TE UVS Wien 1998/11/12 04/G/21/539/98

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.11.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung des Herrn Julius M, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 22. Bezirk, vom 18.06.1998, Zl MBA 22 - S 5756/98, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß I. 1) und 2) § 67 Ziffer 25 GewO, BGBl Nr 194/1994 idgF iVm den Auflagen Nr 2) und 12) des Bescheides vom 14.03.1989, MBA 22 - Ba 6750/1/97; II § 366 Abs 1 Ziffer 3, 2. Fall GewO 1994 entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Punkt I. 1) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Umfang behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt. Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten zu Punkt I. 1) des Berufungsverfahrens zu leisten. Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Punkt I. 2) und II. keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Abänderung bestätigt, dass hinsichtlich Punkt I. 2) bei der Übertretungsnorm zusätzlich "Ö-Norm Z 1000 (Teil 1, 2 und Beiblatt 1)" zu zitieren ist.

Die Strafsanktionsnorm zu II) hat: iVm § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994 zu lauten.

Gemäß § 64 Abs 1 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu Punkt I. 2) und II. in der Höhe von S 1.200,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Text

Begründung:

Mit angefochtenem Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten wie folgt zur Last gelegt:

"Sie haben als gewerberechtlicher Filialgeschäftsführer der B-AG zu verantworten, dass in der Betriebsanlage der B-AG im Standort Wien, W-Straße, in der das Handelsgewerbe ausgeübt wird, in der Zeit von 29.09.1997 bis 14.04.1998

I. folgende Auflagen des rechtskräftigen Bescheides vom 14.03.1989, MBA 22 - Ba 6750/1/87, nicht eingehalten wurden:

1) Auflage Nr 2, wonach im Verkaufsraum die Hauptverkehrswege mindestens 1,8 m und die Nebenverkehrswege mindestens 1,2 m breit sein müssen und eine Teilung von Hauptverkehrswegen (zB durch Aufstellen von Verkaufsständern, Warenkörben, Paletten und dgl) verboten ist, da der Hauptverkehrsweg im Zugangsbereich (G-straße) in einer Länge von etwa 12 m auf eine verbleibende Durchgangsbreite von 1,4 m eingeengt war, wobei die abgestellten Getränkegebinde in den Hauptverkehrsweg hineinragten und der Quergang bei den Kassen (Hauptverkehrsweg), der zur Notwippe führt, durch diverse Lagerungen (Angebotsschriften mit Nasch- und Backwaren sowie diverse Tiernahrung) insbesondere an den Stirnseiten der Regalreihen auf 1,3 m eingeengt war;

2) Auflage Nr 12, wonach Ausgänge und Fluchtwege durch deutlich sichtbare Hinweise entsprechend der ÖNORM Z 1000 (Teil 1, 2 und Beiblatt 1) über den Verkehrswegen bzw Ausgängen zu kennzeichnen sind, da die Fluchtweghinweise (Kennzeichnung Notlicht, Sicherheitsbeleuchtungspiktogramm, Overheadschild) zur Notwippe entgegen die Fluchtrichtung weisend montiert waren;

II. die mit dem Bescheid vom 27.10.1972, MBA 22 - Ba 65.750/1/69 und Folgebescheiden, insbesondere den Bescheiden vom 14.03.1989, MBA 22 - BA 6750/1/87 und vom 07.02.1992, MBA 22 - BA 3694/91 genehmigte Betriebsanlage durch die Errichtung und den Betrieb der Notausgangstüre aus dem Verkaufsraum an der Ecke W-Straße / F-Straße, die entgegen der Beschreibung in dem Bescheid vom 07.02.1992 BA 22 - Ba 3694/91 nach innen und somit nicht nach außen aufschlagend eingerichtet war, ohne die dafür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung geändert und in geändertem Zustand betrieben wurde, wobei sich die Genehmigungspflicht dieser Änderung der Betriebsanlage aus der zusätzlichen Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Kunden der Betriebsanlage im Brandfall ergibt.

