TE UVS Steiermark 1999/12/01 30.15-80/1999

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Veröffentlicht am 01.12.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn H. S., vertreten durch die Rechtsanwälte P. & P., G, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz, Gewerbeamt vom 10.6.1999, GZ.: A4-St 9/1/1999/207, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) i.d.F. BGBl. 1998/158 wird die Berufung abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG werden die Kosten des Verfahrens der zweiten Instanz mit S 5.000,-- (? 363,36) festgesetzt und bestimmt, dass der Berufungswerber die Strafe und die Kosten des Verfahrens der ersten und zweiten Instanz binnen vier Wochen bei sonstigem Zwang zu entrichten hat.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dahingehend ergänzt, dass die Geldstrafen jeweils gemäß § 9 Abs 1 Frauennachtarbeitsgesetz verhängt werden.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber in seiner Funktion als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs 2 VStG der Firma B. GesmbH, mit dem Sitz in G., hinsichtlich der im Spruch angeführten 15 Arbeitnehmerinnen des Betriebes jeweils eine Übertretung der Bestimmung des § 3 Frauennachtarbeitsgesetz (im Folgenden FrNArbG) zur Last gelegt und über ihn Geldstrafen im Ausmaß zwischen S 1.000,-- und S 2.000,-- pro Arbeitnehmerin verhängt.

Die dagegen rechtzeitig eingebrachte Berufung richtet sich ausdrücklich nur gegen die Höhe der verhängten Strafe. Strafmildernd wurde vorgebracht, dass sämtliche Arbeitnehmerinnen die Nachtarbeit freiwillig ausgeübt hätten und dafür auch mit entsprechenden Lohnzuschlägen angemessen entlohnt worden seien. Hinsichtlich von fünf Arbeitnehmerinnen läge sogar eine Betriebsvereinbarung vor. Weiters sei nach dem vorliegenden Anlassfall eine Weiterbeschäftigung von Dienstnehmerinnen zur Nachtzeit nicht erfolgt. In rechtlicher Hinsicht wurde eingewendet, dass es sich bei den Übertretungen um ein fortgesetztes Delikt handle und somit nur eine Strafe zu verhängen wäre.

Da lediglich die Höhe der verhängten Strafe bekämpft wurde, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen (VwGH 16.9.1971, 1268 ua./70) und es war gemäß § 51 e Abs 3 Z 2 VStG eine öffentliche, mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen. Lediglich der Strafausspruch des angefochtenen Straferkenntnisses war durch die Zitierung der Strafnorm des Frauennachtarbeitsgesetzes zu ergänzen.

Gemäß § 3 Abs 1 und Abs 2 FrNArbG dürfen Dienstnehmerinnen während der Nacht nicht beschäftigt werden, wobei als Nacht im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Zeitraum von mindestens elf aufeinanderfolgenden Stunden gilt, der die Zeit zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr einschließt. Der zum Tatzeitpunkt bereits in Kraft befindliche § 4 c FrNArbG sieht die Möglichkeit von Ausnahmen durch Kollektivvertrag (Abs 1) bzw. Betriebsvereinbarung (Abs 2) vor. Hiezu wurde jedoch mit der vom Berufungswerber unbestritten zur Kenntnis genommenen Anfragebeantwortung des Arbeitsinspektorates Graz vom 16.9.1999 mitgeteilt, dass der Kollektivvertrag der Audiovisions- und Filmindustrie Österreichs derzeit keine Ausnahmen im Sinne des § 4 c Abs 1 FrNArbG und auch keine Ermächtigung für Ausnahmeregelungen durch Betriebsvereinbarungen im Sinne des § 4 c Abs 2 FrNArbG vorsieht.

Der Einwand des Berufungswerbers hinsichtlich der Legalisierung der Nachtarbeit der von der Betriebsvereinbarung erfassten Dienstnehmerinnen A. H., U. J., M. L., R. P. und E. U. geht somit in Leere. Zum Argument der Freiwilligkeit der Nachtarbeit bzw. der angemessenen Entlohnung ist zu bemerken, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu vergleichbaren Bestimmungen des ARG bzw. des KJBG (VwGH 27.9.1988, 87/09/0026 und 26.5.1986, 86/08/0024, 0025 u.a.), diese Regelungen zwingende gesetzliche Bestimmungen darstellen, welche nicht der Parteiendisposition durch vertragliche Vereinbarung, Zustimmungerklärungen udgl. unterliegen. Zum Einwand des fortgesetzten Deliktes sei auf die sinngemäß anzuwendende ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Bestimmungen des AZG, ARG und KJBG verwiesen, wonach bei Angriffen auf höchstpersönliche Güter wie Leben, Ehre oder Gesundheit ein Fortsetzungszusammenhang dann zu verneinen ist, wenn sich die einzelnen Angriffe gegen verschiedene Personen richten. Wohl aber sind Verstöße gegen die selbe Arbeitszeitbestimmung in Ansehung des selben Arbeitnehmers an verschiedenen Tagen als fortgesetztes Delikt anzusehen (VwGH 28.10.1993, 91/19/0134; 24.7.1991, 91/19/0150; 10.10.1995, 94/11/0199, 0200 uva.). Die belangte Behörde hat daher zu Recht die an verschiedenen Tagen begangenen Verstöße gegen das Frauennachtarbeitsgesetz als gesondert strafbares Delikt pro betroffener Arbeitnehmerin gewertet.

Gemäß § 9 Abs 1 FrNArbG reicht der Strafrahmen bei Nichtvorliegen einschlägiger Vorstrafen von S 1.000,-- bis S 15.000,--. Die im Anlassfall verhängten Strafen bewegen sich somit ohnedies im untersten Bereich des Strafrahmens, wobei die belangte Behörde den einheitlichen Strafantrag des Arbeitsinspektorates von S 2.000,-- pro Arbeitnehmerin unter Bedachtnahme auf die unterschiedliche Anzahl jener Tage, an welchen Nachtarbeit geleistet wurde, zwischen S 1.000,-- und S 2.000,-- gestaffelt hat..

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Als Verschuldensform ist im Anlassfall zumindestens Fahrlässigkeit anzunehmen, als mildernd die Unbescholtenheit, als erschwerend nichts. In Anbetracht der ohnedies teilweise im Ausmaß der Mindeststrafe bzw. zumindest im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens bemessenen tat- und schuldangemessen festgesetzten Strafen sieht die Berufungsbehörde keinen Anlass, diese ohnedies moderaten Strafen noch weiter herabzusetzen, zumal im Berufungsverfahren keine weiteren Milderungsgründe gefunden werden konnten. Auch das in Ermangelung eigener Angaben des Berufungswerbers mit S 20.000,-- geschätzte Einkommen vermochte keine Herabsetzung der Strafe zu rechtfertigen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Frauen Nachtarbeit Kumulation
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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