TE UVS Tirol 2002/06/04 2002/23/049-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.06.2002
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Albin Larcher über die Berufung des Herrn M. J. P., D-Windischbergerdorf, vertreten durch die Herren Rechtsanwälte Dr. Dillersberger und Dr. Atzl, 6330 Kufstein, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 20.03.2002, Zl VK-17889-2001, nach öffentlich mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber 20 Prozent der verhängten Strafe als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens, dies sind Euro 18,88, zu leisten.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 19.09.2001 um 22.00 Uhr in der Gemeinde Schönberg i.St. auf der A13 bei km 9,550 in Richtung Brenner

1. als Lenker des Lkw CHA-XY sowie des Anhängers CHA-XY im Bereich des Vorschriftszeichens ?Halten und Parken verboten? abgestellt.

2. Er habe die Anordnungen eines Straßenaufsichtsorganes nicht befolgt, obwohl dies ohne Gefährdung von Personen und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre, indem er im gekennzeichneten Halte- und Parkverbotsbereich bis zum 20.03.2001, ca. 04.50 Uhr, am selben Ort geparkt habe.

 

Dadurch habe der Beschuldigte zu 1. eine Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs 1 lit a StVO 1960 und zu 2. gemäß § 97 Abs 4 erster Satz StVO 1960 begangen und wurde über ihn zu 1. gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 36,34 und zu 2. gemäß § 99 Abs 3 lit j StVO eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 58,14 unter gleichzeitiger Festsetzung der Verfahrenskosten verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben und vorgebracht, dass im Straferkenntnis ein falscher Tatzeitpunkt, nämlich der 19.09. (richtig 19.03.2001) angeführt sei und insofern das Straferkenntnis zu beheben sei. Desweiteren sei der vom Beschuldigten angebotene Zeuge zum Beweise dafür, dass er tatsächlich eine Panne gehabt habe und dieser Zeuge ihm mit seinem Fahrzeug Ersatzteile gebracht habe und bei der Reparatur mitgeholfen habe, nicht vernommen worden. Insofern sei der Beschuldigte in seinen Rechten verletzt worden und zum Weiteren könne er dadurch belegen, dass er eine Panne gehabt habe.

 

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass aufgrund der Divergenzen zwischen Anzeige und Sachverhalt eine Einvernahme der beiden einschreitenden Gendarmeriebeamten unerläßlich sei. Insgesamt wurde beantragt, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten einzustellen.

 

Aufgrund dieses Berufungsvorbringens wurde am 04.06.2002 eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der die beiden einschreitenden Gendarmeriebeamten als Zeugen vernommen wurden.

 

Der die Amtshandlung führende Gendarmeriebeamte brachte in seiner Aussage vor, dass der Beschuldigte während der gesamten Amtshandlung sehr abweisend und nicht kooperativ gewesen sei. Erst nach längerer Diskussion habe er überhaupt die Fahrzeugpapiere hergegeben und erst am Ende der Amtshandlung, als er ihn aufgefordert habe, wegzufahren, habe der Beschuldigte vorgebracht, dass er eine Panne habe.

 

Daraufhin habe der Gendarmeriebeamte jenen Tankwart, der auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung angezeigt hat, aufgesucht. Bei dieser Gelegenheit ersuchte der Gendarmeriebeamte diesen Tankwart, das Fahrzeug im Auge zu behalten und zu schauen, ob er eine Panne habe und ob der vom Beschuldigten angegebene Pannenhelfer tatsächlich erscheine.

 

Anläßlich einer Kontrollfahrt in den Morgenstunden des darauf folgenden Tages habe er festgestellt, dass der gegenständliche Lkw nicht mehr da sei. Eine Befragung des Tankwartes habe ergeben, dass in der Nacht kein Pannenfahrzeug gekommen sei und der Tankwart auch keine Reparaturarbeiten wahrgenommen habe.

