TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/30 91/09/0111

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Veröffentlicht am 30.10.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §18 Abs1;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs3;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1988/231;
AuslBG §28 Abs1 Z1 litb idF 1988/231;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VStG §24;
VStG §5 Abs1 idF 1987/516 ;
VStG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des Franz N in V, vertreten durch Dr. R Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 14. Mai 1991, Zl. 14-SV-3167/2/91, betreffend Bestrafung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.590,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte die Bezirkshauptmannschaft Villach mit Straferkenntnis vom 4. September 1990 über den Beschwerdeführer wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (BGBl. Nr. 218/1975, AuslBG) eine Geldstrafe in der Höhe von 40.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 112 Stunden) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer bzw. zur Vertretung nach außen berufenes Organ der F-GmbH mit dem Standort in K und somit verantwortlicher Arbeitgeber in den Zeiten vom 9. bis 12. April 1990, vom 17. bis 26. April 1990, vom 2. bis 5. Mai 1990 und vom 7. bis 11. Mai 1990 vier namentlich genannte Ausländer (jugoslawische Staatsangehörige) auf der Baustelle M in Dellach mit Fassadenarbeiten beschäftigt hätte, ohne daß für die genannten Ausländer Beschäftigungsbewilligungen oder Befreiungsscheine nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz vorgelegen wären.

Der Landeshauptmann von Kärnten als Strafbehörde zweiter Instanz gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 14. Mai 1991 der Berufung des Beschwerdeführers, in der er die Zulässigkeit seiner Bestrafung als Geschäftsführer der F-GmbH bestritt, weil diese Gesellschaft mit Werkvertrag vom 28. März 1990 der ungarischen Firma XY in Budapest die Ausführung der ihr übertragenen Fassadenarbeiten (Errichtung von Gipswänden) übertragen habe, keine Folge und bestätigte gemäß § 66 Abs. 4 AVG das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz mit der Abänderung, daß der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer bzw. zur Vertretung nach außen berufenes Organ der F-GmbH die obbezeichneten Arbeitsleistungen der vier jugoslawischen Staatsangehörigen, die von einem ausländischen Arbeitgeber, der ungarischen Firma XY, ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt worden seien, in Anspruch genommen habe, ohne daß für die genannten Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung (§ 18 Abs. 1, 4 und 7 AuslBG) erteilt worden sei. Wegen Übertretung des § 18 Abs. 1 iVm § 19 Abs. 3 erster Satz AuslBG werde über den Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG eine Geldstrafe in Höhe von 40.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 112 Stunden) verhängt. Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Sachverhaltes und Verwaltungsgeschehens, soweit für die Beschwerde von Relevanz, aus, der Beschwerdeführer habe im Berufungsverfahren den zwischen der F-GmbH als Auftraggeber und der ungarischen Firma XY in Budapest als Auftragnehmer abgeschlossenen Werkvertrag vom 28. März 1990 vorgelegt, demzufolge der Auftragnehmer in Durchführung des Bauvorhabens L in Dellach verpflichtet worden sei, bestimmte Werkleistungen (Setzen und Spachteln der Gipsdielenwände sowie Kleben der Tellwollplatten) zu erbringen. In der Folge führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgebenden Rechtslage aus, im Beschwerdefalle seien die nach § 18 AuslBG auf Grund eines Werkvertrages nach Österreich entsandten ausländischen Arbeitnehmer in diesem Sinne im Betrieb des Auftraggebers gemäß § 2 Abs. 3 lit. b AuslBG beschäftigt. Der inländische Auftraggeber eines ausländischen Unternehmers sei zur Besorgung der Beschäftigungsbewilligungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz für die vom ausländischen Unternehmer zur Erfüllung des Werkvertrages im Betrieb des Auftraggebers beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer verpflichtet. Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG begehe eine Verwaltungsübertretung und sei von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werde, in Anspruch nehme, ohne daß für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung (§ 18 Abs. 1, 4 und 7) erteilt worden sei, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Der Beschwerdeführer trägt hiezu im wesentlichen vor, die F-GmbH, deren Geschäftsführer er sei, habe - wie bereits im Administrativverfahren dargelegt - der ungarischen Firma XY am 28. März 1990 einen Werkauftrag zur Herstellung von Gipsdielenwänden im L in Dellach erteilt. Der Beschwerdeführer habe diesbezügliche Verhandlungen mit dem Vertreter der genannten ungarischen Firma, welche ihren inländischen "Wohnsitz" in Wien, gehabt habe. Solcherart habe er davon ausgehen können, daß die genannte Firma über einen inländischen Betriebssitz verfügt habe, weil an der genannten Adresse das Büro dieser Firma eingerichtet gewesen sei bzw. noch sei und für den Beschwerdeführer keinerlei Veranlassung bestanden habe, entsprechende Erhebungen zu pflegen, ob für die bei der genannten Firma im Dienstverhältnis stehenden Mitarbeiter eine "geeignete" Beschäftigungsbewilligung vorgelegen sei. Aber selbst dann, wenn die genannte Firma XY über keinen behördlich genehmigten Betriebssitz im Inland verfügen würde, treffe den Beschwerdeführer keinerlei Verschulden an der Nichteinhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, weil für ihn keine Veranlassung bestanden habe, diesbezügliche Erhebungen zu pflegen.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.

Im Beschwerdefall ist im Hinblick auf den Tatzeitpunkt das Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 450/1990, anzuwenden.

Gemäß § 2 Abs. 2 gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)

in einem Arbeitsverhältnis,

b)

in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschrift ausgeübt wird,

c)

in einem Ausbildungsverhältnis oder

d)

nach den Bestimmungen des § 18.

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung sind den Arbeitgebern gleichzuhalten b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, oder der Veranstalter.

Nach § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 18 Abs. 1 AuslBG bedürfen Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist (dies trifft für den Beschwerdefall nicht zu) einer Beschäftigungsbewilligung.

Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer

a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, oder

b) entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne daß für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung (§ 18 Abs. 1, 4 und 7) erteilt wurde,

...

bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis S 120.000,--, im Wiederholungsfalle von S 10.000,-- bis S 240.000,--.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer als der für die Vertretung der F-GmbH nach außen Berufener gemäß § 9 VStG strafrechtlich für dieses Unternehmen einzustehen hat. Es steht ferner fest, daß zur Tatzeit vier jugoslawische Staatsbürger, für welche keine Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG erteilt und denen auch kein Befreiungsschein ausgestellt worden war, auf der genannten Baustelle L in Dellach des Unternehmens des Beschwerdeführers die im Werkvertrag vom 28. März 1990 bezeichneten Fassadenarbeiten ausgeführt haben.

Die Beschwerde bejaht im Ergebnis auch das Vorliegen eines die Arbeitgebereigenschaft der ungarischen Firma XY begründenden Beschäftigungsverhältnisses zwischen dieser und den an die Baustelle des Unternehmens des Beschwerdeführers "betriebsentsandten" jugoslawischen Staatsangehörigen.

Wenn der Beschwerdeführer nunmehr erstmals im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorträgt, die Firma XY in Budapest, mit welcher der mit den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegende Werkvertrag vom 28. März 1990 abgeschlossen worden war, habe auch im Bundesgebiet, nämlich in Wien, einen Betriebssitz, so ist ihm zu erwidern, daß es sich hierbei um ein sachverhaltsbezogenes Vorbringen handelt, welches unter das Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG fällt. Abgesehen davon haben - allerdings erst nach Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde - gepflogene Erhebungen der belangten Behörde (Auskünfte des Handelsgerichtes Wien vom 16. September 1991 und der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien vom 24. September 1991) ergeben, daß die genannte ungarische Firma weder im Firmenbuch protokolliert noch im Mitgliederkataster eingetragen ist.

Die oben zitierte Bestimmung des § 18 AuslBG, welche die Überschrift "Betriebsentsandte Ausländer" trägt, soll die unter diesem Begriff zusammengefaßte Sonderform der Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet regeln. Charakteristisch für diese Art der Beschäftigung ist, daß es sich um solche Ausländer handelt, deren Arbeitgeber im Bundesgebiet keinen Betriebssitz und auch sonst keinen inländischen Anknüpfungspunkt aufzuweisen vermag. Es besteht im Regelfall kein direktes rechtliches Verhältnis zwischen dem im Bundesgebiet beschäftigten Ausländer und jener Person, die den Ausländer verwendet. Eine Unterstellung dieser Ausländer im Falle einer Verwendung im Bundesgebiet unter die Bewilligungspflicht, sofern nicht für bestimmte Arten von Arbeiten oder für besondere Personengruppen Ausnahmen vorgesehen sind, ist nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1451 BlgNR XIII. GP) vom arbeitsmarktpolitischen Standpunkt unumgänglich, damit einerseits ein unkontrolliertes Einströmen solcher Ausländer auf den inländischen Arbeitsmarkt auf der Basis von zwischen inländischen und ausländischen Unternehmen abgeschlossenen Werkverträgen oder sonstigen privatrechtlichen Vereinbarungen verhindert und anderseits eine Benachteiligung inländischer Arbeitskräfte vermieden werden kann.

Mit der Frage, wer im Falle der Inanspruchnahme von Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, die strafrechtliche Verantwortung trägt, hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 1990, Zl. 90/09/0074, unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung eingehend auseinandergesetzt und in den Entscheidungsgründen dargetan, daß dies nach dem die Bestimmung des § 18 AuslBG erfassenden Straftatbestand des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b leg. cit. jene Person ist, die den Einsatz derartiger "betriebsentsandter Ausländer" auf der Baustelle ihres Unternehmens als nach § 9 Abs. 1 VStG nach außen berufenes Organ zu vertreten hat.

Der so erkannte normative Gehalt des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG ist auch im vorliegenden Beschwerdefall von rechtlichem Gewicht.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 91/09/0062, ergänzend darlegt, nimmt derjenige die Arbeitsleistung eines "betriebsentsandten Ausländers" iSd § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG in Anspruch, dem sie der ausländische Arbeitgeber zur Erfüllung einer ihn gegenüber dem inländischen Nutznießer treffenden rechtlichen Verpflichtung zur Verfügung stellt. Dies ist dann der Fall, wenn - wie im Beschwerdefall - der Einsatz "betriebsentsandter Ausländer" als Erfüllungsgehilfen ihres ausländischen Arbeitgebers erfolgt, um dessen Verpflichtung aus einem Werkvertrag gegenüber dem inländischen Besteller zu erfüllen.

Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde in Abänderung des Spruches der Strafbehörde erster Rechtsstufe dem Beschwerdeführer als nach § 9 Abs. 1 VStG verantwortliches Organ die Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG in objektiver Hinsicht rechtlich überantwortete.

Wenn der Beschwerdeführer in subjektiver Hinsicht vorbringt, es treffe ihn kein Verschulden an der Nichteinhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, weil für ihn keine Veranlassung bestanden habe, diesbezügliche Erhebungen zu pflegen, so ist ihm zu erwidern, daß gemäß § 5 Abs. 1 VStG gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder eine Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (im Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann (vgl. das Erkenntnis vom 26. Juni 1991, Zl. 91/09/0038, und die dort zitierte Vorjudikatur). Diese Widerlegung ist dem Beschwerdeführer im vorliegenden Beschwerdefall nach den obigen Ausführungen nicht gelungen, weil nach § 19 Abs. 3 erster Satz AuslBG bei von einem ausländischen Unternehmen "betriebsentsandten Ausländer" der inländische Unternehmer, in dessen Betrieb der Ausländer tatsächlich tätig wird, um die Beschäftigungsbewilligung einzukommen hat. Die belangte Behörde ist daher, ohne das Gesetz zu verletzen, zu dem Ergebnis gelangt, daß der Beschwerdeführer im Beschwerdefalle schuldhaft gegen die einschlägige Strafbestimmung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes verstoßen hat.

Der Beschwerde kommt indessen aus folgenden, von ihr nicht ins Treffen geführten Gründen, Berechtigung zu:

Die gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG auch für das Verwaltungsstrafverfahren geltende Berechtigung der Berufungsbehörde, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, schließt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwSlg. 5871/A, 8855/A, 8864/A und 9222/A) nicht auch die Befugnis der Rechtsmittelbehörde mit ein, dem Beschuldigten eine andere Tat anzulasten als diejenige, die bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen ist.

    Wie die obige Darstellung des erstinstanzlichen

Straferkenntnisses zeigt, hat die Erstbehörde dem

Beschwerdeführer zur Last gelegt "er habe als

handelsrechtlicher Geschäftsführer bzw. zur Vertretung nach

außen berufenes Organ der Firma ... und somit verantwortlicher

Arbeitgeber in den Zeiten ... die jugoslawischen

Staatsangehörigen ... auf der Baustelle M in Dellach

beschäftigt, obwohl ihm für diese Personen keine

Beschäftigungsbewilligungen erteilt worden und diese auch nicht

im Besitz eines Befreiungsscheines gewesen sind".

Mit keinem Wort - auch nicht in der Begründung - wird die (mögliche) Eigenschaft der ausländischen Arbeitnehmer als "betriebsentsandte Ausländer" iSd § 18 Abs. 1 AuslBG erwähnt. Dieses Sachverhaltselement (ausländische Firma ohne Betriebssitz im Inland) sowie der Bestand eines Werksvertrages mit dem ausländischen Arbeitgeber der eingesetzten ausländischen Arbeitnehmer wird erst auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers in das Verwaltungsstrafverfahren eingebracht.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, "er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer bzw. zur Vertretung

nach außen berufenes Organ der Firma ... in den Zeiten ... auf

der Baustelle M in Dellach die Arbeitsleistungen der jugoslawischen Staatsangehörigen ..., die von einem ausländischen Arbeitgeber, der ungarischen Firma XY, ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wurden, in Anspruch genommen, ohne daß für die Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung (§ 18 Abs. 1, 4 und 7) erteilt wurde".

Die Strafbehörde erster Rechtsstufe hat die zur Last gelegte Tat (konsequent) dem § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG, die belangte Behörde die von ihr umschriebene Tat ebenso folgerichtig dem § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG unterstellt.

Damit hat die belangte Behörde aber eine Befugnis für sich in Anspruch genommen, die durch den Wortlaut des § 66 Abs. 4 AVG nicht mehr gedeckt ist und die demzufolge den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, welcher Umstand gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof führen mußte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verwaltungsstrafrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991090111.X00

Im RIS seit

13.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

30.05.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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