TE UVS Wien 2002/11/07 05/K/36/9387/2002

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Veröffentlicht am 07.11.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Fritz über die Berufung des Herrn Stefan F in D Ö, C-Straße, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 24.6.2002, Zl MA 67-PA-902700/1/0, betreffend Zurückweisung eines Einspruches iA Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Einspruch gegen die Strafverfügung vom 22.2.2001, Zl MA 67 ? PA 902700/1/0, als unzulässig zurückgewiesen wird.

Text

Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 22.2.2001 wurde der Berufungswerber (Bw) schuldig erkannt, er habe im Zusammenhang mit der Abstellung des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen KA H5 am 20.4.2000 um 10.28 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien, L-gasse folgende Verwaltungsübertretung begangen: Als Zulassungsbesitzer habe er dem am 12.1.2001 ordnungsgemäß zugestellten Verlangen des Magistrates Wien vom 29.11.2000, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Auskunft zu geben, wem er dieses Fahrzeug überlassen gehabt habe, nicht entsprochen. Der Bw habe dadurch § 1a iVm § 4 Abs 2 Parkometergesetz, LGBl für Wien Nr 47/1974 idgF verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Bw gemäß § 4 Abs 2 leg cit eine Geldstrafe von ATS 800,-- (entspricht ? 58,14), falls diese uneinbringlich sei, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 19 Stunden, verhängt.

Mit dem nunmehr vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien angefochtenen Bescheid der Erstbehörde vom 24.6.2002 wurde der Einspruch des Bw gemäß § 49 Abs 1 VStG wegen Verspätung zurückgewiesen. Nach Wiedergabe des § 17 Abs 3 Zustellgesetz (ZuStG) führte die Erstbehörde zur Begründung aus, die gegenständliche Strafverfügung sei gemäß dem Vertrag über Amts- und Rechtshilfe zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich mit Wirkung der Zustellung am 11.5.2001 postamtlich hinterlegt worden; der Zustellversuch sei laut Zustellungsurkunde am 11.5.2001 erfolgt. Der Einspruch sei jedoch trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung erst am 20.7.2001, somit nach Ablauf der im § 49 Abs 1 VStG festgesetzten zweiwöchigen Rechtsmittelfrist laut Poststempel auf dem Briefumschlag eingebracht worden. Einen Zustellmangel iSd § 17 Abs 3 ZuStG habe der Bw trotz gebotener Gelegenheit nicht geltend gemacht. In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen (von ihm fälschlicherweise als ?Einspruch" bezeichneten) Berufung brachte der Bw vor, es sei nachgewiesen, dass er die Strafverfügung nicht rechtzeitig bekommen habe (Poststelle Ö). Bei der Postbehörde werde man der Behörde beweisen, dass er nicht die Möglichkeit gehabt habe, das Schreiben in Empfang zu nehmen. Des Weiteren sei laut Aussage seines Rechtsbeistandes dieses Verfahren bereits verjährt und somit auch nicht rechtswirksam. Auch beantragte der Bw die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dieser Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung eines Rechtsmittels wurde mit Bescheid der Erstbehörde vom 30.9.2002 gemäß § 71 Abs 1 und 2 AVG zurückgewiesen (aus dem Akt ergibt sich kein Hinweis darauf, dass der Bw auch diesen Bescheid mit Berufung gekämpft hätte).

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Gemäß § 49 Abs 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Gemäß § 48 Abs 2 VStG sind Strafverfügungen zu eigenen Handen zuzustellen.

Mit Strafverfügung der Erstbehörde vom 22.2.2001 wurde der Bw ? unter näherer Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat ? einer Übertretung des § 1a Wiener Parkometergesetz schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Im vorliegenden Fall konnte diese Strafverfügung zunächst im unmittelbaren Verkehr durch die Post nicht zugestellt werden. Der Magistrat der Stadt Wien richtete daraufhin ein Ersuchen um Zustellung der Strafverfügung an das Regierungspräsidium Freiburg unter Berufung auf den Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl Nr 526/1990. In diesem begehrte die Erstbehörde die Zustellung zu eigenen Handen und führte aus, dass nach der österreichischen Rechtsordnung eine nachweisliche Zustellung zu eigenen Handen erforderlich sei, um Rechtsfolgen eintreten zu lassen. Eine derartige Zustellung direkt durch die Post habe im gegenständlichen Fall nicht erfolgen können, da die Niederlegung des Schriftstückes veranlasst worden sei, wodurch keine rechtswirksame Zustellung vorliege.

Mit Zustellzeugnis des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24.8.2001 wurde bestätigt, dass das Ersuchen des Magistrates der Stadt Wien am 11.5.2001 erledigt worden sei. Am Ort des Zustellversuches an der Adresse C-Straße, Ö, wurde die Benachrichtigung über die vorzunehmende Niederlegung in den Hausbriefkasten eingelegt (siehe dazu die ebenfalls angeschlossen gewesene Postzustellungsurkunde).

Am 23.7.2001 langte bei der Erstbehörde das ? an den Bw ergangene - Mahnschreiben vom 29.6.2001 mit dem handschriftlichen Vermerk des Bw ein, dass ihm nicht bekannt sei, einen Bescheid bekommen zu haben. In der Sache müsse es sich um eine Verwechslung handeln und ersuche er um Überprüfung (die Erstbehörde hat diese Eingabe des Bw ? zu Recht - als Einspruch gegen die Strafverfügung vom 22.2.2001 gewertet). Einen Verspätungsvorhalt der Erstbehörde vom 14.5.2002 ließ der Bw unbeantwortet. In der Folge wies die Erstbehörde mit ihrem Bescheid vom 24.6.2002 den vom Bw gegen die Strafverfügung vom 22.2.2001 erhobenen Einspruch als verspätet zurück; die Strafverfügung sei gemäß dem Vertrag über die Amts- und Rechtshilfe zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich mit Wirkung der Zustellung am 11.5.2001 postamtlich hinterlegt worden, weshalb der erst am 20.7.2001 zur Post gegebene Einspruch als verspätet anzusehen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen (vgl das Erkenntnis vom 27. Oktober 1997, Zl 96/17/0348), dass es sich bei der nach dem Wiener Parkometergesetz zu entrichtenden Abgabe um eine der in Art 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen, BGBl Nr 249/1955, erwähnten öffentlichen Abgaben, die von einer Gemeinde erhoben wird, handelt. Es ist daher die Frage der Rechtmäßigkeit der Zustellung nach diesem Vertrag und nicht nach dem Amts- und Rechtshilfevertrag BGBl Nr 526/1990 zu beurteilen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem erwähnten Erkenntnis vom 27. Oktober 1997 näher ausgeführt hat, ist auf Grund des erwähnten Vertrages, BGBl Nr 249/1955, die Zustellung im unmittelbaren Postweg zulässig.

Im vorliegenden Fall konnte jedoch die Strafverfügung vom 22.2.2001 nicht im unmittelbaren Postweg zugestellt werden; die Behörde hat daraufhin - wie erwähnt - die Zustellung zu eigenen Handen im Rechtshilfeweg angeordnet.

Nach Art 4 Abs 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Rechtsschutz- und Rechtshilfe in Abgabensachen sind jedoch Rechtshilfeersuchen von der ersuchenden Behörde an das örtlich zuständige Finanzamt des ersuchten Staates zu richten. Ihre Übermittlung und Entgegennahme erfolgt vorbehaltlich des Abs 2 in der Bundesrepublik Deutschland durch die Oberfinanzdirektionen, in der Republik Österreich durch die Finanzlandesdirektionen. Nach Abs 2 leg cit können die Finanzämter Zustellungsersuchen, Mitteilungen über den Vollzug von Rechtshilfeersuchen und über ihre Rücknahme oder Einschränkung unmittelbar an das ersuchte Finanzamt übersenden. Entsprechendes gilt in dringenden Fällen auch für andere Rechtshilfeersuchen der Finanzämter. Nach Art 10 des soeben erwähnten Vertrages werden

Zustellungen entweder durch ein mit Datum versehenes und beglaubigtes Empfangsbekenntnis des Empfängers oder durch ein Zeugnis des ersuchten Finanzamtes nachgewiesen, aus dem sich die Tatsache, die Form und die Zeit der Zustellung ergeben. Im vorliegenden Fall wurde der hier vorgezeichnete Weg nicht eingehalten, sodass schon aus diesem Grunde keine wirksame Zustellung am 11.5.2001 erfolgte.

Hinzuweisen ist aber darauf, dass nunmehr der Bundesminister für Finanzen (siehe dessen Verordnung zum sachlichen Anwendungsbereich des Vertrages vom 4.10.1954 zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen, BGBl III Nr 202/2002), verordnet hat, dass Parkgebühren und vergleichbare Abgaben (insbesondere Kurzparkzonengebühr, Kurzparkzonenabgabe, Parkabgabe, Abgabe für das Abstellen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen, Parkometerabgabe), die nach landesgesetzlich geregelten Vorschriften erhoben werden, keine Abgaben steuerrechtlichen Charakters im Sinne des Absatzes 1 des Schlussprotokolles zu Artikel 1 seien. Zur Klarstellung ist daher anzumerken, dass sich die obigen Ausführungen auf die Rechtslage zum Zeitpunkt des hier zu beurteilenden Zustellvorganges beziehen (und die erwähnte ? am 28.9.2002 in Kraft getretene - Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl III Nr 202/2002 noch unberücksichtigt bleiben musste).

Im vorliegenden Fall lag somit ein Zustellmangel vor, der erst durch das tatsächliche Zukommen der Strafverfügung an den Bw saniert hätte werden können (§ 7 ZuStG). Im Verfahren sind nun keine Anhaltspunkte dafür vorgekommen, dass die Strafverfügung vom 22.2.2001 (im Original) dem Bw zugekommen wäre (diese ist vielmehr an die Erstbehörde retourniert worden).

Die vom Bw bekämpfte Strafverfügung ist ihm gegenüber ? wie die obigen Ausführungen zeigen ? nicht rechtswirksam erlassen worden.

Zum Zustandekommen eines Bescheides ist es erforderlich, dass er erlassen wird. Erst mit seiner Erlassung erlangt ein Bescheid rechtliche Existenz (vgl den Beschluss des VwGH vom 18.5.1994, Zl 93/09/0115). Eine Strafverfügung gilt in jenem Zeitpunkt als erlassen, in dem jeder andere Bescheid - auch die Strafverfügung ist als Bescheid anzusehen - als erlassen zu gelten hat, mit der Einschränkung, dass die Strafverfügung stets nur schriftlich erlassen werden kann (vgl § 48 Abs 2 VStG sowie Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 892). Unter "Erlassung" ist die Mitteilung nach außen zu verstehen, die bei einer Strafverfügung mit ihrer ordnungsgemäßen Zustellung an den Beschuldigten, die auch in der Form der unmittelbaren Ausfolgung bei der Behörde gegen eine schriftliche Übernahmsbestätigung erfolgen kann (vgl § 24 ZustG), bewirkt wird. Mit der Zustellung wird die Strafverfügung gegenüber dem Beschuldigten rechtswirksam (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 22.6.1988, Zlen 87/03/0263, 0264).

Mangels rechtswirksamer Zustellung konnte daher die angefochtene Strafverfügung gegenüber dem Bw auch keine Rechtswirksamkeit entfalten. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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