TE UVS Wien 2001/01/11 06/42/660/2000

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Veröffentlicht am 11.01.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Mag Dr Tessar über die Berufung des Herrn Egon S gegen das Straferkenntnis des Amtes der Wiener Landesregierung, vom 6.9.1999, MA 62 - II/116/99/Str, wegen Übertretung des § 50 Abs 1 DSG idF BGBl Nr 632/1994, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Der Schuld- und Strafausspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses lautet wie folgt:

"Der Beschuldigte, Herr Egon S, hat es als Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen befugtes Organ der E-Handelsgesellschaft mbH, welche Komplementärin der B-gesellschaft mbH Nfg KEG, mit Sitz in Wien, F-Platz ist, zu verantworten, dass diese Gesellschaft im Jänner 1999 in Wien durch die Verteilung der Druckschrift ?BEZIRKSBRANCHENBUCH 1999 15. Bezirk? an Haushalte automationsunterstützt verarbeitete Daten übermittelt hat, ohne dass die der B-gesellschaft mbH zugeteilte DVR-Nummer (DVR: 011) verwendet wurde.

Hiedurch hat der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung gemäß § 50 Abs 1 Datenschutzgesetz, BGBl Nr 565/1978, in der geltenden Fassung begangen.

Gemäß § 50 Abs 1 DSG wird gegen den Beschuldigten eine Geldstrafe von S 3.000,-- verhängt. Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72

Stunden. Der Bestrafte hat gemäß § 64 Abs 2 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 vH der verhängten Strafe, das sind S 300,--, zu bezahlen sowie gemäß § 67 VStG die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Berufung brachte der Berufungswerber vor, keine strafbare Handlung begangen zu haben.

Erläuternd führte der Berufungswerber aus, dass es unstrittig sei, dass in der Druckschrift ?Bezirksbranchenbuch 1999 15. Bezirk? die der B-gesellschaft mbH GmbH & Nfg KEG zugeteilte DVR-Nummer 011 nicht angeführt wurde und die Druckschrift trotzdem zur Verteilung kam. Ebenso unstrittig sei, dass der Berufungswerber als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft - ua auch - für die Einhaltung des DSG verantwortlich sei, doch würden gemäß § 54 DSG Medienunternehmen im Rahmen ihrer publizistischen Tätigkeit nur den Bestimmungen der §§ 19 bis 21 DSG unterliegen. Es sei sohin das angelastete Tatbild nicht verwirklicht worden. Der Begriff des Medienunternehmens sei gemäß § 1 Abs 1 Z 6 Mediengesetz ein Unternehmen, in dem die inhaltliche Gestaltung des Mediums besorgt wird und seine Herstellung und Verbreitung besorgt oder veranlasst werden.

Ein Medium sei jedes Mittel zur Verbreitung von Mitteilungen oder Darbietungen von gedanklichem Inhalt in Wort, Schrift, Ton oder Bild an einen größeren Personenkreis im Wege der Massenherstellung oder Massenverbreitung.

Vom Begriff ?Medium? würden gedankliche Botschaften aller Art erfasst. Es sei daher unwichtig, ob überhaupt eine gedankliche Leistung erbracht wird, da nur das Ergebnis (= Medium) zähle. Adressbücher seien jedenfalls Medien, selbst wenn sie durch ein Gerät, welches maschinell Dateien ordnet und sortiert, erstellt worden seien. Das gegenständliche Bezirksbranchenbuch, welches an alle Haushalte des 15. Bezirkes verteilt worden sei, sei sohin ein

Medium. Seine inhaltliche Gestaltung sei von der B-gesellschaft mbH GmbH & Nfg KEG im Rahmen ihrer publizistischen Tätigkeit vorgenommen worden. Die KEG habe auch die Herstellung und Verbreitung veranlasst. Die B-gesellschaft mbH GmbH & Nfg KEG besitze eine DVR-Nummer, welche auch auf allen Rechnungen und der gesamten Korrespondenz angeführt würde.

Weiters wurde ausgeführt, dass das gegenständliche

Branchenbuch durch automationsunterstützte Datenverarbeitung

erstellt werde.

Am 23.3.1999 wurde dem Magistrat der Stadt Wien zur Kenntnis gebracht, dass im gegenständlichen Branchenverzeichnis mittlerweile unzutreffende Berufsangaben stehen würden. Mit Schriftsatz vom 14.5.1999 wurde dem Magistrat der Stadt Wien von der Anzeigenlegerin das gegenständliche Bezirksbranchenbuch für den 15. Bezirk übermittelt. In dessen Impressum scheint als Eigentümer, Verleger und Herausgeber die B-gesmbH & Nfg KEG auf.

Mit Schriftsatz vom 14.4.1999 teilte das Datenverarbeitungsregister mit, dass der Auftraggeber ?B-gesmbH & Nfg KEG? unter der DVR-Nummer 011 registriert ist.

DER UNABHÄNGIGE VERWALTUNGSSENAT WIEN HAT

ERWOGEN:

§ 22 Abs 3 DSG idF BGBl 632/1994 lautet:

?Der Auftraggeber hat die ihm bei der Eintragung zugeteilte

Registernummer (§ 23 b Abs 2) bei der Übermittlung von Daten und

bei Mitteilungen an den Betroffenen zu führen.?

§ 50 Abs 1 DSG idF BGBl 632/1994 lautet:

?Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 150 000 S zu ahnden ist, begeht, wer eine Datenverarbeitung vornimmt, ohne seine Melde- oder Genehmigungspflichten erfüllt zu haben, oder sie weiterführt, obwohl ihm dies von der Datenschutzkommission gemäß § 23a Abs 2 untersagt wurde, oder wer Daten entgegen § 8 Abs 5 oder § 22 Abs 3 weitergibt.?

§ 54 DSG idF BGBl 632/1994 lautet:

?Insoweit Medienunternehmen oder Mediendienste Daten ausschließlich für ihre publizistische Tätigkeit zum Zweck der automationsunterstützten Verarbeitung ermitteln, verarbeiten, benützen, übermitteln oder überlassen, finden von den einfachgesetzlichen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nur die §§ 19 bis 21 Anwendung.?

Dem Berufungswerber wurde angelastet, die Verwirklichung des Tatbildes des § 22 Abs 3 iVm 50 Abs 1 DSG idF BGBl 632/1994 zu verantworten zu haben.

Da das gegenständliche Branchenverzeichnis offenkundig ein Druckwerk ist, kann dieser Vorwurf dem Berufungswerber nur dann gemacht werden, wenn im gegenständlichen Fall der B-gesellschaft mbH Nfg KEG das Medienprivileg des § 54 DSG idF BGBl 632/1994 nicht zukommt.

Die im § 54 DSG idF BGBl 632/1994 verwendeten Begriffe ?Medienunternehmen? und ?Mediendienst? werden durch das Datenschutzgesetz idF BGBl 632/1994 nicht näher definiert. Nach Ansicht der erkennenden Behörde ist diesen Begriffen der in § 1 MedienG näher definierte Bedeutungsgehalt zuzuordnen. Dies deshalb, da bereits im Ausschussbericht zur Stammfassung des § 54 DSG, BGBl 565/1979, auf das Mediengesetz Bezug genommen wird. Zudem bestimmt der Ausschussbericht zur Regierungsvorlage der Stammfassung des MedienG (vgl 793 der Beilagen, 15. GP, Erläuterungen zu Artikel IV), dass bis zum Inkrafttreten der Datenschutzbestimmungen des Mediengesetzes die einfachgesetzlichen Bestimmungen des Datenschutzgesetzes keine Anwendung finden, insoweit Medienunternehmen oder Mediendienste Daten ausschließlich für ihre publizistische Tätigkeit ermitteln, verarbeiten, benützen oder übermitteln.

Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 MedienG ist ein ?Medium? jedes Mittel zur Verbreitung von Mitteilungen oder Darbietungen mit gedanklichem Inhalt in Wort, Schrift, Ton oder Bild an einen größeren Personenkreis im Wege der Massenherstellung oder der Massenverbreitung.

§ 1 Abs 1 Z 3 MedienG bestimmt, dass ein ?Medienwerk? ein zur Verbreitung an einen größeren Personenkreis bestimmter, in einem Massenherstellungsverfahren in Medienstücken vervielfältigter Träger von Mitteilungen oder Darbietungen mit gedanklichem Inhalt ist.

Gemäß § 1 Abs 1 Z 6 MedienG ist ein "Medienunternehmen" ein Unternehmen, in dem die inhaltliche Gestaltung des Mediums besorgt wird und seine Herstellung und Verbreitung besorgt oder veranlasst werden.

§ 1 Abs 1 Z 10 MedienG bezeichnet als Hersteller eines Mediums denjenigen, der die Massenherstellung von Medienwerken besorgt

Es ist daher zu prüfen, ob das gegenständliche Branchenverzeichnis ein Medium iSd 1 Abs 1 Z 1 MedienG ist. Nach Ansicht der erkennenden Behörde ist das gegenständliche Bezirksbranchenbuch offenkundig ein Mittel zur Verbreitung von Mitteilungen in Wort, Schrift und Bild an einen größeren Personenkreis, welches im Wege der Massenherstellung produziert wurde und im Wege der Massenverbreitung zu den Adressaten gelangt ist.

Fraglich ist, ob dem gegenständlichen Bezirksbranchenbuch auch ein ?gedanklicher Inhalt? iSd Mediengesetzes zukommt. Im Kommentar zum Mediengesetz von Dr Andreas Hanusch (vgl Hanusch A; Kommentar zum MedienG, Wien 1998, S 12) wird zur gegenständlichen Frage ausgeführt wie folgt:

?Der Ausdruck ?mit gedanklichem Inhalt? zeigt, dass der Begriff ?Medium? für informative Botschaften aller Art reserviert ist, wobei die Übermittlungsfunktion nicht im Vordergrund stehen muss. Ein bedrucktes Verpackungspapier eines Kaufmanns dient in erster Linie zum Verpacken der Waren. Wegen der Werbeaufdrucke kann dieses Verpackungspapier ein Medium sein. Werbebotschaften haben immer einen gedanklichen Inhalt iSd MedG. Auch Eintrittskarten, Fahrpläne, Spielpläne, Gästekarten sind Druckwerke iSd § 1 Abs 1 Z 4, da darin eine Information zum Ausdruck gebracht wird. Sogar Fahrpreisquittungen, die zwar nicht ausgefüllt sind, aber Ausfüllungsanleitungen enthalten, sind Mitteilungen mit gedanklichem Inhalt. Es ist nicht zu prüfen, ob eine

originelle Idee oder eine eigentümliche geistige Schöpfung iSd § 1 Abs 1 UrhG vorliegt. Es ist völlig unwichtig, ob überhaupt eine gedankliche Leistung erbracht wurde, da nur das Ergebnis (=Medium) zählt, und nicht wie es zustande kam. Adressbücher sind jedenfalls Medien, auch wenn zB ein Gerät sie nur durch maschinelles Sortieren und Ordnen von Daten erstellt.?

Da das gegenständliche Branchenverzeichnis ausschließlich Adressen und Telefonnummern von Unternehmen und Einrichtungen enthält, kommt nach Ansicht der erkennenden Behörde diesem Branchenverzeichnis derselbe ?gedankliche Inhalt? zu, der auch einem Telefonbuch zukommt. Folglich ist im gegenständlichen Fall die zu Telefonbüchern und Fahrplänen ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs anzuwenden:

In Auslegung des § 1 MedienG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass durch einen Fahrplan oder ein örtliches Telefonbuch ein gewisser gedanklicher Inhalt, eine Information und eine Mitteilung zum Ausdruck gebracht werden (vgl VwGH 9.3.1990, 85/17/0015; 26.2.1993, 90/17/0387, 15.9.1995, 92/17/0214).

Folglich sind das gegenständliche Branchenverzeichnis als Medium iSd § 1 Abs 1 Z 1 MedienG und die B-gesellschaft mbH Nfg KEG als Medienunternehmen iSd § 1 Abs 1 Z 6 MedienG zu qualifizieren.

Nach Ansicht der erkennenden Behörde besteht kein Grund, den Angaben des Berufungswerbers, wonach die im gegenständlichen Branchenverzeichnis enthaltenen Daten automationsunterstützt verarbeitet worden sind, nicht zu folgen. Eine andere Verarbeitungsweise würde nicht der alltäglichen Lebenserfahrung entsprechen.

Ebenso liegt kein Indiz vor, dass diese Daten zu anderen als zum Zwecke der Veröffentlichung in einem Druckwerk, und daher ausschließlich für eine publizistische Tätigkeit im Sinne des DSG idF BGBl 632/1994, verarbeitet wurden.

Folglich kommt der B-gesellschaft mbH Nfg KEG im gegenständlichen Fall das Medienprivileg des § 54 DSG idF BGBl 632/1994 zu.

Daraus folgt, dass durch die B-gesellschaft mbH Nfg KEG das angelastete Tatbild nicht verwirklicht worden ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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