TE UVS Burgenland 2003/04/22 013/02/03004

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Veröffentlicht am 22.04.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag Grauszer über die am 05 03 2003 eingelangte Beschwerde gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG der Frau *** (BF),  H ***, wegen ihrer Zurückweisung durch ein Grenzkontrollorgan im Verantwortungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf (belangte Behörde, BH) am *** gegen *** Uhr anlässlich der Einreise von Ungarn nach Österreich bei der Bundesgendarmerie - Grenzkontrollstelle (GREKO) *** zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 67c Abs 3 AVG wird obige Zurückweisung für rechtswidrig erklärt.

Text

1.1.  Die BF begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit ihrer obigen Zurückweisung mit der wesentlichen Begründung, dass von Grenzbeamten zu Unrecht beanstandet worden sei, dass sich der dreijährige Sohn ihrer Tochter auf ihrem Schoß am Rücksitz des von der

BF gelenkten KFZ mit dem (ungarischen) Kennzeichen *** befunden habe und kein Kindersitz benutzt worden sei. Nach § 106 KFG sei es zulässig, Kleinkinder am Schoß eines Erwachsenen zu befördern. Die behördliche Anordnung ihrer Zurückweisung sei deshalb  rechtswidrig. Der Ersatz von Kosten wurde nicht beantragt.

 

1.2. Der als Zeuge von der BH einvernommene Grenzkontrollbeamte  gab in seiner Aussage (siehe die von der BH mit Herrn RI *** im Auftrag des Verwaltungssenates aufgenommene Niederschrift vom *** zur Zahl ***) an, dass ihm bei der Kontrolle der Reisepässe am *** gegen *** Uhr aufgefallen sei, dass im Fahrzeug keine geeignete ?Rückhaltevorrichtung? für das (neben einer erwachsenen Person) mitfahrende Kleinkind vorhanden gewesen wäre. Er habe die Lenkerin aufmerksam gemacht, dass sie ohne diese Rückhaltevorrichtung nicht ?einreisen?  bzw weiterfahren dürfe. Sie sei daraufhin über die österreichische Ausreisespur Richtung Ungarn gefahren und habe dort angehalten und telefoniert. Ca 10 Minuten später sei Herr *** zur Grenzkontrollstelle gekommen und habe ihnen (gemeint sind die Grenzkontrollbeamten) vorgeworfen, dass sie die österreichischen Gesetze nicht kennen würden. Der Beamte *** habe dann auf § 106 Abs 1b KFG hingewiesen, wonach der Fahrzeughalter für die Ausstattung des

KFZ mit einer ?Rückhaltevorrichtung? sorgen müsse. Herr *** habe dann

einen Kindersitz aus seinem KFZ entnommen und ihn der BF übergeben. Die BF sei dann anstandslos nach Österreich eingereist. Es komme täglich vor, dass Lenkern  aus vorgenanntem Grund gemäß ?§ 102 Abs 12

lit g KFG die Einreise verweigert? werde. Dabei handle es sich nicht um eine Zurückweisung nach § 52 FrG.

 

Dem von der BH vorgelegten Dienstbericht der Gendarmerie ? Grenzkontrollstelle *** ist zu entnehmen, dass dem Lenker des PKW ***

(H) die Einreise nach § 106 Abs 1b KFG verweigert worden sei.

 

1.3.  Die BH äußerte sich zur Beschwerde substantiell nicht, weil nur

auf den obgenannten Dienstbericht und das amtshandelnde Organ verwiesen wird, weshalb auch keine ?Gegenschrift? vorliegt. Die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde wurde beantragt.

 

1.4.   Die BF äußerte sich zum obgenannten Erhebungsergebnis und führte aus, dass aus § 106 Abs 1 KFG kein Verbot abzuleiten sei, ein Kleinkind auf dem Schoß zu halten. Rückhaltevorrichtungen seien für ältere KFZ in Ungarn auch nicht vorgeschrieben.

 

2.0. Über die zulässige und rechtzeitige Beschwerde wurde erwogen:

 

2.1. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist für den Verwaltungssenat erwiesen, dass sich die BF als Lenkerin eines PKW der Einreisekontrolle am *** gegen *** Uhr bei der GREKO stellte. Wo im Auto das mitfahrende Kleinkind saß, geht aus den Angaben des Zeugen nicht hervor, der Verwaltungssenat folgt deshalb der BF, die angibt, dass es sich auf dem Schoß der Mutter am Rücksitz befand. Im PKW war keine Rückhalteeinrichtung iSd § 106 Abs 1b KFG (?Kindersitz?). Der BF wurde deshalb die Einreise nach Österreich  unmittelbar nach der Einreisekontrolle verweigert.

 

2.2. In rechtlicher Hinsicht:

 

2.2.1. Gemäß § 52 Abs 1 Fremdengesetz 1997 - FrG sind Fremde bei der Grenzkontrolle am Betreten des Bundesgebietes zu hindern (Zurückweisung), wenn Zweifel an ihrer Identität bestehen, wenn sie der Pass- oder Sichtvermerkspflicht nicht genügen oder wenn ihnen die

Benützung eines anderen Grenzüberganges vorgeschrieben wurde (§§ 6 und 42). Eine Zurückweisung hat zu unterbleiben, soweit dies einem Bundesgesetz, zwischenstaatlichen Vereinbarungen oder internationalen Gepflogenheiten entspricht.

 

Gemäß § 52 Abs 2 FrG sind Fremde bei der Grenzkontrolle zurückzuweisen, wenn

1. gegen sie ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot besteht und ihnen keine Wiedereinreisebewilligung erteilt wurde;

2. ein Vertragsstaat mitgeteilt hat, dass ihr Aufenthalt im Gebiet der

Vertragsstaaten die öffentliche Ruhe, Ordnung oder nationale Sicherheit gefährden würde, es sei denn sie hätten einen Aufenthaltstitel eines Vertragsstaates oder einen von Österreich erteilten Einreisetitel;

3. sie zwar für den von ihnen angegebenen Aufenthaltszweck zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt sind, aber bestimmte Tatsachen

die Annahme rechtfertigen, dass

a) ihr  Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder

Sicherheit oder die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat gefährden würde;

b) sie ohne die hiefür erforderlichen Bewilligungen die Aufnahme einer

Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet beabsichtigen;

c) sie im Bundesgebiet Schlepperei begehen oder an ihr mitwirken werden;

4. sie keinen Wohnsitz im Inland haben und nicht über die Mittel zur Bestreitung der Kosten ihres Aufenthaltes und ihrer Wiederausreise verfügen;

5. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, sie wollten den Aufenthalt im Bundesgebiet zur vorsätzlichen Begehung von Finanzvergehen, mit Ausnahme von Finanzordnungswidrigkeiten, oder zu vorsätzlichen Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften benützen.

 

Nach § 52 Abs 3  FrG ist über die Zulässigkeit der Einreise nach Befragung des Fremden auf Grund des von diesem glaubhaft gemachten oder sonst bekannten Sachverhaltes zu entscheiden. Die Zurückweisung kann im Reisedokument des Fremden ersichtlich gemacht werden.

 

Nach § 102 Abs 12 lit g KFG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht berechtigt, Personen am Lenken oder an der Inbetriebnahme eines Fahrzeuges zu hindern, wenn diese hiedurch eine Übertretung des § 101, des § 104 oder des § 106, wenn durch die Übertretung die Verkehrssicherheit gefährdet wird, begehen oder begehen würden.

 

Der § 106 Abs 1b KFG verpflichtet Lenker dafür zu sorgen, dass Kinder

unter 12 Jahren, die kleiner als 150 cm sind, unbeschadet des Abs 1c,

in Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen, Lastkraftwagen sowie Spezialkraftwagen jeweils mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht

von nicht mehr als 3500 kg auf Sitzen, die mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind, nur befördert werden, wenn dafür geeignete, der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechende Rückhalteeinrichtungen

verwendet werden, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringern können.

 

2.2.2. Daraus ergibt sich für den Anlassfall:

 

Der BF wurde zu Unrecht die Einreise verweigert. Eine Zurückweisung darf nur aus den in § 52 FrG genannten Gründen erfolgen. Einen solchen

Grund hat die BH nicht genannt. Auch das Grenzkontrollorgan stützte die bekämpfte Maßnahme nicht auf das FrG, sondern ausdrücklich auf § 102 Abs 12 lit g KFG. Diese Vorschrift berechtigt  ? schon nach ihrem Wortlaut  - aber nur dazu, eine Person unter bestimmten Voraussetzungen ?am Lenken oder der Inbetriebnahme eines Fahrzeuges zu

hindern?, nicht jedoch, eine Person (mag sie auch ein Fahrzeug lenken)

bei der Grenzkontrolle am Betreten des Bundesgebietes zu hindern und sie zurückzuweisen.  Schon dies führt die Beschwerde zum Erfolg.

 

Der BF ist Recht zu geben, dass es nach § 106 KFG nicht verboten ist,

Kinder auf dem Schoß eines Erwachsenen, der am Beifahrersitz oder einem Rücksitz eines KFZ sitzt, zu befördern. Insoweit hatte die BF als Lenkerin auch keine Verwaltungsübertretung zu verantworten, wenn das Kleinkind am Schoß seiner Mutter und nicht in einer Rückhalteeinrichtung  befördert wurde. Die genannte Lenkerpflicht betrifft nur das Befördern von Kindern ?auf Sitzplätzen?. Ob der PKW (nicht) mit einem Kindersitz ?ausgerüstet? war, kann dem Lenker nicht

zur Last fallen. Deshalb liegt  auch der allenfalls in Betracht kommende Zurückweisungsgrund nach § 52 Abs 2 Z 3 lit a FrG nicht vor.

 

3. Ein Kostenzuspruch unterblieb mangels diesbezüglichen Antrages.

Schlagworte
Schubhaft
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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