TE UVS Steiermark 2003/07/29 30.4-126/2002

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Veröffentlicht am 29.07.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung von Frau A G, G, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 26.11.2002, GZ.: A3-K-St 84/2002-6, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis vom 26.11.2002 war über Frau A G gemäß § 4 Abs 1 der ortspol. Gesundheitsschutzverordnung des Gemeinderates der Stadt Graz vom 22.04.1971 in der Fassung der Novelle vom 10.11.1983, eine Verwaltungsstrafe von ? 72,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag, verhängt worden, da sie laut Wahrnehmungen des Gesundheitsamtes am 14.02., 22.03., 23.05., 18.07 und 24.09.2002 ihre Liegenschaft in G nicht von Schmutz und Unrat reingehalten und auf den Freiflächen Müll abgelagert und hygienische Missstände verursacht hätte, wodurch sie gegen § 1 Abs 1 und 2 lit a und c der genannten Verordnung verstoßen hätte. Dieses Straferkenntnis wird im Wesentlichen damit begründet, die Übertretungen wären durch entsprechende Erhebungen des Magistrates Graz festgestellt worden, Frau A G hätte zwar während des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz Einiges an Unrat beseitigt, den Gesamtzustand der Liegenschaft jedoch nicht wesentlich verbessert. Die Verwaltungsübertretung war Frau A G im Zuge des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens stets so wie im Spruch des Straferkenntnisses vom 26.11.2002 vorgehalten worden; gegen dieses Straferkenntnis hat sie fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, sie sei auf Grund ihres Alters nicht in der Lage gewesen, die Liegenschaft innerhalb der gesetzten Fristen zu räumen, weshalb eine Bestrafung nicht gerechtfertigt wäre. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung, die gemäß § 51e Abs 2 Z 1 zweiter Fall VStG auf Grund der Aktenlage ohne Durchführung einer Verhandlung getroffen werden konnte, von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß der Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG, welche gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende, wörtliche Ausführungen erforderlich. Gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen. Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt bei Verwaltungsübertretungen, wie im vorliegenden Fall, sechs Monate; sie ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.

Gemäß § 32 VStG ist Beschuldigter die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten, von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluss der Strafsache.

Gemäß § 32 Abs 2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (z.B. Ladung, Vernehmung, Zeugenaussage, Strafverfügung). Eine Verfolgungshandlung muss daher, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, von einer Behörde ausgehen, gegen eine individuell bestimmte Person als Beschuldigten gerichtet sein, innerhalb der Verjährungsfrist nach außen in Erscheinung getreten sein und wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert, dass sie sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat. Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu prüfen, sohin den behördlichen Verfolgungswillen in Richtung einer bestimmten strafbaren Handlung zu verwirklichen (VwGH 12.5.1989, 87/17/0152). Eine Verfolgungshandlung muss, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert unter anderem, dass sie sich auf alle, die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.(VwGH 19.9.1984, Slg. 11525 A, vgl. auch VwGH 22.12.1992, Zl. 91/04/0199). Der Eintritt der Verfolgungsverjährung ist von Amts wegen wahrzunehmen (VwGH verstärkter Senat, 19.9.1984, Slg. 11525 A); dies auch dann, wenn die Einwendung der Verfolgungsverjährung vom Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren nicht geltend gemacht worden ist (VwGH, 21.12.1988, 85/18/0120). Gemäß § 1 Abs 1 der bereits zitierten Verordnung des Gemeinderates der Stadt Graz vom 22.04.1971, mit der die ortspolizeiliche Gesundheitsschutzverordnung erlassen wird, sind unbeschadet bestehende Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes sowie der bestehenden ortspolizeilichen Anordnungen Handlungen und Unterlassungen, die für sich allein oder im Zusammenwirken mit anderen Handlungen und Unterlassungen geeignet sind, durch Lärm-, Staub-, Rauch- oder Geruchsentwicklung das örtliche Gemeinschaftsleben in einem in Verhältnis zu jeweiligen ortsüblichen Gegebenheiten unzumutbaren Ausmaß zu stören und die Umwelt untragbar zu belästigen, insbesondere eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen durch hygienische Missstände herbeizuführen, verboten. Wenn die Voraussetzungen des Abs 1 zutreffen, sind gemäß Abs 2 insbesondere a.) die mangelnde Reinhaltung von Grundstücken und den darauf befindlichen Baulichkeiten und ähnlichen Objekten von Schmutz, Unrat und Ungeziefer, bzw. c.) das Ablagern von Müll außerhalb der Müllablagerungsplätze verboten. Gemäß § 4 Abs 1 dieser Verordnung bilden zuwider Handlungen gegen die Anordnungen und Verbote der Verordnung eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafen bis ?

218,-- (ursprünglich Ats 3.000,--) zu bestrafen sind. Die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ergibt auf Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmung, dass eine Handlung oder Unterlassung, die geeignet ist, die in der Verordnung näher bezeichneten Immissionen zu bewirken, unter den definierten Voraussetzungen strafbar ist. Das Tatbestandsmerkelement nach § 1 Abs 1 der genannten Verordnung ist somit die konkrete Eignung, die in dieser Norm näher bezeichneten Auswirkungen hervorzurufen (vgl. VwGH 19.03.1982, 81/04/0011).

Im von der Erstinstanz durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren fehlt dieser Eignungsvorwurf, sodass sich der innerhalb der Verfolgungsverjährung umschriebene Tatvorwurf als zu unkonkret erweist, um zur Grundlage eines Verwaltungsstrafverfahrens führen zu können, und von keiner, die Verfolgungsverjährung unterbrechenden Verfolgungshandlung ausgegangen werden kann (vgl. VwGH 25.02.1992, 91/04/0277), weshalb im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden war.

Schlagworte
Gesundheitsschutz Verordnung Ortspolizei Eignung Müllablagerung hygienische Missstände Tatbestandsmerkmal Konkretisierung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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