TE UVS Steiermark 2002/11/28 30.17-1/2002

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Veröffentlicht am 28.11.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Cornelia Meixner über die Berufung des Herrn A T, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. V M und Mag. A J, in V, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 04.12.2001, GZ.: 15.1 3256/2001, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) i.d.F. BGBl. Nr. 1998/158 wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 02.04.2001, um 11.00 Uhr, im Gemeindegebiet von S. G J, auf der B 317, auf Höhe Strkm 9,6, in Fahrtrichtung Sch den LKW gelenkt, ohne sich, obwohl es ihm zumutbar war, vor Antritt der Fahrt davon zu überzeugen, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da

1.) diverse Rostschäden an der Karosserie, sowie seitlich hervorstehende Teile vorhanden waren,

2.) die Trittstufensicherung mangelhaft und die Trittstufenhalterung stark durchgerostet war,

3.)

die Wischerachse der Scheibenwischer stark ausgeschlagen war,

4.)

links vorne vom Aufbau eine Rahmenschraube locker und

5.)

die Bremsscheiben der ersten Achse links und rechts stark verschlissen waren.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 102 Abs 1 KFG iVm § 4 Abs 2 KFG zu den Punkten 1.), 2.) und 4.), des § 102 Abs 1 KFG iVm § 17 Abs 3 KDV zu Punkt 3.) und des § 102 Abs 1 KFG iVm § 6 Abs 1 KFG zu Punkt 5.) wurden über den Berufungswerber gemäß § 134 Abs 1 KFG zu den Punkten 1.) und 5.) zwei Geldstrafen in der Höhe von je S 700,-- (? 50,87), im Uneinbringlichkeitsfall je 23 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe und zu den Punkten 2.), 3.) und 4.) drei Geldstrafen in der Höhe von je S 400,-- (? 29,07), im Uneinbringlichkeitsfall je 13 Stunden Ersatzarrest, verhängt. Gegen diesen Bescheid richtet sich die nun vorliegende Berufung. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat der gegenständlichen Entscheidung, die gemäß § 51 e Abs 2 Z 1 und Abs 3 VStG auf Grund der Aktenlage und sohin ohne Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung getroffen werden konnte, folgende Erwägungen zu Grunde gelegt:

Unbestritten ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber am 02.04.2001 um 11.00 Uhr im Gemeindegebiet von S G J auf der B 317 auf Höhe Strkm 9,6 in Fahrtrichtung Sch den LKW der Marke Mercedes 310D gelenkt hat, als er von einem Beamten der Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge angehalten wurde. Anlässlich der vor Ort durchgeführten Fahrzeugkontrolle wurden die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses im Einzelnen konkretisierten Mängel festgestellt. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch eines Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet dies, dass der "Spruch", wenn er nicht auf Einstellung lautet, "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten hat. Das heißt, dass jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muss, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Der zitierten Rechtsvorschrift ist also dann entsprochen, wenn a.) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b.) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltende Identifizierung der Tat dem § 44a Z 1 VStG genügt oder nicht, mithin ob die erfolgte Tatumschreibung im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lässt. Das neben die Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis nach einer konkreten Tatumschreibung wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtschutzüberlegungen zu messendes sein. Ausgehend von dieser höchstgerichtlichen Rechtsanschauung wird zu den einzelnen Tatvorwürfen Nachstehendes festgestellt: Zu den Punkten 1.), 2.) und 4.): Gemäß § 4 Abs 2 KFG müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer, noch Beschädigungen der Straße, oder schädliche Erschütterungen, noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein. Diese allgemein gehaltenen Bau- und Ausrüstungsvorschriften, denen die Kraftfahrzeuge und Anhänger entsprechen müssen, um auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr verwendet werden zu dürfen, richten sich zwar in erster Linie an die Erzeuger und Behörden, verpflichten jedoch auch den Lenker - sofern ihm dies zumutbar ist - sich vor Antritt der Fahrt davon zu überzeugen, dass das von ihm verwendete Fahrzeug diesen Vorschriften entspricht. Der dem Berufungswerber mit Punkt 1.) zur Last gelegte Vorwurf an der Karosserie seien diverse Rostschäden und seitlich hervorstehende Teile vorhanden gewesen, ist jedoch im Hinblick auf die oben angeführte Rechtsansicht nicht hinreichend konkretisiert, da diverse Rostschäden an der Karosserie nicht jedenfalls die im § 4 Abs 2 KFG angeführten Gefahren oder Umweltbeeinträchtigungen bewirken. Es hätte daher einer näheren Umschreibung bedurft, welche Teile der Karosserie insbesondere, ob tragende Teile, wo und in welchem Ausmaß, Rostschäden aufwiesen. Auch der Vorwurf, es seien seitlich hervorstehende Teile vorhanden gewesen, entspricht keinem konkreten Tatvorwurf, da dem Spruch der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen ist, ob es sich bei diesen Teilen um vermeidbare oder unvermeidbare vorspringende Teile gehandelt hat, wo sich diese befanden, ob sie überhaupt nicht oder durch nicht geeignete Schutzvorrichtungen abgedeckt waren, ob sie auf Grund ihrer Lage und Größe bei einem Verkehrsunfall schwere körperliche Verletzungen erwarten ließen und insbesondere um welche vorstehenden Teile es sich dabei überhaupt gehandelt hat. Auch der in Punkt 2.) enthaltene Tatvorwurf, die Trittstufensicherung sei mangelhaft und die Trittstufenhalterung stark durchgerostet gewesen, lässt nicht erkennen, ob es sich dabei bei dem vom Berufungswerber gelenkten LKW der Marke Mercedes 310D um einen tragenden Fahrzeugteil gehandelt hat und sohin eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer verursacht wurde. Auch der in Punkt 4.) angeführte Tatvorwurf, links vorne vom Aufbau sei eine Rahmenschraube locker gewesen, lässt nicht erkennen, ob dadurch eine Gefährdung der Betriebssicherheit hervorgerufen wurde. Zu Punkt 3.): Gemäß § 17 Abs 3 der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 müssen Scheibenwischer und Scheibenwascher für Kraftfahrzeuge der Klasse I den Anhängen der Richtlinie 78/318/EWG, ABl Nr L 081 vom 28.03.1978 idF der Richtlinie 94/68/EG, ABl Nr L 354 vom 31.12.1994, entsprechen. Mit diesen Richtlinien wurden die Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger angeglichen, um bei der Erteilung der Betriebserlaubnis für die Fahrzeuge bestimmte wiederholende Prüfungen zu vermeiden, jedoch gleichzeitig Beschränkungen ihrer Verwendung und/oder Einbauvorschriften vorzusehen. In diesem Zusammenhang wurden auch Typgenehmigungsbogen ausgearbeitet, damit das Typgenehmigungsverfahren rechnergeschützt durchgeführt werden kann. Dem Vorwurf, die Wischerachse des Scheibenwischers sei stark ausgeschlagen gewesen, ist weder zu entnehmen, dass der im Anlassfall verwendete Scheibenwischer den obzitierten Richtlinien oder den Vorschriften des KFG nicht entsprochen hätte, noch dass dieser allenfalls unbrauchbar war oder das Wischerfeld eingeschränkt bzw das Blickfeld für den Lenker nicht ausreichend freigehalten hätte. Zu Punkt 5.):

Auch der Tatvorwurf die Bremsscheiben der ersten Achse links und rechts seien stark verschlissen gewesen, lässt nicht erkennen, ob die Bremsleistung selbst dadurch eingeschränkt war. Da die erforderliche Wirksamkeit einer Betriebsbremse im § 3 lit b KDV festgelegt wurde und eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit einer Bremsanlage verschiedene Ursachen aber auch Abstufungen aufweisen kann, wäre im Hinblick auf § 44a Z 1 VStG eine nähere Konkretisierung erforderlich gewesen, ob durch diese stark verschlissenen Bremsscheiben der ersten Achse links überhaupt eine Beeinträchtigung der Bremsleistung verursacht wurde und sohin konkret gegen die Bestimmung des § 6 Abs 3 KFG verstoßen wurde. Sämtliche Tatvorwürfe erweisen sich sohin als nicht ausreichend konkretisiert. Da aber alle aufgezählten wesentlichen Tatbestandsmerkmale dem Berufungswerber innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist nach § 31 VStG mit keiner tauglichen Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG vorgehalten wurden, war es der Berufungsbehörde im Hinblick auf die Bestimmungen des § 66 Abs 4 AVG auch nicht möglich im Stadium dieses Verfahrens eine Sanierung der festgestellten Mängel nachträglich durchzuführen. Da weiters die Behörde gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen hat, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, und der Eintritt der Verfolgungsverjährung von Amtswegen wahrzunehmen ist, war, ohne näher auf das Berufungsvorbringen einzugehen, der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Schlagworte
Scheibenwischer Windschutzscheibe Blickfeld Wischerachse ausgeschlagen Konkretisierung Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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