TE UVS Tirol 2003/05/15 2003/20/006-3

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Veröffentlicht am 15.05.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung des Herrn G. J. A. 6133 Weerberg, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 20.12.2002, Zl FSE-621-2002, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 35 Abs 1 FSG wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als anstelle des Entzuges der Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E, F auf Grund mangelnder gesundheitlicher Eignung bis zur Beibringung eines positiven amtsärztlichen Gutachtens und der Aberkennung des Rechtes, von einer allfällig erteilten ausländischen Lenkberechtigung auf die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen,

 

eine Befristung der Lenkberechtigung auf die Dauer von fünf Jahren, gerechnet ab der Durchführung der Untersuchung vom Berufungswerber durch den Amtssachverständigen bei der Landessanitätsdirektion Tirol am 13.05.2003, tritt. Die Befristung gilt daher bis 13.05.2008.

 

Diese Befristung gründet sich auf § 24 Abs 1 Z 2 iVm § 8 Abs 3 Z 2 FSG iVm § 5 Abs 1 Z 5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung idF. BGBl II Nr 427/2002. Die Befristung ist gemäß § 13 Abs 2 FSG in den Führerschein einzutragen.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E und F auf Grund mangelnder gesundheitlicher Eignung bis zur Beibringung eines positiven amtsärztlichen Gutachtens entzogen und wurde ihm gleichzeitig das Recht, von einer allfällig erteilten ausländischen Lenkberechtigung auf die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt.

 

In der Begründung wurde auf ein amtsärztliches Gutachten vom 09.12.2002 verwiesen, wonach der Berufungswerber zum Lenken von Kraftfahrzeugen der oben angeführten Klassen gesundheitlich nicht geeignet sei.

 

Dagegen wurde innerhalb offener Frist rechtzeitig Berufung erhoben. In dieser führte der Berufungswerber aus, dass die Amtsärztin der Erstbehörde ihn in einem persönlichen Gespräch am 07.01.2003 darüber informiert habe, weshalb es zur Ausstellung des angefochtenen Bescheides kam.

 

Sie habe ihm auch eine Kopie der verkehrspsychologischen Stellungnahme des Herrn Dr. M. K., Verkehrspsychologe beim Institut "INFAR" in Jenbach, ausgehändigt. Neben der Tatsache, dass ein Psychologe eine Beurteilung seiner Person unterschreibe, den er in seinem Leben noch nie gesehen habe, seien auch weitere Details aus dessen Stellungnahme verwunderlich.

 

Nach Ansicht des Berufungswerbers gehe aus dem verkehrspsychologischen Befund eindeutig hervor, dass er bei allen getesteten Kriterien durchschnittliche Werte aufweise. Die Ausstellung eines in Summe negativen Bescheides beruhe vielmehr auf den "objektiven" Einschätzungen, die in der testpsychologischen Persönlichkeitsuntersuchung gewonnen worden seien.

 

Er habe sich zu keiner Zeit selbst als erregbar und aggressiv eingeschätzt oder beschrieben. Was die angeführte "durchschnittliche" Offenheit betreffe, könne er nur anmerken, dass es seinerseits weder zum Führerscheinentzug noch zu irgendwelchen anderen relevanten Themen Geheimnisse gebe.

 

Besonders verwundert habe ihn jedoch die Aussage, dass er "unterdurchschnittlich sozial verantwortlich" sei. Er sei aktives Mitglied bei der Betriebsfeuerwehr, der Landjugend W., dem Eishockeyverein W., dem Fußballclub Berghof und Kampfrichter beim Wintersportverein W.. In all diesen Funktionen und auch an seiner Arbeitsstelle sei er als Mensch bekannt, auf den man zählen könne.

 

Er würde sein Sozialverhalten als absolut normal beschreiben. In seinem bisherigen Werdegang hätte er eine absolut korrekte Beziehung zu seinem Umfeld gehabt. Er habe seine Berufsausbildung mit ausgezeichneten Erfolgen abgeschlossen und sei für die UNO für sechs Monate im Friedenseinsatz gewesen. Die dafür zu absolvierenden psychologischen Eignungstests habe er ohne Probleme bestanden. Die Stellungnahme des Herrn Dr. K. sei nicht wirklich als objektiv zu werten.

