TE UVS Tirol 2003/02/11 2002/20/020-8

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.02.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung des Herrn V. G., D-85757 Karlsfeld, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Norbert N., 4810 Gmunden, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 09.01.2002, Zl VK-188-2002, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung in Bezug auf das Faktum 1. Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

Hinsichtlich des Faktums 2. wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind im gegenständlichen Fall Euro 20,--, zu bezahlen.

 

Der Spruch wird insoweit verbessert, als die Übertretungsnorm "§ 16 Abs 1 lit a StVO und die Strafnorm § 99 Abs 3 lit a StVO" zu lauten haben.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber

Folgendes vorgeworfen:

 

"Tatzeit: 29.06.2001 um 19.10 Uhr

Tatort: Fügen, auf der B-169 Zillertalbundesstraße bei km 5,4,

Fahrtrichtung Süden

Fahrzeug: Pkw, DAH-XXXX (D)

 

1. Sie haben als Lenker eines KFZ im Bereich einer unübersichtlichen Kurve ein mehrspuriges Fahrzeug überholt.

2. Sie haben als Lenker eines KFG ein Fahrzeug überholt, wodurch der Lenker des vor ihnen fahrenden Fahrzeuges behindert/gefährdet wurde, indem dieser seinen Pkw stark abbremsen und nach rechts auslenken musste, um einen Verkehrsunfall bzw Frontalzusammenstoß mit dem Gegenverkehr zu vermeiden."

 

Dadurch habe der Berufungswerber zu 1. und 2. jeweils gegen § 16 Abs 2 lit b StVO verstoßen und wurde über ihn jeweils gemäß "§99/3/a" eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 100,-- unter gleichzeitiger Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe sowie eines Verfahrenskostenbeitrages verhängt.

 

Dagegen wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In der Begründung führte der Berufungswerber aus, dass er einen Überholvorgang durchgeführt habe, dass er diesen jedoch gänzlich ordnungsgemäß absolviert habe. Ausdrücklich bestritten werde, dass für den überholten Fahrzeuglenker ein Erfordernis bestanden hätte, dessen Fahrzeug stark abzubremsen bzw nach rechts auszulenken, um einen Verkehrsunfall zu verhindern. Erst nach dem abgeschlossenen Überholvorgang habe ein im Gegenverkehr befindlicher Pkw ihn passiert. Auch wurde bestritten, dass es sich im Tatortbereich um eine unübersichtliche Kurve handle.

 

Aufgrund dieser Berufung richtete die Berufungsbehörde zunächst nachfolgendes Schreiben vom 20.06.2002 an den Gendarmerieposten Kaltenbach:

 

"Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol behängt ein Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn V. G., in welchem diesem vorgeworfen wird, er habe am 29.6.2001 um 19.10 Uhr in Fügen auf der B 169 Zillertalbundesstraße bei km 5,4 in Fahrtrichtung Süden mit einem näher bezeichneten PKW in einer unübersichtlichen Kurve ein mehrspuriges Fahrzeug überholt und habe dabei den Lenker des vor ihm fahrenden Fahrzeuges behindert/gefährdet, indem dieser seinen PKW stark abbremsen und nach rechts auslenken habe müssen, um einen Verkehrsunfall bzw einen Frontalzusammenstoß mit dem Gegenverkehr zu vermeiden.

 

In der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis werden diese Übertretungen bestritten und wird insbesondere bestritten, dass bei der angegebenen Örtlichkeit eine unübersichtliche Kurve bestehen würde.

 

Im Zusammenhang damit wird nunmehr die Anfertigung und Übermittlung von Lichtbildern im Bereich des Tatortes (B 169 bei km 5,4 in Fahrtrichtung Süden) gebeten, anhand derer eine Beurteilung der Frage des Vorliegens einer unübersichtlichen Kurve geprüft werden kann."

 

Weiters richtete die Berufungsbehörde ein ebenfalls vom 20.06.2002 stammendes Schreiben an Herrn B. M. A.:

 

"Sehr geehrter Herr A.!

 

Beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol behängt ein Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn V. G., in welchem diesem vorgeworfen wird, er habe am 29.6.2001 um 19.10 Uhr in Fügen auf der B 169 Zillertalbundesstraße bei km 5,4 in Fahrtrichtung Süden mit einem näher bezeichneten PKW in einer unübersichtlichen Kurve ein mehrspuriges Fahrzeug überholt und habe dabei den Lenker des vor ihm fahrenden Fahrzeuges behindert/gefährdet, indem dieser seinen PKW stark abbremsen und nach rechts auslenken habe müssen, um einen Verkehrsunfall bzw einen Frontalzusammenstoß mit dem Gegenverkehr zu vermeiden.

 

Nach den Angaben des Berufungswerbers waren Sie damals Beifahrer in dem vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeug.

 

Im Zusammenhang damit werden Sie gebeten, innerhalb einer Frist von 14 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens nachfolgende Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten:

 

1) Wie weit trifft es tatsächlich zu, dass Sie zum Tatzeitpunkt Beifahrer im vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeug waren?

2) Inwieweit können Sie sich an ein Überholmanöver im angegebenen Tatortbereich erinnern (laut Angaben des Zeugen kam es an dieser Stelle, an welcher auf der rechten Seite eine hohe Böschung aufgeschüttet und davor hohe Bäume gesetzt worden seien, zu einem Beinahezusammenstoß mit einem entgegenkommenden schwarzen Fahrzeug, vermutlich einem schwarzen BMW)?

3) Inwieweit trifft es aus Ihrer Sicht zu, dass es sich hierbei um eine unübersichtliche Kurve handelt?

4) Können Sie in etwa die zum Tatzeitpunkt vom Berufungswerber eingehaltene Geschwindigkeit angeben?

5)

Können Sie die Sichtweite vor Beginn des Überholmanövers angeben?

6)

Inwieweit hatte sich Herr G. anlässlich der Durchführung des in Rede stehenden Überholmanövers bereits wieder eingeordnet, als der Gegenverkehr an seinem Fahrzeug vorbeifuhr?

 7) Inwieweit haben Sie wahrgenommen, dass der Lenker des überholten Fahrzeuges aufgrund des Überholmanövers zur Vermeidung eines Frontalzusammenstoßes (zwischen dem von Herrn G. gelenkten Fahrzeug und dem Gegenverkehr) nach rechts auslenken musste?"

 

Am 12.07.2002 langte bei der Berufungsbehörde ein Antwortschreiben des B. A. ein.

 

Am 25.07.2002 übermittelte der Gendarmerieposten Kaltenbach Lichtbilder, welche die B169 im Bereich des Tatortes zeigen.

 

Am 16.09.2002 wurde eine Berufungsverhandlung durchgeführt, bei welcher sich der Berufungswerber durch seinen Rechtsvertreter vertreten ließ. Im Zuge dieser Verhandlung wurde RI J. S. als Zeuge einvernommen. Da sich der Sachverhalt nach Abschluss dieser Verhandlung noch als aufklärungsbedürftig erwies, übermittelte die Berufungsbehörde nachfolgendes Schreiben vom 17.09.2002 an die Abteilung Verkehr - technischer Bereich mit dem Ersuchen um Erstattung eines Gutachtens:

 

"Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol behängt ein Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn V. G.. In diesem wird ihm vorgeworfen, er habe am 29.06.2001 um 19.10 Uhr in Fügen auf der B169, Zillertaler Bundesstraße, bei km 5,4 in Fahrtrichtung Süden einen näher bezeichneten Pkw gelenkt und dabei

1. als Lenker eines Kfz im Bereich einer unübersichtlichen Kurve ein mehrspuriges Fahrzeug überholt;

2. als Lenker eines Kfz ein Fahrzeug überholt, wodurch der Lenker des vor ihm fahrenden Fahrzeuges behindert/gefährdet worden sei, indem dieser seinen Pkw stark abbremsen und nach rechts auslenken habe müssen, um einen Verkehrsunfall bzw Frontalzusammenstoß mit dem Gegenverkehr zu vermeiden.

 

Im Zusammenhang damit erweist sich der Sachverhalt noch als aufklärungsbedürftig. Insbesondere geht es um die Klärung der Frage, inwieweit auf der B169 bei km 5,4 in Fahrtrichtung Süden tatsächlich eine unübersichtliche Kurve besteht. Dies möge durch Erstellung eines Sachverständigengutachten geklärt werden, wobei insbesondere zu klären ist, welche Überholstrecke der Berufungswerber für das gegenständliche Manöver benötigt hat und wie weit die Sichtweite in diesem Bereich reicht.

 

Dabei möge von folgenden Prämissen ausgegangen werden:

 

1. Der Lenker des überholten Fahrzeuges bemerkte das überholende Fahrzeug, als sich dieses ca auf gleicher Höhe befand, wobei dies ca auf Höhe des Kilometrierungspunktes 5,4 erfolgt sein dürfte.

2. Das Wiedereinordnen durch das überholende Fahrzeug erfolgte jedenfalls nach dem Kilometrierungspunkt 5,4, allenfalls bei km 5,5.

3. Die Geschwindigkeit des überholten Fahrzeuges betrug ursprünglich 70 km/h. Die Geschwindigkeitsdifferenz zum überholenden Fahrzeuges kann nicht angegeben werden. Im Tatortbereich besteht eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h.

4. Berücksichtigt möge auch der vom Vertreter des Berufungswerbers eingebrachte Aspekt, inwieweit im Bereich der Kurve eine Sichtverbesserung gegeben ist.

 

Im Zuge der Gutachtenserstellung möge vor allem ermittelt werden, wo der Berufungswerber das Überholmanöver begonnen hat und ob der Berufungswerber von Beginn dieses Überholvorganges in der Lage war, das Straßenstück zur Gänze zu überblicken, das er für dieses Überholmanöver, einschließlich des ordnungsgemäßen Wiedereinordnen seines Fahrzeuges auf den rechten Fahrbahnrand benötigt hat."

 

Diesem Auftrag wurde mit einem Gutachten vom 19.11.2002 nachgekommen. Dieses Gutachten wurde dem Berufungswerber zH dessen Rechtsvertreter mit der Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt.

 

Mit Schreiben vom 19.12.2002 wurden ergänzende Berufungsausführungen erstattet und wurde etwa noch vorgebracht, dass in Bezug auf das Faktum 1. keine Gesetzesverletzung gegeben sei und in Bezug auf das Faktum 2. Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Auch sei der Sachverständige von einer falschen Geschwindigkeit des überholten Fahrzeuges ausgegangen. Es wurde auch um Ergänzung des Gutachtens ersucht.

 

Dementsprechend erging ein Auftrag vom 15.01.2003 an den Kfz-technischen Sachverständigen Ing. Robert R., welcher folgenden Wortlaut aufwies:

 

"Sehr geehrter Herr Ingenieur!

 

In der oben näher bezeichneten Angelegenheit wurde von Ihnen bereits ein mit 19.11.2002 datiertes Gutachten erstattet.

 

In Ergänzung dazu wird gebeten, zu nachfolgenden Fragen eine gutachterliche Stellungnahme abzugeben:

 

1. Wie groß war die Überholsichtweite unter Einbeziehung eines entgegenkommenden Fahrzeuges, das im Tatortbereich mit einer (höchst zulässigen) Geschwindigkeit von 70 km/h gefahren ist?

 

2. Hat der Berufungswerber am Beginn des Überholmanövers den entgegenkommenden Pkw erkennen können, dies ausgehend von der Sachverhaltsannahme, dass das entgegenkommende Fahrzeug mit der im Tatortbereich zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h unterwegs war und das Fahrzeug des Berufungswerbers und das überholte Fahrzeug auf gleicher Höhe waren, als das entgegenkommende Fahrzeug diese beiden Fahrzeuge passiert hat?

 

3. (Sofern dem Berufungswerber der Gegenverkehr nicht bereits am Beginn des Überholmanövers erkennbar war:) War dem Berufungswerber zum Zeitpunkt des Erkennens des Gegenverkehrs noch ein Abbrechen des Überholvorganges möglich?"

 

In der Folge wurde am 06.02.2003 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt. Im Zuge dieser Verhandlung, bei welcher sich der Berufungswerber wiederum durch seinen Rechtsfreund vertreten ließ, erfolgte eine mündliche Erstattung des Kfz-technischen Sachverständigengutachtens. Weiters wurde Einsicht genommen in den erstinstanzlichen Akt sowie in den Akt der Berufungsbehörde.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht der von der Erstbehörde unter Spruchpunkt 2. angenommene und dem angefochtenen Straferkenntnis unter diesem Punkt zugrunde gelegte Sachverhalt als erwiesen fest. Das Beweisverfahren ergab jedoch keine ausreichende Sachverhaltsgrundlage für die Annahme, dass es sich beim Tatortbereich um ein unübersichtliches Straßenstück handelt.

 

In Ergänzung ist auf Sachverhaltsebene zu Punkt 2. festzuhalten, dass es im Bereich des Strkm. 5,4 aufgrund des Überholmanövers des Berufungswerbers beinahe zu einem Zusammenstoß mit einem entgegenkommenden Fahrzeug gekommen ist. Als der Berufungswerber mit dem Heck seines Fahrzeuges in etwa auf Höhe des Vorderrades des von J. S. gelenkten Fahrzeuges war, passierte ein entgegenkommendes Fahrzeug die beiden vorgenannten Fahrzeuge, wobei es aufgrund der Breite des Straßenstückes und der Fahrlinien der beteiligten Fahrzeuge gerade nicht zu einem Zusammenstoß gekommen ist. Der Berufungswerber konnte bereits am Beginn des Überholmanövers das entgegenkommende Fahrzeug erkennen und hätte ihm zu diesem Zeitpunkt (bzw jedenfalls auch noch zu jenem Zeitpunkt, in welchem er das Überholmanöver hätte abbrechen können) damit rechnen müssen, dass im Falle der Durchführung (Fortsetzung) des gegenständlichen Überholmanövers der entgegenkommende Verkehr gefährdet oder behindert werden würde.

 

Diese Feststellungen ergeben sich aufgrund der glaubwürdigen Angaben des einvernommenen Zeugen J. S.. Dieser hinterließ im Zuge seiner Einvernahme einen guten und glaubwürdigen Eindruck. In Bezug auf die Geschwindigkeit, welche er mit seinem Fahrzeug eingehalten hat, folgt die Berufungsbehörde seinen glaubwürdigen Angaben. Bereits bei der Einvernahme beim GP Schwaz sprach er davon, dass er mit einer Geschwindigkeit von ca 70 km/h gefahren sei. Im Zuge der Berufungsverhandlung wiederholte er diese Angaben.

 

Der Zeuge A. führte in diesem Zusammenhang eine niedrigere Geschwindigkeit an, wobei diesfalls seitens der Berufungsbehörde der Eindruck entstand, dass dieser Zeuge geneigt ist, die Version des Berufungswerbers zu stützen. Dieser Zeuge macht in seinen Ausführungen keinerlei Angaben dahingehend, dass es zu einem kritischen Überholmanöver gekommen sei. Es liegt jedoch der Schluss nahe, dass der Meldungsleger, wenn das Überholmanöver - wie vom Berufungswerber behauptet - ordnungsgemäß durchgeführt worden wäre, keine Anzeige erstattet hätte.

