TE UVS Wien 2000/03/31 07/A/36/489/98

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Veröffentlicht am 31.03.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Fritz über die Berufung des Herrn Dipl-Ing Roland K, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 10. Bezirk, vom 19.5.1998, Zl MBA 10 - S 17063/97, betreffend Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Gemäß § 65 VStG wird dem Berufungswerber kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Text

Der Berufungswerber (Bw) war unbestritten zur Tatzeit das gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugte und verantwortliche Organ der A-Aktiengesellschaft (in der Folge kurz: AG) mit dem Sitz in Wien.

Mit Schreiben vom 3.11.1997 erstattete das Arbeitsinspektorat für den 16. Aufsichtsbezirk beim Magistrat der Stadt Wien Anzeige (gemäß § 18 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 Z 1 lit b AuslBG) gegen den zur Vertretung nach außen Berufenen der AG. Bei einer am 2.9.1997 durch (namentlich genannte) Mitarbeiter des Arbeitsinspektorates für den 16. Aufsichtsbezirk durchgeführten Kontrolle in H, Wirtschaftspark - Energiezentrale, sei festgestellt worden, dass die AG zumindest seit Ende Juli 1997 bzw 20.8.1997 bis 2.9.1997 die Arbeitsleistung von vier namentlich genannten tschechischen Staatsbürger, welche von einem ausländischen Arbeitgeber (A-E, Br, O bzw U, Br, J) ohne im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland bei der Leitung und Aufsicht der Arbeiten bzw Montage der Elektrosteuerung in H, Wirtschaftspark - Energiezentrale, beschäftigt worden seien, in Anspruch genommen habe, ohne dass für diese Ausländer Beschäftigungsbewilligungen oder Entsendebewilligungen erteilt worden seien. Es handle sich um eine Inanspruchnahme von Arbeitsleistungen von vier Ausländern entgegen dem § 18 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einem im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt würden, ohne dass für die Ausländer Beschäftigungsbewilligungen oder Entsendebewilligungen erteilt worden seien (§ 28 Abs 1 Z 1 lit b AuslBG). Dieser Anzeige waren ein Protokoll über die Baustellenüberprüfung wegen illegaler Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte, eine Liste der bei der Kontrolle auf der

Baustelle angetroffenen Ausländer, eine mit Jaroslav V vom Arbeitsinspektorat aufgenommene Niederschrift, mit den drei weiteren Ausländern von der BH J aufgenommene Niederschriften vom 3.9.1997, Anträge der AG vom 22.8.1997 auf Erteilung einer Entsendebewilligung für die Zeit vom 20.8.1997 bis 30.11.1997 für drei der hier relevanten tschechischen Staatsbürger (und ein Beiblatt zum Antrag), eine Projektbeschreibung Gasturbine, ein Konsortialvertrag, und ein Berufungsbescheid des Arbeitsmarktservice Burgenland, Landesgeschäftsstelle, vom 22.8.1997, mit welchem erstinstanzliche ablehnende Bescheide aufgehoben und der AG Entsendebewilligungen für elf tschechische Staatsangehörige erteilt wurden.

Herr Jaroslav V gab bei seiner Einvernahme im wesentlichen an, er sei seit Ende Juli 1997 als technischer Angestellter der Firma A-E mit Sitz in Br auf der gegenständlichen Baustelle tätig. Seine Aufgabe sei insbesondere die Leitung und Aufsicht der Arbeiten bzw die Kontakte (als Dolmetsch) mit den österreichischen Firmen zu pflegen. Insgesamt seien noch weitere elf Arbeitnehmer seiner Firma als sogenannte Betriebsentsandte auf der Baustelle in H tätig (mit entsprechenden Entsendebewilligungen). Er selbst habe diese nicht, da ihm von seiner Firma mitgeteilt worden sei, dass er für Dienstreisen bzw Besprechungen diese nicht benötige. Die drei weiteren bei der gegenständlichen Kontrolle angetroffenen tschechischen Arbeiter seien Arbeitnehmer der Firma U mit Sitz in Br (diese Firma sei ein Vertragspartner - Subunternehmen - der Firma A-E in Br). Die drei Personen seien mit Installationsarbeiten (Elektro) der Elektrosteuerung für die Gasturbine tätig. Die drei (weiteren) tschechischen Staatsbürger gaben bei ihren Einvernahmen bei der BH J am 3.9.1997 übereinstimmend an, seit dem 20.8.1997 in H für die Firma A-U zu arbeiten.

Der Bw wurde am 12.11.1997 vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 10. Bezirk, als Strafbehörde erster Instanz zur Rechtfertigung aufgefordert, weil er es ?als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ? der AG zu verantworten habe, dass diese Gesellschaft mit Sitz in Wien auf einer näher bezeichneten Baustelle vier namentlich genannte tschechische Staatsbürger zu näher bezeichneten Zeiten mit der Durchführung von Montagearbeiten der Elektrosteuerung beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer vom zuständigen Landesarbeitsamt weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch diesen Ausländern eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt gewesen sei (verletzte Rechtsvorschriften: § 18 iVm § 28 Abs 1 Z 1 lit b AuslBG).

Nachdem am 1.12.1997 dem ausgewiesenen Rechtsvertreter des Bw der gesamte Akteninhalt zur Kenntnis gebracht worden war, erstatte der Bw am 30.12.1997 eine Stellungnahme, in der er zur vertraglichen Situation, zur Abwicklung des Auftrages und zum Verschulden näher ausführte. Dieser Stellungnahme waren u a Bescheide des Arbeitsmarktservice St vom 5.9.1997 angeschlossen, wonach der AG (aufgrund ihres Antrages vom 22.8.1997) für Josef S, Karol M und Radim B Entsendebewilligungen für die berufliche Tätigkeit als Maschinenschlosser bzw Elektromechaniker für die Zeit vom 8.9.1997 bis 30.11.1997 für den örtlichen Geltungsbereich H im L-tal erteilt wurden.

In seiner Stellungnahme vom 17.2.1998 führte das Arbeitsinspektorat für den 16. Aufsichtsbezirk nach Wiedergabe des § 18 Abs 1 AuslBG aus, dieser Antrag sei vom inländischen Auftraggeber (Betrieb) des ausländischen Arbeitgebers bei der zuständigen Stelle des Arbeitsmarktservice einzubringen. Weiters dürfe gemäß § 3 Abs 1 AuslBG ein Arbeitgeber (im gegenständlichen Fall der inländische Auftraggeber) einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt worden sei oder wenn der Ausländer eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitze. Zum Zeitpunkt der Kontrolle hätten die im Strafantrag genannten tschechischen Personen keine gültigen Entsendebewilligungen gehabt. Die entsprechenden Anträge seien zwar bereits am 22.8.1997 beim Arbeitsmarktservice St eingebracht, jedoch erst mit Arbeitsaufnahme 8.9.1997 erteilt worden.

Diese Stellungnahme wurde dem Bw übermittelt und es wurde ihm Gelegenheit gegeben, hiezu Stellung zu nehmen. In seiner Äußerung vom 23.3.1998 brachte der Bw u a vor, die hier relevanten Personen seien weder Arbeitnehmer der AG gewesen, noch habe die AG ein Weisungsrecht gegenüber diesen Arbeitnehmern gehabt. Der Auftrag sei selbständig von der A-P Br ausgeführt worden und hätte diese vereinbarungsgemäß die Anträge für die Entsendebewilligungen selbst stellen sollen. Im Übrigen sei die Montage an Ort und Stelle für A-P Br und deren Partner (U) nur ein Teil des Auftrages gewesen, eine Reihe von Tätigkeiten hätten schon vorab im Werk Br ausgeführt werden müssen und seien diese Firmen daher über einen längeren Zeitraum mit dem Auftrag beschäftigt gewesen. Die entsandten Arbeiter seien dabei immer und in jeder Phase im Betrieb der A-P Br bzw deren Partnerfirmen beschäftigt und entlohnt worden. Aufgrund der besonderen Vertragskonstellation sei beim Landesarbeitsamt Eisenstadt nachgefragt worden, wer denn nunmehr antragslegitimiert sei. Dort habe man überhaupt die Auskunft erhalten, dass antragslegitimiert der Ve sei (dies deswegen, weil man eben auch dort von einem direkten Auftragsverhältnis des Ve mit jedem einzelnen Konsortialpartner ausgegangen sei); seitens des Ve sei dies jedoch abgelehnt worden. Vorerst habe dann die A-P Br als direkter Auftragnehmer iSd § 19 AuslBG versucht, die Anträge zu stellen. Dies sei jedoch sowohl an den sprachlichen Barrieren als auch an den Kenntnissen der österreichischen Gesetzeslage gescheitert. Daraufhin sei dann die AG eingesprungen, da im Vordergrund die zügige Bearbeitung des Projektes und nicht verwaltungstechnische Maßnahmen gestanden seien. Im Folgenden befasste sich der Bw dann mit der Generalunternehmerhaftung nach § 28 Abs 6 AuslBG (eine Bestimmung, die im vorliegenden Fall von der Erstbehörde gar nicht herangezogen wurde).

In einer weiteren Stellungnahme vom 12.5.1998 wies das Arbeitsinspektorat für den 16. Aufsichtsbezirk darauf hin, dass eine Betriebsentsendung dann vorliege, wenn ein ausländischer Arbeitgeber, der im Bundesgebiet keinen Betriebssitz habe, seine Arbeitskräfte in Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung zu einem

österreichischen Auftraggeber entsende. Die ausländische Arbeitskraft verbleibe während ihrer Tätigkeit in Österreich in einem

Beschäftigungsverhältnis zu ihrem ausländischen Arbeitgeber und werde vom inländischen Auftraggeber nicht für betriebseigene Aufgaben eingesetzt. Die Entsendebewilligung sei, ebenso wie die allenfalls anschließende Beschäftigungsbewilligung, gemäß § 19 Abs 1 AuslBG vom Inhaber des Betriebes zu beantragen, in dem der Ausländer beschäftigt werden solle.

Mit dem nunmehr vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien angefochtenen Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 10. Bezirk, vom 19.5.1998 wurde der Bw schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer (richtig hätte es ?als Vorstandsmitglied? zu heißen) und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der AG zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin mit Sitz in Wien, W-straße auf der Baustelle in H, Wirtschaftspark-Energiezentrale, Kesselraum bzw Vorderseite der Engergiezentrale, die tschechischen Staatsbürger Radim B (geboren 20.8.1951), Josef S (geboren 13.12.1957) und Karol M (geboren 22.4.1967) in der Zeit vom 20.8.1997 bis 2.9.1997, den tschechischen Staatsbürger Jaroslav V (geboren 25.5.1929) in der Zeit von Ende Juli 1997 bis 2.9.1997 mit der Durchführung von Montagearbeiten der Elektrosteuerung beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer vom zuständigen ?Landes-arbeitsamt? weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch diesen Ausländern eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt gewesen sei. Der Bw habe dadurch § 28 Abs 1 Z 1 lit b iVm § 18 AuslBG idgF verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung (richtigerweise wäre von vier Verwaltungsübertretungen auszugehen) wurden über den Bw gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit b AuslBG vier Geldstrafen zu je ATS 10.000,-- (zusammen ATS 40.000,--) im Falle der Uneinbringlichkeit vier Ersatzfreiheitsstrafen von je 10 Tagen (zusammen 40 Tage) verhängt. Gleichzeitig wurden die vom Bw zu ersetzenden Verfahrenskosten mit ATS 4.000,-- bestimmt. Begründend führte die Erstbehörde aus, die dem Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sei der Behörde durch eine Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 16. Aufsichtsbezirk zur Kenntnis gelangt. Der Rechtfertigung des Bw sei entgegenzuhalten, dass durch die dargestellte Konstruktion die Bestimmungen des AuslBG, dass, wenn ein ausländischer Arbeitgeber, der im Bundesgebiet keinen Betriebssitz habe, seine Arbeitskräfte in Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung zu einem österreichischen Auftraggeber entsende, vom inländischen Auftraggeber bei der zuständigen Stelle des Arbeitsmarktservice eine Entsendebewilligung zu erwirken sei, nicht erfüllt worden seien. Laut Stellungnahme des Arbeitsinspektorates hätten die genannten tschechischen Personen zum Zeitpunkt der Kontrolle keine gültigen Entsendebewilligungen gehabt. Die dem Bw zur Last gelegte Tat sei durch die Anzeige des Arbeitsinspektorates erwiesen.

In seiner gegen dieses Straferkenntnis innerhalb offener Frist erhobenen Berufung wies der Bw darauf hin, dass gemäß dem der Erstbehörde bereits vorliegenden Konsortialvertrag Auftraggeber und Kunde der Ve sei. Die AG habe überhaupt keinen Lieferanteil gehabt, sondern habe es lediglich übernommen, die kaufmännischen Agenden abzuwickeln. Die im Verfahren involvierten Arbeitnehmer seien sämtliche Dienstnehmer der Firma U-Sp Br, welche ihrerseits als Sublieferant der A-P Br aufgetreten sei. Keiner dieser Arbeitnehmer sei jemals im Personalstand oder im Einflussbereich oder in Weisungsabhängigkeit von der AG gestanden. Errichter und Auftraggeber der Energiezentrale Wirtschaftspark H sei der Ve und wäre daher auch der Ve gemäß dem Gesetzeswortlaut für die Erwirkung der entsprechenden Beschäftigungsbewilligungen, Entsendebewilligungen etc zuständig gewesen. Aufgrund des Konsortialvertrages, nach welchem als Kunde ausdrücklich der Ve als Auftraggeber und auch Betreiber der Baustelle Wirtschaftspark Energiezentrale H anzusehen sei, könne daher die AG nicht als Beschäftiger iSd AuslBG angesehen werden, ja nicht einmal als Generalunternehmer, sodass eine Tatbestandsmäßigkeit überhaupt ausscheide. Noch einmal sei erwähnt, dass anlässlich einer ausdrücklichen Anfrage beim Landesarbeitsamt Eisenstadt die Auskunft erteilt worden sei, dass für die Anträge der Ve zuständig sei. Dieser habe sich jedoch geweigert, irgendwie initiativ zu werden, wobei dann die AG die Initiative ergriffen habe und für A-P Br die Anträge gestellt habe. Zusammengefasst ergebe sich, dass die AG weder Beschäftiger iSd § 28 AuslBG gewesen sei sondern der Ve, noch als Generalunternehmer iSd § 28 Abs 6 AuslBG angesehen werden könne. Es liege daher kein Tatbestand vor, der seine Bestrafung rechtfertigen würde.

Über ha Aufforderung übermittelte der Bw den ursprünglichen Bestellvertrag (Bestellung Nr 880). Ergänzend brachte der Bw vor, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei die Energiezentrale jedenfalls den Gesellschaftern der E-Energiezentrale H ServicegesmbH, das sind Ve-BeteiligungsgesmbH und B-AG zuzurechnen und seien auch mit diesen Unternehmen die Korrespondenzen abgewickelt worden. Diese Konstruktion habe ihre Gründe auch in förderungsrechtlichen Bestimmungen gehabt. Genauso sei auf Auftraggeberseite klar gewesen, dass als Auftragnehmer nicht AG alleine, sondern hier ein Konsortium (bestehend aus den im Konsortialvertrag genannten Firmen) auftrete. Auch wies der Bw abermals darauf hin, dass Arbeitgeber der in diesem Verfahren betroffenen Arbeitnehmer die tschechische A gewesen sei, dass seiner Firma keinerlei Weisungsrecht gegenüber diesen Arbeitnehmern zugestanden sei und er daher auch keine Möglichkeit gehabt habe, die tatsächliche Einreise zu verhindern.

Die Berufung des Bw wurde dem Arbeitsinspektorat für den 16. Aufsichtsbezirk mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt. Es wurde auch auf drei Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen und um Mitteilung gebeten, ob auch gegen den Verantwortlichen des ?Ve? (offenbar der Auftraggeber) ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden sei. In seiner Stellungnahme vom 18.8.1998 teilte das Arbeitsinspektorat für den 16. Aufsichtsbezirk mit, dass aufgrund der Aktenlage bzw bezugnehmend auf die VwGH-Erkenntnisse vom 30.10.1991, Zl 91/09/0111, vom 18.11.1993, Zl 93/09/0275 und vom 19.5.1993, Zl 92/09/0360, gegen eine Einstellung des Strafverfahrens kein Einwand erhoben werde. Weiters wurde mitgeteilt, dass auch gegen den Verantwortlichen der F-gesmbH beim Magistratischen Bezirksamt für den 4. Bezirk ein Strafantrag gestellt worden sei.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Im vorliegenden Fall ist im Hinblick auf die Tatzeit das Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl Nr 218/1975, in der Fassung der Novelle BGBl Nr 776/1996 anzuwenden.

Gemäß § 2 Abs 2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)

in einem Arbeitsverhältnis,

b)

in einem arbeitnehmerähnlichem Verhältnis, soferne die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,

 c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs 5,

d)

nach den Bestimmungen des § 18 oder

e)

überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl Nr 196/1988. Nach Abs 3 dieser Bestimmung sind den Arbeitgebern gleichzuhalten b) in den Fällen des Abs 2 lit c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, oder der Veranstalter.

Gemäß § 3 Abs 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 18 Abs 1 AuslBG bedürfen Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

Dauert die im Abs 1 genannte Beschäftigung länger als vier Monate, so ist gemäß § 18 Abs 4 AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich. Der Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung ist jedenfalls noch vor Ablauf des vierten Monates nach Aufnahme der Arbeitsleistung vom Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einzubringen.

Soferne die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht gemäß § 28 Abs 1 Z 1 AuslBG eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer

 a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, oder

 b) entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt wurde,

...

bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von ATS 20.000,-- bis zu ATS 120.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von ATS 40.000,-- bis zu ATS 240.000,--. Die Berufung erweist sich im Ergebnis schon in Hinsicht auf folgende Überlegungen als gerechtfertigt:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Unterschied zwischen den beiden Strafdrohungen nach § 28 Abs 1 Z 1 lit a und b AuslBG darin, dass gemäß lit a "das Beschäftigen" von Ausländern, in lit b hingegen das bloße "in Anspruch nehmen" von Arbeitsleistungen betriebsentsandter Ausländer ohne ein zwischen einem inländischen Unternehmen und den Ausländern bestehendes Beschäftigungsverhältnis unter Strafe gestellt wird (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 18.11.1993, Zl 93/09/0275, und die dort zitierte Vorjudikatur). Wie die obige Darstellung des angefochtenen Straferkenntnisses zeigt, hat die Erstbehörde dem Bw zur Last gelegt, ?er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der A Energie Aktiengesellschaft zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeber mit Sitz in Wien .. auf der Baustelle in H, Wirtschaftspark-Energiezentrale .. die tschechischen Staatsbürger ... beschäftigt hat, obwohl für diese Ausländer vom zuständigen Landesarbeitsamt weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch diesen Ausländern eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden war?. Unter den im Spruch genannten verletzten Rechtsvorschriften wird ausdrücklich auch § 18 AuslBG genannt. Die Erstbehörde hat im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses mit keinem Wort die (mögliche) Eigenschaft der ausländischen Arbeitnehmer als ?betriebs-entsandte Ausländer? iSd § 18 Abs 1 AuslBG erwähnt. In der Begründung gibt die Erstbehörde die Rechtfertigung des Bw (in Auszügen) wieder, wonach gemäß dem Konsortialvertrag vereinbart gewesen sei, dass jeder Konsortialpartner, insbesondere die A-P Br für ihren eigenen Auftragsteil verantwortlich sei. Die genannten Ausländer seien Dienstnehmer der Firma U-Sp Br gewesen, welche ihrerseits als Sublieferant der A-P Br aufgetreten sei; dies sei jedoch nicht im

Einflussbereich der AG gestanden. Dem hielt die Erstbehörde entgegen, dass durch diese Konstruktion die Bestimmungen des AuslBG, wonach, wenn ein ausländischer Arbeitgeber, der im Bundesgebiet keinen Betriebssitz habe, seine Arbeitskräfte in Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung zu einem österreichischen Auftraggeber entsende, vom inländischen Auftraggeber bei der zuständigen Stelle des AMS eine Entsendebewilligung zu erwirken sei, nicht erfüllt worden seien. Die genannten tschechischen Personen hätten zum Zeitpunkt der Kontrolle keine gültigen Entsendebewilligungen gehabt. Im vorliegenden Fall hat der Magistrat der Stadt Wien seinem erstinstanzlichen Straferkenntnis (laut Spruch) den Umstand zugrunde gelegt, dass die AG (als deren Vorstandsmitglied der Bw verwaltungsstrafrechtlich einzustehen hat) als Arbeitgeber der vier Ausländer anzusehen sei; die Erstbehörde hat die von ihr umschriebene Tat (unzutreffend) der Strafdrohung des § 28 Abs 1 Z 1 lit b AuslBG unterstellt. Die Erstbehörde hat nun jegliche konkreten Feststellungen unterlassen, ob die Tatbestandsvoraussetzung des ?Beschäftigens? der vier ausländischen Staatsbürger durch die AG als ihren Arbeitgeber im vorliegenden Fall sachverhaltsmäßig gegeben ist oder nicht. Dies wäre aber im vorliegenden Fall schon deshalb notwendig gewesen, weil sich im gesamten erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahren kein Hinweis auf das Vorliegen eines (direkten) Beschäftigungsverhältnisses der in Rede stehenden Ausländer zur AG und damit das Vorliegen einer Tatbestandsvoraussetzung nach § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG ergeben hat.

Das Arbeitsinspektorat für den 16. Aufsichtsbezirk erstattete mit Schreiben vom 3.11.1997 Anzeige gegen den Verantwortlichen der AG, weil die AG zu näher angegebenen Zeiten die Arbeitsleistungen namentlich genannter tschechischer Staatsbürger, welche von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen Betriebssitz im Inland in H, Wirtschaftspark - Energiezentrale beschäftigt worden seien, in Anspruch genommen habe, ohne dass für diese Ausländer Beschäftigungsbewilligungen oder Entsendebewilligungen erteilt worden seien. Auch wurden in dieser Anzeige ausdrücklich als verletzte Verwaltungsvorschriften §§ 18 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 Z 1 lit b AuslBG angeführt. Aus dieser Anzeige ergibt sich nun kein Anhaltspunkt dafür, dass die AG selbst Arbeitgeber der vier tschechischen Staatsbürger gewesen und daher eine Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG zu verfolgen sei. Mit der Subsumtion des von der Erstbehörde (ohne dass es eine Grundlage in den Verwaltungsstrafakten hiefür gäbe) als erwiesen angenommenen Verhaltens des Bw, wonach dieser als Verantwortlicher der AG als Arbeitgeberin die vier Ausländer unmittelbar ?beschäftigt? habe, unter § 28 Abs 1 Z 1 lit b AuslBG, hat der Magistrat der Stadt Wien jedenfalls die Rechtslage verkannt.

Das Arbeitsinspektorat für den 16. Aufsichtsbezirk ist in seiner Anzeige vom 3.11.1997 (aber auch in seinen beiden, im Zuge des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens abgegebenen Stellungnahmen) davon ausgegangen, der Bw hätte es als Vorstandsmitglied der AG zu verantworten, dass von dieser AG auf der Baustelle in H, Wirtschaftspark - Energiezentrale zu den Tatzeiten die Arbeitsleistungen von vier - von zwei ausländischen Firmen mit Sitz in Br entsandten - tschechischen Staatsangehörigen in Anspruch genommen worden seien, ohne dass für diese Ausländer Beschäftigungsbewilligungen oder Entsendebewilligungen erteilt worden seien. Ein allenfalls feststellbarer rechtswidriger Einsatz betriebsentsandter Ausländer (§ 18 AuslBG) wäre (tatsächlich) dem § 28 Abs 1 Z 1 lit b AuslBG zu unterstellen. Feststellungen über die konkreten vertraglichen Beziehungen zwischen der AG und der beiden in der Anzeige des Arbeitsinspektorates erwähnten ausländischen Unternehmen hat das anzeigelegende Arbeitsinspektorat auch nicht getroffen (vgl in diesem Zusammenhang das Erkenntnis des VwGH vom 20.5.1998, Zl 97/09/0241). Der Bw hat im Zuge des Verfahrens darauf hingewiesen, Errichter und Auftraggeber der Energiezentrale Wirtschaftspark H sei der Ve gewesen und wäre auch der Ve gemäß den gesetzlichen Bestimmungen für die Erwirkung der entsprechenden Beschäftigungsbewilligungen, Entsendebewilligungen etc zuständig gewesen. Aufgrund des Konsortialvertrages, nach welchem als Kunde ausdrücklich der Ve als Auftraggeber und auch Betreiber der Baustelle Wirtschaftspark Energiezentrale H anzusehen sei, könne die AG nicht als Beschäftiger angesehen werden. Zu beachten ist, dass nur derjenige im Bundesgebiet die Arbeitsleistung eines betriebsentsandten Ausländers im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 lit b AuslBG in Anspruch nimmt, dem sie der ausländische Arbeitgeber zur Erfüllung einer ihm gegenüber dem inländischen Nutznießer treffenden rechtlichen Verpflichtung zur Verfügung stellt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Einsatz betriebsentsandter Ausländer als Erfüllungsgehilfen ihres ausländischen Arbeitgebers erfolgt, um dessen Verpflichtung aus einem Werkvertrag gegenüber dem inländischen Besteller zu erfüllen (vgl dazu zB die Erkenntnisse des VwGH vom 18.11.1993, Zl 93/09/0275 und vom 30.10.1991, Zl 91/09/0062).

Die gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG auch für das Verwaltungsstrafverfahren geltende Berechtigung der Berufungsbehörde, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, schließt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auch die Befugnis der Rechtsmittelbehörde mit ein, dem Beschuldigten eine andere Tat anzulasten als diejenige, die bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen ist (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 30.10.1991, Zl 91/09/0111).

Noch einmal sei betont, dass sich aus den von der Erstbehörde getroffenen Feststellungen kein Hinweis auf das Vorliegen einer (direkten) Beschäftigung der vier tschechischen Staatsbürger durch das Unternehmen des Bw ergibt, die dann (tatsächlich) dem § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG zu unterstellen wäre.

Da die Erstbehörde jedenfalls (laut dem im Spruch angelasteten Tatvorwurf) unrichtigerweise von Übertretungen nach § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG ausgegangen ist, eine Auswechslung dieser von der Erstbehörde als erwiesen angenommenen Taten durch die Berufungsbehörde (in Richtung § 28 Abs 1 Z 1 lit b AuslBG) aber durch § 66 Abs 4 AVG nicht mehr gedeckt wäre, war spruchgemäß zu entscheiden. Bei diesem Verfahrensergebnis kann auch dahingestellt bleiben, ob die AG die Arbeitsleistungen der tschechischen Staatsangehörigen im Sinne des § 28 Abs 1 Z 1 lit b AuslBG in Anspruch genommen hat (oder ob dies nicht auf den Auftraggeber der AG zutreffen würde; in diese Richtung ist das Vorbringen des Bw zu verstehen).

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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