Verwaltungsübertretung nach: I. 1) und 2) § 367 Ziffer 25 Gewerbeordnung, BGBl Nr 194/1994 idgF in Verbindung mit den Auflagen Nr 2) und 12) des Bescheides vom 14.03.1989, MBA 22 - Ba 6750/1/87; II. § 366 Abs 1 Ziffer 3, 2. Fall Gewerbeordnung 1994 Wegen diesen Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende

Strafen verhängt:

3 Geldstrafen zu je S 3.000,--, zusammen S 9.000,--, falls diese uneinbringlich sind, 3 Ersatzfreiheitsstrafen von je 1 Tag, zusammen 3 Tage, gemäß I. 1) und 2): § 367 Einleitungssatz GewO 1994; II. § 366 Abs 1 GewO 1994.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 900,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe und Kosten) beträgt daher S 9.900,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht. Tatsächlich sei im angefochtenen Straferkenntnis der dem Berufungswerber zur Last gelegte Sachverhalt nicht ausreichend konkretisiert und werde dieser auch bestritten.

Weiters wird eingewendet, dass das Verschulden des Berufungswerbers selbst dann, wenn der ihm zur Last gelegte Sachverhalt zutreffen würde, gering wäre, da der Beschuldigte stets alles in seiner Macht stehende unternommen habe, Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten. Er habe insbesondere die ihm unterstehenden Mitarbeiter entsprechend geschult und laufend (zumeist täglich) kontrolliert. Dass es dennoch bisweilen zu Unzulänglichkeiten kommen könne, liege in der auch vom Beschuldigten nicht beseitigbaren Unvollkommenheit seiner Mitarbeiter. Darüber hinaus entspreche die über den Beschuldigten verhängte Strafe - selbst wenn der Sachverhalt vorliegen würde und strafbar wäre - nicht den Strafzumessungsregeln des VStG und sei daher rechtswidrig. Der Berufungswerber habe keine einschlägigen Vorstrafen und hätten die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen. Angesichts eines allfälligen geringen Verschuldens wäre gemäß § 21 VStG von einer Strafe abzusehen. Äußerst hilfsweise werde gerügt, dass die Strafzumessungsregeln des VStG nicht befolgt und die Strafe zu hoch bemessen worden sei. Das angefochtene Straferkenntnis erweise sich aus all den angeführten Gründen als rechtswidrig.

Unter dem Titel der Verletzung von Verfahrensvorschriften brachte der Beschuldigte vor, er habe in seiner Rechtfertigung Beweisanträge gestellt, denen die Behörde erster Instanz nicht Folge geleistet hätte.

Es wurde daher beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren einzustellen. Hilfsweise wurde beantragt, die über den Beschuldigten verhängte Strafe herabzusetzen.

Antragsgemäß führte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien am 22.10.1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher eine rechtsfreundliche Vertreterin für den Berufungswerber teilnahm und in welcher Werkmeister H zeugenschaftlich einvernommen wurde.

Die Beschuldigtenvertreterin gab zunächst an:

"Zu Spruchpunkt 1):

Hier wäre anstatt Auflagepunkt Nr 2) richtigerweise Auflagepunkt Nr 3) anzulasten gewesen, weil Auflagepunkt Nr 3) die Einengung oder Verstellung von Hauptverkehrswegen, Nebenverkehrswegen etc verbietet.

Zu Spruchpunkt 2):

Der ÖNORM ist nicht zu entnehmen, in welcher Richtung die Fluchtweghinweise gerichtet sein müssen.

Zu II:

Hier liegt ein Verstoß gegen die AAV vor und keine Betriebsanlagenänderung, zumal die Tür im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits als solche vorhanden war. Ergänzend wird noch vorgebracht, dass in der Zwischenzeit die Türe nach außen aufschlagend eingerichtet ist.

Ansonsten wird auf die schriftlichen Dispositionen verwiesen."

Herr Werkmeister H gab folgendes an:

"Es handelte sich bei den Fluchtweghinweisen um eine beschriftete Sicherheitsleuchte sowie um ein Overheadschild. Diese waren im Bereich der Notwippe angebracht und wiesen auf die gegenüberliegende Seite, wo früher einmal die Notwippe situiert war. In die Richtung wo die Hinweise hinwiesen, war kein Notausgang, es befindet sich dort der Kassenstauraum und würde man den Hinweisen folgen, würde man entweder über den Kassenstauraum in die BA wieder hineinkommen oder durch die Kassendurchgänge hinaus. Die Hinweise waren um 180 Grad verdreht. Der Fluchtweg ist als Hauptverkehrsweg definiert.

Zu II:

Es war ursprünglich eine Bergetüre eingerichtet, nach innen aufschlagend. Bei den Erhebungen war die Türe nach wie vor nach innen aufschlagend eingerichtet."

Zu den Schlußausführungen wurde noch seitens des Berufungswerbers vorgebracht:

"Zu 2): Der Pfeil hat nicht in die falsche Richtung hingewiesen, da der Fluchtweg als Hauptverkehrsweg und durch die Kassendurchgänge zum Ausgang führt. Der Fluchtweg war daher entsprechend gekennzeichnet. Das Hinweisschild hat nicht entgegen die Fluchtrichtung gewiesen. Im Übrigen wird auf die bisherigen Ausführungen verwiesen."

Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 (GewO) begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesbestimmung mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 82a Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 oder 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält. Gegenständlichem Straferkenntnis liegen die Erhebungsberichte des Werkmeister H vom 29.09.1997 und vom 23.04.1998 zugrunde, in welchen hinsichtlich des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes ua folgendes festgehalten wird:

Niederschrift vom 29.09.1997:

"Pkt 2) Der Hauptverkehrsweg war im Zugangsbereich der Kassen (G-straße) auf ca 1,4 m eingeengt. Weiters war der Quergang bei den Kassen, der zur Notwippe führt, durch div Lagerungen (Angebotsschütten mit Nasch- und Backwaren sowie Tiernahrung) insbesondere an den Stirnseiten der Regalreihen auf stellenweise 1,3 m eingeengt (erforderlich wäre zumindest Hauptverkehrswegbreite von 1,8 m).

Pkt 12) Die Fluchtwegshinweise (Kennzeichnung Notlicht Overheadschild) zur Notwippe waren entgegen der Fluchtrichtung weisend montiert.

Weiters wird bemerkt, dass die Notausgangstüre aus zum Verkaufsraum an der Ecke W-Straße / F-Straße derzeit noch nicht entsprechend des Bescheides vom 07.02.1992, Zl MBA 22 - BA 3694/91 (siehe Beschreibung), nach außen aufschlagend eingerichtet wurde."

Erhebungsbericht vom 23.04.1998:

"Zur da Anfrage wird nach Erhebung mitgeteilt, dass die im ha Schreiben vom 29.09.1997 angezeigten Mängel bis auf die Auflagepunkte 2) und 12) behoben waren.

Der Hauptverkehrsweg war nach wie vor im Zugangsbereich der Kassen bei der G-straße (ca 12 m Länge) auf eine verbleibende Durchgangsbreite von ca 1,4 m eingeengt, da die abgestellten Getränkegebinde in den Hauptverkehrsweg hineinragten. Weiters waren die Fluchtweghinweise (Sicherheitsbeleuchtungskörper-Piktogramm, Overheadschild) noch nicht der derzeitigen Fluchtsituation angepaßt, da sie derzeit entgegen der Fluchtrichtung weisend montiert sind (Zugang zur Notwippe).

Abschließend wird mitgeteilt, dass die aus dem Verkaufsraum an der Ecke W-Straße / F-Straße befindliche Notausgangstüre augenscheinlich noch nicht nach außen aufschlagend eingerichtet war (Bescheid vom 07.02.1992, Zl MBA 22 - BA 3694/91)."

