und mit einer langjährigen Haftstrafe rechnen zu müssen. Die Behörde verwies auf das abgeschlossene Feststellungsverfahren gem. § 54 FrG 1991.

Mit den Schriftsätzen vom 14.5.1998 stellte der Beschwerdeführer über seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter den Antrag auf Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens gemäß § 57 iVm § 75 FrG 1997 und beantragte beim Bundesasylamt, Außenstelle Graz, die Zuerkennung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997. Eine Bescheinigung gemäß § 19 Abs 2 Asylgesetz wurde dem Beschwerdeführer nicht ausgestellt. Am 15.5.1998, um 05.30 Uhr, setzte die Abschiebung des Beschwerdeführers mit der Abfahrt von Graz, Polizeigefangenenhaus, nach Wien, Flughafen Schwechat ein, die am selben Tag durch Außerlandesschaffung per Flugzeug beendet wurde.

V.) Die rechtliche Beurteilung ergibt folgendes:

Nach § 42 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997), BGBl. Nr. 76/1997, ist dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 1998 in Kraft und gleichzeitig das Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992, außer Kraft getreten.

Gemäß § 1 Z 3 Asylgesetz 1997 ist Asylwerber(in) im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Fremder oder eine Fremde ab Einbringung eines Asylantrages oder eines Asylerstreckungsantrages bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens oder bis zu dessen Einstellung.

Gemäß § 19 Abs 2 leg. cit. haben Asylwerber, die unter Umgehung der Grenzkontrolle oder entgegen den Bestimmungen des 2. Hauptstückes des Fremdengesetzes eingereist sind, die vorläufige Aufenthaltsberechtigung erst, wenn sie von der Behörde zuerkannt wird. Die Behörde hat solchen Asylwerbern, deren Antrag zulässig, aber nicht offensichtlich unbegründet ist, unverzüglich die vorläufige Aufenthaltsberechtigung durch Aushändigung der Bescheinigung zuzuerkennen. Gemäß § 19 Abs 3 erster Satz leg. cit. ist die vorläufige Aufenthaltsberechtigung Asylwerbern, denen die vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukommt, von Amts wegen zu bescheinigen.

Gemäß § 44 Abs 4 leg. cit. richtet sich, sofern den Asylwerbern nach diesem Bundesgesetz keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukommt (§ 19), deren Aufenthaltsberechtigung bis zur Entscheidung durch den unabhängigen Bundesasylsenat danach, ob sie aufgrund der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes über die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde während des höchstgerichtlichen Verfahrens zum Aufenthalt berechtigt waren oder nicht. Im übrigen richtet sich die Stellung der Asylwerber während dieser Zeit nach der eines Fremden, dessen Asylantrag rechtskräftig abgewiesen ist. Gemäß § 21 Abs 1 leg. cit. findet - soweit im folgenden nichts anderes festgelegt wird - das Fremdengesetz insgesamt Anwendung, die §§ 33 Abs 2, 36 Abs 2 Z 8, 55 und 61 bis 3 FrG jedoch nicht auf Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung, sofern sie

1.  den Antrag außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt eingebracht haben;

2.  den Antrag anläßlich der Grenzkontrolle oder anläßlich eines von ihnen sonst mit einer Sicherheitsbehörde oder einem Kontaktes gestellt haben.

Im vorliegenden Fall kommt dem Berufungswerber der Status eines Asylwerbers gemäß § 1 Abs 3 Asylgesetz 1997 zu, weil mit dem Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 6.11.1997, mit dem der Beschwerde des Herrn Mehmet U gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17.7.1997 (zweitinstanzlicher negativer Asylbescheid) die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden ist. Damit blieb zwar ein Aspekt des negativen Asylbescheides - die Nichtanerkennung als Flüchtling - unangetastet, der einer aufschiebenden Wirkung von vornherein nicht zugänglich ist. Wohl aber wurde mit dem zitierten Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes der Verlust des Asylwerbersstatus aufgeschoben.

Damit ist für den Beschwerdeführer - was sein Vorbringen anlangt - aber noch nichts gewonnen, da im weder nach der neuen Rechtslage (§ 19 Asylgesetz 1997) noch nach dem Asylgesetz 1991 (§§ 6 und 7 Abs 1) eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukommt bzw. zugekommen ist, d.h. mit seinem Asylwerberstatus nie eine Aufenthaltsberechtigung verbunden war: Der Beschwerdeführer kann sich auch nicht auf § 19 Abs 2 Asylgesetz stützen, weil nach dieser Gesetzesstelle Asylwerber, die unter Umgehung der Grenzkontrolle oder - wie der Beschwerdeführer - entgegen den Bestimmungen des zweiten Hauptstückes des Fremdengesetzes eingereist sind, die vorläufige Aufenthaltsberechtigung erst dann haben, wenn sie von der Behörde zuerkannt wird (vgl. auch VwGH-Erkenntnis vom 19.6.1998, Zl. 98/02/0182). Eine solche Zuerkennung ist dem Beschwerdeführer nicht zuteil geworden.

Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem § 7 Abs 1 Asylgesetz 1991 hat für den Beschwerdeführer nach der Aktenlage nicht bestanden, nachdem er eine der beiden gesetzlichen Voraussetzungen hiefür- die direkte Einreise aus dem Verfolgerstaat- nicht erfüllt und eine mangelnde Verfolgungssicherheit in den Durchreisestaaten auch nicht behauptet wurde. Der bezughabende Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes zu Zl.: AW 1997/20/0490 weist dem Antragsteller (Beschwerdeführer) jene Rechtsstellung zu, die er als Asylwerber vor Erlassung des angefochtenen Bescheides (Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Juli 1997) hatte. Damit kann sich der Beschwerdeführer aber auch nicht erfolgreich auf die Bestimmungen des § 21 Abs 1 Z 1 Asylgesetz berufen; die nur Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung unter anderem vor Ausweisung, Zurückschiebung und Schubhaft schützen. Auf die Person des Beschwerdeführers - Asylwerber ohne vorläufige Aufenthaltsberechtigung - finden daher die §§ 61 bis 63 FRG Anwendung.

Das Asylverfahren des Beschwerdeführers fällt zeitlich nicht unter die Übergangsbestimmungen des § 44 Asylgesetz 1997, weil die Anfechtung des zweitinstanzlichen Asylbescheides beim Verwaltungsgerichtshof erst nach Kundmachung des Asylgesetzes 1997 erfolgte. Selbst eine "sinngemäße" Anwendung der Übergangsbestimmung des § 44 Abs 4 Asylgesetz 1997 würde - was die Frage der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung anlangt - das gleiche für den Beschwerdeführer negative Ergebnis zeitigen. Gemäß § 61 Abs 1 FRG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft lagen hier vor:

Die beabsichtigte fremdenpolizeiliche Maßnahme, zu deren Sicherung die Schubhaft verhängt wurde - die Abschiebung des Beschwerdeführers - war grundsätzlich zulässig. Die Bundespolizeidirektion Graz erließ gegen den Beschwerdeführer einen durchsetzbaren Ausweisungsbescheid, welcher ihn zur unverzüglichen Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtete. Herr Mehmet U ist entgegen der Aufforderung der Behörde während der laufenden Verfahren unbekannten Aufenthaltes verzogen. Beim Beschwerdeführer lag zumindest der in § 56 Abs 1 Z 1 FRG aufgezählte Abschiebungsgrund vor; die Überwachung seiner Ausreise erschien aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit notwendig, weil der Beschwerdeführer über kein Reisedokument verfügte. Zudem war zu befürchten, daß er seiner Ausreiseverpflichtung nicht freiwillig nachkommen wird, nachdem jegliche Anhaltspunkte dazu fehlten. Gleichfalls war bei Verhängung der Schubhaft und während ihrer Dauer von 2 Tagen das Erreichen des Haftzieles nicht gefährdet. Die Schubhaftnahme des Beschwerdeführers war im Sinne des § 61 Abs 1 FRG auch notwendig, weil es bei der Abschiebungssicherung vor allem darum geht, daß der Fremde verläßlich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort anzutreffen sein wird. Gerade diese Mitwirkung konnte vom Beschwerdeführer im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten (keine Bereitschaft, sich Reisedokumente zu verschaffen, Verhalten in der Bundesrepublik Deutschland in einer vergleichbaren Situation) nicht erwartet werden.

Aufgrund der angeführten Überlegungen war der Beschwerde nicht stattzugeben und festzustellen, daß die Schubhaft des Beschwerdeführers rechtmäßig war. Der über die Anhaltezeit hinausreichende Antrag war zurückzuweisen. Die Frage, ob die Abschiebung vor rechtskräftiger Erledigung des Asylverfahrens im Hinblick auf die Bestimmung des § 21 Abs 2 Asylgesetz 1997 zulässig war, ist - und hier wird auf § 72 Abs 1 iVm § 73 Abs 4 FrG verwiesen - nicht Sache des Haftprüfungsverfahrens. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf § 79a AVG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze, BGBl. Nr. 1995, 855. Der belangten Behörde (dem Bund) Gebühren S 2.800,-- an Schriftsatzaufwand und S 565,-- an Vorlageaufwand.

Schlagworte
Schubhaft Ausweisung Asylwerber Aufenthaltsberechtigung Aufschub
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten