TE UVS Wien 1999/03/24 07/A/36/109/99

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Veröffentlicht am 24.03.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Fritz über die Berufung des Jerzy H gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 20. Bezirk, vom 3.2.1999, Zl MBA 20 - S 3006/96, betreffend Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, entschieden:

Die Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 AVG als verspätet zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Aufgrund einer Anzeige des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten vom 12.4.1996 (dieser lagen zahlreiche Unterlagen bei) wurde der Berufungswerber (Bw) vom Magistrat der Stadt Wien als Strafbehörde erster Instanz am 21.5.1996 zur Rechtfertigung aufgefordert, weil er es als Inhaber der Firma H zu verantworten habe, daß von dieser als Arbeitgeber zumindest seit 26.2.1996 folgende Ausländer, nämlich

1)

M Wieslaw Piotr,

2)

P Jozef Gerard und

3)

Pa Marek,

auf der Baustelle in Wien, J-Straße mit dem Verspachteln von Rigipsplatten beschäftigt worden seien, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei.

Laut einem Aktenvermerk vom 10.6.1996 erschien an diesem Tag Herr Rechtsanwalt Dr N bei der Erstbehörde und ersuchte um eine Frist zur Rechtfertigung bis zum 8.7.1996.

Mit Schriftsatz vom 25.6.1996 erstattete der Bw, vertreten durch Rechtsanwalt Dr Christian N (dieser berief sich auf die ihm erteilte Vollmacht gemäß §§ 8 RAO, 10 AVG) eine schriftliche Äußerung.

Am 19.7.1996 wurde bei der Erstbehörde Herr Dr Max Pi (als Vertreter für Roman S) zum gegenständlichen Vorfall als "Zeuge" befragt. Dieser gab bekannt, daß zur Zahl 3-22197-96 von der Bezirkshauptmannschaft M gegen Herrn Roman S am 11.6.1996 ein Straferkenntnis erlassen worden sei, gegen das jedoch Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat Niederösterreich erhoben worden sei. In der Folge wurden dann von der Erstbehörde keine weiteren (für das Verfahren wesentlichen) Ermittlungsschritte gesetzt. Von der Bezirkshauptmannschaft M wurde am 27.1.1999 eine Kopie des Berufungsbescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 5.11.1998 (in der Verwaltungsstrafsache gegen Roman S) der Erstbehörde übermittelt.

Das erstinstanzliche Verwaltungsstrafverfahren vor dem Magistrat der Stadt Wien endete schließlich mit dem Straferkenntnis vom 3.2.1999, mit welchem der Bw wegen nach dem AuslBG verbotener Beschäftigung von drei Polen nach § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG schuldig erkannt und zu drei Geldstrafen von je S 10.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je einem Tag) verurteilt wurde.

Die Erstbehörde ordnete die Zustellung dieses Straferkenntnisses an den Bw zu Handen seines ausgewiesenen Rechtsanwaltes Dr Christian N an. Die Zustellung erfolgte am 8.2.1999; mit "Nachricht" von diesem Tage teilte Rechtsanwalt Dr N sodann dem Magistrat mit, das Vollmachtsverhältnis zum Bw sei vor mehr als einem Jahr aufgelöst worden und sei er nicht berechtigt und auch nicht gewillt, für diesen Schriftstücke in Empfang zu nehmen. Er ersuche daher, das Straferkenntnis dem Bw direkt zuzustellen. Die Erstbehörde ordnete in der Folge die neuerliche Zustellung des Straferkenntnisses vom 3.2.1999 an den Bw persönlich an, worauf es diesem laut im Akt liegenden Rückschein am 11.2.1999 an der Adresse Wien, H-gasse durch Hinterlegung zugestellt wurde. In seiner (am 23.2.1999 zur Post gegebenen) Eingabe vom 22.2.1999 wies der Bw darauf hin, daß er die im Straferkenntnis angeführten Personen nicht kenne. Die Firma S hätte bis zum heutigen Tage keine Beweise vorlegen können. Diese als Berufung zu wertende Eingabe wurde samt Akt sogleich dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien zur Entscheidung vorgelegt (ha eingelangt am 1.3.1999). Mit ha Schreiben vom 8.3.1999 wurde dem Bw zur Kenntnis gebracht, daß seine Berufung offensichtlich verspätet eingebracht worden sei. Das Schriftstück (Straferkenntnis) sei am 8.2.1999 durch einen Angestellten der Rechtsanwaltskanzlei Dr N übernommen worden. Erst danach habe Dr N mit Schriftsatz vom selben Tage mitgeteilt, daß das Vollmachtsverhältnis zwischenzeitlich beendet worden sei. Die Zustellung sei daher rechtswirksam. Die zweiwöchige Rechtsmittelfrist habe daher am 8.2.1999 begonnen und am 22.2.1999 geendet. Die am 23.2.1999 zur Post gegebene Berufung sei daher als verspätet eingebracht anzusehen. In seiner hiezu abgegebenen Stellungnahme vom 16.3.1999 brachte der Bw vor, er habe das ihm zugesendete Straferkenntnis am 11.2.1999 vom Postamt abgeholt. Er habe es so verstanden, daß die zweiwöchige Rechtsmittelfrist nun ab 10.2.1999 gelte (Poststempel). Da es ein Mißverständnis von seiner Seite gewesen sei, bitte er, in diesem Fall die verspätet eingebrachte Berufung gelten zu lassen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Gemäß § 63 Abs 5 AVG (idF gemäß der Novelle BGBl Nr 471/1995) ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; die Berufungsbehörde hat die bei ihr eingebrachte Berufung unverzüglich an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten. Diese Bestimmung ist gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 1.12.1986, Zl 85/15/0149, ausgesprochen hat, schließt eine an sich unbeschränkte Vollmacht stets die Ermächtigung zur Empfangnahme von Schriftstücken mit ein.

Nach der Aktenlage ist im erstinstanzlichen Verfahren (Abgabe einer Rechtfertigung vom 25.6.1996) Herr Rechtsanwalt Dr N als Vertreter des Bw eingeschritten, wobei sich dieser auf die ihm erteilte (unbeschränkte) Vollmacht berufen hat. Ein Widerruf dieser Vollmacht ist der Behörde vor dem 8.2.1999 nicht bekanntgegeben worden.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird die Kündigung einer Vollmacht eines Parteienvertreters der Behörde gegenüber, bei welcher der Parteienvertreter eingeschritten ist, erst wirksam, wenn sie ihr mitgeteilt wird. Dies steht im Einklang mit dem gemäß § 10 Abs 2 AVG heranzuziehenden Vorschriften des bürgerlichen Rechtes; gemäß § 1026 ABGB treten nämlich die Wirkungen der Aufhebung einer Vollmacht dem Dritten (hier der Behörde) gegenüber so lange nicht ein, so lange sie diesem ohne sein Verschulden unbekannt war (vgl dazu den Beschluß des VwGH vom 31.5.1989, Zl 89/01/0104).

Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde gemäß § 9 Abs 1 des Zustellgesetzes, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Ab dem Vorliegen einer Zustellungsbevollmächtigung im Sinne dieser Gesetzesstelle - somit jedenfalls ab Vorliegen einer einem Rechtsanwalt erteilten Vollmacht - hat die Behörde nur mehr an den Zustellungsbevollmächtigten und nicht mehr an den Vertretenen zuzustellen; wird stattdessen an den Vertretenen selbst zugestellt, dann ist diese Zustellung unwirksam (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 27.4.1989, Zl 88/09/0140).

Die Erstbehörde verfügte die Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses an den Bw zu Handen seines Rechtsanwaltes Dr N. Erst nach dieser Zustellung (am 8.2.1999) wurde der Behörde von Rechtsanwalt Dr N mitgeteilt, daß das Vollmachtsverhältnis vor mehr als einem Jahr aufgelöst worden sei. Frühestens diese Mitteilung aber brachte das Vollmachtsverhältnis im Sinne der oben angeführten Judikatur der Behörde gegenüber zum Erlöschen, weshalb die Zustellung an Rechtsanwalt Dr N am 8.2.1999 wirksam war und den Lauf der Berufungsfrist ausgelöst hat. Daß dies in der Folge offenbar von Dr N in Verkennung seiner Fortsetzungspflicht (vgl dazu die Erkenntnisse des VwGH vom 27.10.1969, Slg 7671/A und vom 17.12.1984, Slg 11618/A), aber auch vom eingeschrittenen Magistrat der Stadt Wien nicht erkannt worden ist, vermag nichts daran zu ändern, daß gemäß § 6 Zustellgesetz die erste gültige Zustellung eines Schriftstückes für das weitere Verfahren maßgebend ist. Selbst wenn also am 11.2.1999 eine weitere Zustellung des Straferkenntnisses vom 3.2.1999 an den Bw persönlich erfolgt ist, ist dadurch die gemäß § 6 Zustellgesetz an die erste gültige Zustellung geknüpfte Rechtsfolge (hier: Beginn der Berufungsfrist) nicht aufgehoben worden, und zwar selbst dann nicht, wenn die erstinstanzliche Behörde selbst diese erste Zustellung als ungültig erachtet haben sollte (vgl zum Ganzen das Erkenntnis des VwGH vom 2.12.1993, Zl 93/09/0398).

Ist aber gemäß diesen Erwägungen von der ersten gültigen Zustellung des angefochtenen Straferkenntnisses an den Bw am 8.2.1999 auszugehen, dann erweist sich die am 23.2.1999 zur Post gegebene Berufung als verspätet und war diese daher zurückzuweisen, ohne daß auf die Berufungsausführungen näher einzugehen war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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