TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/11 98/18/0395

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Veröffentlicht am 11.10.2001
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Index

E2D Assoziierung Türkei;
E2D E02401013;
E2D E05204000;
E2D E11401020;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

ARB1/80 Art14 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z2;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde des M A, (geb. 25.9.1962), in Wörgl, vertreten durch Dr. Martin Dellasega, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 30. Oktober 1998, Zl. III 267-17/98, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 30. Oktober 1998 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 und Z. 2 sowie §§ 37, 38 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein mit in Rechtskraft erwachsenem Straferkenntnis vom 15. Oktober 1993 wegen Verwaltungsübertretung nach "§§ 5 Abs. 2, 20 Abs. 1, 20 Abs. 1, 9, 20 Abs. 1 StVO und § 64 Abs. 1 KFG mit Geldstrafe von S 9.000,--, S 1.000,--, S 1.000,--, S 1.000,--, S 1.000,-- und S 4.000,-- belegt worden", weil er "am 17.8.1993 um 06.21 Uhr den Alkotest verweigerte(n), obwohl (er) kurz vorher in vermutlich alkoholisiertem Zustand den PKW OAL-AT 497 auf der B 171 in Kirchbichl gelenkt gehabt hatte(n), er im Ortsgebiet 100 km/h fuhr(en), auf der Freilandstraße dann 120 km/h, er eine Sperrfläche überfuhr(en), dann wieder auf der Freilandstraße 120 km/h fuhr(en) und er nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung war(en)."

Der Beschwerdeführer sei von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein mit dem in Rechtskraft erwachsenem Straferkenntnis vom 10. November 1994 wegen Verwaltungsübertretung "nach §§ 5 Abs. 1, 7 Abs. 1, 60 Abs. 3 StVO mit Geldstrafe von S 10.000,--, S 400,--, S 400,--, belegt worden", weil er "am 9.9.1994 um 03.18 Uhr den PKW KU-Akin 1 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, nicht am rechten Fahrbahnrand und unbeleuchtet in Innsbruck, Sillgasse/Kaiserjägerstraße, gelenkt habe(n)."

Weiter sei er von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein mit in Rechtskraft erwachsenem Straferkenntnis vom 29. Jänner 1997 wegen Verwaltungsübertretung "nach §§ 18 Abs. 1, 14 Abs. 3, 4 Abs. 1 lit. a, 4 Abs. 1 lit. c, 4 Abs. 4, 5 Abs. 2 StVO mit Geldstrafe von S 1.000,--, S 1.000,--, S 2.000,--, S 2.000,--, S 2.000,-- und S 14.000,-- belegt worden". Dem Straferkenntnis liege folgender Schuldspruch zugrunde:

"Mesut Akin hat am 25.2.1996 um 20.20 Uhr den PKW KU-FUAT1 in Hall i.T. auf der B-171 aus westlicher Richtung in Richtung Osten gelenkt, hielt 1) bei der Kreuzung B-171/B-171a/L-8 zum IL-5HVB des Aptullah Satik einen zu geringen Tiefenabstand ein, sodass er auf dieses auffuhr.

In weiterer Folge fuhr der Beschuldigte 2) rückwärts, bediente sich dabei keines Einweisers, und fuhr gegen das Fahrzeug IL-6LML des Günther Würtenberger. Dabei wurden beide o.g. Fahrzeuge beschädigt.

In weiterer Folge hielt der Beschuldigte 3) sein Fahrzeug nicht an, entfernte sich 4) von der Unfallstelle, erschwerte so die Erhebungen und meldete 5) diesen Verkehrsunfall nicht von sich aus unverzüglich beim nächsten Gendarmeriepostenkommando.

Schließlich verweigerte der Beschuldigte 6) am 25.2.1996 um

21.14 Uhr am GPK Hall gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht die Durchführung des Alkotests, obwohl vermutet werden konnte, dass der Beschuldigte bei der o.a. Fahrt sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden gehabt hatte."

Der Beschwerdeführer sei vom Bezirksgericht Kufstein mit in Rechtskraft erwachsener Strafverfügung vom 17. Februar 1995 wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB mit einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe von 40 Tagessätzen, Probezeit drei Jahre, belegt worden, weil er am 11. Jänner 1995 in Wörgl dadurch, dass er einer näher genannten Person am Bahnhofsplatz einen Faustschlag gegen die linke Gesichtshälfte versetzt habe, wodurch diese eine Prellung des Nasenbeines mit Abschürfungen erlitten habe, diese Person vorsätzlich am Körper leicht verletzt habe. Weiters sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht Innsbruck mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil vom 29. Dezember 1997 wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen belegt worden, weil er am 9. Juli 1997 in Wörgl eine näher genannte Person durch die Drohung, sie umzubringen, bedroht habe, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers "laut den rechtskräftigen Verwaltungsstrafen/Verurteilungen" zeige deutlich seine negative Einstellung zur Rechtsordnung, wodurch der Eindruck entstehe, dass er nicht gewillt sei, diese in erforderlicher Weise zu achten und sein Verhalten den Gesetzen anzupassen, woraus sich die berechtigte Folgerung ergebe, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle (§ 36 Abs. 1 Z. 1 FrG). Seine rechtskräftigen Verurteilungen durch das Bezirksgericht Kufstein und das Landesgericht Innsbruck wegen vorsätzlicher Körperverletzung und gefährlicher Drohung aus 1995 und 1997 erfüllten als mehr als einmalige rechtskräftige Verurteilung durch inländische Gerichte wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 vierter Fall FrG. Seine rechtskräftigen Bestrafungen durch die Bezirkshauptmannschaft Kufstein wegen Verwaltungsübertretung "gemäß § 5 Abs. 1 und Abs. 2 (§ 99 Abs. 1 und Abs. 2) StVO aus den Jahren 1993, 1994 und 1997" erfüllten den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 2 erster Fall FrG.

Ein relevanter Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG liege vor. Dieser Eingriff mache das Aufenthaltsverbot gegen ihn im Grund des § 37 Abs. 1 FrG aber nicht unzulässig. Seine sich in seinem Gesamtfehlverhalten manifestierende Neigung, sich über die Rechtsordnung hinwegzusetzen, mache das Aufenthaltsverbot zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer dringend geboten im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK. Die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet wögen schwer. Die belangte Behörde verweise diesbezüglich auf seinen zum Großteil erlaubten Aufenthalt seit 1990, seine Arbeitstätigkeit im Bundesgebiet als sogenannter Selbstständiger und seine dementsprechende, gute Integration und intensive private Bindung, weiters auf eine intensive familiäre Bindung des Beschwerdeführers zu seiner Familie - Ehefrau, zwei minderjährige Kinder -, welche seit 1991 im Bundesgebiet aufhältig sei und hier, wie der Beschwerdeführer, gut integriert sei, und mit der der Beschwerdeführer in einem gemeinsamen Haushalt lebe; seine Ehefrau sei selbst berufstätig, sie verfüge daher über ein eigenes Einkommen und wie ihre beiden Kinder über eine Aufenthaltsbewilligung für das Bundesgebiet, gültig bis 21. Dezember 1998. Diese privaten und familiären Interessen wögen jedoch im Hinblick auf die Neigung des Beschwerdeführers zu schweren Straftaten höchstens gleich schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, weshalb diese Maßnahme auch im Grund des § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei. Ein Aufenthaltsverbots-Verbotsgrund gemäß § 38 FrG komme im Fall des Beschwerdeführers nicht zum Tragen.

Die Dauer des Aufenthaltsverbotes entspreche § 39 Abs. 1 FrG und den für seine Erlassung maßgeblichen Umständen. Die belangte Behörde sei der Auffassung, dass bis zum Wegfall des Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes, nämlich der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit, das Verstreichen von fünf Jahren vonnöten sei.

Vom Ermessen des § 36 Abs. 1 FrG werde zum Nachteil des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht, weil er hinsichtlich des Lenkens von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr im alkoholisierten Zustand "unverbesserlich" sei, wie seine diesbezüglichen Verwaltungsstrafvormerkungen eindrucksvoll zeigten.

Zum Berufungsvorbringen werde auf die Ausführungen des Berufungsbescheides verwiesen. Allfällige erstinstanzliche Verfahrens- oder Begründungsmängel seien durch die Berufungsmöglichkeit, von der der Beschwerdeführer Gebrauch gemacht habe, und den Berufungsbescheid saniert. Davon, dass das Aufenthaltsverbot ein schwerer Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers sei, gehe die belangte Behörde ohnehin aus. Auf die Einvernahme seiner Ehefrau, Kinder und der übrigen Verwandten zu dieser Frage werde daher "wegen Unnotwendigkeit" verzichtet. Das befristete Auseinanderreißen seiner Familie durch das Aufenthaltsverbot müsse im Hinblick auf das schwere Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers in Kauf genommen werden, ebenso seine "befristete Nicht-Anwesenheit für die österreichische Volkswirtschaft". Auf seiner Übertretung des Fremdengesetzes im Jahr 1990 allein basiere das Aufenthaltsverbot ohnehin nicht. Diese Übertretung runde das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers nur ab. Seine letzte schwere Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 habe der Beschwerdeführer im Jahr 1996 begangen. Daraus, dass die anderen Übertretungen "zum allergrößten Teil schon Jahre zurückliegen", könne er im vorliegenden Verfahren nichts gewinnen, ebensowenig damit, dass er derzeit über keinen Führerschein mehr verfüge. Maßgeblich für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers und seine daraus hervorleuchtende Gefährlichkeit für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Es sei eine Erfahrungstatsache, dass Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr auch ohne Besitz der hiefür erforderlichen Lenkerberechtigung gelenkt werden könnten und tatsächlich auch gelenkt würden. Darauf, dass sich der Beschwerdeführer seit dem 8. Oktober 1995 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben solle, beruhe das Aufenthaltsverbot ohnehin nicht.

Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 5. Juni 1998, Zl. 95/21/1081, die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen das von der belangten Behörde mit Bescheid vom 25. September 1995 über ihn verhängte befristete Aufenthaltsverbot gemäß § 114 Abs. 7 iVm Abs. 4 und § 115 FrG als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt hat.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bestreitet nicht die zu den Verwaltungsübertretungen und den gerichtlich strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers getroffenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen. Auf dem Boden dieser Feststellungen kann aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheides (vgl. oben I.1.) die - nicht bekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend die Tatbestände des § 36 Abs. 2 Z. 1 vierter Fall und Z. 2 erster Fall FrG erfüllt seien, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Weiters begegnet auf Grundlage dieser Feststellungen die Beurteilung der belangten Behörde, dass angesichts des Gesamt-Fehlverhaltens des Beschwerdeführers die im § 36 Abs. 1 Z. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, entgegen der Beschwerde schon deshalb keinem Einwand, weil es sich bei den dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Übertretungen nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 StVO 1960 im Hinblick auf die von alkoholisierten KFZ-Lenkern ausgehende große Gefahr für die Allgemeinheit um Gefährdungen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit von großem Gewicht handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2000, Zl. 98/18/0218). Die belangte Behörde verweist zu Recht darauf, dass der Hinweis des Beschwerdeführers, ihm sei die Lenkerberechtigung entzogen worden, nicht zielführend ist, schließt doch das Fehlen einer Lenkerberechtigung an sich nicht aus, dass die betreffende Person dennoch ein Kraftfahrzeug lenkt; dass der Beschwerdeführer im Übrigen bereits ein Fahrzeug ohne Lenkerberechtigung gelenkt hat, zeigt seine unbestrittene Bestrafung wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne die hiefür erforderliche Lenkerberechtigung gemäß § 64 Abs. 1 KFG. Dem Vorbringen, aus den beiden Verurteilungen durch das Bezirksgericht Kufstein und durch das Landesgericht Innsbruck (vgl. oben I.1.) sei keine Gefahr des Beschwerdeführers für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit abzuleiten, weil die dem Beschwerdeführer zur Last liegende Körperverletzung die "Folge einer Auseinandersetzung zwischen und mit den Gästen" gewesen sei, und die Verurteilung wegen gefährlicher Drohung insofern irreführend sei, als der Beschwerdeführer niemals daran gedacht hätte, seine Drohung wahrzumachen, ist entgegenzuhalten, dass mit den besagten rechtskräftigen Verurteilungen die diesen zu Grunde liegenden Straftaten des Beschwerdeführers bindend feststehen (vgl. zum Umfang der Bindung eines rechtskräftigen Schuldspruches das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2000, Zl. 2000/18/0133, mwH). Schließlich ist der für die Zukunftsprognose maßgebliche Zeitraum seit der letzten Straftat des Beschwerdeführers am 9. Juli 1997 zu kurz, um einen Wegfall oder auch nur eine Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr annehmen zu können (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1998).

2.1. Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid im Grund des § 37 FrG für rechtswidrig und bringt vor, dass er in Österreich vollständig integriert sei. Als selbstständiger Gewerbetreibender habe er seine gesamte Lebensführung auf Österreich hin ausgerichtet. Eine Rückkehr in die Türkei würde seine wirtschaftliche Existenz vernichten und die seiner gesamten Familie gefährden. Er würde auch sein gesamtes soziales Netz in Österreich verlieren, weil neben seiner Ehefrau und den Kindern auch nahezu alle seiner nahen Verwandten und Freunde in Österreich lebten. Der Beschwerdeführer habe keinerlei Kontakte mehr in der Türkei, zumal er auf Grund des "mittlerweile eingestellten Aufenthaltsverbotsverfahrens" (somit seit dem Jahr 1995, vgl. oben I.1.) keine Besuche in der Türkei mehr habe tätigen können. Seine Familie sei "in Österreich groß geworden". Seine Kinder seien hier von klein auf aufgewachsen bzw. sogar hier geboren worden. Sie gingen hier zur Schule bzw. in den Kindergarten, seien in der österreichischen Gesellschaft groß geworden und "nach unserer Kultur" erzogen worden, weshalb es ihnen nicht zugemutet werden könne, mit ihrem Vater in die Türkei zurückzukehren. Auch die Ehefrau des Beschwerdeführers könnte im Hinblick "auf ihre Anstellung und ihre Rolle als Mutter" nicht mehr mit dem Beschwerdeführer in die Türkei zurückkehren, sie würde den Beschwerdeführer als ihren Ehemann verlieren, zumal sie zu Hause bei ihren kleinen Kindern gebraucht würde. Das Aufenthaltsverbot würde somit die intakte Familie des Beschwerdeführers auseinanderreißen.

2.2. Die belangte Behörde hat auf Grund des Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich seit 1990, seine familiären Bindungen sowie seine berufliche Tätigkeit im Inland zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG angenommen. Sie hat aber - unter Bedachtnahme auf diese persönlichen Interessen - ebenso zutreffend die Auffassung vertreten, dass die vorliegende fremdenpolizeiliche Maßnahme dringend geboten sei, hat doch der Beschwerdeführer durch sein Fehlverhalten (wie schon unter II. 1. ausgeführt) insbesondere das gewichtige Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs erheblich beeinträchtigt. Unter Zugrundelegung des dargestellten maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers erweist sich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 37 Abs. 2 FrG vorgenommenen Abwägung als unbedenklich. Wenngleich - mit der Behörde - die für den Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich sprechenden persönlichen Interessen nicht unbeträchtlich sind, kommt ihnen doch kein größeres Gewicht zu als dem durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers nachhaltig gefährdeten Allgemeininteresse. Die aus dem Aufenthalt des Beschwerdeführers und seiner Beschäftigung resultierende Integration in Ansehung der für sie wesentlichen sozialen Komponente wurde durch das im angefochtenen Bescheid aufgezeigte unbestrittene Gesamtfehlverhalten erheblich beeinträchtigt. Die in der Beschwerde vorgebrachten mit dem Aufenthaltsverbot einhergehenden Einschränkungen seiner familiären Beziehungen müssen vom Beschwerdeführer in Kauf genommen werden, zumal (für Gegenteiliges gibt es vorliegend keinen Anhaltspunkt) der Beschwerdeführer von seiner Ehefrau und seinen Kindern während der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes im Ausland besucht werden kann. Ferner kann der Beschwerdeführer Unterhaltsleistungen an seine Ehefrau und seine Kinder auch vom Ausland aus erbringen.

2.3. Auf dem Boden des Gesagten gehen auch die Verfahrensrügen fehl, die belangte Behörde habe mit Blick auf die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich den Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt, weil sie die in der Berufung beantragte Einvernahme der Ehefrau, der Kinder und der übrigen der Behörde bekannten Verwandten des Beschwerdeführers zur Frage der Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht durchgeführt habe, und habe ferner nicht festgestellt, wie hoch das Einkommen der Mutter sei und ob der Arbeitsplatz der Mutter nicht unmittelbar mit dem Aufenthalt des Beschwerdeführers in Verbindung stehe, weshalb sie zur "falschen Feststellung" gelangt sei, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers ohnedies arbeite und die Familie unterhalten könnte, zumal in der Beschwerde ausgeführt wird, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers über eine "Anstellung", somit über eine berufliche Tätigkeit in Österreich verfügt.

3. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es komme ihm als türkischem Staatsbürger "das Bleiberecht nach dem Assoziationsabkommen EWR-Türkei zugute", lässt sich für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewinnen, macht doch Art. 14 Abs. 1 des auf der Grundlage des Assoziierungsabkommens EWG-Türkei (aus 1963) gefassten Beschlusses Nr. 1/1980 des Assoziationsrates ("Dieser Abschnitt gilt vorbehaltlich der Beschränkungen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind.") deutlich, dass die die Beschäftigung und die Freizügigkeit türkischer Arbeitnehmer regelnden Bestimmungen (Abschnitt 1 des Kapitels II des Beschlusses) der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegen stehen, wenn es - wie im Beschwerdefall - aus Gründen der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1998, Zl. 98/18/0258).

4. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Erwägungen kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass die belangte Behörde von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen gehabt hätte, ergeben sich doch weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid im Zusammenhalt mit den vorgelegten Verwaltungsakten besondere Umstände, die für eine derartige Ermessensübung sprächen. Seinem Vorbringen, dass der Fortbestand des Unternehmens, das er gemeinsam mit seinem Bruder gegründet habe, nur durch seinen Arbeitseinsatz und sein Fachwissen gesichert sei, und nur damit die Arbeitsplätze gesichert seien, weil sonst der von diesem Unternehmen infolge einer Hochwasserkatastrophe zur Renovierung eines näher genannten Betriebs aufgenommene Kredit nicht zurückgezahlt werden könnte, mangelt es an der erforderlichen Konkretisierung.

5. Da somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. Oktober 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998180395.X00

Im RIS seit

15.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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