Da seitens des Beschuldigten der Sachverhaltsdarstellung des Zeugen H in der mündlichen Verhandlung, der unter Wahrheitspflicht und der Strafsanktionsdrohung des § 289 StGB einvernommen wurde und dabei einen glaubwürdigen und überzeugenden Eindruck vermittelte und bei dem auf Grund seiner Schulung und Erfahrung auch davon ausgegangen werden konnte, dass er im Stande ist (auch augenscheinlich), derartige Sachverhalte hinreichend auf ihre Relevanz zu prüfen und entsprechend Bericht zu erstatten, nicht mehr entgegengetreten wurde, konnte diese Sachverhaltsannahme - unter Bezugnahme auf die diesbezügliche, oben angeführte Anzeige - gegenständlicher Entscheidung zugrundegelegt werden.

Zu den einzelnen Punkten ist folgendes auszuführen:

Zu Punkt I. 1)

Gemäß Auflagepunkt 2) des Bescheides vom 14.03.1989, MBA 22 - BA 6750/1/87 müssen im Verkaufsraum die Hauptverkehrswege mindestens 1,8 m und die Nebenverkehrswege mindestens 1,2 m breit sein. Eine Teilung von Hauptverkehrswegen (zB durch Aufstellen von Verkaufsständern, Warenkörben, Paletten und dgl) ist verboten. Gemäß Auflagepunkt 3) dieses Bescheides vom 14.03.1989 dürfen Hauptverkehrswege, Ausgänge und Fluchtwege nicht eingeengt oder verstellt werden. Als Begrenzung der Hauptverkehrswege und Fluchtwege dürfen nur standfeste und nicht leicht verrückbare Einrichtungsgegenstände verwendet werden.

Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien stellt der Umstand, dass der Hauptverkehrsweg im Zugangsbereich (G-straße) in einer Länge von etwa 12 m auf eine verbleibende Durchgangsbreite von 1,4 m eingeengt war bzw dass der Quergang bei den Kassen (Hauptverkehrsweg), der zur Notwippe führt, durch diverse Lagerungen (Angebotschriften mit Nasch- und Backwaren sowie diverse Tiernahrung) insbesondere an den Stirnseiten der Regalreihen auf 1,3 m eingeengt war, keine Verletzung des Auflagepunktes 2), sondern vielmehr eine Verletzung des Auflagepunktes 3) des Bescheides vom 14.03.1989 dar. Eine Heranziehung des Auflagepunktes 2) des Bescheides vom 14.03.1989 wäre nur dann angebracht, wenn dem Berufungswerber innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist angelastet worden wäre, er hätte die "Mindestbreite von 1,8 m" auf Grund der Einengungen nicht eingehalten. Dies ist jedoch nicht erfolgt. Da dem Berufungswerber nach Auffassung der erkennenden Behörde bei Punkt I. 1) nicht, wie es richtig gewesen wäre, eine Verletzung des Auflagepunktes 3), sondern eine Verletzung des Auflagepunktes 2) des Bescheides vom 14.03.1989 zur Last gelegt wurde, war der Berufung in diesem Punkt Folge zu geben und das Verfahren spruchgemäß einzustellen. Zu Punkt I. 2)

Unbestritten ist der Umstand, dass die im Bereich der Notwippe angebrachten Fluchthinweise (beschriftete Sicherheitsleuchte sowie Overheadschild) nicht in Richtung Notwippe, sondern in die entgegengesetzte Richtung wiesen, wo früher die Notwippe situiert war. Nach dem erfolgten Umbau wurde es offenkundig unterlassen, die Hinweise auf die nun aktuelle Notwippe zu richten. Wenn nun die Beschuldigtenvertreterin vermeint, dass das Hinweisschild nicht entgegen die Fluchtrichtung gewiesen hätte, so kann ihr in diesem Fall nicht beigepflichtet werden. Mag auch der Fluchtweg als Hauptverkehrsweg definiert sein, so ändert dies nichts daran, dass die Notwippe als Notausgang entsprechend der ÖNORM Z 1000 gekennzeichnet hätte werden müssen, da laut Bescheidauflagepunkt Nr 12) des Bescheides vom 14.03.1989 nicht bloß die Fluchtwege, sondern auch die Ausgänge (somit auch die Notausgänge) durch deutlich sichtbare Hinweise über den Ausgängen zu kennzeichnen sind. Erwiesenermaßen - und konnte auch anhand der Pläne der Betriebsanlage genau verifiziert werden - befindet sich in Richtung, wohin die Hinweise zeigten, der Kassenstauraum und nicht der Notausgang. Der Notausgang (Notwippe) selbst war somit nicht gekennzeichnet gemäß der ÖNORM Z 1000, da die Hinweiszeichen nicht auf die Notwippe wiesen, sondern auf die gegenüberliegende Seite, also auf den Kassenstauraum. Richtig ist, dass man den Kassenstauraum querend durch die Kassendurchgänge aus der Betriebsanlage hinauskäme, dies ändert jedoch nichts an der Erfordernis, den Notausgang (= Notwippe in diesem Fall) korrekt gemäß der ÖNORM Z 1000 zu kennzeichnen.

Der Berufung war somit in diesem Punkt keine Folge zu geben. Zu Punkt II.

Gemäß § 366 Abs 1 Ziffer 3 2. Fall GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung nach der Änderung betreibt (§ 81). Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf gemäß § 81 Abs 1 GewO auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Mit Bescheid vom 07.02.1992, Zl MBA 22 - BA 3694/91 wurde die Änderung der Betriebsanlage im Standort Wien, W-Straße, nach Maßgabe des Planes, auf den sich dieser Bescheid bezieht, gemäß § 81 GewO 1973 genehmigt.

In diesem Bescheid ist die Betriebsanlage wie folgt beschrieben:

"In der mit rechtskräftigen Bescheiden zuletzt vom 14. März 1989, MBA 22 - BA 6750/1/87 genehmigten Betriebsanlage ist folgende

Änderung eingetreten:

Die an der Ecke W-Straße / F-Straße bestehende zweiflügelige nach innen aufschlagende Bergetüre wird durch eine zweiflügelige nach außen aufschlagende Notausgangstüre mit einer Durchgangsbreite von 1,80 m ersetzt."

Seitens des Berufungswerbers wird nicht bestritten, dass im Tatzeitraum gegenständliche Türe nach innen aufschlagend eingerichtet war. Die vor dem Bescheid vom 07.02.1992 bestehende nach innen aufschlagende Bergetüre wurde somit im Tatzeitraum noch nicht durch eine nach außen aufschlagende Notausgangstüre ersetzt. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27.03.1990, 89/04/0223, ausgeführt hat, wohnt dem Begriff "Änderung" im Zusammenhalt mit den ihm beigefügten, die Genehmigungspflicht bedingenden Merkmalen, die dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechende Bedeutung eines "anders-werdens" inne.

Eine Änderung liegt somit in jedem Abweichen vom konsensgemäßen Zustand, also von jener Erscheinungsform der Betriebsanlage, wie sie nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides genehmigt wurde. Dabei ist davon auszugehen, dass in der Betriebsbeschreibung des Genehmigungsbescheides alle für die Genehmigungsfähigkeit bedeutsamen Elemente der Betriebsanlage, also auch etwaige Maschinen und Einrichtungen, die geeignet sind, die im § 74 Abs 2 GewO genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen, im Einzelnen genannt sind. Den Gegenstand der Genehmigung ist nicht der Typus einer Betriebsanlage, sondern die konkrete Betriebsanlage selbst (vgl nochmals das schon zitierte Erkenntnis des VwGH vom 27.03.1990). Im vorliegende Fall lag aber eine genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage vor, da entgegen der Betriebsbeschreibung im Bescheid vom 07.02.1992 die an der Ecke W-Straße / F-Straße befindliche Türe im Tatzeitraum nach innen und nicht nach außen aufschlagend eingerichtet war. Dass sich aus diesem Umstand eine zusätzliche Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Kunden der Betriebsanlage im Brandfall ergibt, ist evident. Der Umstand, dass laut Beschuldigtenvertreterin in der Zwischenzeit die Türe nach außen aufschlagend eingerichtet ist, ändert an der Verwirklichung des in Rede stehenden Straftatbestandes nichts, ebensowenig, dass ein Verstoß gegen die AAV möglicherweise zusätzlich dazu gekommen ist.

Somit war der Berufung auch in diesem Punkt kein Erfolg beschieden.

Zur subjektiven Tatseite - somit zum Verschulden - ist folgendes auszuführen:

Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 367 Ziffer 25 GewO und nach § 366 Abs 1 Ziffer 3 GewO handelt es sich um ein sogenanntes "Ungehorsamsdelikt" im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG (vgl VwGH 25.11.1986, 86/04/0116). In solchen Fällen ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit dann ohne weiteres anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ua VwGH 06.11.1974, 1779/73) sind allgemein gehaltene Behauptungen nicht geeignet, den Entlastungsbeweis für mangelndes Verschulden an einer angelasteten Verwaltungsübertretung als erbracht anzusehen. Wenn der Berufungswerber nun in diesem Zusammenhang vorbringt, er habe stets alles in seiner Macht stehende unternommen, Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten und habe insbesondere die ihm unterstehenden Mitarbeiter entsprechend geschult und laufend (zumeist täglich) kontrolliert, wobei es dennoch bisweilen zu Unzulänglichkeiten kommen kann, da dies in der auch vom Beschuldigten nicht beseitigbaren Unvollkommenheit seiner Mitarbeiter liege, so ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten, dass Überprüfungen laufend erfolgten, nicht geeignet sind, mangelndes Verschulden im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG glaubhaft zu machen.

Der Berufung war somit, da sowohl der objektive, wie auch der subjektive Tatbestand als gegeben anzunehmen waren, in der Schuldfrage keine Folge zu geben.

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist die Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Durch die angelasteten Verwaltungsübertretungen wurde das durch die Strafdrohung als schutzwürdig erkannte Interesse an der Einhaltung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen, die ein gefahrloses Betreiben der Betriebsanlage gewährleisten soll, geschädigt. Weiters wurde durch das konsenslose Weiterbestehen der nach innen aufschlagenden Türe entgegen der Betriebsbeschreibung das Interesse an der Vermeidung von Gefahren, die von der bewilligungslosen Änderung der Betriebsanlage ausgehen, für Leben und Gesundheit von Kunden im Brandfalle, erheblich geschädigt.

Trotz des Fehlens sonstiger nachteiliger Folgen konnte daher der objektive Unrechtsgehalt nicht als unbedeutend angesehen werden. Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Erschwerend war zu werten, dass der Beschuldigte einschlägig vorgemerkt ist.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den gesetzlichen Strafrahmen erweisen sich die verhängten Geldstrafen auch unter Berücksichtigung von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen, Vermögenslosigkeit und dem Fehlen von Sorgepflichten als durchaus angemessen und im Hinblick auf den vorliegenden Erschwerungsgrund als durchaus angemessen und keinesfalls zu hoch, zumal im Verfahren keine besonderen Milderungsgründe hervorgetreten sind.

Eine Anwendung des § 21 VStG kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, da zum einen das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig anzusehen ist, zum anderen, da auch der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Taten nicht als gering gewertet werden kann und von einem unbedeutenden Ausmaß der Folgen im Sinne des § 21 Abs 1 VStG (hier: der als Folge der festgestellten Übertretungen in Kauf genommenen Gefährdungen) somit keine Rede sein kann.

Dazu kommt, dass der Verwaltungsgerichtshof zu Recht erkannt hat (siehe VwGH vom 11.7.1996, 95/07/0208), dass in Fällen, in denen ein geeignetes Maßnahmen- und Kontrollsystem nicht eingerichtet wurde, von einem geringfügigen Verschulden nicht mehr gesprochen werden kann, somit eine Anwendung des § 21 Abs 1 VStG nicht in Betracht kommt.

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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