 

Der Amtssachverständige, der sich von den Gegebenheiten im Tatortbereich auch an Ort und Stelle überzeugt hat, errechnete auf der Grundlage von nahe liegenden Prämissen (Geschwindigkeit des überholten Fahrzeuges 70 km/h, Geschwindigkeit des entgegenkommenden Fahrzeuges 70 km/h, Geschwindigkeitsdifferenz des überholenden Fahrzeuges zum überholten Fahrzeuges 20 km/h unter Einbeziehung einer Maximalbeschleunigung) einen Überholweg von 151 m und eine Überholsichtweite von 182 m. Weiters errechnete er in seinem ergänzenden Gutachten, dass der Berufungswerber vom entgegenkommenden Fahrzeug am Beginn der Überholmanövers 78 m entfernt war.

 

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung wurde auch erörtert, welche Ergebnisse abweichende Geschwindigkeitsannahmen brächten, wobei sich ergab, dass selbst bei einer geringeren Geschwindigkeit des überholenden bzw überholten Fahrzeuges oder einer größeren Geschwindigkeit des entgegenkommenden Fahrzeuges das entgegenkommende Fahrzeug sich am Beginn des Überholmanövers innerhalb der Überholsichtweite von 182 m befunden hat und somit am Beginn des Überholmanövers für den Berufungswerber erkennbar war. Das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten des Amtssachverständigen brachte auch das Ergebnis, dass der Überholweg 151 m betrug und somit 31 m unter der Überholsichtweite von 182 m lag.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

 

Zum Faktum 1.:

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in einem Erkenntnis vom 18.06.1997, Zl 97/03/0029, ausgeführt hat, kommt es nach Maßgabe des § 16 Abs 2 lit b StVO darauf an, ob der überholende Kraftfahrzeuglenker in der Lage ist, das Straßenstück zu Beginn des Überholvorganges zur Gänze zu überblicken, das er für diese Maßnahme einschließlich des ordnungsgemäßen Wiedereinordnens seines Fahrzeuges auf den rechten Fahrstreifen benötigt. Soweit dies der Fall sei, könne von einer unübersichtlichen Straßenstelle nicht gesprochen werden, sodass in einem derartigen Fall ein Überholverbot nach dieser Gesetzesstelle nicht bestehe.

 

Im vorliegenden Fall betrug die Überholsichtweite laut Gutachten des Amtssachverständigen 182 m. Der Überholweg errechnete sich mit 151

m. Es lag daher keine unübersichtliche Straßenstelle vor.

 

Zum Faktum 2.:

 

Gemäß § 16 Abs 1 lit a StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist.

 

Dieser Bestimmung hat der Berufungswerber durch seine Vorgangsweise zuwider gehandelt und ist es auch tatsächlich zu einer Gefährdung anderer Straßenbenützer gekommen.

 

Der Berufungsbehörde war es nicht verwehrt, die offensichtlich irrtümlich im angefochtenen Straferkenntnis erwähnte Übertretungsnorm (§ 16 Abs 2 lit b StVO) durch die richtige Übertretungsnorm (welche bereits in der Aufforderung zur Rechtfertigung erwähnt wurde) zu ersetzen.

 

Der Einwand der Verfolgungsverjährung, welcher vom Berufungswerber erhoben wurde, geht insoweit ins Leere.

 

Zur Klärung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens wurde ein umfassendes Beweisverfahren durchgeführt, welches eine ausreichend klare Sachverhaltsgrundlage erbrachte und war daher die Aufnahme weiterer Beweise nicht erforderlich. Es war die nochmals beantragte Ergänzung des Sachverständigengutachtens entbehrlich.

 

In Bezug auf die Strafhöhe ist auszuführen, dass ein erheblicher Unrechtsgehalt der angelasteten Tat vorliegt. Die missachtete Norm dient im hohen Ausmaß der Verkehrssicherheit und wurde gerade diese im erheblichen Ausmaß gefährdet. In subjektiver Hinsicht ist grob fahrlässiges Verhalten gegeben und war bereits unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe die von der Erstbehörde festgesetzte Geldstrafe nicht unangemessen hoch und ließe sich diese auch mit ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie mit dem Milderungsgrund der Unbescholtenheit in Einklang bringen.

 

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Schlagworte
unübersichtlichen, Kurve, Straßenstück, Beginn, Überholmanövers, überblicken
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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