TE Vwgh Erkenntnis 1993/3/29 90/10/0153

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Veröffentlicht am 29.03.1993
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Index

L40010 Anstandsverletzung Lärmerregung;
L40019 Anstandsverletzung Lärmerregung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

EGVG Art8 Fall2;
EGVG Art8 Abs1 lita Fall3 Lärmerregung;
EGVG Art8/Wr Fall2 Lärmerregung;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der A in W, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Dr. M in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 30. November 1989, Zl. MA 62-III/387/89/Str, betreffend Übertretungen des Art. VIII zweiter Fall EGVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Wiener Landesregierung (belangte Behörde) vom 30. November 1989 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, am 18. Dezember 1988 von 9.00 Uhr bis 9.30 Uhr und am 20. Dezember 1988 um 14.15 Uhr in W, H-Gasse, als Mutter der unmündigen Kinder nicht dafür Sorge getragen zu haben, daß diese nicht durch Herumspringen und Schreien ungebührlicherweise störenden Lärm erregen, und dadurch EINE Verwaltungsübertretung nach Art. VIII zweiter Fall EGVG begangen zu haben. Die belangte Behörde setzte dabei die von der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat X, nach Art. VIII EGVG verhängten Geldstrafen auf eine Geldstrafe von S 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden) herab.

Die belangte Behörde führte begründend aus, durch die vom Aufforderer und seiner Gattin gegebenen Sachverhaltsdarstellungen sei als erwiesen anzunehmen, daß die Kinder der Beschwerdeführerin zu den angeführten Tatzeiten in der über der Wohnung des Aufforderers gelegenen Wohnung derart herumgesprungen seien und geschrieen hätten, daß der damit verbundene Lärm als ungebührlich und störend empfunden worden sei. Sowohl die Gattin des Aufforderers als auch der als Zeuge vernommene Stiefsohn hätten bei ihrer Einvernahme weiters angegeben, durch das Herumtollen der Kinder in der ganzen Wohnung hätten die Luster geschwankt und Türen gescheppert, die Zimmerdecke vibriert, sodaß schon Risse entstanden seien, und Kästen geknarrt. Ein normales Gehen der Beschwerdeführerin selbst sei jedoch nicht wahrzunehmen gewesen. Diese Beschreibungen der Intensität der Lärmerregung ließen den Schluß zu, daß das Herumtollen und Schreien der Kinder auch nach einem objektiven Maßstab als äußerst unangenehm zu empfinden gewesen sei und das Verhalten der Beschwerdeführerin (fehlende Beaufsichtigung der Kinder) darüber hinaus gegen ein Verhalten verstoßen habe, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden müsse, sowie geeignet gewesen sei, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu beeinträchtigen. Da die Beschwerdeführerin aus ähnlichen Vorfällen und Beanstandungen seitens des Aufforderers um die Störung durch das Herumtollen der Kinder habe wissen müssen und es unterlassen habe, durch gehörige Obsorge und Beaufsichtigung der Kinder dafür zu sorgen, daß keine Lärmerregung mehr eintrete, sei sie sohin voll verantwortlich. Da der strafbare Tatbestand und das Verschulden somit erwiesen seien, seien die erstinstanzlichen Straferkenntnisse zu bestätigen gewesen. Die Abänderung des Spruches diene der Konkretisierung der verletzten Strafnorm. Bei der Strafbemessung sei als mildernd gewertet worden, daß die Beschwerdeführerin - soweit aktenkundig - keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen aufweise. Dagegen müßten der Verschuldensgrad und das Ausmaß der Schädigung des durch die Strafdrohung geschützten Interesses im Hinblick auf die nicht geringe Intensität der Lärmerregung als beträchtlich gewertet werden. Die nunmehr verhängten Strafen erschienen daher bei Berücksichtigung der sehr ungünstigen Einkommensverhältnisse der vermögenslosen und für vier Kinder sorgepflichtigen Beschwerdeführerin als angemessen.

1.2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. In der Beschwerde wird zunächst geltend gemacht, nach den Erfahrungen des täglichen Lebens müsse wohl davon ausgegangen werden, daß von Kindern im Alter von zwei bis zehn Jahren nicht soviel Rücksichtnahme und Verständnis für die erwachsenen Nachbarn erwartet werden könne, daß sie untertags nur lautlos in der Wohnung herumschlichen. Normal entwickelte Kinder dieses Alters hätten naturgemäß einen großen Bewegungsdrang, der sich gelegentlich auch in "Herumspringen" und "Herumschreien" äußern könne. Normal empfindende erwachsene Menschen, müßten ein derart normales Verhalten von Kindern, zumal es sporadisch und nicht während der nächtlichen Ruhezeit auftrete, tolerieren, ohne sich in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt zu fühlen. Die Wohnung des "Aufforderers" sei einem sehr hohen Grundgeräuschpegel ausgesetzt. Die Beschwerdeführerin wohne seit mehr als zehn Jahren in dieser Wohnung, Beanstandungen gebe es nur seitens des "Aufforderers".

Der Wohnungsinhaber hafte nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann für einen in seiner Wohnung erzeugten ungebührlich störenden Lärm, wenn er - obwohl ihm das möglich gewesen wäre -, es unterlassen hätte, diesen abzustellen. Polternde Geräusche könnten nicht nur durch Herumspringen, sondern z.B. auch durch unabsichtliches Stolpern oder Hinfallen von Kindern (und Erwachsenen) hervorgerufen werden. Kindergeschrei beruhe sehr oft auf Verletzungen, "Zahnen", Müdigkeit udgl. Der angefochtene Bescheid lasse jegliche Feststellungen darüber vermissen, wie eine Mutter es mit rechtlich erlaubten und psychologisch unbedenklichen Mitteln verhindern solle, daß ihre Kinder gelegentlich derartigen Lärm verursachten.

Die von der belangten Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen stützten sich ausschließlich auf die Aussagen der Zeugen, ohne die Aussage der Beschwerdeführerin, die am 12. Jänner 1989, also kurz nach den festgestellten Tatzeitpunkten einvernommen worden sei, einzubeziehen. Die Beschwerdeführerin habe zu den ihr vorgehaltenen Tatzeitpunkten genaue Angaben über die Geschehnisse in ihrer Wohnung gemacht und vor allem hinsichtlich des Tatzeitpunktes vom 20. Dezember, 14.00 Uhr, ausgesagt, es sei in ihrer Wohnung ruhig gewesen, da die beiden kleineren Kinder geschlafen hätten. Der angefochtene Bescheid lasse jegliche Feststellungen vermissen, warum die belangte Behörde diese Aussage als widerlegt erachtet habe.

Die belangte Behörde gehe im Widerspruch zum Akteninhalt davon aus, daß die Beschwerdeführerin nicht dafür Sorge getragen hätte, ihre Kinder an der Lärmerregung zu hindern. Die Beschwerdeführerin habe sich am 18. Dezember 1988 um 9.00 Uhr nach Kräften bemüht, einen Streit zwischen den Kindern zu beenden, was ihr um 9.30 Uhr auch gelungen sei.

1.3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 11 Abs. 1 VwGG gebildeten Strafsenat erwogen:

2.1. Gemäß Art. VIII zweiter Fall EGVG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt.

Lärm ist dann störend, wenn er wegen seiner Art und/oder seiner Intensität geeignet ist, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu stören (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1990, Zl. 89/10/0224, 0226 = ZfVB 1991/4/1587).

Das Erregen störenden Lärms erfolgt im Sinne des Art. VIII zweiter Fall EGVG dann ungebührlicherweise, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärms führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muß und jene Rücksichtnahme vermissen läßt, die die Umwelt verlangen kann (vgl. z.B. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1992, Zl. 91/10/0083).

Die Strafbarkeit der ungebührlichen Erregung störenden Lärms ist bereits dann gegeben, wenn die Lärmerregung nach einem objektiven Maßstab geeignet erscheint, von anderen nichtbeteiligten Personen als ungebührlich und störend empfunden zu werden (vgl. z.B. das oben zitierte Erkenntnis vom 26. September 1990).

2.2. ZUM VORFALL VOM 18. DEZEMBER 1988:

2.2.1. Wenn die Beschwerdeführerin meint, "ein derart normales Verhalten von Kindern" (halbstündige Rauferei zwischen zwei Kindern im Alter von zehn und acht Jahren, während der herumgesprungen und geschrieen wird - wie die Beschwerdeführerin selbst im Verwaltungsverfahren zugegeben hat) "müsse, wenn es nur sporadisch und nicht zur nächtlichen Ruhezeit auftrete, toleriert werden, ohne daß das Wohlbefinden gestört werde", so verkennt sie die Rechtslage, wonach es in diesem Zusammenhang lediglich darauf ankommt, ob der Lärm geeignet ist, das Wohlempfinden normal empfindender Menschen zu stören. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich bestimmte andere Personen als der Aufforderer (frühere und jetzige Nachbarn) nicht gestört fühlen, sondern lediglich darauf, ob der Lärm objektiv geeignet ist, von unbeteiligten Personen als störend empfunden zu werden, wobei die Erfahrungen des täglichen Lebens ausreichen, dies zu beurteilen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Dezember 1987,

Zlen. 87/10/0136-0139 = ZfVB 1988/4/1494, und vom 26. September 1990, Zl. 90/10/0057 = ZfVB 1991/4/1589). Die belangte Behörde hat sohin die Rechtslage nicht verkannt, wenn sie die unbestrittene Lärmerregung am 18. Dezember 1988 wegen seiner Intensität und Dauer als STÖREND im Sinne des Art. VIII EGVG qualifiziert hat.

2.2.2 Die Beschwerdeführerin meint, "ein gelegentliches Springen und Herumschreien entspreche dem naturgemäß großen Bewegungsdrang normal entwickelter Kinder, und es stünden ihr als Mutter keinerlei rechtlich erlaubte und psychologisch unbedenkliche Mittel zur Verhinderung einer derartigen Lärmerregung zur Verfügung."

Auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kann das typische Schreien von Säuglingen und Kleinstkindern, aber auch der typische Lärm von kleineren Kindern, etwa die durch ein gelegentliches "Herumlaufen" von solchen Kindern in einer Wohnung verursachte Lärmerregung (genauer: deren Nichtunterbindung durch die Aufsichtsperson) nicht als ungebührlich im Sinne des Art. VIII zweiter Fall EGVG beurteilt werden (vgl. zum Versuch einer solchen Differenzierung bei der Lärmerregung durch Kinder etwa auch Gaisbauer, Der verwaltungsstrafrechtliche Tatbestand der ungebührlicherweise störenden Lärmerregung, ÖJZ 1988, 203). Dasselbe wird auf eine gelegentliche kurze Rauferei von Klein- bzw. Vorschulkindern zutreffen. Im vorliegenden Fall jedoch lag ein Zusammentreffen von "Schreien" und "Herumspringen" vor, wobei die Lärmerregung über eine längere Zeitspanne fortgesetzt wurde. Nach den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin handelte es sich um eine Rauferei zwischen ihrem acht- und ihrem zehnjährigen Kind und dauerte diese etwa eine halbe Stunde.

Wird ein Verhalten dieser Art, welches mit einer massiven Lärmentwicklung verbunden ist, einen derartigen Zeitraum hindurch nicht unterbunden - wobei es durchaus Möglichkeiten gibt, Kinder, besonders wenn es sich bereits um Schulkinder handelt, zur Rücksichtnahme gegenüber ihrer Umwelt (mit rechtlich und pädagogisch unbedenklichen Methoden) zu erziehen - so wird damit jedenfalls gegen ein Verhalten verstoßen, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muß.

Auch aus dem Hinweis auf die "schlechte Bausubstanz" ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, zumal nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Umstand, daß die Bauart eines Hauses die Weiterleitung von Geräuschen begünstigt, zu Lasten des Lärmerregenden geht (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 16. März 1987, Zl. 87/10/0022, 0023). Diese Rechtsprechung ist dahingehend zu verstehen, daß dann, wenn nicht ein "gebührlicherweise" erregter, also ein im Zusammenleben von Menschen hinzunehmender (wenn auch störender) Lärm erzeugt wird, sondern dieser störende Lärm ungebührlicherweise erregt wird, eine schlechte Bausubstanz auf die Tatbildmäßigkeit ohne Einfluß ist.

In diesem Zusammenhang sei bemerkt, daß die Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe weder die von der Beschwerdeführerin benannte Zeugin einvernommen, noch das vorgelegte Schreiben dieser Zeugin an den Beschwerdevertreter vom 20. September 1988 als Beweismittel herangezogen, ins Leere geht. Die Vernehmung der beantragten Zeugin war entbehrlich, da diese - wie sich aus dem Akt ergibt - bloß eine "repräsentative Aussage" hätte machen sollen. Daß die Zeugin nämlich zum Zeitpunkt der Tat Wahrnehmungen gemacht hätte, wurde von der Beschwerdeführerin nie behauptet und es enthält auch der im Verwaltungsakt befindliche Brief keinerlei Angaben zu diesem Zeitpunkt.

2.2.3. Bei der Verwaltungsübertretung nach Art. VIII zweiter Fall EGVG handelt es sich um ein Erfolgsdelikt, sodaß die Behörde gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz VStG dem Täter nicht nur die Erfüllung des objektiven Tatbestandes, sondern auch das Verschulden nachzuweisen hat; der Wohnungsinhaber - hat er selbst keinen ungebührlich störenden Lärm erregt - kann wegen der erwähnten Verwaltungsübertretung dann schuldig erkannt werden, wenn er obwohl es ihm möglich gewesen wäre, es unterlassen hat, den in seiner Wohnung ungebührlicherweise erregten störenden Lärm umgehend abzustellen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Februar 1984, Zl. 83/10/0268 und vom 26. September 1990, Zl. 89/10/0224, 0226 = ZfVB 1991/4/1587).

Die Beschwerdeführerin bestreitet, daß es ihr möglich gewesen wäre, den in ihrer Wohnung ungebührlicherweise entstandenen störenden Lärm "umgehend abzustellen".

Die Beschwerdeführerin hat aber ihren eigenen Angaben zufolge den Streit erst nach einer halben Stunde beendet ("... doch habe ich schließlich den Streit beendet"). Nach Auffassung des Gerichtshofes ist das Unterbinden einer intensiven Lärmentwicklung anläßlich der Rauferei zwischen 8- und 10-jährigen Kindern erst nach Verstreichen einer halben Stunde nicht mehr als umgehend im Sinne des Art. VIII zweiter Fall EGVG anzusehen. Die belangte Behörde hat daher der Beschwerdeführerin nicht zu Unrecht ein Verschulden zur Last gelegt, zumal das Vorliegen von Schuldausschließungsgründen im Verfahren nicht behauptet und auch nicht hervorgekommen ist.

2.2.4. Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde hätte die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ausschließlich auf die Aussagen des Aufforderers, dessen Gattin und Stiefsohn als Zeugen gestützt, ohne die Aussage der Beschwerdeführerin entsprechend zu würdigen.

Damit bekämpft die Beschwerdeführerin die Beweiswürdigung der belangte Behörde. Sie vermag damit jedoch keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schließt § 45 Abs. 2 AVG zwar eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, das heißt, ob sie unter anderem den Denkgesetzen und allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, weshalb wesentliche Mängel der Sachverhaltsfeststellung einschließlich der Beweiswürdigung zur Aufhebung des Bescheides führen. Ob aber der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung des Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner eingeschränkten Prüfungsbefugnis in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht prüfen (hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage kann der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde nicht entgegentreten, wenn sie den im wesentlichen gleichlautenden Angaben des Meldungslegers und seiner als Zeugin einvernommenen Gattin - welche sich bezüglich des Vorfalles vom 18. Dezember 1988 im übrigen mit den Angaben der Beschwerdeführerin decken - gefolgt ist.

Aus diesen Gründen erweist sich die Beschwerde hinsichtlich des VORFALLES VOM 18. DEZEMBER 1988 als unbegründet.

2.3. ZUM VORFALL VOM 20. DEZEMBER 1988:

2.3.1. Die Beschwerdeführerin behauptet im Zusammenhang mit den Vorkommnissen vom 20. Dezember 1988 Aktenwidrigkeit, weil die belangte Behörde, obwohl die Beschwerdeführerin ausdrücklich bestritten habe, daß in ihrer Wohnung am 20. Dezember 1988 Lärm erzeugt worden sei, festgestellt habe, die Beschwerdeführerin bestreite die ihr zu Last gelegten Tatbestände nicht.

Aus dem Akteninhalt ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin bereits anläßlich ihrer Einvernahme am 12. Jänner 1989 jegliche Lärmerregung bestritten hat. ("Am 20. Dezember 1988 zu Mittag war alles ruhig, da die jüngeren zwei Kinder schliefen.")

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt Aktenwidrigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG vor, wenn die Behörde bei der Sammlung der Unterlagen für ihre Entscheidung sich mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt hat (vgl. das Erkenntnis vom 27. August 1990, Zl. 90/15/0096).

Die belangte Behörde hat zwischen den beiden Tatzeitpunkten jedoch keinerlei Differenzierung getroffen. Sie hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Feststellung getroffen, "die Beschuldigte bestreitet die ihr angelasteten Taten nicht". Dies findet jedoch in der Aktenlage keine Deckung. Infolge der mangelnden Differenzierung zwischen den beiden Tatzeitpunkten hat die belangte Behörde es verabsäumt, die gegensätzlichen Sachverhaltsdarstellungen der Zeugen und der Beschwerdeführerin - was die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Straftat vom 20. Dezember 1988 anlangt - abzuwägen und dies in der Begründung des angefochtenen Bescheides nachvollziehbar zum Ausdruck zu bringen.

2.3.2. Aus diesen Erwägungen folgt, daß hinsichtlich des Vorfalles vom 20. Dezember 1988 der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen wurde und die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid war somit - im Hinblick auf die Untrennbarkeit des Abspruches des angefochtenen Berufungsbescheides, der der Beschwerdeführerin EINE als Einheit aufgefaßte Straftat zur Last legt, zur Gänze - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und lit. b VwGG aufzuheben.

2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985. Schriftsatzaufwand konnte nur im begehrten, den Pauschalsatz der bei Beschwerdevorbringung in Geltung stehenden Verordnung BGBl. Nr. 206/1989 nicht ausschöpfenden Ausmaß zugesprochen werden. Aus diesem Grund kam Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991 nicht zur Anwendung.

2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1990100153.X00

Im RIS seit

03.12.2001

Zuletzt aktualisiert am

12.05.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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