 

Der zweite Gendarmeriebeamte gab an, dass er sich an die gegenständliche Amtshandlung nicht mehr erinnern könne, da er derartige Amtshandlungen jede Nacht durchführe.

 

Als weiterer Zeuge wurde jener Tankwart vernommen, der in der gegenständlichen Nacht Dienst hatte. Dieser brachte vor, dass die Tankstelle die gesamte Nacht geöffnet sei und die gesamte Front aus Glas bestünde. Insofern habe er freien Blick auf den Lkw gehabt. Er könne sich auch noch an die Vorfälle jener Nacht erinnern. Zu Beginn habe er festgestellt, dass der Lkw vor der Tankstelle im Halteverbot stünde und habe er ihn daher aufgefordert, weiter zu fahren. Der Fahrer sei jedoch keinem Gespräch zugänglich gewesen und habe ihn nur angemault. Daraufhin habe er die Gendarmerie gerufen. Ihm gegenüber sei nie von einer Panne die Rede gewesen.

 

Nachdem die Gendarmerie ihn aufgefordert habe, das Fahrzeug im Auge zu behalten, habe er die getan und sei er die ganze Nacht durchgehend anwesend gewesen. Er habe keine Pause gehabt, bei der er ortsabwesend war. Insgesamt habe er keinerlei Pannenfahrzeug zufahren sehen. Wenn eines zugefahren wäre, hätte er dies wahrgenommen, da sich der Lkw ungefähr 15 m vor seiner Glasfront befand und bestens beleuchtet war.

 

Ausgehend von diesem Verhandlungsergebnis beantragte der Rechtsvertreter des Berufungswerbers neuerlich die Einvernahme jenes Zeugen, der vom Beschuldigten damals zu Hilfe gerufen wurde und ihm bei der Behebung der Panne geholfen habe. Weiters wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung ein Schreiber MAN Nutzfahrzeuge AG gelegt, derzufolge das gegenständliche Fahrzeug aufgrund technischer Mängel im September 2001 komplett durchgecheckt worden sei.

 

Der gegenständliche Beweisantrag wurde abgewiesen. Aufgrund fehlender Konkretisierung, worin die Panne des Fahrzeuges zum damaligen Zeitpunkt bestanden habe bzw auf welche Art diese behoben wurde, ist es nicht möglich, den angebotenen Zeugen zu vernehmen und konkrete Fragen zu stellen.

 

Desweiteren ist darauf hinzuweisen, dass im Schreiben der Firma MAN davon die Rede sei, dass als Mängel angegeben wurde, dass sich das Fahrzeug nach längerer Fahrt selbständig abstelle und nicht wieder anspringen würde. Anläßlich der seinerzeitigen Übertretung vom 19.03.2001 hat der Beschuldigte jedoch angegeben, er habe Hydraulikprobleme gehabt und habe gerade noch die von ihm gewählte Parkposition erreichen können. Insofern liegen hier gänzlich verschiedene Mängel vor, sodass auf ein weiteres Eingehen verzichtet werden kann.

 

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Da die Erstbehörde zu Recht von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung ausgegangen ist, wäre es Sache des Berufungswerbers gewesen, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht, insbesondere dass er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl ua das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 02. April 1990, Zl 90/19/0078). Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn der Verstoß ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurde (vgl ua das Erkenntnis des VwGH vom 19.09.1989, Zl 89/08/0221).

 

Der Verfahrensgrundsatz, dass die Behörde von Amts wegen vorzugehen hat (§ 24 VStG iVm § 39 Abs 2 AVG, § 25 Abs 1 VStG), befreit die Partei nicht von ihrer Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts beizutragen, wobei diese Mitwirkungspflicht auch den Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren trifft. Die Mitwirkungspflicht hat insbesondere dort Bedeutung, wo ein Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit der Partei geklärt werden kann, und erfordert es, dass der Beschuldigte seine Verantwortung nicht darauf beschränken kann, die ihm zur Kenntnis gelangten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. So löst etwa das bloße globale Bestreiten des Beschuldigten, ohne nähere Konkretisierung und Stellung von Beweisanträgen, in einem durch eine Meldung eines Sicherheitswachebeamten eingeleiteten Verfahren keine weitere Ermittlungspflicht aus. Unterläßt der Beschuldigte die gebotene Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren, so bedeutet es keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Erhebungen durchführt (vgl zum Ganzen etwa die in Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahrens, zu § 25 Abs 1 VStG E 8a bis c zitierte hg Rechtsprechung).

 

Aufgrund der Aussagen des einschreitenden Gendarmeriebeamten sowie des Tankwartes jener Autobahntankstelle, vor der der Beschuldigte sein Fahrzeug abgestellt hat, steht für den Unabhängigen Verwaltungssenat die vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver und subjektiver Hinsicht fest.

 

Gemäß § 24 Abs 1 lit a StVO ist das Halten und Parken im Bereich des Vorschriftszeichen ?Halten und Parken verboten? nach Maßgabe der Bestimmung des § 52 Z 13b StVO verboten.

 

Gemäß § 97 Abs 4 StVO sind die Organe des Straßenaufsicht, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs erfordert, berechtigt, einzelnen Straßenbenützern für den Einzelfall Anordnungen für die Benützung der Straße zu erteilen und zwar auch solche, die von den sonstigen diesbezüglichen Bestimmungen abweichen.

 

Zum ersten Tatvorwurf ist festzustellen, dass der Beschuldigte sein Fahrzeug, ohne das ein Gebrechen vorgelegen hat, im Bereich des Vorschriftszeichens ?Halten und Parken verboten? abgestellt hat. Dass eine Panne nicht vorliegt, ergibt sich zum Einen aufgrund der Aussagen des Gendarmeriebeamten sowie des Tankstellenmitarbeiters. Desweiteren hätte den Beschuldigten, soferne es sich tatsächlich um eine Panne gehandelt hatte, die Verpflichtung getroffen, sein Fahrzeug mit einem Warndreieck sowie mittels eingeschalteter Warnblinkanlage abzusichern. Auch dieser Verpflichtung ist er nicht nachgekommen.

 

Hinsichtlich des zweiten Strafvorwurfes ergibt sich aufgrund der klaren Aussage des einschreitenden Gendarmeriebeamten, dass er dem Beschuldigten die Weisung erteilt habe, zu einem anderen Abstellplatz am selben Parkplatz zu fahren und er dies abgelehnt habe. In Verbindung mit der Tatsache, dass kein Gebrechen am Fahrzeug feststellbar und für den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol ersichtlich war, hat der Beschuldigte diese Weisung rechtswidrig nicht befolgt.

 

Zum Vorliegen einer Panne ist weiters festzustellen, dass im gesamten Verfahren der Beschuldigte nie konkretisiert hat, durch welches technische Gebrechen diese Panne tatsächlich eingetreten sei.

 

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist zum Teil erheblich, da durch die übertretenen Normen insbesondere Vorschriften, die der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer sowie dem Schutz des Lenkers dienen, verletzt wurden.

 

Der Berufungswerber hat vorsätzlich gehandelt, wobei das Verschulden aufgrund der offensichtlichen Sorglosigkeit schwerwiegend ist.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 99 Abs 3 StVO Geldstrafen bis zu Euro 726,-- ausgesprochen werden können. Wenn man nunmehr von einem durchschnittlichen Einkommen des Berufungswerbers ausgeht, bestehen die von der Erstbehörde ausgesprochenen Strafen dennoch zu Recht. In Anbetracht des hohen Schutzinteresses der übertretenen Bestimmung sowie der offensichtlichen Sorglosigkeit des Berufungswerbers und in Hinblick auf zwei rechtskräftige Strafvormerkungen erscheinen sie durchaus schuld- und tatangemessen.

Schlagworte
Panne, Aussagen, Gendarmeriebeamten, Tankstellenmitarbeiters
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten