TE UVS Tirol 2001/07/12 2000/15/157-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.07.2001
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Margit Pomaroli über die Berufung der Frau P. P., 9900 Lienz gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 19.09.2000, Zahl A-477/00 wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs 1 und 51 e Abs 2 VStG wird der Berufung insofern Folge gegeben, als gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und der Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin vorgeworfen, dass sie es als Inhaberin bzw Mitinhaberin der Wohnung in 9900 Lienz, zu verantworten habe, dass am 19.03.2000 ca zwischen 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr in ihrer Wohnung in 9900 Lienz, durch das ununterbrochene lautstarke Herumtrampeln von Kindern ungebührlicherweise störender Lärm erregt worden sei, obwohl es verboten sei, ungebührlicherweise störenden Lärm zu erregen.

 

Dadurch habe die Berufungswerberin eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs 1 iVm § 1 Abs 1 Tiroler Landespolizeigesetz begangen und wurde über sie eine Geldstrafe von S 1.000,-- (EUR 72,67), bei Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag verhängt. Weiters wurde sie verpflichtet einen Beitrag zu den erstinstanzlichen Kosten von S 100,-- (EUR 7,27) zu bezahlen.

 

Dagegen erhob die Berufungswerberin durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Berufung. Darin wurde im wesentlichen ausgeführt, dass der Anzeiger offensichtlich hyperlärmempfindlich sei, da er sich, bedingt auch durch die schlechte Isolierung der Wohnungen im Altbau sogar zwischen 15.00 Uhr und 18.00 Uhr durch Kinderspielen in der darüberliegenden Wohnung gestört fühle. Aufgrund der Kenntnisse der Übersensibilität des Nachbarn habe die Berufungswerberin die Kinder immer wieder aufmerksam gemacht, leise zu sein, dieser Aufforderung seien sie auch nachgekommen. Dem Anzeiger gehe es darum durch eine Mehrzahl von Verfahren, die Berufungswerberin und ihre Familie aus der Wohnung zu bekommen. Zwischenzeitlich habe sie sich tatsächlich eine andere Wohnung genommen.

 

 

Aufgrund des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes steht nachfolgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Am 19.03.2000, gegen 18.00 Uhr erstattete Herr M. B. telefonisch am Gendarmerieposten Lienz Anzeige. Die Beschuldigte habe am 19.03.2000, in der Zeit von ca 15.00 bis 18.00 Uhr, in ihrer Wohnung, welche sich direkt oberhalb der Wohnung des Anzeigenden befinde, gemeinsam mit ihren drei Kindern sowie mit ihrer Besucherin und deren Kind durch ununterbrochenes lautes Herumtrampeln ungebührlicherweise störenden Lärm erregt.

 

Der Anzeiger gab am 19.03.2000, um 21.10 Uhr bei seiner Vernehmung am Gendarmerieposten Lienz an, dass es seit dem Zeitpunkt, zu dem die Familie P. in die Wohnung oberhalb ihm eingezogen sei, laufend Lärmprobleme gegeben habe. Fallweise sei er gezwungen gewesen, die Wohnung zu verlassen, da er den Lärm nicht mehr ausgehalten habe. Gerade wieder an diesem Tag (19.03.2000) hätten die Kinder drei Stunden ohne Unterbrechung herumgetrampelt. Die Lärmbelastung sei nicht mehr zum Aushalten gewesen, weshalb er das Ganze auch zur Anzeige bringe.

 

Die Berufungswerberin gab am 22.03.2000 bei der Vernehmung am Gendarmerieposten Lienz an, dass ihrer Meinung nach die Kinder nicht übermäßigen Lärm verursacht hätten. Die Kinder hätten mit Autos gespielt und wären auch in der Wohnung herumgelaufen, man könne ja nicht alles verbieten. Sie hätten die Kinder immer wieder aufmerksam gemacht, dass sie sich etwas ruhiger verhalten sollten. Gegen 17.45 Uhr sei dann ihr Nachbar Herr B. vor der Tür gestanden und habe sehr aufgebracht gefordert, dass jetzt endlich Ruhe einkehren soll. Diese Nachbarstreitigkeiten würden schon über zwei Jahre dauern. Im Übrigen möchte sie noch anfügen, dass sowohl die Böden als auch die Wände in diesem Altbau äußerst schlecht isoliert seien, man könne sich mit Kindern fast nicht mehr rühren, ohne dass dies von den Nachbarn sofort als Lärmerregung aufgefaßt werde.

 

Gegen die seitens der Erstbehörde am 13.06.2000 erlassene Strafverfügung wurde Einspruch erhoben, in dem ausgeführt wurde, dass es am 19.03.2000 zur besagten Zeit, keineswegs zu lautstarkem Lärm durch Herumtrampeln der Kinder gekommen sei. Tatsache sei, dass die Wohnungen in diesem Haus sehr hellhörig seien. Zwischen 15.00 Uhr und 18.00 Uhr bestehe jedoch keine Mittagsruhe und die Kinder hätten normal gespielt. Das Ganze beruhe im Wesentlichen auf Nachbarstreitigkeiten.

 

In einer Zeugeneinvernahme am 26.07.2000 vor der Erstbehörde bestätigte der Anzeiger unter Wahrheitspflicht seine Angaben in der Anzeige. Er gab an, dass in der Wohnung der Berufungswerberin am 19.03.2000 zwischen 15.00 Uhr und 18.00 Uhr lautstarker Lärm durch Getrampel, Hüpfen, Rollerblades fahren, dauerndes Herumlaufen der Kinder, das offensichtlich aus einem Fangspiel herrührte und Herumtollen mit dem Hund verursacht worden sei. Er könne nur bestätigen, dass der damals verursachte Lärm unerträglich gewesen sei.

 

In der Stellungnahme vom 22.08.2000 wurde seitens der Berufungswerberin vorgebracht, dass es sich beim Anzeiger offensichtlich um eine Person handle, welche Lärmerregung durch Kinder nicht gewöhnt und diesbezüglich äußerst empfindlich sei und überreagiere. Bei dem erzeugten Lärm, habe es sich ausschließlich um kindergerechten Lärm gehandelt, der mit Sicherheit keine derartige ungebührliche Lärmerregung darstelle, welche nach dem Tiroler Landespolizeigesetz zu ahnden sei. Die gesamte Anzeige stelle nur eine Repressalie von Herrn B. dar. Weiters werde ein Ortsaugenschein beantragt um darzulegen, dass die Wohnungen in denen die Berufungswerberin sowie der Anzeiger wohnen würden, derartig hellhörig seien, dass bereits geringfügige Lärmerzeugung in die Nachbarwohnungen durchdringe.

 

Sodann wurde das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

 

Rechtlich ist dieser Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

 

Gemäß § 1 Abs 1 Tiroler Landespolizeigesetz (TLPG), ist es verboten, ungebührlicherweise störenden Lärm zu erregen.

 

Gemäß § 4 Abs 1 TLPG begeht jemand, der in ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 20.000,-- (EUR 1453,46) zu bestrafen.

 

Es ist richtig, wie die Erstbehörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ausführt, dass die Bauart des Hauses, wegen dessen Lärmdurchlässigkeit auch eine sonst zulässige Lärmentwicklung störend weiterleitet, zu Lasten desjenigen geht, der, sei es aus welchen Gründen auch immer, zur Unzeit Lärm verursacht.

 

Der durch Kinder erregte Lärm ist im Prinzip wie jede andere unzulässige Lärmerzeugung rechtlich zu beurteilen. Das Nichtunterbinden typischen Schreiens von Säuglingen und Kleinstkindern, aber auch des Lärms von kleineren Kindern, etwa durch ein gelegentliches ?Herumlaufen? in der Wohnung oder eine gelegentliche kurze Rauferei von Kleinkindern, durch Aufsichtspersonen, kann nicht als ungebührlich beurteilt werden. Wird jedoch eine etwa halbstündige Rauferei, die mit einer massiven Lärmentwicklung verbunden ist, nicht unterbunden, so verstößt dies gegen ein Verhalten, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss. (VwGH 29.03.1993, 90/10/0153) Auch wenn sich das öftere Hin- und Herlaufen der Kinder in der Wohnung nicht verhindern läßt, so können die Hausbewohner doch verlangen, dass die Eltern ihren Kindern das Herumtollen in der Wohnung verbieten.

 

Im vorliegenden Fall steht für die Berufungsbehörde zweifelsfrei fest, dass in der Wohnung der Berufungswerberin Kinder am 19.03.2000 zwischen 15.00 Uhr und 18.00 Uhr spielten und dabei in der Wohnung herumliefen und mit Autos spielten. Selbst die Berufungswerberin selbst gab an, dass es immer wieder laut geworden sei. Somit wurde durch das Spielen und Herumlaufen der Kinder in ungebührlicher Weise störender Lärm erzeugt. In objektiver Hinsicht hat die Berufungswerberin, die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten, da sie es unterlassen hat den durch die Kinder ungebührlich erregten Lärm zu unterbinden.

 

In subjektiver Hinsicht geht jedoch die Berufungsbehörde von einem derart geringen Verschulden der Berufungswerberin aus, dass von der Verhängung einer Strafe abzusehen und unter Hinweis auf die Rechtwidrigkeit ihres Verhaltens eine Ermahnung auszusprechen war. Die Berufungswerberin stützte sich auf den Umstand, dass das Gebäude äußert lärmdurchlässig sei, sodass bereits geringfügige Lärmerregung in die Nachbarwohnungen durchdringen würden. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Lärmerregung am Nachmittag zwischen 15.00 Uhr und 18.00 Uhr erzeugt wurde, also nicht zu einer Zeit, in der nach allgemeinem Brauch die übrigen Mitbewohner des Hauses Anspruch auf Ruhe besitzen, konnte von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden. Jedoch wird die Berufungswerberin daraufhin gewiesen, dass sie in Zukunft derartige Lärmerregung durch ihre Kinder zu unterbinden hat.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
störenden, herumtrampeln, Kindern, Lärm
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten