TE UVS Wien 1998/09/07 04/G/33/600/98

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Veröffentlicht am 07.09.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Maukner über die Berufung des Herrn Johann G, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk, vom 14.8.1998, Zl MBA 1/8 - S 5102/96, betreffend zwei Übertretungen von Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wegen örtlicher Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde behoben.

Gemäß § 65 VStG wird dem Berufungswerber ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens nicht auferlegt.

Text

Begründung:

1. Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgende Tatanlastungen:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener der M-gesellschaft mbH, Sitz in Wien, P-ring, zu verantworten, dass diese Gesellschaft 1) von 30.6.1995 bis 29.6.1996 die mit rechtskräftigem Bescheid vom 15.2.1995, V/1-12730/21-K, gemäß § 79 GewO 1994 vorgeschriebene Auflage Punkt 1 (Für alle vier (ein 1600, zwei 780 und ein 115 m3) Lagerbehälter und die Fundamente bzw das Traggerüst ist eine von einem Zivilingenieur für Bauwesen bzw Maschinenbau erstellte statische Berechnung vorzulegen) insoferne nicht erfüllt hat, als eine statische Berechnung nicht vorgelegt wurde,

2) vom 1.6.1995 bis 29.2.1996 das in K befindliche Tanklager, welches mit Bescheid der BH T vom 30. Mai 1932, Zahl XII-867/3 genehmigt wurde, durch Hinzunahme von zwei Stück einwandigen, genieteten Lagerbehältern, mit einem Fassungsvermögen von a' 36 m3 in liegender Ausführung auf Betonsockel, sowie zwei Stück Lagerbehälter mit einem Fassungsvermögen von 27 bzw 19 m3, in gleicher Ausführung im Osten des Tanklagers, in geänderter Form ohne Genehmigung dieser Änderung betrieben hat, obwohl sämtliche vier Lagerbehälter der Lagerung von Gefahrenklasse I Produkten dienen und daher eine gewerbebehördliche Genehmigung dieser Änderung erforderlich ist."

In der dagegen erhobenen Berufung wird im Wesentlichen folgendes angeführt:

"I. Zu Punkt 1. des Spruches:

Die diesbezügliche Entscheidung samt ihrer Begründung ist auf Grund der Aktenlage unverständlich.

Die erstinstanzliche Behörde erwähnt zwar, dass ich der Anschuldigung der Nichterfüllung einer Auflage zur Vorlage eines statischen Gutachtens betreffend die verfahrensgegenständlichen Behälter durch das Vorbringen entgegengetreten bin, dass (rechtzeitig) ein Gutachten vorgelegt wurde, wonach statische Berechnungen undurchführbar sind (mangels Unterlagen über die Details der aus der Zeit vor 1940 stammenden Konstruktion und mit dem Zusatz, dass gegen ein druckloses Betreiben der Behälter dennoch keine Bedenken bestehen). Sie verschweigt jedoch, dass - gemäß meinem Vorbringen in der vorbezeichneten Äußerung - die Vorlage dieses Gutachtens ausdrücklich mit dem Bemerken verbunden war, dass davon ausgegangen werde, dass damit der Auflage entsprochen wurde und dass dem sinngemäß behördlicherseits lange Zeit (und zwar insbesondere während des gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraumes) überhaupt nicht und nie in relevanter Weise widersprochen worden ist.

Es gilt hiebei selbstverständlich, dass das was unmöglich ist, auch durch behördlichen Auftrag nicht zur Rechtspflicht werden kann. Eine entsprechende Parteienbehauptung samt Vorlage eines tauglichen Beweismittels beendet daher die Verpflichtung zur Auflagenerfüllung, soweit und solange nicht zufolge anderer (stärkerer) Beweismittel davon auszugehen ist, dass die Realisierbarkeit doch gegeben sei.

Es ist daher völlig verfehlt, bei einem Stillschweigen der Behörde zu einem Parteienvorbringen über die Undurchführbarkeit (samt Beweismittelvorlage) von einem Verstoß gegen die Vorlagepflicht (Pflicht zur Auflagenerfüllung) auszugehen, geschweige denn von einem schuldhaften Verstoß, wie er auch für das Verwaltungsstrafverfahren erforderlich ist (siehe unten). In concreto kann weiters keinerlei Zweifel daran bestehen, dass ein Gutachten eines befugten Sachverständigen, wie es im obigen Sinne vorgelegt wurde, ein taugliches Beweismittel für die Unerfüllbarkeit der Auflage darstellte. Der Vollständigkeit halber sei außerdem noch bemerkt, wie ebenfalls in meiner Äußerung vom 27.7.1998 ausgeführt, dass zwar mehr als zehn Monate nach der Vorlage des Gutachtens über die Unmöglichkeit der statischen Berechnungen durch behördliches Schreiben vom 13.8.1996 eine "gutachtliche Stellungnahme des Amtssachverständigen" zur Kenntnis gebracht wurde, wonach die betreffende Auflage "nicht erfüllt" sei. Es war und ist jedoch ohnehin immer unbestritten gewesen, dass eine direkte Erfüllung - wegen ihrer Unmöglichkeit - nicht stattgefunden hat, "entsprochen" aber wurde der Auflage durch den Nachweis der Unerfüllbarkeit. Von Interesse wäre daher nur gewesen, ob der Amtssachverständige - mit fachlich fundierter und überzeugender Begründung - meinte, die statischen Berechnungen seien doch möglich. Das hat er ebensowenig wie das Amt der NÖ Landesregierung behauptet und insoweit gab und gibt es daher keinerlei beweismäßige Grundlage für eine andere Annahme als die Richtigkeit des vorgelegten Gutachtens und damit die Undurchführbarkeit der statischen Berechnungen.

Weshalb die eB trotz dieser Gegebenheiten eine Strafverhängung vorgenommen hat, ist rätselhaft und rechtswidrig.

2. Zu Punkt 2. des Spruches:

Es ist unbestritten, dass die 4 Behälter bereits aus der Zeit vor 1940 stammen und laufend betrieben wurden, ohne dass bis 1993 eine Beanstandung erfolgte - und zwar obwohl laufend behördliche Überprüfungen der Gesamtanlage stattgefunden haben - und dass während der Zeit meiner Verantwortlichkeit ein Betrieb nur in der Zeit vom 1.6.1995 bis 29.2.1996 stattgefunden hat.

Seitens der M-gesellschaft mbH ist demgegenüber geltend gemacht worden, dass es mittelbar schlüssige Beweise dahingehend gibt, dass die Behälter genehmigt worden waren und darauf habe ich mich im Rahmen des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens in meiner Äußerung vom 27.7.1998 mit dem Hinweis berufen, dass dieses Vorbringen nie widerlegt worden ist. Dass die eB darauf mit keinem Wort eingeht, stellt einen schweren Verfahrensfehler dar. Dass speziell durch die letzten Kriegsereignisse mit Bombenschäden, einmarschierenden Truppen und die unmittelbaren Nachkriegswirren da und dort Unterlagen abhanden gekommen sind, kann wohl als zweifelsfrei und notorisch angesehen werden. Dem steht gegenüber, dass auch schon in der ersten Republik Anlagen der gegenständlichen Art behördlicherseits genau im Auge behalten wurden - was konkret auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass es über einen Lagerbehälter Unterlagen betreffend Genehmigung gibt - sodass auszuschliessen ist, es wären andererseits 4 Lagerbehälter angebracht und betrieben worden, ohne dass dies behördlich genehmigt wurde und ohne dass es der Behörde aufgefallen wäre. In diesem Zusammenhang ist es von besonderer Bedeutung, dass es hier ein Verschuldensnachweis erforderlich ist. Die vorstehenden Ausführungen sprechen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dafür, dass der unterstellte genehmigungslose Betrieb überhaupt nicht gegeben ist, sondern vielmehr lediglich ein Abhandenkommen von Genehmigungsurkunden. Im Sinne des § 5 Abs 1 2.Satz VStG ist daher nicht davon auszugehen, dass der objektive Tatbestand erwiesen sei. Dementsprechend findet auch die für diesen Fall vorgesehene Beweislastumkehr nicht statt. Es ist jedenfalls in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht im Zweifel davon auszugehen, dass die Behälter konsensgemäß, entsprechend einer ursprünglich gegebenen Genehmigung betrieben worden sind. Hinzu kommt, dass keinesfalls ein mich persönlich treffendes Verschulden angenommen werden kann. Dass - wie in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ausgeführt - 1993 ein anderer Vertreter der M einmal widerspruchslos in einer Verhandlung, die behördlicherseits aufgestellte Behauptung zur Kenntnis nahm, dass die Betriebsanlagengenehmigung fehle, und die Rechtsfolgen der §§ 360, 366 GewO zu beachten seien, kann gewiß für die Frage meines Verschuldens keine Bedeutung haben. Die eB lässt die Frage offen, inwieweit ich davon überhaupt Kenntnis haben sollte, wobei auch zu beachten ist, dass die Sache dann behördlicherseits jahrelang nicht verfolgt wurde. Mit meiner Äußerung vom 27.7.1998 habe ich eine Berufung vorgelegt, in welcher M den Standpunkt vertrat, dass ein Genehmigungserfordernis nicht besteht. Diese Frage des materiellen Verwaltungsrechtes ist daher als offen anzusehen und die Stellungnahme des Amtes der NÖ Landesregierung ist auch zu diesem Punkt de facto inhaltsleer: Sie besagt nur, was ohnehin unbestritten ist, nämlich dass in den aus der Zeit vor 1940 noch vorhandenen Unterlagen (Bescheiden, Verhandlungssschriften) eine Genehmigung nicht unmittelbar zum Ausdruck gelangt. Es geht daher um eine Vorfrage, welche die eB entweder selbst unter schlüssiger, nachvollziehbarer und vollständige Begründung zu lösen gehabt hätte oder in welcher sie im Zweifel zu meinen Gunsten hätte annehmen müssen, dass mir jedenfalls ein allfälliges Fehlen einer Genehmigung sowie der Betrieb ohne eine solche nicht anzulasten ist.

Dementsprechend erweist sich auch Punkt 2. des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses als verfehlt."

2. Ohne auf diese Berufungsausführungen näher einzugehen, ergibt sich rechtlich folgendes:

a) Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt nach der Aktenlage die Anzeige der Bezirkshauptmannschaft K vom 29.2.1996 an die Abteilung 3 "im Haus" zugrunde, in welcher die dem Berufungswerber zur Last gelegten strafbaren Tatbestände angezeigt wurden. Die (Abteilung 3 der) Bezirkshauptmannschaft K leitete diese Anzeige mit Schreiben vom 8.3.1996 an das Magistratische Bezirksamt für den 1./8. Bezirk mit der Begründung weiter, dass der Strafakt zuständigkeitshalber zum Tatort übermittelt werde, zumal "sich in K nur das Tanklager der Fa befindet und von ha keine Entscheidungen bzw Handlungen getroffen werden". In weiterer Folge führte das Magistratische Bezirksamt für den 1./8. Bezirk das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren durch und erließ das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG in der Fassung BGBl Nr 620/1995 steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Wenn der einer Behörde zugewiesene Sprengel gänzlich außerhalb des Bundeslandes liegt, in dem die Behörde ihren Sitz hat, dann steht die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes zu, in dem der Sprengel liegt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien ist somit zur Entscheidung über die vorliegende Berufung zuständig.

b) Aus den oben wiedergegebenen Tatanlastungen des angefochtenen Straferkenntnises ergibt sich, dass die mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft T vom 30. Mai 1932, Zl XII - 867/3, genehmigte gewerbliche Betriebsanlage in K gelegen ist (in diesem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid wird der Standort konkret mit "Kritzendorf, linkes Donauufer zwischen Stromkilometer 1942.146 und 1942.060" angegeben).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann in Ansehung des Straftatbestandes des § 367 Z 25 GewO 1994, der auf beim Betrieb der Anlage einzuhaltende Auflagen abgestellt ist, nicht angenommen werden, dass solche Übertretungen nicht am Standort der Betriebsanlage, sondern am hievon abweichenden Sitz der Unternehmensleitung begangen worden wären; es bestehe daher auch kein Hinweis für eine gemäß § 27 Abs 1 VStG örtlich zuständige Behörde als diejenige Behörde, in deren örtlichem Zuständigkeitsbereich der Standort der Betriebsanlage sei (siehe dazu etwa VwGH 22.11.1988, 88/04/0121; 23.5.1989, 88/04/0344; 14.11.1989, 89/04/0107).

Weiters ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Strafbestimmung des § 366 Abs 1 Z 2 GewO 1994 auf die Errichtung und den Betrieb einer gewerblichen Betriebsanlage abgestellt, weshalb nicht angenommen werden könne, dass solche Übertretungen nicht am Standort der Betriebsanlage sondern am hievon abweichenden Sitz der Unternehmensleitung begangen worden wären; es bestehe daher auch kein Hinweis für eine andere gemäß § 27 Abs 1 VStG örtlich zuständige Behörde als die für den Standort der im Straferkenntnis bezeichneten Betriebsstätte (siehe dazu etwa VwGH 2.7.1992, 92/04/0100). Da die im vorliegenden Fall herangezogene Strafbestimmung des § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 auf die Änderung und auf den Betrieb nach der Änderung einer genehmigten gewerblichen Betriebsanlage abgestellt ist, kommt auch hier die vorzitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendung, wonach derartige Übertretungen am Standort der Betriebsanlage begangen werden. Der Magistrat der Stadt Wien - Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk war daher zur Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zuständig, weshalb das Straferkenntnis aus diesem Grund zu beheben war.

3.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 65 VStG.

4.

Gemäß § 51e Abs 1 VStG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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