TE UVS Steiermark 1998/11/09 30.10-108/99

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Veröffentlicht am 09.11.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karin Clement über die Berufung des Herrn HM, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. KM und Dr. JW, O, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 30.7.1999, GZ.: 15.1 97/3658, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 560,-- binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.

Der Spruch des Straferkenntnisses wird zu Punkt 1.) insofern korrigiert, als die auf Atuobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit 130 km/h, statt 100 km/h beträgt. Im Übrigen bleibt der Spruch unberührt.

Text

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 9.7.1997, um 16.20 Uhr, in SM., Bezirk L, Steiermark, Österreich, auf der A 9 - Pyhrnautobahn, aus Richtung L in Richtung G fahrend, 1.) bei ABKm. und 2.) bei ABKm. als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen (PKW) 1.) die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h erheblich überschritten, 2.) die durch Straßenverkehrszeichen im dortigen Bereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ebenfalls erheblich überschritten.

Der Berufungswerber habe dadurch die Rechtsvorschriften des 1.) § 20 Abs 2 StVO 1960 und 2.) § 52 a Z 10 a StVO 1960 verletzt und wurden wegen dieser Verwaltungsübertretungen Geldstrafen von 1.) S 800,-- und 2.) S 2.000,-- gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO verhängt.

Dagegen wurde rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung eingebracht, welches jedoch nicht näher ausgeführt war. Über Mängelbehebungsauftrag des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark führte der Berufungswerber ergänzend aus, dass er nach wie vor bestreite die vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung begangen zu haben. In weiterer Folge wird zum Beweis dafür vorgebracht, dass der Polzeibeamte eine Geldbuße von DM 150,- angeboten habe. Dass dies der Fall gewesen sei, könne durch die Zeugen IM, R und VM ermittelt werden. Es wird nochmals gebeten, dass Videoband zur Verfügung zu stellen und wird bestritten, dass überhaupt eine Videoanlage im Fahrzeug angebracht gewesen sei, da der Polizeibeamte erklärt habe, dass der Berufungswerber ungefähr 30 km/h zu schnell gefahren sei. Wäre eine Videoanlage im Fahrzeug gewesen, hätte man den Fahrvorgang vorspielen können.

Eine öffentliche, mündliche Verhandlung konnte unter Hinweis auf § 51 e Abs 3 VStG entfallen, nachdem im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- übersteigende Geldstrafe nicht verhängt worden ist und die Durchführung einer Verhandlung weder zur Beurteilung der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen erforderlich war noch vom Berufungswerber beantragt wurde.

Im erstinstanzlichen Verfahren wurden, sowohl der Meldungsleger BI L zwei Mal einvernommen, als auch im Rechtshilfeweg die vom Berufungswerber namhaft gemachten Zeugen R und VM. Die von der Pro-Vi-Da-Anlage aufgezeichnete Fahrt des Berufungswerbers wurde insoweit dokumentiert, als insgesamt sechs Lichtbilder aus dem Videoband zu Beweiszwecken angefertigt wurden, die eine Zeitspanne von 16.19.05 Uhr bis 16.19.19 Uhr am 9.7.1997 umfassen. Auf den Lichtbildern sind sowohl die Geschwindigkeits-beschränkungen vor der Mautstelle SM ersichtlich, als auch deutlich der Mercedes des Berufungswerbers, sowie die festgestellte und eingespielte Geschwindigkeit, welche von ursprünglich 160 km/h auf 103 km/h während der 13 Sekunden reduziert wurde. Dem Berufungswerber wurde Gelegenheit gegeben, zu allen Beweismitteln Stellung zu nehmen.

Mit Stellungnahme vom 31.8.1998 wird weder zur vorgeworfenen Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung noch zu den vorgelegten Lichtbildern Stellung bezogen. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass es sich um eine einheitliche Fahrt gehandelt hat und daher nicht zwei verschiedene Bußgelder verhängt werden dürften. Im Übringen erschöpft sich das Vorbringen wiederum auf die Frage, ob vom Meldungsleger DM 150,-- an Ort und Stelle verlangt worden seien oder nicht.

Auch in der gegen das Straferkenntnis eingebrachten Berufung wird im Wesentlichen nur die Frage in den Raum gestellt, ob tatsächlich DM 150,-- an Ort und Stelle als Bußgeld vom Meldungsleger verlangt wurden oder nicht. Zur Übertretung selbst wurden keinerlei Ausführungen getätigt.

Die vom Videoband entwickelten Lichtbilder sind als Beweisstücke im Akt und wurden dem Berufungswerber auch übermittelt. Das Videoband selbst wird nach Anfertigung der Lichtbilder gelöscht und weiter verwendet. Eine Vorlage des Videobandes ist in keinem Verfahrensstand möglich und auch nicht notwendig. Aufgrund des abgeführten Beweis- und Ermittlungsverfahrens im erstinstanzlichen Verfahren und der Tatsache, dass eine über S 3.000,-- nicht hinausgehende Strafe im bekämpften Straferkenntnis erlassen wurde, war, da der Sachverhalt an sich unbestritten ist, die nochmalige Durchführung eines Beweisverfahrens nicht notwendig. Aufgrund der objektiv vorliegenden Beweise - Lichtbilder - ergibt sich, dass der Berufungswerber bei Strkm. die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf Autobahnen und bei Strkm. die erlaubte Höchstgeschwindigkeit, welche durch Straßenverkehrszeichen im dortigen Bereich von 80 km/h kundgemacht war, jeweils erheblich überschritten hat.

