TE UVS Steiermark 2003/09/19 42.16-15/2003

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Veröffentlicht am 19.09.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn J M gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 31. Juli 2003, GZ.: 11.1/311/99, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 35 Abs 1 Führerscheingesetz 1997 idgF (im Folgenden FSG), §§ 7, 25, 35 und 32 FSG;

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG)

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde über den nunmehrigen Berufungswerber ein Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und von Invalidenkraftfahrzeugen auf der Rechtsgrundlage der §§ 32 Abs 1 Z 1, 7 Abs 1 Z 1 a und Abs 3 Z 7 a, 25 Abs 3 und 35 Abs 1 FSG auf die Dauer von 18 Monaten verhängt, sowie gemäß § 64 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung gegen diese Maßnahme im Interesse des öffentlichen Wohles und im Interesse der Verkehrssicherheit ausgeschlossen.

Begründet wurde diese Maßnahme im Wesentlichen damit, dass beim Berufungswerber eine offensichtliche Verkehrsunzuverlässigkeit bestünde, zumal er dreimal wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne im Besitz einer Lenkberechtigung gewesen zu sein, verwaltungsstrafrechtlich rechtskräftig verurteilt wurde, wie zusätzlich auch dreimal wegen Verstößen gegen § 5 Abs 1 Straßenverkehrsordnung 1960. Dieses Verhalten lasse befürchten, dass er auch in Hinkunft als Lenker von Kraftfahrzeugen eine Gefahr für die öffentliche Verkehrssicherheit darstelle. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung, in der im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass ihn seine angespannte finanzielle Situation gezwungen hätte, Arbeit auch an Orten anzunehmen, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichbar sind. Da auch keine Mitfahrgelegenheit bestanden habe, habe er sich gezwungen gesehen, gesetzwidrig ein Fahrzeug zu lenken. Die nunmehr verfügten Maßnahmen bedeuten für ihn eine völlige Immobilität auf dem Arbeitsmarkt. Das ausgesprochene Verbot sei in keiner Weise geeignet seinen unbescholtenen Leumund zu bessern, es bedeute lediglich seinen finanziellen Ruin und das Ende seiner Zahlungsfähigkeit. Er ersuche daher höflich, die Notwendigkeit dieser Bescheidverfügung zu prüfen und an dessen Stelle eine Strafe zu setzen, die nicht den Erwerb und das finanzielle Fortkommen verhindere. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte unter Hinweis auf § 67 d Abs 2 Z 1 AVG entfallen.

Auf Grundlage des der Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der belangten Behörde werden zunächst nachstehende Feststellungen getroffen:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 11.05.2001, GZ.: 11.1/311/99 in Verbindung mit der Berufungsentscheidung des LH für Steiermark vom 22.06.2001 wurde dem nunmehrigen Berufungswerber bei gleichzeitiger Anordnung sich einem Verhaltens- und Einstellungstrainings für alkoholauffällige Kraftfahrer zu unterziehen, die Lenkberechtigung für die Klassen A,B,C,E,F und G auf die Dauer von 18 Monaten (bis einschließlich 25.04.2002) entzogen. Begründet wurde diese Maßnahme im Wesentlichen mit dem Mangel der erforderlichen Verkehrszuverlässigkeit infolge dreier rechtskräftiger verwaltungs-strafrechtlicher Verurteilungen wegen Übertretungen des § 5 Abs 1 StVO 1960 sowie dem Hinweis auf einen bereits vorangegangenen Entzug der Lenkerberechtigung auf die Dauer von 12 Monaten. Vor Ablauf des angeführten 18-monatigen Entziehungszeitraumes nahm der Berufungswerber an einem "Driver Improvement Kurs" gemäß § 24 FSG teil. Aus der verkehrspsychologischen Stellungnahme des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom 22.04.2002 gemäß § 17 FSG-GV geht hervor, dass der Berufungswerber aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A,B,C,E,F und G derzeit noch geeignet ist und ergibt sich schließlich aus dem amtsärztlichen Gutachten vom 23. bzw. 30.04.2000, dass der Berufungswerber gemäß § 8 FSG zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 geeignet ist. Der Berufungswerber hat nach Ablauf des Entziehungszeitraumes am 10.05.2002 offensichtlich bei der belangten Behörde neuerlich um Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klasen A,B,C,E und F angesucht und wurde dieser Antrag mit rechtskräftigem Bescheid vom 17.06.2003 mangels Vorliegens der Verkehrszuverlässigkeit im Sinne des § 7 Abs 3 FSG abgewiesen. Aus der Begründung dieses Bescheides ergibt sich, dass die Abweisung ausschließlich auf drei rechtskräftige Verurteilungen wegen Lenkens eines PKW trotz entzogener Lenkberechtigung gestützt wird, sowie weiters auf die bereits dem zitierten Entziehungsbescheid vom 11.05.2001 zugrunde gelegten Verstöße gegen § 5 Abs 1 StVO 1960. Schließlich sprach die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 31.07.2003 gemäß § 32 Abs 1 Z 1 FSG über den Berufungswerber ein Lenkverbot für Motorfahrräder, von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und von Invalidenkraftfahrzeugen auf die Dauer von 18 Monaten aus und zwar mit exakt derselben Begründung, auf die auch der zuletzt zitierte Bescheid vom 17.06.2003 gestützt wurde. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Gemäß § 32 Abs 1 Z 1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs 3 und 4, 25, 26 und 29 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten. Gemäß § 7 Abs 1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs 3) und ihrer Wertung (Abs 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder 2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs 1 hat gemäß Abs 3 Z 7a u. a. zu gelten wer ein Kraftfahrzeug trotz entzogener Lenkberechtigung oder bestehenden Lenkverbotes oder trotz vorläufig abgenommenen Führerscheines lenkt.

Wenngleich für die erkennende Behörde eine Bindungswirkung insofern besteht, als bei Vorliegen einer rechtskräftigen Bestrafung wegen einer Übertretung des § 37 Abs 1 FSG bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit des Betreffenden vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs 3 Z 7 lit a FSG auszugehen ist (VwGH 11.04.2000, 99/11/0289), so ist nach Ansicht der Berufungsbehörde im Anlassfall von einer mangelnden Verkehrszuverlässigkeit beim Berufungswerber zum Lenken von Motorfahrrädern, von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und von Invalidenkraftfahrzeugen nicht auszugehen. Der Berufungswerber hat wie dargestellt nach Ablauf des Entzuges seiner Lenkberechtigung für die Klassen A,B,C,E und F um Erteilung einer neuen Lenkberechtigung bei der belangten Behörde angesucht, wozu er angesichts der vor der 5. Novelle zum FSG (BGBl. I 2002/81) zum Zeitpunkt seines Ansuchens gültigen Fassung des FSG 1997 gezwungen war, während bei ansonst gleicher Ausgangslage nunmehr gemäß § 28 Abs 1 FSG, diese Bestimmung ist erst am 01.10.2002 in Kraft getreten (§ 43 Abs 12 FSG), bei einer Entziehungszeit von nicht mehr als 18 Monaten lediglich ein Antrag auf Wiederausfolgung des Führerscheins zu stellen ist. Weshalb die belangte Behörde über den vom Berufungswerber gestellten Antrag auf Erteilung einer Lenkerberechtigung vom 10.05.2002 in den der Antragstellung unmittelbar folgenden Monaten nicht abgesprochen hat, alle zu diesem Zeitpunkt vorliegenden, bereits zitierten Stellungnahmen bzw. Gutachten waren für den Berufungswerber positiv, entzieht sich der Kenntnis der Berufungsbehörde. Erst nach Vorliegen von weiteren rechtskräftigen Verurteilungen wegen Verstößen gegen § 37 Abs 1 FSG wurde der Antrag auf Erteilung der Lenkberechtigung abgewiesen. Die Beurteilung des Nichtvorliegens der Verkehrszuverlässigkeit im diesbezüglichen Bescheid allein aus diesem Grund war zwar vom Gesetzeswortlaut her grundsätzlich gedeckt, während jedoch die nochmalige Miteinbeziehung der wiederholt angeführten Verurteilungen wegen Verstößen gegen § 5 Abs 1 StVO, welche, ohne dass es diesbezüglich neuerliche Verurteilungen gegeben hätte, bereits Jahre vor der Abweisung des Antrags des Berufungswerbers um Erteilung der Lenkberechtigung vom 17.06.2003 gesetzt wurden, bedenklich erscheinen. So waren es doch gerade diese Übertretungen, welche zu einer bekanntlich auf 18 Monate festgesetzten Entziehung der Lenkberechtigung geführt haben. Die auch vom Berufungswerber unbestritten gebliebenen Verwaltungsübertretungen gegen die Bestimmungen des § 37 Abs 1 FSG, welche offenbar unter Verwendung eines PKW erfolgten, sind aus Sicht der Berufungsbehörde für sich alleine betrachtet und in Ermangelung des Hinzukommens sonstiger allenfalls das Verhalten des Berufungswerbers negativ beeinflussender Faktoren nicht geeignet, eine mangelnde Verkehrszuverlässigkeit auch für das Lenken von Motorfahrrädern, von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und von Invalidenkraftfahrzeugen zu begründen. Gerade bei der im Sinne des § 7 Abs 1 FSG seitens der Berufungsbehörde durchzuführenden Wertung der als erwiesen angenommenen bestimmten Tatsachen war auch zu berücksichtigen, dass die vom Berufungswerber diesbezüglich zu verantwortenden Verstöße gegen § 37 Abs 1 FSG erst Monate nach dem von ihm gestellten Antrag auf Erteilung einer Lenkberechtigung begangen wurden und die letzte derartige Übertretung tatzeitlich, bezogen auf den nunmehr angefochtenen Bescheid bereits über ein halbes Jahr (02.01.2003) zurückliegt. Bei Berücksichtigung des in der seither verstrichenen Zeit gesetzten Verhaltens, sowie der darauf basierenden obengeführten Feststellungen, war somit unter Würdigung aller aufgezeigten Umstände nicht zu erkennen, dass eine mangelnde Verkehrszuverlässigkeit für das Lenken der vom verfahrensgegenständlichen Verbot betroffenen Fahrzeuge beim Berufungswerber vorliegt, weshalb in Ermangelung der Notwendigkeit für eine derartige Maßnahme der angefochtene Bescheid aufzuheben war und sich deshalb auch ein näheres Eingehen auf das sonstige Berufungsvorbringen erübrigte. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Lenkverbot Verkehrszuverlässigkeit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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