 

Die letzten Monate hätten ihm genügend Zeit gelassen, sich über die Tragweite seines Fehlverhaltens klar zu werden. Er könne versichern, dass er zu keiner Zeit in seinem ganzen Leben ein Alkoholproblem gehabt hätte. Wenn er Alkohol trinke, beschränke sich dies auf wenige Anlässe im Jahr. Im Normalfall habe er dabei auch sein Auto stehen gelassen, was seine Freunde und seine Familie auch bezeugen könnten. Aus diesen Gründen sei er auch mit der aus der explorativen Datenerhebung entstandenen Stellungnahme absolut nicht einverstanden. Richtig sei vielmehr, dass er Alkohol am Steuer nicht toleriere und sich vollkommen darüber im Klaren sei, dass der begangene Fehler nicht zu entschuldigen sei.

 

Der Führerschein sei ihm vor ca vier Monaten entzogen worden. Normalerweise hätte er ihn am 23.01.2003 wieder bekommen sollen. Damit habe er bis zum Erhalt des Schreibens von Frau Dr. Z. vom 09.12.2002 fix gerechnet. Inzwischen habe er für Augenarzt, Psychologen, Nachschulung und BH-Strafe bereits die Summe von Euro 2.731,-- ausgeben müssen. Außerdem sei es gegenüber seiner Familie, seinen Freunden und seinem Arbeitgeber sehr unangenehm gewesen, sein Fehlverhalten einzugestehen. Er sei aber der Meinung, dass er seine Strafe inzwischen bekommen habe und verstehe wirklich nicht, warum er dieses Kapitel nicht hinter sich bringen könne.

 

Er habe nunmehr damit begonnen, den Meisterkurs "Schlosser" in Innsbruck zu besuchen. Da er am W. wohne, habe er ein großes Problem damit, dass er im Moment nicht mobil sei.

 

Er sei fest davon überzeugt, dass in den vorliegenden Unterlagen ein komplett falsches Bild von ihm gezeichnet werde. Er gehe davon aus, dass ihm Gelegenheit gegeben werde, zu beweisen, dass einer Wiedererteilung der Lenkberechtigung nichts im Wege stehe.

 

Seitens der Berufungsbehörde wurde zunächst die im gegenständlichen Fall erstellte verkehrspsychologische Stellungnahme des Instituts für Nachschulung und Fahrer-Rehabilitation von der Erstbehörde angefordert. Die Übermittlung der VPU erfolgte per Fax am 27.01.2003. In der Folge richtete die Berufungsbehörde nachfolgendes Schreiben vom 30.01.2003 an die Landessanitätsdirektion:

 

"Beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol behängt ein Verwaltungsstrafverfahren, in welchem es um die Entziehung der Lenkberechtigung des Herrn G. J. A. aufgrund mangelnder gesundheitlicher Eignung geht. Der diesbezügliche Entzugsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz stützt sich auf das amtsärztliche Gutachten der Frau Dr. D.Z., welche sich ihrerseits auf die negative verkehrspsychologische Untersuchung bezog. In dieser wurde seitens des Instituts für Nachschulung und Fahrerrehabilitation festgestellt, dass der Berufungswerber aufgrund der Gesamtbefundlage mit Hinweisen auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung aus verkehrspsychologischer Sicht zum Untersuchungszeitpunkt zum Lenken näher angeführter Kraftfahrzeugklassen nicht geeignet erscheint. In der Interpretation der Befunde/gutachterlichen Beurteilung ist unter anderem ausgeführt, dass der Berufungswerber unterdurchschnittlich sozial verantwortlich, erregbar und aggressiv sei. Auch hätten sich Hinweise auf ein problematisches Alkoholkonsummuster ergeben. In der Berufung wendet sich der Berufungswerber gegen den Entzugsbescheid und die kurz angeführten Ausführungen in der VPU. Insbesondere führt er aus, dass er sich zu keiner Zeit selbst als erregbar und aggressiv eingeschätzt oder beschrieben habe. In Bezug auf sein Sozialverhalten verwies der Berufungswerber unter anderem auf seine Tätigkeit in diversen Vereinen sowie auf seine Berufsausbildung. Aufgrund dieser Berufung wird um Abgabe einer gutachterlichen Stellungnahme seitens der Landessanitätsdirektion zu nachfolgenden Fragen gebeten:

 

1. Erscheinen die Ausführungen in der VPU betreffend die mangelhafte Verkehrsanpassung, das Vorhandensein eines problematischen Alkoholkonsums, die soziale Orientierung, Erregbarkeit und Aggressivität des Berufungswerbers als schlüssig und nachvollziehbar?