In rechtlicher Beurteilung dieses festgestellten Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass gemäß § 20 Abs 2 StVO der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren darf. Gemäß § 52 a Z 10 a StVO zeigt ein Straßenverkehrszeichen an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist. Die Vorschrift des § 52 a Z 10 a StVO begründet ein eigenes Tatbild. Ein Bescheid, welcher sich auf diese Bestimmung stützt bezieht sich auf die dieser Kundmachung zugrundeliegende Norm in Form einer Verordnung (VwGH 26.4.1976, 418/76). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich daher um zwei verschiedene Delikte, die auch jeweils gesondert zu bestrafen sind (vgl. VwGH vom 25.10.1989, 89/03/0145 und 20.5.1992, 91/03/0315). Indem der Berufungswerber die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf der Autobahn missachtet hat und in weiterer Folge, obwohl es sich um eine Fahrt gehandelt hat, die Geschwindigkeitsreduktion vor der Mautstelle von zuerst 100 km/h, später 80 km/h und 50 km/h im Bereich der 80 km/h missachtet hat, hat er einen neuerlichen Tatentschluss gefasst, sodass es sich um kein fortgesetztes Delikt handelt. Wie bereits die Erstbehörde ausführte, muss bei Geschwindigkeitsermittlung durch Nachfahren im gleichbleibenden Abstand auf einer entsprechend langen Strecke mit einem geeichten Tachometer unter Verwendung einer sogenannten Pro-Vi-Da-Anlage von der auf der Pro-Vi-Da-Anlage angezeigten Geschwindigkeit im Interesse des Beschuldigten eine Messtoleranz abgezogen werden, um Variable, wie die Änderung des Reifendruckes oder auch nur eine geringfügige Änderung des Tiefenabstandes, zu berücksichtigen. Auch bei Abzug einer Messtoleranz von 10 % im vorliegenden Fall (welche jedenfalls die oberste Grenze darstellt) hat der Berufungswerber immer noch Geschwindigkeiten eingehalten, die weit über den erlaubten Höchstgeschwindigkeiten lagen. Auch die im erstinstanzlichen Verfahren einvernommenen Zeugen, R und VM, bestätigen, dass der Berufungswerber zu schnell gefahren sei. Der Berufungswerber selbst hat hiezu im gesamten Verfahren kein Vorbringen erstattet, welches sich nicht in der allgemeinen Bestreitung erschöpft hätte.

Der Spruch des Straferkenntnis musste und durfte verbessert werden, zumal innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist der §§ 31 und 32 VStG rechtzeitig eine Verfolgungshandlung in Form einer Strafverfügung ergangen ist. In der Strafverfügung wurde die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h richtig ausgeführt.

Es bleibt daher noch zu überprüfen, ob die von der Erstbehörde verhängten Strafen schuld- und tatangemessen verhängt wurden. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Der Schutzzweck der im Gegenstand verletzten Normen, der die Kraftfahrzeuglenker verpflichtet eine mittels rechtswirksam verordneten Vorschriftszeichen angezeigte Geschwindigkeit bzw. die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit nicht zu überschreiten, ist darin zu erblicken, alle mit dem Straßenverkehr verbundenen Gefahren, die eine erhöhte Geschwindigkeit mit sich bringen, zu vermeiden und sonstige nachteilige Folgen im Sinne des § 19 Abs 1 VStG, wie etwa erhöhte Umweltbelastung durch vermehrten Schadstoffausstoß oder Lärmbelästigung, hintanzuhalten. Im besonderen Fall lag noch im Hinblick auf die Bestimmung des § 52 a Z 10 a StVO der Normzweck vor, die aufgrund der Mautstelle auf der Autobahn befindliche Engstelle zu sichern.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abgzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Als mildernd kann, wie von der Erstbehörde bereits berücksichtigt, die Unbescholtenheit des Berufungswerbers berücksichtigt werden, zumal die beim Kraftfahrt- Bundesamt in Flensburg aufscheinende Übertretung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften zeitlich nach der Übertretung auf der A 9 in Österreich erfolgte. Erschwerungsgründe liegen keine vor. Aufgrund der erheblichen Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit zu Punkt 2.) des Straferkenntnisses erscheint jedoch die von der Erstbehörde festgesetzte Strafe im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm notwendig.

Der Berufungswerber hat trotz Aufforderung seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht dargelegt. Auch in der Berufung wurden keine Bestreitungen hinsichtlich des von der Erstbehörde geschätzten Nettoeinkommens von DM 2.500,-- erhoben. Es wird daher von einem monatlichen Nettoeinkommen von rund S 20.000,--, keinen Sorgepflichten und keinem Vermögen ausgegangen, sodass die verhängten Strafen auch im Hinblick auf diese persönlichen Verhältnisse schuld- und tatangemessen erscheinen.

Die Festsetzung des Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist.

Schlagworte
Geschwindigkeitsüberschreitung Höchstgeschwindigkeit Berichtigung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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