2. Ergibt sich aus den explorativ gewonnenen Daten tatsächlich ein problematisches Alkoholkonsummuster?

3. Erscheint zur Klärung der Frage der erhöhten Alkoholtoleranz bzw des problematischen Alkoholkonsums eine ärztliche Untersuchung (Ermittlung der Leberwerte oder anderer spezifischer Parameter) zielführend?

4. Erscheint die Frage der mangelnden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung auf der Grundlage der VPU ausreichend geklärt oder erscheint eine Ergänzung der VPU oder sogar eine neuerliche psychologische Befundung notwendig?

 

Abschließend möge eine Stellungnahme abgegeben werden, inwieweit der Berufungswerber gemäß § 8 FSG zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der genannten Gruppen als geeignet oder nicht geeignet erscheint bzw inwieweit und durch welche Maßnahmen eine ergänzende Abklärung zweckmäßig erscheint."

 

Nach einer telefonischen Urgenz am 24.04.2003 wurde am 13.05.2003 nachfolgendes, vom selben Tag stammende Gutachten der Landessanitätsdirektion an die Berufungsbehörde übermittelt:

 

"Fragestellung:

Mit Ersuchen des Unabhängigen Verwaltungssenats in Tirol vom 30.1.2003 soll ein Gutachten erstattet werden zur Frage, in wieweit der Berufungswerber zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der genannten Gruppen als geeignet oder nicht geeignet erscheint bzw in wieweit durch welche Maßnahmen eine ergänzende Abklärung zweckmäßig erscheint. Insbesondere möge Stellung genommen werden zu den Ausführungen in der verkehrspsychologischen Untersuchung betreffend die mangelhafte Verkehrsanpassung.

 

Sachverhalt:

Nach den Erhebungen der Gendarmerie Wattens wurde der jetzt 20jährige Bauschlosser A. G. J. aus W., M. 72, am 22.9.2002 um 03.20 Uhr als Lenker eines PKWs im Ortsgebiet von Kolsass angehalten, nachdem er die zulässige Höchstgeschwindigkeit erheblich überschritten hatte. Im Rahmen der Amtshandlung wurden bei A. Zeichen einer Alkoholbeeinflussung festgestellt und dieser zur Durchführung eines Alkotests aufgefordert. Bei der Alkomatmessung am 22.9.2002 um 03.36 Uhr wurde eine Atemluftalkoholkonzentration von 1,02 mg/l ermittelt, bei der zweiten Messung um 03.38 Uhr ein Atemalkoholmesswert von 1,05 mg/l.

 

Mit Bescheid der BH Schwaz vom 15.10.2002 wurde Herrn A. die Lenkberechtigung für die Klassen A1, A2, B, C1, C, EB, EC1, EC, F, G für einen Zeitraum von 4 Monaten entzogen. Als begleitende Maßnahme wurde die Teilnahme an einem Lenkerverhaltenstraining angeordnet, sowie die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung, einschließend eine verkehrspsychologische Stellungnahme.

 

Im amtsärztlichen Gutachten vom 9.12.2002 wurde G. A. als zur Lenkung von Kraftfahrzeugen der genannten Klassen nicht geeignet beurteilt unter Hinweis auf das Ergebnis der verkehrspsychologischen Untersuchung.

 

Mit Bescheid der BH Schwaz vom 20.12.2002 wurde die Lenkberechtigung auf Grund mangelnder gesundheitlicher Eignung bis zur Beibringung eines positiven amtsärztlichen Gutachtens entzogen.

 

Hinsichtlich des letzten Bescheides wurde vom Berufungswerber am 8.1.2003 Einspruch erhoben und wurden insbesondere einzelne Ausführungen in der verkehrspsychologischen Stellungnahme kritisiert und insbesondere auch darauf hingewiesen, dass jener Psychologe, welcher die Stellungnahme unterschrieben habe, ihn nicht untersucht habe.

 

Eigene Befragung und Untersuchung des Berufungswerbers am 13.5.2003:

Der Vorfall am 22.9.2002 habe sich ereignet, nach dem er am Betriebsausflug gewesen sei und dann noch länger gefeiert habe. An sich habe er nicht beabsichtigt gehabt, seinen PKW zu benützen, er habe aber kein Taxi bekommen. Er sei dann mit seinem PKW offensichtlich zu schnell unterwegs gewesen, weshalb er von der Gendarmerie aufgehalten worden sei. Bis zum gegenständlichen Vorfall habe er auch keinerlei Beanstandungen durch die Behörde gehabt, auch seither nicht mehr. Er sei auf die Benützung seines eigenen PKWs aus beruflichen Gründen angewiesen, nachdem er etwas entlegen am Weerberg wohne und in Wattens arbeite. Die ihm aufgetragene Nachschulung habe er beim Kuratorium für Verkehrssicherheit vom 2.1. bis 23.1.2003 absolviert (Kursbestätigung wird vorgelegt). Hinsichtlich der verkehrspsychologischen Untersuchung beim Institut INFAR sei es so, dass dieses Institut nicht von ihm gewählt worden sei. Er wisse nicht, von wem die Beauftragung des Instituts INFAR ausgegangen sei. Er habe einfach einen Termin zugeschickt erhalten und habe diesen dann auch wahrgenommen. Er verstehe das negative Ergebnis nicht. Die Amtsärztin in Schwaz habe ihm empfohlen, gegen den Bescheid zu berufen.

 

Er habe bisher keine besonderen Erkrankungen mitgemacht, leide insbesondere an keinen Stoffwechselerkrankungen, an keinem Leberleiden, auch nicht an cerebralen Krampfanfällen. Er nehme keine Medikamente ein, auch kein Suchtgift, er rauche nicht. Den Alkoholkonsum habe er in den letzten 5 Monaten vollständig unterlassen, auch vor dem gegenständlichen Vorfall habe er nur zu besonderen Anlässen Alkohol konsumiert. Er sei in der Zwischenzeit beim Augenfacharzt Dr. S. in Schwaz gewesen, welcher eine Hornhautkrümmung am rechten Auge festgestellt und eine Befristung der Lenkberechtigung auf 5 Jahre empfohlen habe, eine Brille benötige er noch nicht. Den diesbezüglichen Befund habe er bereits in das Gesundheitsamt der BH Schwaz geschickt.

Status:

altersgemäß aussehender junger Mann in gutem Allgemein- und Ernährungszustand

Körpergröße 185 cm, Körpergewicht 87 kg

Haut und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein verstärktes Hautschwitzen, kein Lidflattern, keine cirkumorale Unruhe Pupillen mittelweit, seitengleich, prompt auf Licht und Konvergente reagierend

Sehvermögen ohne Korrektur rechts 0,8, links 1,0

Zähne saniert, Rachen reizfrei

keine Einflussstauung der Halsvenen

Brustkorb symmetrisch, seitengleich belüftet, die Atemgeräusche über

den Lungen unauffällig, keine Rasselgeräusche

Herz in den Grenzen der Norm, Herzaktionen rhythmisch, keine

pathologischen Geräusche

Blutdruck RR 130/80 mmHg, Puls 68 pro Minute

Bauchdecke im Brustkorbniveau, weich, ohne Narben

Leberrand etwas oberhalb des Rippenbogens, nicht druckempfindlich,

nicht verfestigt

Milz nicht tastbar vergrößert

Nierenlager nicht klopfempfindlich

Gliedmaßen frei beweglich, kein Fingertremor, keine sonstigen

neurologischen Auffälligkeiten

im Gespräch vernünftig, ohne Hinweise auf Verhaltensstörungen

 

Gutachten:

Nach den Unterlagen und auch nach dem Ergebnis der eigenen Untersuchung des G. A. vom 13.5.2003 ist festzuhalten, dass aus körperlich-organischer Sicht lediglich eine minimale Sehschwäche am rechten Auge als wertbare relative Einschränkung der Lenkeignung vorliegt. Dieser Befund ist insofern relevant, als möglicher Weise mit fortschreitendem Alter mit einer Zunahme der Sehschwäche gerechnet werden muss und dann auch das Erfordernis einer Korrekturbrille gegeben sein wird. In dieser Weise hat sich offensichtlich auch der Augenfacharzt Dr. St. in Schwaz geäußert.

 

Der übrige Organbefund war völlig in Ordnung, insbesondere fanden sich nicht die geringsten klinischen Anzeichen für einen Alkoholmissbrauch oder gar eine Alkoholkrankheit, sodass aus ärztlicher Sicht diesbezüglich keine weiteren Maßnahmen der Abklärung erforderlich sind.

 

Festzuhalten ist, dass der gegebene Vorfall vom 22.9.2002 nach den Unterlagen ein Einzelfall ist und G. A. in Zusammenhang mit Alkohol offensichtlich noch nie auffällig wurde. Auf Grund welcher Daten zum Untersuchungszeitpunkt beim Institut INFAR bei G. A. Hinweise auf ein problematisches Alkoholkonsummuster sich ergeben hätten, ist so nicht nachvollziehbar. Wenn in der gutachterlichen Beurteilung vom 4.11.2002 ausgeführt wird, dass sich auf Grund der hohen Alkoholisierung beim Delikt sowie des fehlenden Beeinträchtigungsgefühls Hinweise auf eine erhöhte Alkoholtoleranz, die in Folge eines häufigen Konsums größerer Alkoholmengen auftreten dürfte, ergeben würden, so ist dies in keiner Weise nachvollziehbar. Wenn auch die Blutalkoholkonzentration zum Alkotestzeitpunkt relativ hoch war, so ist doch zu berücksichtigen, dass die Trinkzeit über viele, viele Stunden gegangen war mit offensichtlicher Abnahme der Konsumationsmenge im zeitlichen Ablauf, sich der Berufungswerber im Stadium der Alkoholausscheidung befunden hat und hier die alkoholbedingten hirnorganischen Ausfallserscheinungen relativ besser kompensiert werden, als dies im Stadium der Alkoholresorption der Fall wäre. Dies hat zur Folge, dass auch subjektiv das Beeinträchtigungsgefühl etwas herabgesetzt sein kann. Daraus eine Alkoholtoleranz als Folge eines häufigen Konsums großer Alkoholmengen ableiten zu wollen, ist weder richtig noch statthaft. Die weiteren Feststellungen in der verkehrspsychologischen Stellungnahme zur Alkoholtoleranz und Rückfallgefahr geht somit von falschen Prämissen aus und unterstellt letztlich eine mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung des Berufungswerbers. Dieses Kalkül ist nach dem Akteninhalt und nach dem Ergebnis der eigenen Befragung und Untersuchung in keiner Weise nachvollziehbar.

 

Zusammenfassend ist bei dem BW die Eignung zur Lenkung von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B, C und E festzustellen, wobei auf Grund der befundeten Sehschwäche am rechten Auge eine Befristung der Lenkberechtigung auf einen Zeitraum von 5 Jahren vorgesehen werden sollte. Die Schlussfolgerungen in der verkehrspsychologischen Stellungnahme von 14.11.2002 hinsichtlich einer mangelnden Bereitschaft des BW zur Verkehrsanpassung ist weder durch die Befundergebnisse, noch durch die anamnestischen Angaben zu stützen, sonder beruhen auf reinen Vermutungen, welche allerdings einer seriösen Grundlage entbehren. Weitere Abklärungsmaßnahmen sind aus medizinischer Sicht entbehrlich."

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

 

Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG - idF BGBl I Nr 129/2002 maßgebend:

 

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),

...

Gesundheitliche Eignung

§ 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt für Allgemeinmedizin zu erstellen.

(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.

 

(3) Das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen:

,geeignet?, ,bedingt geeignet?, ,beschränkt geeignet? oder ,nicht geeignet?. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund

1. gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten ,geeignet? für diese Klassen zu lauten;

2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten ,bedingt geeignet? für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Bedingungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;

...

(6) Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr (nunmehr: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales (nunmehr: Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) nach den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit, dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft und der Technik entsprechend, durch Verordnung die näheren Bestimmungen festzusetzen über:

1. die ärztliche Untersuchung und die Erstellung des ärztlichen Gutachtens (Abs 1 und 2); hiebei ist auch festzusetzen, unter welchen Auflagen oder Beschränkungen Personen, bei denen bestimmte Leiden oder Gebrechen vorliegen, als zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet zu gelten haben (Abs 3 Z 2 und 3);

2. die verkehrspsychologische Untersuchung (Abs 2) und die zu erfüllenden Mindesterfordernisse für den Nachweis der verkehrspsychologischen Eignung;

...

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

Gemäß § 24 Abs 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.

die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.

die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs 2 in den Führerschein einzutragen.

..."

Weiters sind folgende Bestimmungen der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV (in der von der belangten Behörde anzuwendenden Fassung der 2. Novelle zur FSG-GV BGBl II Nr 427/2002) von Bedeutung:

"Allgemeines

§ 2. ...

(3) Im Falle, dass das ärztliche Gutachten eine amtsärztliche Nachuntersuchung oder ärztliche Kontrolluntersuchungen oder die Verwendung von bestimmten Körperersatzstücken oder Behelfen vorschreibt, ist die Lenkberechtigung nur bis zu dem Zeitpunkt der nächsten amtsärztlichen Nachuntersuchung befristet, erforderlichenfalls unter der Bedingung ärztlicher Kontrolluntersuchungen, oder unter der Bedingung der Verwendung dieser Körperersatzstücke oder Behelfe zu erteilen. Die Befristung oder Bedingung ist gemäß § 13 Abs 2 FSG in den Führerschein einzutragen. Werden ärztliche Kontrolluntersuchungen als Bedingung vorgeschrieben, so ist die fachärztliche Stellungnahme in den vorgeschriebenen Zeitabständen gemeinsam mit dem Führerschein der Behörde vorzulegen.

...

Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung zum Lenken

von Kraftfahrzeugen

§ 3. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

1.

die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

2.

die nötige Körpergröße besitzt,

3.

ausreichend frei von Behinderungen ist und

4.

aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische psychophysische Leistungsfähigkeit verfügt.

...

Gesundheit

§ 5. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

...

5. Augenerkrankungen, die das Sehvermögen beeinträchtigen.

...

Alkohol-, Sucht- und Arzneimittel

§ 14. (1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

...

(5) Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, ist nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Bedingung ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

...

Verkehrspsychologische Stellungnahme

§ 17. (1) Die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle gemäß § 8 Abs 2 FSG ist im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten insbesondere dann zu verlangen, wenn der Bewerber um eine Lenkberechtigung oder der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht

1.

auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit oder

2.

auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung erwecken. Mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren die Lenkberechtigung dreimal entzogen wurde, oder wenn ein Lenker wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1 lit b oder c StVO 1960 bestraft wurde.

..."

 

Das amtsärztliche Gutachten, welches von der Berufungsbehörde bei der Landessanitätsdirektion eingeholt wurde, bietet keine ausreichende Grundlage, von einer mangelnden gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers auszugehen, welche einen Entzug der Lenkberechtigung rechtfertigen würde.

 

Allerdings wurde im Zuge der Untersuchung durch den Amtsarzt festgestellt, dass durch eine Sehschwäche am rechten Auge eine relative Einschränkung der Lenkeignung insofern vorliege, als möglicherweise mit fortschreitendem Alter mit einer Zunahme der Sehschwäche gerechnet werden muss und dies dann auch das Erfordernis einer Korrekturbrille als notwendig erscheinen lässt. Es besteht daher eine gesundheitliche Beeinträchtigung, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Auf Grund dessen war eine Befristung der Lenkberechtigung auszusprechen.

 

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Schlagworte
Schlussfolgerungen, verkehrspsychologischen, Stellungnahme, reinen, Vermutungen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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